Härtere Strafen für den "Klaps auf den Po"?!

vom 06.12.2011, 22:55 Uhr

Gerade habe ich auf Arte den Themenabend "Und morgen wieder Prügelstrafe?" verfolgt. Im Zentrum stand die Frage, ob die Disziplinierung eines Kindes auf körperlicher Ebene erfolgen darf und wo körperliche Züchtigung überhaupt anfängt. Im ersten Teil der Sendung wurde speziell über Schweden berichtet. In diesem Land ist bereits seit 1979 jedwede Art von körperlicher Bestrafung gesetzlich verboten.

Dennoch gibt es in Schweden Eltern, die nicht auf den Klaps auf den Po verzichten wollen. So wurde ein Ehepaar interviewt, dem das Sorgerecht für ihre drei Kinder (zwei Jungen und ein Mädchen) entzogen wurde. Die Eltern berichteten, sie hätten ihren Kindern bei diversen Vergehen zunächst den Klaps angedroht. Genügte dies nicht, hätten sie den Klaps auch gegeben. Danach sei "alles wieder gut" gewesen. Da den Eltern aber bewusst war, dass sie damit gegen das Gesetz verstießen, trichterten sie ihren Kindern ein, dass sie über die Bestrafung mit niemandem reden dürften. Als dann einer der Jungen in der Schule absichtlich seine Buntstifte zerbrach und die Lehrerin meinte, sie müsse den Vater darüber informieren, antwortete der Junge sinngemäß: "Nein, bitte nicht, sonst schlägt mich der Papa wieder." Daraufhin informierte die Lehrerin die Polizei. Die Eltern wurden zum Verhör abgeholt und später vom Gericht zu jeweils 9 Monaten Freiheitsentzug und 2500 Euro Schmerzensgeld für jedes Kind verurteilt. Die Kinder leben derzeit im Heim, die Eltern dürfen sie alle zwei Wochen unter Aufsicht besuchen. Dennoch zeigte sich vor allem der Vater nicht einsichtig und meinte, die schwedischen Gesetze schränken ihn in seiner Glaubensfreiheit ein. Er sei gläubiger Katholik und zu seinem Glauben gehöre auch die körperliche Züchtigung von Kindern.

Auch ein italienischer Vater, der mit seiner Familie in Schweden Urlaub machte und seinem Sohn in der Öffentlichkeit eine Ohrfeige gab, wurde von der Polizei festgenommen. Der Junge hatte zuvor die Straße überqueren wollen, ohne nach links und rechts zu schauen. Der Vater riss ihn daraufhin an der Schulter zurück und ohrfeigte seinen Sohn. Daraufhin musste der Vater ins Gefängnis und wurde zu einer Bußgeldzahlung verurteilt.

Schweden gilt aufgrund seiner Gesetzgebung und der harten Strafen für die Eltern in Europa als Vorreiter im Kampf gegen körperliche Züchtigungen von Kindern. Hier in Deutschland heißt es erst seit dem Jahr 2000 in § 1631 Abs. 2 BGB: "Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig." Aufgrund dieses Gesetzes wurde ein Vater in Deutschland wegen Körperverletzung zu einer Strafzahlung von 800 Euro verurteilt, nachdem er seine vierjährige Tochter geohrfeigt hatte, weil sie ihm auf einem Wochenmarkt davon gelaufen war. Trotzdem steht diese Strafe in keinem adäquaten Verhältnis zu den Strafen, die in Schweden drohen.

Nun frage ich mich, ob die Schweden es mit der Überwachung einer gewaltfreien Erziehung in den Familien übertreiben und die Strafen weniger drakonisch ausfallen müssten. Oder sind die Strafen, die in Deutschland verhängt werden, noch immer zu seicht und müssten härter ausfallen, um das Wohl der Kinder zu sichern? Was denkt ihr darüber?

» Doreen82 » Beiträge: 316 » Talkpoints: 7,93 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Eine totale gewaltfreie Erziehung wird man nie wirklich erreichen können, denn schon ein sogenanntes Anschreien ist schon eine Form von Gewalt. Dieser Klaps auf dem Po soll ja auch nur das Kind in der betreffenden Situation bremsen. Natürlich muss oder sollte immer ein direkter Anlass dafür vorliegen, denn ohne einen triftigen Anlass kann man dann schon von Gewalt sprechen. Auch darf der Klaps nicht schmerzen oder sogar Spuren hinterlassen. Ist das der Fall muss man allerdings schon von Gewalt sprechen. Diese Gewalt kann dann allerdings beim betreffenden Kind selbst Gewalt auslösen.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Seit dem Jahr 2000 steht in § 1631 Absatz 2 BGB ganz ausdrücklich, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. Weiterhin steht darin, dass körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen unzulässig sind. Als entwürdigende Maßnahme würde ich auch das vom obigen Poster genannte Anschreien ansehen. Auch der nicht schmerzende, keine Spuren hinterlassende sogenannte Klaps fällt meiner Meinung nach nicht nur unter "entwürdigend", sondern sogar schon unter "seelische Verletzung".

Ich finde, das Wohl der Kinder muss grundsätzlich vom Staat geschützt und notfalls auch mit Strafen (für die Eltern) durchgesetzt werden. Kinder sind mit die Schwächsten in der Gesellschaft, sie sind ihren Eltern bis zu einem gewissen Alter hilfslos ausgeliefert. Wenn die Körperverletzung eines Erwachsenen unter Strafe steht, muss das bei Kindern erst recht so sein!

Von daher finde ich die schwedische Gesetzgebung nicht übertrieben, sondern sehr begrüßenswert. Zur Klarstellung: Ich bin keinesfalls für eine Beziehung ohne irgendwelche Regeln oder Konsequenzen für negatives Verhalten der Kinder. Kinder brauchen Grenzen, die man ihnen auch klar aufzeigen muss - aber das soll und muss ohne körperliche Gewalt oder Anschreien geschehen und ist auch auf jeden Fall möglich. Wer anderes behauptet, hat meiner Meinung nach nur keine Lust, sein eigenes Verhalten selbstkritisch zu hinterfragen und / oder ist zu faul, sich Gedanken zu machen, was ein Kind braucht.

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich wurde als Kind auch immer mal geschlagen, wenn ich etwas falsch gemacht habe. Das hängt einem schon ganz schön auf der Seele und ich finde, dass man das einfach verbieten muss und es ist ja auch verboten. Wobei das viele Menschen nicht interessiert und sie trotzdem weiter schlagen. Der kleine Klapps schmerzt trotzdem und ist für die Seele auch ein harter Schlag.

Man bedenkt das vielleicht nicht, aber Kinder fühlen sich dann klein und werden nicht selbstbewusst. Ich denke, dass man es sich viel zu einfach macht, wenn man sein Kind schlägt. Sicherlich ist dann Ruhe, aber das Kind hat auch Angst. Angst vor den Eltern. Das ist etwas, was man nicht haben sollte. Eltern sind wichtige Personen im Leben eines Kindes und da muss man Vertrauen haben.

Ich finde die Schweden hier wirklich vorbildhaft. Wir sollten uns da mal eine Scheibe abschneiden und die Bestrafungen auch so hart ausfallen lassen. Es kann nicht sein, dass Kinder immer noch unter diesen Mittelaltermethoden leiden müssen. Ich wurde geschlagen und selbst der kleine Klapps hat mir geschadet. Es hat lange gedauert bis ich mein Selbstbewusstsein gefunden habe. Es muss nicht passieren, dass es einem Kind dann seelisch auch so schlecht geht, aber ich denke, dass es bei sehr vielen Kindern der Fall ist.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Auch wenn einen manche steinigen mögen, finde ich, dass ein Klaps auf den Popo nichts mit Gewalt oder Schlägen zu tun hat. Eine Ohrfeige finde ich ist da etwas ganz Anderes, da wird ein Kind ins Gesicht geschlagen und das finde ich entwürdigend. Ich finde, das kann man nicht über einen Kamm scheren.

Umgekehrt glaube ich auch nicht, dass das Kind in dem Fall mit den christlichen Eltern, wenn es nur einen kleinen Klaps bekommen hätte, gesagt hätte, dass es jetzt Ärger bekäme, weil ihn sein Vater schlägt. Da stand vielleicht etwas Anderes dahinter als nur mal gelegentlich ein Klaps.

Dennoch würde ich nicht gerne in Schweden leben. Denn mein 3-jähriger bringt mich manchmal auf die Palme, er haut und tritt mich auch gerne, wenn er etwas unbedingt will und ja, ich habe ihm auch schon ab und an einen Klaps gegeben, wenn er zu weit gegangen ist, denn auch ich lasse mich umgekehrt von meinem Kind nicht schlagen. Allerdings geht es da nicht darum, dass der Klaps auf den Windelpo furchtbar schmerzhaft sein soll, was er sicher nicht ist, sondern es ist eine Art Bremse, die man zieht, so "bis hier her und nicht weiter" und man kann es auch verbal tun, aber das klappt halt nicht bei jedem Kind, mein Kind brüllt dann zurück.

Ich finde, man muss "richtige" Schläge, sprich Misshandlung und Missbrauch hart bestrafen, sollte aber schon unterscheiden können zwischen einem Klaps und beispielsweise Schlägen mit Gegenständen, ins Gesicht, etc. Das ist ein No Go und das käme für mich auch nie in Frage.

Kate110 hat geschrieben:Kinder brauchen Grenzen, die man ihnen auch klar aufzeigen muss - aber das soll und muss ohne körperliche Gewalt oder Anschreien geschehen und ist auch auf jeden Fall möglich. Wer anderes behauptet, hat meiner Meinung nach nur keine Lust, sein eigenes Verhalten selbstkritisch zu hinterfragen und / oder ist zu faul, sich Gedanken zu machen, was ein Kind braucht.

Nur mal eine Frage: Hast du selbst (lebhafte) Kinder? Dann Hut ab, wenn du dein Kind noch nie angeschrien hast. Ansonsten: Wer keine Kinder hat, kann da meiner Meinung nach nicht mitreden. Ich bin sonst eigentlich die Sanftmut in Person, aber meine Kinder können mich auf die Palme bringen, was nicht heißt, dass ich sie nicht über alles liebe, und das wissen sie auch, aber die Mutter, die nicht mal neben sich steht oder gelegentlich ausrastet, die möchte ich mal kennenlernen. Viele geben es nicht zu, aber ich glaube, jede Mutter ist mal wütend und gestresst.

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» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


netti78 hat geschrieben:Nur mal eine Frage: Hast du selbst (lebhafte) Kinder? Dann Hut ab, wenn du dein Kind noch nie angeschrien hast. Ansonsten: Wer keine Kinder hat, kann da meiner Meinung nach nicht mitreden. Ich bin sonst eigentlich die Sanftmut in Person, aber meine Kinder können mich auf die Palme bringen, was nicht heißt, dass ich sie nicht über alles liebe, und das wissen sie auch, aber die Mutter, die nicht mal neben sich steht oder gelegentlich ausrastet, die möchte ich mal kennenlernen. Viele geben es nicht zu, aber ich glaube, jede Mutter ist mal wütend und gestresst.

Ich selber habe zwei Söhne und einer davon ist auch sehr extrem lebhaft und laut. Ich muss mich auch hin und wieder selber sehr zusammenreißen, damit ich ihm nicht mal nen Klaps gebe, denn er baut wirklich einen Bockmist nachdem anderen. Kinder können einen definitiv schon mal extrem auf die Palme bringen, aber es ist definitiv nie ein Grund, ein Kind zu schlagen. Angeschrien habe ich meine Kinder auch schon das ein oder andere mal, aber wenn sich alles wieder beruhigt hat, bin ich auch hingegangen und habe vernünftig mit ihnen über den Vorfall geredet.

Ich bin als Kind öfter mal geschlagen worden und weiß daher auch, wie es ist, wenn man so etwas durchleben muss. Ich möchte meinen Kindern so etwas ersparen und zum Glück habe ich das bislang auch immer gut geregelt bekommen. Manchmal ist es einfach besser, als Elternteil mal kurz raus an die frische Luft zu gehen und sich dann mit dem Kind zusammen zu setzen und darüber zu reden. Es ist also machbar, die Kinder gewaltfrei zu erziehen, wenn man selber weiß, wie man sich wieder runterfahren kann, falls ein Kind mal dermaßen aus der Reihe tanzt.

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» EmskoppEL » Beiträge: 3423 » Talkpoints: 20,21 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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