Informatiker - echter Beruf oder doch eher Hobby?

vom 15.08.2013, 13:44 Uhr

IT-Fachkräfte werden derzeit fast schon händeringend gesucht. Dadurch kann es eine sehr wertvolle Befähigung sein, Computer zu programmieren und die komplexen Systeme im Zusammenhang mit Technik verstehen zu können. Natürlich kann man das lernen, die meisten allerdings sind bereits von Geburt an mit dieser Gabe ausgestattet oder entwickeln das Interesse daran erst in der Pubertät und lernen dann fast schon autodidaktisch das Programmieren.

Im harten Arbeitsleben kommt dann allerdings meist die Ernüchterung: Programmierer-Jobs sind meistens sehr eintönig. Was man in der Pubertät noch mehr oder minder mit eigener Zeiteinteilung und selbstbestimmten Projekten konnte, kann man in einem Job in der IT-Branche nicht mehr: Man bekommt die Aufträge und soll sie ausführen. Meist sitzt man stundenlang vor dem PC an Hunderten von Zeilen Code, wobei das Schreiben selbst gar nicht erst so schlimm ist, erst die Fehlersuche raubt Zeit und Nerven. Hier wird deutlich, wie eintönig die Arbeit ist.

Zusätzlich ändert sich jeden Tag irgendetwas in der Technik-Welt, egal ob es Neuerungen in der Programmiersprache oder neue technische Geräte sind, mit denen man sich befassen muss. Man muss stets flexibel und belastbar sein. Manch einer behauptet auch, dass man sich die Arbeit in der Informatik sparen könne, da diese Belastbarkeit meistens ab einem Alter von 30 Jahren nachlässt und man ab diesem Alter genau aus diesem Grund generell keinen Job mehr als Programmierer bzw. generell als Informatiker finden würde.

Ein Bekannter von mir steht gerade vor diesem Problem, ob er denn Informatik oder doch lieber etwas anderes studieren sollte. Leider kann ich ihm in diesem Bereich nicht weiterhelfen, da ich selbst keine Ausbildung als Informatiker anstrebe. Nachdem ich mich ein wenig umgehört habe, habe ich festgestellt, dass ein Informatiker zwar viel, aber nur sehr kurzfristig gut verdient.

Vielleicht mag die Informatik in der Zukunft die treibende Kraft in der Industrie sein – doch durch immer kürzer werdende Innovationszyklen müssen sich die Fachkräfte mit unangenehmen Situationen konfrontiert sehen. Was meint ihr, ist die Informatik eher etwas Nebenberufliches oder gar ein Hobby, dem man nur in der Freizeit nachgehen sollte? Oder sollte man die „Begabung“ dennoch in ein Studium und in die Arbeit stecken, auch wenn die Arbeit selbst vielleicht gar nicht so interessant ist?

» dalticous » Beiträge: 172 » Talkpoints: 9,30 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Die Erkenntnis, dass sich das Programmieren als Hobby und im Beruf grundsätzlich unterscheiden, ist wichtig, aber nun wirklich nicht überraschend. Niemand wird wohl ernsthaft erwarten, dass man als professioneller Programmierer einfach selbst ausgedachte Projekte nach Lust und Laune ohne externe Vorgaben durchführen kann - und wieder liegen lassen kann, wenn man keine Lust mehr darauf hat. In manchen Jobs gibt es zu einem gewissen Grad diese Möglichkeiten (zum Beispiel die berühmten 20%-Projekte bei Google), aber die meiste Zeit arbeitet man eben innerhalb sehr strenger Regeln.

Allerdings ist es absoluter Unsinn, dass man mit 30 oder 40 Jahren zum alten Eisen gehört und keinen Job mehr bekommt. Zum Einen ist es eine Charakterfrage, ob man sich gerne mit neuen Dingen beschäftigt. Wenn man das lebenslange Lernen als Belastung empfindet, hat man wahrscheinlich tatsächlich den falschen Job erwischt. Das ist dann aber keine Frage des Alters. Wenn man mit Begeisterung jeden Tag etwas Neues ausprobiert und sich mit neuester Technologie beschäftigt, wird man bis zum Rentenalter nicht abgeschrieben sein. Davon abgesehen gibt es im Bereich der Informatik genügend sehr gut bezahlte Jobs abseits der Programmierung.

Die Frage lässt sich also nicht pauschal beantworten. Es gibt sicherlich einige Leute mit einer gewissen Begabung, die aber mit den Anforderungen der Arbeitswelt nicht klar kommen. Dann gibt es wieder Leute mit vielleicht etwas weniger Begabung, die sich aber mit den beruflichen Aufgaben als Informatiker sehr gut anfreunden können.

Meine Meinung dazu ist, dass man nichts falsch macht, wenn man ein Informatikstudium durchzieht, wenn man die Begabung hat. Man sollte sich aber nicht darauf festlegen, auch tatsächlich den Beruf eines Softwareentwicklers zu ergreifen. Das Informatikstudium ist so universell, dass man auch in anderen Bereichen arbeiten kann. Man kann zum Beispiel auch im Vertrieb, Kundensupport oder ähnlichen Bereichen arbeiten. Auch der Weg in fachfremde Bereiche wie Controlling oder sogar Management sind denkbar. Außerdem ist man ja nicht unbedingt auf die Softwarebranche festgelegt. Man kann auch mit einem Informatikstudium im Maschinenbau, Automobilindustrie oder im sozialen Sektor arbeiten. Und zu guter Letzt gibt es noch die Forschung und Lehre als interessanten Arbeitsbereich für begabte Informatiker.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Da spricht der absolute Laie (oder Hobbyprogrammierer?) - sorry. Softwareentwicklung ist überhaupt nicht eintönig und besteht bei Weiten nicht nur aus der Tätigkeit des Codierens. Softwareentwicklung findet in Projekten statt, die viele Entwicklungsstufen umfassen, von der Analyse bis hin zum Testen. Selbst die Testphasen bestehen wieder aus verschiedenen Stufen. In der Softwareentwicklung sind nicht nur Kreativität und ein sehr gutes logisches Denkvermögen gefragt, sondern auch Teamwork und Kommunikation. In allen Phasen ist der Kontakt zum Auftraggeber wichtig, um seine Wünsche richtig zu deuten und ihn zu beraten, was geht und was nicht geht, beziehungsweise Vorschläge zu machen. man sitzt nicht alleine in seinem Kämmerchen und schreibt seine Zeilen Code, so wie du es dir vorstellst. Das ist nur ein geringer Teil der Tätigkeit.

Natürlich ist es gut, wenn man sich vorher schon mit diesem Gebiet beschäftigt hat und optimal ist es natürlich, wenn man seinen Beruf liebt und ihn auch in der Freizeit ausübt. Aber das ist bei vielen Berufen so, wie etwa beim Koch, beim Bäcker, beim Lkw-Fahrer, beim Musiker oder beim Lehrer.

Dass man ab 30 Jahre in der Branche zum alten Eisen gehört, ist völliger Unsinn. Zur Zeit werden händeringend alte Softwareentwickler gesucht, die die alten Programmiersprachen wie etwa Cobol und BS2000-Assembler beherrschen, weil die Jungen das nicht mehr können und der Großteil der Software in Banken und Versicherungen aufgrund der Komplexität der Systeme noch nicht umgestellt wurde.

Gut ist eine gesunde Mischung von Alten und Jungen. Mein Bruder, der demnächst in Rente geht, programmiert außer in alten Sprachen noch fleißig in Java und ist in seiner Firma unverzichtbar. Wenn irgendetwas nicht funktioniert, hat er das Know-How, es in kürzester Zeit zu richten. Das kann ein junger Softwareentwickler gar nicht, weil es Jahre dauert, bis man komplexe Systeme, die aus Tausenden Programmen bestehen, durchschaut. Nur weil man alt ist, verblödet man doch nicht. Wenn man die Sturheit der alten, die ihr System kennen, und die Arroganz der Jungen, die meinen, sie könnten alles besser machen und die Auswirkungen nicht überschauen, irgendwie zusammenbringen könnte, wäre das optimal.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 15.08.2013, 14:40, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Das würde ich jetzt nicht unterschreiben. Gerade Programmierung ist ein Job, mit dem man alt werden kann, denn es gibt ja keine körperlichen Anforderungen. Man muss auch nicht immer flexibel und belastbar sein – Wo hast Du denn das her? Jeder einfache Tischler oder Handwerker muss belastbarer sein als ein Informatiker, der einfach nur vorm PC sitzt oder mal bei einer Besprechung auftaucht. So schnell, wie Du es meinst, ändert sich da auch nichts. Neuerungen brauchen Jahre, ehe sie wirklich in der Arbeitswelt angekommen sind und Firmen übernehmen nicht einfach alles, nur weil es neu ist.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Jeder einfache Tischler oder Handwerker muss belastbarer sein als ein Informatiker, der einfach nur vorm PC sitzt oder mal bei einer Besprechung auftaucht. So schnell, wie Du es meinst, ändert sich da auch nichts. Neuerungen brauchen Jahre, ehe sie wirklich in

Nein, das stimmt so absolut nicht. Ein Handwerker muss vielleicht körperlich schwerer arbeiten, aber mit "belastbar" ist hier die psychische Belastung gemeint. Und da geht es bei Handwerkern meist deutlich entspannter zu! Wenn man in einem Projekt mit einem Budget von mehreren Millionen Euro steckt und jeder Tag Verzögerung tausende Euros kostet, ist das schon eine enorme psychische Belastung, die so sicherlich kein Handwerker jemals aushalten muss.

Und was Neuerungen angeht: Das dauert zwar schon Jahre, bis sie bei den Endnutzern ankommt, aber ein Informatiker arbeitet eben oftmals an vorderster Front. Deshalb muss er die Neuerungen schon beherrschen, bevor überhaupt der erste Endnutzer überhaupt schon einmal was davon gehört hat. Es mag zwar auch Jobs geben, in denen das nicht so kritisch ist, aber das ist in der Softwareentwicklung eher die Ausnahme.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 15.08.2013, 17:47, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Wenn man in einem Projekt mit einem Budget von mehreren Millionen Euro steckt und jeder Tag Verzögerung tausende Euros kostet, ist das schon eine enorme psychische Belastung, die so sicherlich kein Handwerker jemals aushalten muss.

Ich bezog mich auch auf körperliche Belastungen. Wie viele Handwerker haben mit Mitte 40 irgendwelche Muskel-Skelettschäden? Wer im Büro sitzt, hat höchstens mal einen steifen Hals. Ich sitze ja selber im Büro und kenne das. ;)

Die Informatiker, die ich kenne, sitzen irgendwo in der IT-Abteilung eines Unternehmens, einer Einrichtung usw. Das ist nun keine Softwareentwicklung, wenn man von kleinen internen Programmen absieht, aber die haben wirklich ein ruhiges Leben. Selbst diejenigen, die solche von Dir angesprochenen Großprojekte bearbeiten, sind ja nur ein kleines Rädchen in einem Konzern. Sie verlieren also keine tausenden Euros. Das klingt bei Dir so dramatisch, aber das Risiko trägt ja der Angestellte nicht selbst.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 15.08.2013, 17:47, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Die körperliche Belastung bei Bürojobs mag zwar eine untergeordnete Rolle spielen, ist aber auch nicht ganz zu vernachlässigen. Nicht wenige bekommen Rücken- oder Nackenprobleme durch die langen Stunden im Bürostuhl. Ergonomie ist ein wichtiges Thema, wenn man auch im höheren Alter noch ohne Beschwerden arbeiten möchte. Gleiches gilt übrigens für die Handwerksberufe, bei denen das Nicht-Beachten von Ergonomie die Hauptursache für körperliche Schäden sind.

Dennoch geht es, wenn man um Belastung redet, hauptsächlich um die psychische Belastung, die man durchaus mit körperlicher Belastung gleichsetzen kann.

Du stellst dir das alles so leicht vor. Was glaubst du wie es abgeht, wenn der Angestellte in der IT-Abteilung einen Fehler macht, der dafür sorgt, dass hunderte Angestellte ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen können? Und das passiert schneller, als du dir vorstellen kannst. Er muss also immer sehr gewissenhaft arbeiten. Und das kann enorm anstrengend sein. Und auch wenn einzelne Mitarbeiter meistens nicht persönlich haftbar gemacht werden, spielt es sehr wohl eine Rolle, wenn die Firma sehr viel Geld aufgrund des Fehlers einer Person oder eines Teams verliert. Schließlich kann es trotzdem zu Konsequenzen führen, auch wenn diese eher langfristig angesiedelt sind.

Außerdem geht es auch um die persönliche Ehre. Was taugt ein Mitarbeiter, der sagt: "Ist mir doch egal, wenn ich einen Fehler mache und die Firma tausende Euro in den Sand setzt. Ist ja nicht mein Problem?" Ich würde solche Menschen jedenfalls nicht einstellen.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich finde schon, dass Informationstechnik nicht nur ein Hobby ist, sondern ein echter Beruf, bei dem man auch sehr viel Leistung bringen muss. Ich habe ein Gymnasium in Richtung Informationstechnik besucht und selbst sechs Schulstunden Informatik in der Woche waren kein Zuckerschlecken. Man muss wirklich immer am Ball bleiben, insbesondere im Studium, wenn man die Grundlagen lernt. Alles baut aufeinander auf und wenn man einmal abschaltet, dann findet man den Anschluss nur noch sehr schwer.

Ebenso sieht es auch mit den Fortschritten in der Technik aus. Die Technik macht derzeit so rasante Fortschritte, dass es wirklich Gift für einen Informatiker wäre, sich mal zurückzulehnen und nicht auf Fortbildungen und Weiterbildungen zu gehen, denn dann ist er irgendwann total aufgeschmissen in seinem Beruf und arbeitet für seinen Vorgesetzten wahrscheinlich nicht mehr effizient genug.

Effizienz ist auch so eine Sache. Programmieren klingt vielleicht einfach, ist es aber nicht. In vielen Programmiersprachen kann ein einzelnes Zeichen den kompletten Programmcode und somit die Funktion des Programms verändern. Und diesen Zeichenfehler zu finden ist auch alles andere als einfach. Ich habe in der Schule die Programmiersprache „C++“ gelernt und ich will gar nicht daran denken, wie viele Male ich einfach nur auf den Computer gestarrt habe und mich gefragt habe, wo der verdammte Fehler ist. Letztendlich handelte es sich bei dem Fehler dann meistens um ein fehlendes Semikolon oder eine ähnliche Banalität, die aber eben entscheidend für das Programm ist.

Ich habe für mich selbst dann entschieden, dass das nicht der richtige Beruf für mich ist, weil ich wohl auch viel zu ungeduldig wäre und bei der Fehlersuche jedes Mal einen Anfall bekommen würde. Daher habe ich auch viel Respekt vor Informatikern.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ein Informatikstudium bedeutet ja nicht unbedingt, dass man Softwareentwickler werden muss. Natürlich ist das eine mögliche Option. Aber auch wenn deinem Bekannten Programmieren Spaß macht, heißt das ja nicht, dass er nach dem Studium auch zwangsläufig in die Softwareentwicklung gehen muss. Informatik kann so viel mehr.

Auch kann ich nicht verstehen, dass du der Meinung bist, mit 30 gehöre man in der Informatik zum alten Eisen. Mein Vater arbeitet mit über 50 auch in der Informatik und das als Informatik-Autodidakt. In seiner Abteilung arbeiten fast nur Autodidakten, die ihr Hobby "Computer" zum Beruf gemacht haben. Denn Informatik als Studienfach gibt es erst seit reichlich zehn Jahren. Natürlich muss man am Ball bleiben und sich weiterbilden, aber das ist in vielen Berufen so. Genauso gibt es auch viele andere Büroberufe, die stressig sind oder bei denen von der eigenen Performance ein hoch dotierter Auftrag abhängt. Das kann auch bei einem Job als Informatiker sein, muss es aber nicht.

Ich denke, wenn einem Computer und Programmierung liegen, dann ist Informatik ein guter Studienentschluss. Natürlich ist das keine Garantie dafür, dass man das Studium dann durchzieht oder schafft, aber das ist bei jedem Studium so. Aber sein Hobby zum Beruf zu machen, ist ja ein Ziel für viele Leute und ich denke, es gibt wenige Berufe, bei denen das so "einfach" ist, wie in der Informatik.

» danty » Beiträge: 540 » Talkpoints: 4,79 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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