Wieso duzen Kinder oft Erwachsene?
Manchmal bleiben einem ja Dinge jahrelang im Gedächtnis haften, die an sich völlig unwichtig sind. Ich erinnere mich zum Beispiel an ein Erlebnis mit vielleicht zehn Jahren, als ich eine Freundin besuchen wollte und im Treppenhaus ihrer Mutter begegnete, die mehrere volle Einkaufstüten trug. Ich fragte sie, ob ich ihr helfen könnte und siezte sie dabei, was in meinen Augen selbstverständlich ist. Meine Freundin, die das mitbekam, fand das seltsam, weil man die Eltern der Freunde doch normalerweise duzt. So "normal" finde ich das aber nicht. Wenn ich (gerade noch als Kind) mit Erwachsenen spreche und diese mir nicht das Du anbieten, sieze ich sie natürlich. Das haben mir meine Eltern jedenfalls so anerzogen und obwohl ich mit ihrer Erziehung nicht immer glücklich war, gebe ich ihnen in diesem Punkt recht.
Aus diesem Grund hat meine Mutter das ein oder andere Mal komisch geguckt, als meine Freunde aus der Grundschule sie duzten, denn sie selber hatte es mir schließlich anders beigebracht und kannte es selbst nicht anders. Ich finde es irgendwie respektlos, fremde Erwachsene mit Du anzusprechen und kann nicht verstehen, wieso viele Eltern das als selbstverständlich betrachten. Wenn dem Kind das Du angeboten wird, ist das natürlich etwas anderes. Was ich auch seltsam finde ist, dass Jugendliche Erwachsene wiederum siezen, obwohl sie es als Kinder nicht getan haben.
Duzen euch die Freunde eurer Sprösslinge? Wenn ja, habt ihr es ihnen zuvor angeboten? Wie habt ihr eure Kinder erzogen, was das duzen und siezen angeht und wie wurde es euch beigebracht? Wieso duzen Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter so häufig Erwachsene und unterlassen es wieder im fortgeschrittenen Alter?
Das kommt erstmal wohl sehr auf das Alter der Kinder an. Im Kindergartenalter hat man ja noch längst nicht das volle Potenzial seines Sprachvermögens ausgereizt, sowohl was Vokabeln als auch Grammatik angeht. Viele Kindergartenkinder haben zum Beispiel auch Probleme mit bestimmten, einzelnen grammatischen Formen. Auch ob man "Du" oder "Sie" als Anrede (einer Einzelperson versteht sich) im Kindergarten schon kennt, ist meines Erachtens stark davon abhängig, wie weit die Eltern das Kind darauf gemünzt haben und wie weit das Kind überhaupt öfter Erwachsene außerhalb der Familie direkt anspricht. Immerhin bieten Erzieher und Kindergärtnerinnen den Kindern grundsätzlich auch nicht explizit das "Du" an, sondern stellen sich als "Ich bin Vorname" vor, in so einem Fall würde ich auch als Erwachsene die Person duzen.
Es ist ja erstmal auch unlogisch: Man spricht ja nicht alle Erwachsenen per se mit der formalen Anrede "Sie" an, die eigenen Eltern zum Beispiel schließlich nicht, und die haben einem aus eigener Erinnerung ja auch nie das Du angeboten. Tanten, Onkel, Nachbarn, Babysitter usw. für gewöhnlich genauso. Und bevor jemand erklärt, dass dies ja auch keine Fremden seien: Entfernt lebende Verwandte sind für viele Kleinkinder sehr viel fremder als Nachbarn oder Erzieherinnen etc. - so kann man das einem Kleinkind also auch nicht direkt begreiflich machen.
Mit fortschreitendem Alter, für mich persönlich war das ungefähr ab dem Schuleintritt, verstehen die Kinder natürlich mehr von den gesellschaftlichen Regeln die es so gibt und fangen auch an, sie umzusetzen. Ob das aber bei jedem Kind mit dem Grundschuleintritt gilt, ist natürlich sehr unterschiedlich, Kinder entwickeln sich nun mal unterschiedlich schnell auf den verschiedenen Gebieten die es so gibt. Die einen Kinder sind früher sprachlich versiert, während andere dafür schon deutlich bessere Motorik-Ausprägungen haben etc.
Um zur Frage mit den Eltern von Freunden zurückzukommen: Für mich war es insofern normal, die Eltern von Freunden zu duzen, weil diese sich mir grundsätzlich mit dem Vornamen vorgestellt haben. Wenn sie sich vorher gar nicht oder nicht mit dem Vornamen vorgestellt haben, habe ich sie auch gesiezt, muss aber sagen, dass ich mir dabei grundsätzlich unbehaglich vorkam und meistens wurde glücklicherweise auch sofort nachdem ich das erste Mal Herr oder Frau XY gesagt hatte auch direkt das Du angeboten. Meine Eltern haben sich auch immer allen Freunden von mir mit dem Vornamen vorgestellt, was ich auch viel besser fand und bis heute finde und ebenso halten würde, sofern ich Kinder hätte.
Dass mich die Freunde meiner Kinder mit „Sie“ ansprechen finde ich völlig normal. Das zeugt von Respekt und ich fand es eher befremdlich, als mich der vierzehnjährige Sportkumpel meines Sohnes einfach geduzt hat. Ich wusste noch nicht einmal seinen Namen.
Meinen Kindern habe ich das Siezen ab der Grundschule beigebracht und auch mal irgendwann erklärt: Erwachsene die man nicht kennt werden so lange gesiezt bis sie einem das „Du“ anbieten. Das führte natürlich auch zu lustigen Begebenheiten: Da wir eine Patchworkfamilie sind, kannten meine Stiefkinder anfangs noch nicht meine gesamte Familie und haben meinen Bruder erstmal brav gesiezt. Mein Bruder ist relativ locker und war total erstaunt, hat ihnen aber gleich gesagt dass sie ihn um Gottes Willen duzen sollen, er ist ja schließlich nicht der „Urgroßonkel“. Alle haben gelacht und das Eis war gebrochen.
Auch in den Vereinen haben sie die Trainer und Jugendleiter anfangs gesiezt – meistens ganz genau ein Mal, bis ihnen das „Du“ angeboten wurde. Ich wurde schon von zwei Sporttrainern darauf angesprochen, dass sie das ganz toll finden wie höflich unser Sohn ist, da sie von den meisten Kindern ohne zu fragen geduzt werden.
Ich persönlich handhabe es so, dass ich mich von den Freunden unserer Kinder siezen lasse und ihnen das „Du“ dann anbiete, wenn es enge Freunde der Kinder sind die häufig bei uns sind und auch hier übernachten.
Ich denke, dass Kinder nun erst einmal das "Du" lernen und da auf Kinder an sich immer freundlich reagiert wird, wird es durchaus auch mal geduzt und ich denke, dass Kinder sich das behalten. Ein "Sie" wird den Kindern vermutlich erst später unterkommen und selbst dann wird es schwierig werden, das "Sie" richtig anzuwenden.
Meist haben es Grundschulkinder ja schon drauf, das "Sie" vom "Du" zu unterscheiden, was ich auch absolut legitim finde. Sie müssen ja nicht Erzieher im Kindergarten siezen, aber Lehrer in der ersten Klasse schon noch. Da wird dann teils eine Brücke geschlagen, die ich auch selbst einhalten würde und wo ich selbst auch eine Grenze ziehen würde.
Allerdings habe ich es auch bei Kindern schon sehr häufig erlebt, dass sie zwar ihre Grundschullehrer duzen, aber das Siezen bei anderen Personen, wie zum Beispiel einem Arzt findet kaum statt. Ähnlich wird es wohl auch mit Trainern sein, wobei ich es da auch als besser empfinde, wenn dann der Trainer von sich aus das "Du" anbietet und man es dem Trainer vielleicht auch so vermittelt. Ich denke mir mal, dass es auch häufig etwas damit zu tun haben kann, dass von den Eltern selbst immer wieder auf die Funktion eines Lehrers hingewiesen wird, aber andere Personen außer Acht gelassen werden.
Ab der Schule sollten Kinder lernen, dass sie Erwachsene mit sie an zureden haben. Sicherlich ist das ein Lernprozess, der nicht von heute auf morgen klappt. Und man kann gerade bei Erstklässlern sehr häufig beobachten, dass sie Herr oder Frau X. und dann du sagen. Allerdings sollten die Kinder dann eben auch nach und nach das sie einbinden.
Ich selbst bin da recht eigenwillig und schaffe es auch ein Kind zu ignorieren, was meint mich einfach mit dem Vornamen und einem du an zureden. Vor allem, wenn das Kind schon mehrmals von einigen Erwachsenen darauf hingewiesen wurde, wie man sich da zu verhalten hat. Aber was ich von meinen eigenen Kindern erwarte, erwarte ich dann eben auch von anderen Kindern.
Wenn es dann im Elternhaus keine entsprechende Erziehung gibt, dann mag einem das Kind vielleicht leid tun, aber man muss solche Unhöflichkeiten auch nicht akzeptieren. Sollten allerdings meine Kinder von anderen Eltern das du angeboten bekommen, dann dürfen dass deren Kinder bei mir natürlich auch benutzen.
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