Warum mussten Schüler der NS-Zeit Englisch lernen?
Mir ist etwas sehr merkwürdiges in unserem Pädagogik Buch aufgefallen. Als ich während der Vorbereitungen für meine Abiturklausur ein paar Texte las, stoß ich darüber, dass Schüler der NS-Zeit sowohl Englisch als auch Latein und Griechisch lernen mussten. Nun war es doch so, dass Hitler die Welt zu Deutschland machen wollte. Warum mussten dann Schüler Fremdsprachen lernen? Es erscheint mir irgendwie unlogisch.
Offensichtlich habe ich da eine fette Bildungslücke, aber mir ist ehrlich gesagt nicht bekannt, dass die Schüler in der Zeit alle Englisch lernen mussten. Wobei die Betonung auf alle liegen muss. Der ein oder andere wird sicherlich Eltern oder Großeltern haben, die in der Zeit gelebt haben und zumindest in meiner Familie konnte keiner aus der Zeit Englisch, Griechisch oder Latein.
Wie das jetzt auf den Eliteschulen war, kann ich nicht sagen. Da könnte ich mir Griechisch und Latein schon vorstellen. Englisch eigentlich auch weniger. Das macht für mich auch aus geschichtlicher Sicht ehrlich gesagt nicht wirklich einen Sinn. Ich würde da vermutlich direkt mal bei einem Lehrer nachfragen. Der müsste das ja plausibel begründen können und mich interessiert das wirklich. Also, wenn du etwas heraus bekommen hast, dann wäre es wirklich schön, wenn du das hier noch erzählen würdest.
Was ist daran unlogisch, wenn gerade ein Regime mit dem Anspruch, dass das eigene Volk die Herrenrasse sein soll, dieses auch in Sachen Bildung etablieren will? Immerhin wäre es auch ziemlich dämlich, in Kriegszeiten den Gegner nicht einmal ausspionieren oder verhören zu können, weil keiner den Gegner versteht.
Weil man von Anpassung generell nicht viel gehalten hat. Die anderen sollten sich Bitteschön Deutschland anpassen und nicht andersherum. Das wäre aber nur ein Grund, warum ich es nicht besonders logisch finde. Und offensichtlich hast du auch keinen wirklichen Beweis dafür, dass man damals englisch lernen musste, oder doch?
Nun, ich denke es ist absolut plausibel das auch zu NS-Zeiten Englisch in der Schule unterrichtet wurde. Die "Deutsche Elite" sollte eben auch elitär sein. Zudem (wenigstens am Anfang) England und Amerika noch große Förderer Hitlers und des Nationalsozialismus waren.
Ein Volk ohne Fremdsprache in der Schule ist doch politisch undenkbar, egal wie überzeugt man von sich ist. Was bleibt denn noch als Alternative, vom Erzfeind französisch lernen? Latein wurde aber meines Wissens nach auch gelehrt.
Englisch war zu Zeiten des Nationalsozialismus sogar ein sehr wichtiges Unterrichtsfach, das je nach Schulform sogar mehr Unterrichtsstunden umfasste als die Muttersprache Deutsch. Hie spielte eine Rolle, dass England als Vorbild galt. Begründet wurde dies mit der gemeinsamen germanischen Herkunft, aber auch mit der erfolgreichen englischen Kolonialpolitik, die dann wiederum als Beweis für die Überlegenheit der sogenannten nordischen Rasse galt. Das war in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg ein ausschlaggebender Punkt.
Später spielte dann natürlich auch das Feindbild eine Rolle, das aber auch zu Agitationszwecken eingesetzt werden konnte. Hier wurde dann mehr und mehr in den Vordergrund gerückt, dass eben der Niedergang des Empire in den Vordergrund gerückt wurde. Das war dann aber nicht mehr so folgenreich, da durch den Krieg der Unterricht ohnehin nicht so durchgeführt werden konnte, wie wir das kennen.
Ich denke dazu Folgendes: Da die Industrielle Revolution in England während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begonnen hatte, war die Sprache der Technologie und des Maschinenbaus zumeist Englisch gewesen, bis dann im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert Deutsch, ebenfalls aufgrund zahlreicher Erfindungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse im deutschsprachigen Raum, sich neben Englisch als Wissenschaftssprache etablierte (an Stellenwert sogar noch vor Französisch, welches sich, nachdem im 16. Jahrhundert bereits die Auflockerung des Lateinischen als Wissenschaftssprache zugunsten der Nationalsprachen begonnen hatte, im 17. Jahrhundert zur Bildungsschichtensprache entwickelt hatte).
Somit war, wenn die implizite Aussage des Threadstellers stimmen sollte, es wohl auch aus "patriotischer" Sicht sinnvoll, sich ohne Sprachbarriere leichter mit an der wissenschaftlichen Spitze zu halten, und auch aus nationalsozialistischer, um daraus direkte, imperialistisch motivierte Vorteile (technischer Fortschritt) schöpfen zu können. Aber wir wissen ja alle, dass das Englische ("Angelsächsische"!) etymologisch sowieso vor allem als deutscher Dialekt eingeordnet werden muss!
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