Wie seht ihr das Mainzer Fiasko der Deutschen Bahn?

vom 12.08.2013, 23:27 Uhr

Mainz ist ja nicht irgend ein kleines Provinznest, sondern immerhin die Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz. Trotzdem ist dort der Bahnverkehr, der diese Stadt anfährt in letzter Zeit extrem ins Stocken gekommen. Wie sich nun zeigt, ist das Problem nicht von gestern auf heute entstanden.

Der Grund ist wohl der langjährige Kurs, der im Unternehmen gefahren wurde. Seit die Bahn an die Börse gehen sollte, wurde gespart und das anscheinend mittlerweile mehr als gut ist. Mittlerweile wird der schwarze Peter von einem zum anderen geschoben und keiner will so recht verantwortlich sein. Im Lichte der Medienaufmerksamkeit kristallisiert sich mittlerweile immer deutlicher heraus, dass Mainz wohl nur die Spitze des Eisberges sein soll und ein derartiges Verkehrschaos auf Grund der Personalpolitik auch im ganzen Staat passieren kann.

Hattet ihr geahnt, dass in eine der größeren Unternehmen in Deutschland so katastrophal aussieht? Wo seht ihr die Ursache dieser Situation? Was haltet ihr für eine sinnvolle Maßnahme, um momentan aus dieser Lage heraus zu kommen und dem großen Kollaps noch zu entgehen? Oder haltet ihr das ganze eher für übertriebenes Aufbauschen im Sommerloch? Haltet ihr es für sinnvoll, dass jetzt die Mitarbeiter auf ihren momentanen Urlaub verzichten sollen, nur weil auf der Management-Ebene einiges falsch gemacht wurde? Und meint ihr, dass ein so zentrales Unternehmen wie die Bahn besser gar nicht hätte privatisiert werden dürfen?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Das ist doch alles irgendwie typisch für die deutsche Bahn! Verzögerungen und gestrichene Zugverbindungen waren ja schon Tagesordnung, nun hat sich das ganze vor allem in Mainz extrem verschärft.

Mitarbeiter kann man da meiner Meinung nach nicht aus dem Urlaub zurück holen! Das ist ein Problem des Management der Bahn, wofür die Mitarbeiter eigentlich nichts können. Es fehlen mindestens 1000 Zugfahrer, kam gestern in den Nachrichten. Das ist eine große Summe, da ist es kein Wunder, dass irgendwann nichts mehr geht.

Die Bahn verärgert damit mal wieder ihre Kunden, die auf die Bahn angewiesen sind. Ich weiß nicht, was man da sofort gegen tun könnte, das ist ein langwieriger Prozess.

» MissCuriosity » Beiträge: 566 » Talkpoints: 25,44 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Was da in Mainz passiert ist, ist einfach eine Verkettung unglücklicher Umstände. Wenn nicht gerade Sommerloch und Wahljahr wäre, dann würde das alles nicht so aufgebauscht werden. Das ist meiner Meinung nach der einzige Grund, warum gerade jetzt jeder Politiker seine Meinung abgeben muss.

Wenn man die Situation in Mainz analysiert, dann erkennt man auch, dass das in wirklich jedem Unternehmen passieren kann. Von 15 Fahrdienstleitern im Mainzer Stellwerk sind drei im Urlaub und vier sind krank. Als der Urlaub genehmigt wurde, konnte ja niemand ahnen, dass gleichzeitig zum Urlaub vier Leute krank werden. Es fehlt also fast die Hälfte der Mitarbeiter. Da müsste jedes Unternehmen den Betrieb den noch vorhandenen Kapazitäten anpassen. In Mainz heißt das dann eben Zugausfälle. Und Fahrdienstleiter ist auch keine Position, auf die man mal eben so einen Springer setzen kann.

Natürlich kann das deutschlandweit passieren, dass auch mal in einem anderen Stellwerk die Hälfte der Mitarbeiter krank oder im Urlaub ist. Das ist aber eine Ausnahmesituation, die Chance ist also sehr gering. Sollte man dafür also wirklich teures Personal nur auf Vorrat beschäftigen, für den doch recht unwahrscheinlichen Fall, dass das wieder passiert? Es wäre vielleicht sinnvoll ein paar Fahrdienstleiter auszubilden, die wirklich nur deutschlandweit als Springer arbeiten, aber das geht auch nicht von heute auf morgen.

Die Bahn ist ja auch nur auf dem Papier privatisiert. Ich denke nicht, dass es daran liegt. Der Bund hält 100% der Aktien, also kann man schon von einem staatlichen Unternehmen sprechen. Zumindest in der Verkehrspolitik wird die DB AG eher als staatliches Unternehmen betrachtet. Und auch wenn es den Kunden vielleicht ärgert, wenn sein Zug ausfällt, haben wir in Deutschland immer noch ein extrem zuverlässiges und gutes Eisenbahnnetz. Wenn man sich anschauen will, wie eine Bahnprivatisierung so richtig in die Hose gehen kann, dann empfehle ich immer die British Rail. Da haben die Britten gezeigt, wie es nicht geht.

» danty » Beiträge: 540 » Talkpoints: 4,79 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ein schon lange brodelndes Fass kocht über. Es war nur eine Frage der Zeit, bis a) die Engpässe mal so sehr eng werden, dass es bekannt wird und b) die fehlgeleitete Personalführung einen Strick aus dem dreht. Es betrifft ja nicht nur den Mainzer Bahnhof. Die Personalpolitik sorgt Deutschlandweit für Probleme. Das dort ne Bombe platzt, war abzusehen. Wundert mich, dass es nicht eher passiert ist. Ein Unding meiner Meinung nach die Urlauber zurückzuholen und ihnen mangelnde Loyalität zu unterstellen, wenn die Führung keine Politik betreibt, die solch Ausfälle berücksichtigt.

Unternehmen existieren nicht erst seit ein paar Jahren, als das man auf keine Erfahrungen zurückblicken kann und Menschen werden immer mal krank oder sind im Urlaub. Einsparen hin oder her, die Preise der Bahn ziehen an, die Ausfälle und Fehler nehmen zu und nun wird das hin und her geschoben! Arbeit ist da, Fahrten sind da, also stellt Leute ein! Wenn nicht so viele Menschen darauf angewiesen wären, würde ich sagen lasst die Bahnen leer! :)

» Sabcheck » Beiträge: 45 » Talkpoints: 15,66 »



Ich finde es sehr erschreckend, dass es zu solchen Vorfällen inmitten von Deutschland kommen kann! Leider ist es so, dass überall gespart wird. Die Welt entwickelt sich dahingehend, dass es einige Menschen gibt, die immer reicher werden und der Rest der Menschen wird immer ärmer und kann sich nichts mehr leisten. Aus diesem Grund muss auch überall gespart werden und dann kommt es zu solchen Problemen, die ja wirklich fatal sind.

Ich kann nicht nachvollziehen, dass man für solche Fälle bei der Deutschen Bahn keine Notfallpläne hat. Es müsste doch eigentlich sichergestellt sein, dass die Mitarbeiter vertreten werden können und auch in solchen Fällen, in denen dann plötzlich mehrere Mitarbeiter krank oder im Urlaub sind, muss eine Vertretung sichergestellt sein. So, wie die Situation jetzt abläuft, würde man es nicht erwarten und so darf es auch nicht sein.

Ich denke, dass dieser ganze Sparkurs dringend nochmal überprüft werden muss und dass hier auch die Regierung gefragt ist. Natürlich kann es nicht so sein, dass jeder genau das gleiche hat aber wenn manche Leute immer reicher werden dann ist es doch klar, dass alle anderen ärmer werden und durch die dadurch notwendigen Einsparungen gibt es solche Probleme. Wenn die Bahn kein Geld mehr ausgeben kann, weil sie sparen muss und daraufhin dann kaum noch Leute für so wichtige Arbeiten ausgebildet sind, dann entwickelt sich Deutschland wirklich zurück und das ist ein furchtbarer Gedanke!

In jedem Fall finde ich es absolut schrecklich, dass hier die einfachen Leute darunter leiden müssen, dass am falschen Ende gespart wurde. Wir sprechen hier über viele Menschen, die aufgrund dieses Problems nicht zur Arbeit gekommen sind und dann natürlich auch um ihre Jobs bangen müssen. Das ist in meinen Augen nicht tragbar und darf einfach nicht passieren!

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» Prinzessin_Erika » Beiträge: 2010 » Talkpoints: 6,28 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich finde das eigentlich nicht weiter verwunderlich und denke, dass die Problematik bei der Bahn halt aktuell besonders auffällt, weil davon einfach unglaublich viele Menschen betroffen sind und werden und weil natürlich die Politik in diesem Unternehmen mitmischt. Im Grunde aber halte ich das Grundproblem für deutschlandweit gegeben. Man arbeitet mit einer denkbar dünnen Mitarbeiterdecke, lässt die Leute Überstunden schieben und ansammeln, bis der Arzt kommt und wenn dann was dazwischen kommt, dann knarzt es im Gebälk. Ist definitiv kein Bahnproblem allein.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Sicher kann man mit "dummer Zufall", "Sommerloch" und "Wahlkampfgetöse" argumentieren und hat damit wahrscheinlich nicht mal so unrecht. Tatsache ist doch aber, dass es sich hier um ein großes Unternehmen handelt, auf das verdammt viele Menschen täglich angewiesen sind und wenn man so ein Unternehmen professionell führen will dann muss man einen Plan B in der Schublade haben. Dann muss man sich über mögliche Ausfälle von Personal und deren Folgen Gedanken machen, bevor es so weit kommt.

Man hat sich aus Geiz oder mangelnder Weitsicht aber anscheinend nicht mit der Möglichkeit beschäftigt, dass irgendwo eine Reihe Mitarbeiter ausfallen können - und so unwahrscheinlich ist dieser Fall jetzt auch wieder nicht, da reicht schon ein aggressiver grippaler Infekt, der unter den Kollegen die Runde macht - und das ist in meinen Augen nicht besonders professionell.

Dass man jetzt nicht einfach Leute aus dem Urlaub holen kann ist klar. Dafür gibt es wohl keine rechtliche Grundlage und im Endeffekt wird es dem Unternehmen wahrscheinlich noch mehr Ärger und Kosten verursachen. Wenn sich jemand auf seinen Urlaub gefreut hat und entsprechende Ausgaben hatte, wird er die zurück fordern und bei nächster Gelegenheit wahrscheinlich selber einen Krankenschein einreichen um sich zumindest die entgangene Erholung zurück zu holen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Sabcheck hat geschrieben: Unternehmen existieren nicht erst seit ein paar Jahren, als das man auf keine Erfahrungen zurückblicken kann und Menschen werden immer mal krank oder sind im Urlaub.

Das ist genau das, was ich mich auch frage. Ein neu gegründetes Unternehmen könnte so etwas vielleicht noch als Anfängerfehler rechtfertigen. Aber die Bahn? Die existiert nun wirklich schon so lange, dass man eigentlich wissen müsste, wie viele Mitarbeiter gerade noch eine tragbare Menge sind.

Das mit den Springern ist wohl nicht möglich, da die örtlichen Begebenheiten wohl jeweils so kompliziert sind, dass man da nicht einfach mehrere Bahnhöfe im Kopf haben kann. Wenn man in so einem verantwortungsvollen Posten die Mitarbeiter ordentlich Überstunden schieben lässt und das Personal zu knapp plant, und die Mitarbeiter übermüdet und gestresst sind, kann das doch katastrophale Folgen haben. Da wundert man sich echt, dass nicht öfter Zugunglücke hier zu Lande passieren, wenn die Leute da so überarbeitet sind. Schichtarbeit an sich ist ja körperlich und geistig schon enorm anstrengend. Aber wenn man dann nicht mal ausreichend Erholungszeiten hat, kann das schnell an die Gesundheit gehen.

Zudem halte ich es abgesehen vom rechtlichen Standpunkt zusätzlich wenig sinnvoll, Mitarbeiter an so einem Posten wieder aus dem Urlaub zurück zu pfeifen. Zudem wurde ja auch schon berichtet, dass die Urlaubsplanung für Mitarbeiter in so einem Job schon arg schwierig ist, weil es wohl öfter vorkommen soll, dass Urlaubsanträge erst bewilligt wurden und das dann kurzfristig vor dem Urlaub wieder widerrufen wurde, weil plötzlich die Personaldecke so dünn ist. Wenn man also vielleicht schon einen geplatzten Urlaub aus dienstlichen Gründen hinter sich hat, dann ist vermutlich das letzte was man sich dann wünscht. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Bahn dann Stornogebühren und die Umbuchung finanziell mit trägt.

Es gibt für mich so einige Berufsfelder, wo ich Profitdenken niemals den Vorrang vor der Verantwortung für die Bürger geben würde. Das ist neben dem öffentlichen Verkehrssystem auch Beispielsweise so etwas wie das Personal in Kernkraftwerken, bei der Feuerwehr, in Krankenhäusern und in Einrichtungen der Bildung und Erziehung. Solche Firmen kann man einfach nicht mit Firmen vergleichen, die beispielsweise Klopapier herstellen. Das ist sicherlich auch ein wichtiges Produkt, aber bei weitem nicht so essentiell.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich hoffe ja mal, dass dadurch die Bahn mal wachgerüttelt wird. Und die, die oben im Kämmerchen sitzen und sonst nichts mitbekommen, mal sehen was die teilweise für einen Mist machen und von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Das Schlimme ist ja, das de Angestellten das Problem wieder ausbaden müssen. Urlaub abbrechen und solche Sachen. Wie wäre es mal mit mehr Personal und bessere Planung?

Leider ist es wie in vielen großen Unternehmen, das die Chefs gar nicht wissen, was die kleinen Arbeitnehmer alles leisten.

» Hasenschenkel » Beiträge: 39 » Talkpoints: 20,56 »


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