Sind die Jugendlichen wirklich verdorben?
Mir ist bewusst, dass ich ein sehr heikles Thema anspreche, aber da ich selber ein Jugendlicher bin und mich wahrscheinlich von den meisten Jugendlichen unterscheidet, was dieses Thema angeht, habe ich eine Meinung dazu, die ich auch mit voller Überzeugung verteidige.
Ich mache, wie ihr aus anderen Themen vielleicht schon wisst, für mein Leben gerne Sport und mein Leben dreht sich auch eigentlich nur um Sport. Wenn andere auf Partys sind, dann stehe ich auf dem Fußballplatz oder bin im Fitnesssalon. Es macht mir einen riesen Spaß und es ist eine richtige Lebenseinstellung, da ich auf meine Ernährung aufpasse und so weiter. Natürlich gehe ich auch Mal mit Freunden weg und habe Spaß, aber ich trinke nie Alkohol. Ich bestelle mir ein Soda mit einer Zitronenscheibe und kann super abtanzen. Leider bin ich in meinem Freundeskreis fast der Einzige, der so denkt. Und die meisten meiner Freunde sind noch keine 18 Jahre alt. (Ich lebe in einem Land, indem man erst ab 18 Alkohol trinken darf.) Mich stört es nicht, dass meine Freunde trinken, aber es ist schon irgendwie traurig, dass sie ohne Alkohol nicht können.
Es ist auch oft so, wenn ich neue Leute kennenlerne. Manchmal spricht man dann über Alkohol und ich habe bis jetzt nur gehört, dass es ohne Alkohol nicht geht und das Alkohol doch so etwas Tolles sei. Ich sage dann immer das ich nicht trinke und oft wollen die Leute, dass ich mit ihnen mittrinke, aber ich weise immer höflich ab. Es ist einfach schlecht für meinen Körper und da ich auch ohne Alkohol gut drauf sein kann, sehe ich keinen Grund Alkohol zu trinken.
Genau das Gleiche ist es mit den Zigaretten oder mit dem Sex. Sehr viele Kinder fangen schon mit zwölf oder dreizehn Jahren an zu rauchen und fühlen sich dabei sehr cool. Ich finde so etwas einfach nur traurig, da ich mit zwölf noch nicht mal daran gedacht habe, eine Zigarette zu berühren.
Warum ist die Jugend so ''verdorben''? Ist es der Gruppenzwang oder habe ich einfach nur die falschen Freunde ?
Mir geht es da ähnlich wie dir, nur dass leider nicht so sportlich bin wie du. Aber auch ich trinke so gut wie keinen Alkohol und am Wochenende bin auch nicht ständig auf Partys aufzufinden. Der Grund dafür ist wohl, dass ich den Zeitpunkt in der Schule in der achten beziehungsweise neunten Klasse verpasst habe, als alle angefangen haben, Alkohol zu trinken und am Wochenende Party zu machen. Und wenn man da einmal den Anschluss verliert, dann ist man irgendwie sofort draußen. Zumindest habe ich mich im Nachhinein dann nicht mehr so gefühlt, als könnte ich noch Teil dieser Party-Gruppe werden.
Dass mit Alkohol nicht zu Spaßen ist wurde mir dann noch einmal auf schmerzliche Art eingeschärft, als mein Onkel gestorben ist. Er war Alkoholiker und demnach halte ich auch wirklich nicht viel von dem Zeug. Es ist nicht so, dass ich gar nichts trinke, aber nur sehr wenig. Es schmeckt mir größtenteils auch gar nicht. Wenn dann trinke ich so etwas wie Cocktails, aber keinen Alkohol, den man in gewöhnlichen Restaurants bekommt, also keinen Wein und auch kein Bier. Da ich also weder beim Essen gehen Alkohol trinke, noch auf Partys gehe, bleiben bei mir nur noch so Anlässe wie Silvester, wo ich dann mal etwas trinke. Aber immer nur in Maßen. Vielleicht bin ich übervorsichtig, aber das ist besser als andersherum zu denken.
Als „verdorben“ würde ich die Jugend jetzt nicht bezeichnen, denn das ist gleich so verallgemeinert. Wie du siehst gibt es ja noch einige, die nicht so sind, zum Beispiel du, ich und auch mein Freund ist nicht so. Ich denke, jeder muss einfach seine eigenen Erfahrungen machen, was so Dinge wie Alkohol und Partys angeht und eventuell kommt ja dann früher oder später bei dem ein oder anderen die Einsicht, dass man das alles nur in Maßen genießen sollte.
Der Gruppenzwang spielt natürlich eine große Rolle bei Jugendlichen. Das war schon immer so. Ich finde aber nicht, dass die Jugend von heute besonders verdorben ist. Schon Sokrates hat "über die Jugend von heute" geschimpft.
Was ich aber nicht verstehe, ist deine Gleichsetzung von Alkohol, Zigaretten und Sex. Zigaretten sind immer ungesund, Alkohol ist im Übermaß oder in zu jungen Jahren ungesund. Aber Sex ist doch gesund. Darauf sollte man wirklich nicht verzichten. Dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Wenn zwei sich finden und beide Vergnügen daran haben, ist da überhaupt nichts Schädliches daran, im Gegenteil. Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Jugend von heute ihre Freiheiten, die in den sechziger Jahren erkämpft wurden, wieder aufgeben und eine neue Prüderie entsteht. Das einzige Problem, das ich sehe, ist, dass Sex nicht mehr im privaten Raum bleibt, wo er hingehört, sondern überall öffentlich in einer unrealistischen Weise dargestellt wird.
Ich habe ebenfalls die Einstellung, dass Alkohol nicht zwingend notwendig ist um Spaß zu haben. Ich selbst bin 17 Jahre und ich kenne nur eine Person aus meinem Freundeskreis, die auch keinen Alkohol trinkt. Ich habe es jetzt schon öfter erlebt, dass man komisch angeschaut wird, wenn man sagt man trinke kein Alkohol. Dazu muss man sagen, dass ich bis vor einem Jahr auch noch Alkohol konsumiert habe. Nach einer nicht ganz so schönen Erfahrung habe ich beschlossen komplett auf das Trinken von Alkohol, besonders auf Partys, zu verzichten. Ich sehe einfach den Sinn im sinnlosen Trinken bis zum Kontrollverlust nicht.
Als Spaßbremse würde ich mich auch nicht bezeichnen. Ich habe absolut nichts gegen Freunde die etwas trinken und ich möchte sie auch keinesfalls überreden, wie ich nichts mehr zu trinken. Ich denke vielen Jugendlichen fällt es schwer sich dem Gruppenzwang, den es meiner Meinung nach durchaus gibt, zu entziehen. Für die meisten ist es einfach normal auch schon mit 14 Alkohol zu trinken und wenn man im gewissen Maße dazugehören will, gehen viele den einfacheren Weg und trinken einfach auch.
Ich denke, dass gerade in der Pubertät viel am Gruppenzwang liegt, aber auch daran, dass man vieles ausprobieren möchte. Wenn Kinder anfangen zu rauchen und zu trinken finde ich aber, dass hier ganz klar die Eltern versagt haben. Ich meine, wenn man mal ein Bier probiert ist das in Ordnung, aber viele trinken in dem Alter nun schon Schnaps und das geht gar nicht. Auch ein Bier ist nicht lobenswert, aber das kann man ein Mal machen. Das habe ich mit 14 auch mal probiert, es hat mir nicht geschmeckt und dann habe ich es gelassen.
Die Kinder sind sich eben auch nicht über die Folgen im Klaren. Man sagt zwar, dass es schlecht ist, aber sie sind dann schon abhängig von der Zigarette und auf Ältere hören ist ja auch nicht gerade in. Warum man aber in so einem Alter schon so leben muss kann ich auch nicht verstehen. Alkohol und Nikotin schadet dem Körper. Das weiß man doch eigentlich und sollte es seinem Kind auch vermitteln.
Also ich für meinen Teil würde das alles als Findungsphase abstempeln. Und dass Kinder mit zwölf oder dreizehn rauchen und Wodka trinken, Junge, wir wollen mal nicht übertreiben. Das sind vor Allem die Jugendlichen ab sechzehn aufwärts, die denken sie seien was Besseres, weil sie mit dreizehn noch nicht getrunken haben. Wenn ich ehrlich bin, ich hatte mit dreizehn schon mein erstes Glas Bier. Ich wollte es probieren und mache da keinen Hehl drum. Und die tatsächliche Menge der Kinder beziehungsweise der Jugendlichen, die unter vierzehn Jahren raucht und regelmäßig Alkohol trinkt ist wirklich verschwindend gering. Ich finde, dass sehr viele in meinem Alter (ja ich bin auch ein Jugendlicher) da sehr übertreiben und so allmählich geht es mir schon auf die Nerven.
Ich will es nicht vollkommen auf Gruppenzwang reduzieren, denn es gibt durchaus auch Menschen, die einfach gerne einmal eine Zigarette rauchen oder ein Bier trinken. Von den Erwachsenen wird sowas doch fast schon tagtäglich vorgelebt. Und die Kinder beziehungsweise Jugendlichen wollen sich ja seit neuestem nicht dem "Mainstream" anschließen, sondern "individuell" und "erwachsen" sein. Versteht mich nicht falsch, ich finde man muss das Ganze auch aus einer anderen Sichtweise einmal sehen. ich konnte mit fünfzehn Jahren zu meiner Mutter gehen und sie nach einem Bier fragen. Geistig und körperlich war ich schon über fünfzehn, aber gut, tut nicht viel zur Sache.
Auch heute, mit siebzehn Jahren, kann ich meine Mutter auch einfach einmal nach einer Zigarette fragen. Warum denn auch nicht? Das ist die ideale Art und Weise, wie sie mir den Umgang mit "Drogen" beziehungsweise Genussmitteln beibringen kann. Sie hat den Überblick und zeigt mir, dass ein Konsum in Maßen in Ordnung ist. Das wird sich auch später übertragen, bloß mit dem Unterschied, dass ich mir das Zeug dann selber kaufen kann. Strikte Verbote helfen überhaupt nicht, dann machen die Kinder es aus Trotz erst Recht. Schnaps durfte ich an Karneval auch schon trinken und mir ging es wirklich so zum Kotzen danach, dass ich seitdem auch die Finger davon lasse. Lektion gelernt, Sache geritzt, so geht eine vernünftige Erziehung zum Thema Genussmittel meiner Meinung nach!
Danke, dass du dieses Thema ansprichst! Denn mir geht es genauso wie dir und bin froh, dass ich nicht die einzige bin. Ich finde auch, dass es schwachsinnig ist, dass man ohne Alkohol nicht auskommen kann. Aber bei Alkohol sehe ich nicht so das Problem, da die meisten, mit dem ich mich abgebe, eine mäßige Menge an Alkohol trinke, die ich nicht als störend empfinde. Vielmehr stört mich das Rauchen - insbesondere das Shisharauchen.
Einmal hat mir meine Freundin ein Bild von sich geschickt, wo sie Shisha raucht. Dabei konnte man ihr am Gesicht ablesen, wie "cool" sie sich bei der Aktion gefühlt hat. Das fand ich abartig. Nur zu rauchen, um besser anderen rüberzukommen. Zumal Shisha gefährlicher ist als das normale Rauchen, da Shisha in die Lungenbläschen eindringt. Deswegen freue ich mich, wenn ich bald auf den ein oder anderen treffen werde, der die gleiche Meinung haben wird wie ich. Wenn ich auf die Zukunft blicke, hoffe ich, dass sich dieser Trend schleunigst ändert.
Nein, die Jugendlichen sind nicht verdorben, nicht wenn sie in Maßen trinken oder rauchen. Wenn sie allerdings sich ins Koma saufen, sehe ich das anders. Sie schaden damit nicht nur sich selbst, sondern verlangen auch Hilfe von anderen. Warum sie das so außerordentlich cool finden, weiß ich nicht. Vielleicht ist es ganz einfach nur Angabe gegenüber ihrer Gruppe, um denen zu zeigen, dass man es geschafft hat vollkommen weggetreten zu sein.
Wie man das innerhalb der Gruppe sieht, weiß ich nicht, da mir der Kontakt zur Gruppe fehlt. Aber eigentlich müsste das doch einige in der Gruppe abschrecken und davon überzeugen, dass es doch nicht so cool ist, wie angenommen. Daraufhin sollten doch Jugendliche, die länger darüber nachdenken, den Clan verlassen und sagen, dass das doch nichts für sie ist. Ob sie das jedoch machen, weiß ich nicht. Vielleicht wollen auch sie mal in eine solche Lage kommen und saufen, bis nichts mehr geht. Wenn sie dann gar nicht mehr zuhören und so weiter machen, würde ich sie als verdorben bezeichnen.
Zunächst einmal sollte man den Gedanken verwerfen, so ein Lifestyle sei ein explizites Problem der heutigen Jugend. Im Mittelalter gab man beispielsweise seinen Kindern Bier zu trinken, weil die schädlichen Wirkungen des Alkohols einfach noch nicht so bekannt waren. Es lässt sich aber auch davon ausgehen, dass Feiern nicht minder ausgiebig gefeiert wurden, wie zu "unseren" Zeiten. Meiner Meinung nach hat die hohe Affinität der Jugend zu Alkohol oder anderen Drogen nichts mit "Verdorbenheit" zu tun. Jeder sucht sich seinen Kick nunmal woanders. Der eine "kickt" sich, indem er in eine Chilischote beißt, der andere, indem er eine Flasche Vodka auf ex trinkt.
Ganz positiv sehe ich das natürlich nicht. Schließlich fällt man als Anti-Alki doch ziemlich schnell auf und wenn man nicht mittrinkt, gilt man rasch als Spielverderber und schwarzes Schaf. Dagegen hilft nur eins: andere Freunde suchen. Was sich nicht ändern lässt, ist die breite Akzeptanz der Volksdroge Alkohol: nicht nur, dass mittlerweile Ärzte das berüchtigte Gläschen Wein am Tag als gesund verkaufen wollen; Wein gilt auch noch als Getränk der feinen und kulturell interessierten Leute. Manche räumen Alkohol gar die Funktion eines "sozialen Kitts" ein. Vor diesem Hintergrund ist kategorisches Ablehnen von Alkohol wohl nicht minder verpönt, als barfuß auf die Straß zu gehen oder am besten noch gänzlich ohne Bekleidung.
In meinem Freundeskreis sind auch so ziemlich alle am trinken. Der eine mehr, der andere weniger. Ich kenne jedoch Leute, die eigentlich den ganzen Tag nichts anderes tun, als irgendwas zu "konsumieren", sei es Nikotin oder die wohlbekannte etwas stärker psychoaktive Substanz. Bei den Menschen habe ich oft den Eindruck, dass sie von irgendeiner Ziellosigkeit in ihrem Leben geplagt sind. Wozu sollte man sich sonst permanent zuballern? Genauso gut kann es aber sein, dass sie - salopp ausgedrückt - einfach nur ihr Leben feiern und das wäre doch nicht allzu besorgniserregend.
Was den verfrühten Einstieg in die "Sex-Welt" anbelangt, so würde ich diesen auf eine allgemeine Beschleunigung der heutigen Gesellschaft zurückführen, aber auch auf die wesentlich verbesserte Verfügbarkeit von Nahrung, im Vergleich zum 16. Jahrhundert, bspw. Der verfrühte Einsatz der Pubertät wird von manchen Fachleuten aber auch auf Umweltgifte zurückgeführt, wie z.B. Bisphenol A, welches u.A. in Kassenbons sowie fast allen erdenklichen Plastikverpackungen enthalten ist. Der Hauptgrund ist aber meines Erachtens die Dauerberieselung durch die Medien. Die Kinder lernen eben von Klein auf, dass es völlig normal ist, schon mit zwölf gewisse Körperbereiche zu präsentieren oder mit neun herumzuknutschen und rumzumachen. Als besonders einflussreiches Medium habe ich da vor allem Jugendzeitschriften wie die "Bravo" im Visier. Ein bisschen Aufklärung ist ja schön und gut, aber man muss die jungen und unschuldigen Gemüter nicht gleich mit den nacktesten Tatsachen bombardieren, wie es auf einschlägigen Seiten der "Bravo" nur zu häufig geschieht.
Auf der anderen Seite sind auch solche Tendenzen als unproblematisch anzusehen, solange die Psyche mit den verfrühten körperlichen Entwicklungen und äußeren Einflüssen - wie den medialen - Schritt hält. Dass sie dies tut, halte ich für sehr wahrscheinlich. Der Mensch mag ja zu einem Teil durch seine Gene determiniert sein, was eine höchst flexible Anpassung an Umwelteinflüsse jedweder Art nicht ausschließen muss.
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