Kosten für das zweite juristische Staatsexamen zu hoch?

vom 09.08.2013, 10:59 Uhr

Für mein anstehendes zweites Staatsexamen musste ich erstmal im Vorfeld ganz schön viel Geld investieren, um überhaupt zu den Prüfungen antreten zu können. Die Gesetze müssen natürlich auf dem neusten Stand sein, also die sogenannten roten "Ziegelsteine" Schönfelder und Sartorius neu gekauft: 76,- Euro. Landesrecht Brandenburg: 18,- Euro. Dann darf man im zweiten im Gegensatz zum ersten Staatsexamen ja Kommentare benutzen - allein die Neuauflage des Palandt (BGB-Kommentar) kostet aber 100,- Euro. Es sind sechs Kommentare zugelassen, die man für die Fallbearbeitung auch benötigt. Zum Glück gibt es eine kommerzielle Webseite mit dem Angebot, diese Kommentare für zwei Wochen für die Klausuren zu mieten, das kostet aber auch schon 90, -Euro.

Mit anderen Worten: Man hat schonmal gut 180,- Euro ausgegeben, ohne dass darin Lehrbücher oder Skripten enthalten wären. Das alles von einem Referendarsgehalt (je nach Bundesland) zwischen circa 850,- und 950,- Euro netto. Ich persönlich muss dann zu jeder der Klausuren auch noch einmal 130 Kilometer pro Tag (hin und zurück) mit dem Auto fahren, also wird Benzingeld fällig. Sollte die Note (wie bei Jura ja leider meistens) nicht sooo berauschend ausfallen (und davon hängt ja extrem ab, wie viel man später verdienen wird), darf man noch einmal 600,- Euro bezahlen, um eine Notenverbesserung versuchen zu dürfen. In dieser Zeit bekommt man natürlich nur noch Arbeitslosengeld I (circa 500,- Euro), weil man ja mit dem (auch knapp) bestandenen Examen aus dem Landesdienst ausscheidet.

Einerseits: Klar, ich habe mich für das Studium und anschließendes Referendariat entschieden und wusste auch, dass es bezüglich Büchern, Gesetzen etc. kein ganz billiges Studium wird. Im ersten Examen benötigte man allerdings "nur" die Gesetze und die habe ich danach auch noch bis jetzt benutzt, also war es keine bloß einmalige Investition. Daher finde ich es andererseits ziemlich blöd, dass man insbesondere für die Kommentare so viel Geld ausgeben muss, um überhaupt das Staatsexamen schreiben zu können, um dann in eine unsichere berufliche Zukunft entlassen zu werden. Ich fände es besser, wenn man zumindest die Kommentare vom jeweiligen Prüfungsamt gestellt bekäme.

Was denkt ihr dazu? Findet ihr diese Kosten angemessen, für die Möglichkeit, Volljurist zu werden oder denkt ihr grundsätzlich, der Erwerb eines Abschlusses, der einen erstmal zum Broterwerb befähigt, sollte kostenlos sein? Habt ihr in eurer Laufbahn auch Prüfungen gehabt, für die ihr viel Geld ausgegeben habt? Waren das dann Zusatzqualifikationen oder eine reguläre Abschlussprüfung, die ihr machen musstet, um überhaupt in dem angestrebten Beruf arbeiten zu können (letzteres ist ja bei mir der Fall)?

(Dazu noch als Info: Mit allein dem ersten Staatsexamen wird es sehr schwierig, einen Job im juristischen Bereich zu finden; das Zweite ist also nicht nur Spielerei, sondern absolut notwendig, sonst kann man zum Beispiel nicht als Anwalt arbeiten.)

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Das soll jetzt nicht abwertend klingen, aber ich finde du bist bisher noch ganz günstig weggekommen. Jura ist ja nicht der einzige Studiengang, der dafür bekannt ist, dass er ein wenig kostenintensiver ist. Da gibt es auch genug andere Studiengänge, die sich teilweise vom ersten Semester an in Unkosten stürzen müssen. Zahnmedizin-, Medizin- oder auch Architekturstudenten beispielsweise zahlen auch Unmengen an Geld für wichtige Mittel und Materialien im Studium. Man muss das aber relativ sehen, immerhin wirst du später mit einem guten Abschluss deutlich mehr verdienen, also kann man als Student selbst auch mal ein bisschen was investieren. Auch die Kommentare wirst du brauchen, wenn du als Anwalt arbeiten willst.

Ich finde es schade, dass jeder so viel Bildung haben will wie möglich, aber kaum bereit ist, etwas dafür zu bezahlen. Ich finde überhaupt nicht, dass ein Abschluss generell kostenlos sein sollte. Wenn man nur etwas will, um sich den Broterwerb zu sichern, kann man ja auch eine Ausbildung machen, da muss einem der Staat kein Studium finanzieren, egal welches Fach.

Versteh mich bitte nicht falsch, ich bin selbst Student und komme aus keinem reichen Elternhaus. Ich finanziere mir mein Studium seit ein paar Semestern fast vollständig selbst und weiß, wie tief einem solche Anschaffungen ein Loch in die Tasche reißen können. Aber es war eben meine Entscheidung zu studieren, da muss ich eben ein bisschen Geld investieren. Und eigentlich kann ich mich glücklich schätzen, dass ich hier in Deutschland studiere, denn in anderen Ländern hätte ich mich für mein Studium hoch verschulden müssen. Hier kann ich sogar zwei Studiengänge parallel fast umsonst studieren.

Wenn man schon das deutsche System kritisieren möchte, dann würde ich kritisieren, dass es zu wenige Möglichkeiten für Studenten gibt, unkompliziert Studienkredite aufzunehmen und diese mit einer entsprechenden Schonfrist nach dem Studium dann wieder zurückzuzahlen. In anderen Ländern ist das Standard, sich während des Studiums zu verschulden und diese Schulden dann abzuzahlen, sobald man ein bestimmtes Einkommen hat. Denn als Akademiker wird man in den meisten Fällen deutlich besser verdienen als der Durchschnitt, da sollte man doch bereit sein, ein bisschen Geld in seine akademische Ausbildung zu investieren.

» danty » Beiträge: 540 » Talkpoints: 4,79 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich bin in meiner Meinung da etwas unentschieden. Einerseits ist es doch schon einmal gut, dass zumindest allgemeine Studiengebühren in den meisten Bundesländern nicht mehr erhoben werden. Andererseits muss man als Student natürlich auch seinen Lebensunterhalt bestreiten und Lehrmittel kaufen. Gerade als Student ist man leider häufiger knapp bei Kasse.

Es wäre natürlich schön, wenn diese Lehrmittel subventioniert werden würden. Immerhin hast du ja schon ein Einkommen als Referendar. Somit bist du nicht vollständig auf deine Eltern oder das BAföG-Amt angewiesen und kannst dir gewisse Dinge schon eher leisten als ein Student, der kaum eigenes Einkommen hat.

Jedenfalls würde ich die Belege gut aufheben, denn man kann diese Ausgaben in der Steuererklärung geltend machen. Ein guter Steuerberater kann dir dazu bestimmt auch weitere Hinweise geben. Im Grunde genommen sind die Kosten aber noch überschaubar. Wenn ich daran denke, was ein Meisterbrief oder ein Semester auf einer Privat-Universität kostet, dann relativiert sich die von dir angegebene Summe. Jede Ausbildung kostet Geld, so eben auch das zweite Staatsexamen. Schöner fände ich natürlich ein System, in der die berufliche Ausbildung komplett kostenfrei wäre, aber dies ist zurzeit leider nicht so.

» Ariola » Beiträge: 693 » Talkpoints: 4,96 » Auszeichnung für 500 Beiträge



danty hat geschrieben:Aber es war eben meine Entscheidung zu studieren, da muss ich eben ein bisschen Geld investieren.

Ja, einerseits stimme ich Dir da zu. Andererseits - das klingt jetzt vielleicht ein bisschen blöd - was soll man machen, wenn man in einer Ausbildung einfach unterfordert wäre, sich langweilen würde und womöglich sein Leben lang unglücklich wäre? Ich hatte vor einigen Jahren vor, eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten zu machen und sämtliche Kanzleien haben mich (nach dem Probearbeiten) letztlich abgelehnt, weil sie meinten, ich sei überqualifiziert und würde damit nicht glücklich.

Von daher weiß ich nicht, ob es hundertprozentig eine "Entscheidung" ist, zu studieren, wenn man eben das Gefühl hat, man hat die Intelligenz dafür und würde in einem reinen Ausbildungsberuf womöglich versauern. Ich wäre manchmal ganz froh, wenn ich einfach nur einen Realschulabschluss hätte und mittlerweile schon Jahre im Berufsleben als Sekretärin oder so gearbeitet hätte und damit zufrieden sein könnte - irgendwie glaube ich, mein Leben wäre dann etwas einfacher, falls Du verstehst, was ich meine.

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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