Live vom Sterbebett der Mutter twittern - Skandal oder ok?

vom 31.07.2013, 18:22 Uhr

Ein amerikanischer Radiomoderator mit mehr als 1,2 Millionen Followern bei Twitter, hat jetzt live die letzten Stunden und Minuten vom Sterbebett seiner Mutter getwittert. Er hat dabei ganz schonungslos alles offen dargelegt, was sein Mutter sagte, wie er sich fühlte und sich bei den Pflegern im Krankenhaus bedankt.

Die Meinungen im Netz sind extrem gespalten. Einige sprechen von einem Tabubruch andere sagen, der Tod müsse endlich in die Mitte der Gesellschaft und damit in unser Bewusstsein geholt werden.

Was haltet ihr davon? Ist es für euch legitim die letzten Minuten eines geliebten Menschen mit aller Welt zu teilen? Ist es eventuell auch eine Chance für sich selber die Trauer zu verarbeiten, sich an die letzten Momente zu erinnern? Ist es nur die Sucht nach Aufmerksamkeit oder doch eine Handlung eines Menschen, der sich damit aus der Einsamkeit holt und seinen Schmerz mit vielen Menschen teilt?

Ich persönlich bin darüber etwas gespalten. Auf der einen Seite gehören die neuen Medien natürlich zu unserem Leben und sie begleiten uns in allen Lebenssituationen. Facebook bietet zum Beispiel schon lange die Option in seiner Chronik den "Verlust eines geliebten Menschen" anzugeben. Auf der anderen Seite denke ich, sollte man gerade die letzten Momente mit dem Menschen nutzen und nicht am Telefon oder Laptop hängen. Dazu kommt das der Tod einer der intimsten Momente eines Menschen ist und ich bin mir nicht sicher ob ich will, dass jeder jederzeit nachlesen kann, wie jemand den ich geliebt habe verstorben ist.

» Darkness » Beiträge: 307 » Talkpoints: 3,60 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Das was er da geschrieben hat, finde ich in Ordnung. Es sind nette Worte und er ist nicht ausfallend geworden oder ähnliches. Es ist nun mal ein modernes Medium und wenn man so mit seiner Trauer umgehen möchte, sollte das in Ordnung sein. Er ist der Sohn, er muss wissen, was er macht. Er muss es für sich vertreten können und wenn er das kann finde ich es gut. Sterben ist alltäglich, es ist wirklich schade, dass man damit nicht so offen umgehen kann, ohne das man sich dazu etwas anhören kann.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich finde das überhaupt nicht in Ordnung, weil die Mutter zustimmen muss. Diese Zustimmung kann sie im Moment des Sterbens nicht geben. Auch wenn sie vorher damit einverstanden war, kann sie im Todeskampf diese Zustimmung nicht widerrufen, auch wenn sie möchte. Ich empfinde dieses Verhalten als unwürdig und menschenverachtend.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ehrlich gesagt halte ich das überhaupt nicht für einen Skandal und falls dieser Radiomoderator nun einen Shitstorm über sich ergehen lassen muss, tut mir das ehrlich Leid. Wie viele Menschen haben denn mittlerweile Bücher über sterbende Verwandte veröffentlicht? In der Biographie "Engel haben keinen Hunger" wird nicht nur der langsame Tod der an Magersucht erkrankten Tochter detailliert beschrieben, sondern auch noch Ausschnitte aus ihrem Tagebuch veröffentlicht, was ich beim Lesen für ein Unding gehalten habe. Wenn man mal bei Amazon die richtigen Suchbegriffe eingibt, stößt man auf Massen an Biographien, in denen es um den Tod geht. Da haben die Betroffenen sicherlich nicht immer zugestimmt.

Der einzig Neue an der Sache mit Twitter ist, dass die Twittereinträge sehr aktuell sind. Aber was macht das letztendlich für einen Unterschied? Und wenn man bedenkt, dass so ein Eintrag nur 150 Zeichen lang sein kann, können logischerweise die Twittereinträge gar nicht so detailliert sein.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich muss sagen, dass ich sehr verwundert darüber bin, dass jemand auf eine solche Idee kommt. Ich frage mich, warum der Radiomoderator die letzten Stunden mit seiner Mutter nicht für wichtigere Sachen genutzt hat, als ständig im Internet etwas zu schreiben. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich davon halten soll. Ich glaube, ich finde ein solches Verhalten wirklich schrecklich und traurig. Es geht hier um ein Leben, welches endet und das wird so öffentlich vor vielen Menschen breit getreten, dass es zu einem Medienereignis gemacht wird. Das finde ich nur traurig!

Wenn ich mir vorstelle, dass jemand das in meinem Verwandtschaftskreis so machen würde, könnte ich ausflippen und würde es nicht ertragen. Ich würde es nicht wollen, dass jemand die letzten Stunden eines mir nahe stehenden Menschen öffentlich mit allen Menschen teilt und ich finde, dass hiermit die Ehre des Sterbenden verletzt wird!

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» Prinzessin_Erika » Beiträge: 2010 » Talkpoints: 6,28 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich habe die Tweets gerade gelesen und ich finde sie extrem beeindruckend. Der Radiomoderator verarbeitet darin seine eigenen Ängste, Gefühle und Bedauern über verpasste Möglichkeiten auf eine äußerst pietätvolle Weise. Ich kann nicht erkennen, was daran schlimm oder abstoßend sein sollte. Ich finde es beeindruckend, dass Scott Simon den Mut hat, seine innersten Gefühle über das Sterben seiner Mutter mit der Welt zu teilen. Für ihn ist das Teil des Trauerprozesses und ich finde, das sollte man respektieren. Man muss es nicht gut heißen, aber gerade wenn jemand einen geliebten Menschen verloren hat, sollte man seine Art der Verarbeitung zumindest nicht angreifen.

Natürlich kann ich nicht grundsätzlich sagen, dass es gut ist, über den Sterbeprozess eines anderen Menschen zu twittern, aber wenn man das auf so eine würdevolle Weise tut, dann finde ich es in Ordnung. Der Tod ist immer noch ein zu großes Tabuthema in unserer Gesellschaft.

» danty » Beiträge: 540 » Talkpoints: 4,79 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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