Nach dem Motto leben 'Wer viel kann der muss viel machen'?

Ich kenne einige aus meinem Bekanntenkreis, die sich nicht mal die Mühe machen etwas zu machen und es kommt direkt der Satz 'Das kann ich nicht' oder 'Das ist nichts für mich'. Sie leben praktisch nach dem Motto 'Wer viel kann der muss viel machen'. Darüber habe ich mich auch mit einem Kollegen unterhalten, der auch nach diesem Motto lebt und jetzt kann ich diesen Satz auch eigentlich besser verstehen und vor allem, warum manche Leute so leben.

Er meinte, dass er früher in einem Betrieb gearbeitet hat, wo er sich den berühmten Hintern aufgerissen hat. Jedes mal wenn jemand kam und was von ihm wollte hat er es ohne mit der Wimper zu zucken auch gemacht. Er hat sich das dann erfragt oder selber beigebracht. Hinterher war es so, dass eben sehr viel auf ihn abgeschoben wurde, weil er auch viel konnte. Er musste auch jeden in der Firma vertreten der krank war, weil er ja alles konnte.

Jetzt in unserer Firma ist er soweit, dass er sagt 'Ich kann das nicht', 'Es gehört nicht zu meinen Aufgaben und deswegen kann ich es nicht' oder 'Ich mach das nicht'. Er steht jetzt auch auf diesem Standpunkt 'Wer viel kann der muss auch viel machen'. So hatte ich das noch gar nicht gesehen und habe eigentlich immer die Leute dumm angeschaut, wenn sie direkt sagten, dass sie was nicht können ohne es ausprobiert zu haben.

Stellt ihr euch auch manchmal dumm, weil ihr sonst zu viel machen müsst und dann überhaupt keine Ruhe mehr habt? Oder eignet ihr euch alles an, auch die Arbeit, die eigentlich nicht zu euren Aufgaben gehört?

Ich war früher auf der Arbeit auch immer diejenige, die über alles informiert war und alles angegangen ist. Wenn ich mir was in den Kopf setze, eigne ich mir vieles an und versuche einfach zu machen. Ich höre zu mit wem andere Kollegen sprechen und weiß was das Ergebnis war, wer wann frei hat und konnte auch die Telefondurchwahlen auswendig. Da hatte ich aber im Endeffekt nichts von, außer dass ich die Anlaufstelle für jeden Mist wurde. Mittlerweile schalte ich daher auf Durchzug und erzähle auch jedem, dass ich mich für beispielsweise Computerkram nicht mehr interessiere, weshalb ich nicht mehr auf dem Laufenden bin.

Ja, es ist tatsächlich so, wenn man einmal zustimmt, dass man immer wieder auserkoren wird, bestimmte Dinge zu tun. Man wird dann Mädchen für alles. Für alles das, was man nie gelernt hat und sich selbst erarbeitete, ist man plötzlich der Experte-. Wird man mit großen, bittenden Augen angeguckt, kann niemand nein sagen und versucht es, weil ein anderer viel zu faul ist. Das nervt zwar ungemein, aber gegen seine Überzeugung kann man kaum etwas mchen.

Es ist wirklich gut, wenn man sich nicht ausnutzen lässt und einfach sagt, dass man es noch nie gemacht hat und es nicht kann. Das Gegenteil darf man aber nicht beweisen können, sonst steht man als Lügner da.

"Das kann ich nicht" ist auch ein beliebter Satzbau von mir. Es ist einfach tatsächlich so, dass wenn man viel kann, auch viel machen MUSS. Ich hatte das anfangs sehr oft erlebt, dass dann unliebsame Aufgaben an meine Wenigkeit delegiert wurde. Das fand ich natürlich alles andere als klasse. So habe ich irgendwann angefangen immer zu sagen, dass ich das nicht kann oder auch gerade nicht verstehe. Dann musste die andere Person einlenken und das das lieber selber gemacht, als mir nochmal erklärt. Ich finde einfach, dass es nicht akzeptabel ist, wenn andere Menschen ausgenutzt werden, nur weil sie gut arbeiten. Und die, die keine Lust haben, lassen die anderen dann auflaufen. Kein schönes Miteinander.

Ich denke, man sollte nun nicht sich immer auf "doof" stellen - aber manchmal schadet es eben auch nicht. Besonders wenn es um unliebsame Aufgaben geht, kann dass teilweise auch sehr egoistisch sein, sodass man schon abwägeln sollte, aber man sich nun dumm stellt oder eben nicht. Schließlich sollte das Ziel immer sein, dass man es gemeinsam erreicht.

Mir widerstrebt es zutiefst, mich absichtlich blöd zu stellen, um unangenehme oder zusätzliche Aufgaben zu vermeiden. Ich zeige eigentlich ganz gerne, was ich kann und versuche nicht, möglichst ohne große Anstrengung durch den Arbeitsalltag zu segeln. Eigentlich sehe ich kein Problem darin, "viel zu machen", wenn es meiner Qualifikation entspricht und wenn ich dafür entsprechend bezahlt werde.

Andererseits sehe ich natürlich das Problem, dass manche Kollegen sich mit der Behauptung "das kann ich nicht" aus der Affäre ziehen und mehr und mehr Arbeit an mir hängen bleibt. Ich würde aber eher erklären, dass ich Aufgabe Z nicht mehr machen kann, weil mir schon Aufgabe A, B, C, und D übertragen wurden und nicht einfach pauschal Unfähigkeit vorschützen, da das auf Dauer auch keinen allzu brillianten Eindruck macht.

Es kommt natürlich auf den Typ Mensch an. Ich bin von Natur aus neugierig und wissbegierig. Wenn ein neues Aufgabengebiet zugeteilt wird in dem ich noch nicht fit bin freue ich mich auf die Herausforderung und eigne mir gerne neues Wissen an.

Es gibt aber auch viele Menschen, die vor so etwas zurück schrecken. Wahrscheinlich steckt da die Angst des Versagens hinter. Natürlich schützt man sich so vor zwickigen Situationen. Auf der anderen Seite ist man als Alleskönner dann derjenige, der ran muss. Oft ist man am Ende der doofe. Wie oft habe ich erlebt, dass man die Augabe einfach zugeteilt bekommt ohne, dass man vorher gefragt wird. Manchmal spiele ich dann auch mit dem Gedanken einfach schnell "das kann ich nicht" zu rufen. Das wiederspricht aber meine Natur.