Durch nicht 'perfekte' Schauspieler Toleranz lernen

vom 19.06.2013, 16:38 Uhr

Gerade ist ja die Serie "Game of Thrones" sehr beliebt. Hauptdarsteller ist Peter Dinklage. Laut Wikipedia ist er 1,35 m groß. Auf jeden Fall sehr klein. Nun ist das ja normalerweise nicht der Typ Mann, der bei den Damen gut ankommt. Wenn man ihn näher kennenlernt, ist er bestimmt nett und er hat ja auch eine Frau und gerade auch ein Kind bekommen. Aber er gehört nun mal nicht zu den Männern, denen Frauen auf den Hintern gucken. Ihr versteht schon, was ich meine.

Letztens postete aber eine amerikanische Freundin von mir etwas auf Facebook. Sie teilte einen Link, in dem Peter Dinklage als "DwILF" bezeichnet wurde, was für "Dwarf I´d like to f***" steht (auf deutsch: "Zwerg, den ich f*** möchte"). Meine Freundin kommentierte es mit einem "Yes, he totally is a DwILF for me". Er selber hat sich auch schon in einem Interview dazu geäußert. Obwohl Frauen sich neuerdings so über ihn äußern, gehen doch alle noch mit 1,80-m-Männern nach Hause. Er findet es nett, dass sie ihr Schubladendenken etwas hinter sich lassen, aber er glaubt ihnen keine Sekunde.

Ich muss sagen, dass er seine Rolle in dieser Serie sehr gut spielt und die Rolle ist auch sympathisch. Und das macht ihn natürlich sympathisch. Mir ging es auch schon so mit Roseanne Barr aus der 90er-Jahre-Serie "Roseanne", bzw. vor allem mit dem Schauspieler, der ihren Mann verkörpert hat, John Goodman. Die beiden sind, ich schreib es mal gerade heraus: sehr dick. Und ich persönlich kenne ganz ehrlich nicht eine Person, die auch nur im entferntesten so dick ist. Aber er war mir sehr sympathisch und seitdem sehe ich dicke Menschen etwas anders. Nicht, dass ich sie vorher total eklig fand und nicht, dass ich sie jetzt superattraktiv finde, aber es verändert das Gesamtbild eben etwas, wenn es jemanden gibt, der so ist und den man mag.

Ich denke also, und offensichtlich stimmt mir Peter Dinklage in dem Punkt zu, dass es ein wenig die Toleranz fördert, möglichst viele unterschiedliche Menschen für Serien zu engagieren und es nicht nur auf die Hübschen zu beschränken.

Das gleiche gilt genauso für Schwule und Lesben. Ich glaube, da haben Serien und Filme einen ganz entscheidenden Anteil gehabt. Eigentlich hat mittlerweile jede Serien eine schwule oder lesbische Rolle. Es gibt eine Folge, in der es die anderen Charaktere erfahren und es anfangs etwas Schwierigkeiten gibt und dann raufen sich alle zusammen. Dann wird es nur noch ab und zu am Rande erwähnt und ansonsten ist derjenige ganz normal. Ich denke, das hat viel dazu beigetragen, den Menschen zu zeigen, dass Schwule ganz normal sind.

Sehr ihr das genauso? Ist es euch bei euch auch schon aufgefallen, dass ihr durch einen Schauspieler etwas toleranter geworden seid? Oder könnt ihr da keinen nennenswerten Effekt entdecken?

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Nein, ich brauche keiner Serien oder Filme um tolerant zu sein. Ich finde es auch ein bisschen weit hergeholt zu sagen, dass Schauspieler oder bestimmte Rollen zu mehr Toleranz beitragen. Besonders wenn bestimmte Einstellungen fest im Kopf verankert sind, bekommt man diese nicht mal eben durch das Fernsehschauen heraus. Ich verstehe auch nicht, wieso du dicke Menschen nur "ok" findest, weil du mal in einer Serie einen gesehen hast?! In Wirklichkeit ist John Goodman vielleicht ein totaler Ekel, würdest du dann Dicke wieder unsympathisch finden?

Das mit dem Hauptdarsteller aus Game of Thrones hat für mich allerdings auch gar nichts mit Toleranz zu tun, oder damit dass Kleinwüchsige Menschen eher akzeptiert werden. Ich denke da geht es eher um eine Art Kultstatus um den Charakter und dadurch eben auch um den Schauspieler. Er selber sagt ja auch, wie du geschrieben hast, dass er den Hype ganz nett findet, aber dennoch alle Frauen mit großen Männern ausgehen. Also bewirkt es in der Wirklichkeit gar nichts.

Wenn es tatsächlich noch andere gibt, die sich so vom Fernsehen beeinflussen - in dem Sinne positiv - dann bitte. Kann ja nur was gutes dabei herum kommen wenn man an Toleranz gewinnt. Es ist für mich aber irgendwie eher eine oberflächliche Toleranz.

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich bin durchaus der Meinung, dass es prinzipiell eine gute Sache ist, wenn auch "nicht perfekte" Schauspieler in Filmen und Serien eingesetzt werden, weil mich die ewig schlanken, schönen, jungen, perfekten Gestalten allmählich echt langweilen. Je nach Genre finde ich es manchmal geradezu albern, wenn beispielsweise mittelalterliches Fußvolk Gardemaß hat oder in Familienserien die Eltern wirken, als wären sie nur zehn Jahre älter als ihre "Kinder", welche natürlich auch immer perfekt gestylt sind.

Andererseits kann ich aber nicht behaupten, dass ich durch dicke oder kleinwüchsige Schauspieler oder Darsteller, die im Rollstuhl sitzen oder das Down-Syndrom haben, eine andere Einstellung zu "nicht perfekten" Menschen gewonnen habe. Beispielsweise finde ich, dass Peter Dinklage ein recht guter Schauspieler ist, aber das hat für mich nichts mit seiner Größe oder seinem Charakter zu tun. Letzteren kann ich sowieso nicht beurteilen.

Auch meine Einstellung zu unterdurchschnittlich großen Menschen hat sich durch Mr. Dinklages Arbeit nicht geändert. Mir ist immer noch relativ egal, ob jemand 1,35 m oder 1,85 m groß ist. ;) Roseanne kann ich dagegen nicht ausstehen, bin aber in der Lage, meine Abneigung nicht auf mollige Damen im wirklichen Leben zu übertragen.

Skeptisch bin ich oft sogar, was den Einsatz von Schauspielern mit Down-Syndrom angeht. Die wenigen Filme, die ich zu diesem Thema gesehen habe, waren süßliche Kitschfetzen mit lieben, netten pflegeleichten "Behindis", was ich ebenfalls als eine Form der Diskriminierung ansehe. So gesehen kann die Darstellung von Menschen, die von der Norm abweichen, auch dazu beitragen, dass Klischees zementiert werden und die Akzeptanz des Individuums eher absinkt.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich kann deine Gedankengänge nicht wirklich nachvollziehen. Ich finde Peter Dinklage spielt die Rolle des Tyrion in Game of Thrones ganz großartig und man könnte diese Rolle wirklich kaum besser spielen. Ich erinnere mich noch, als ich die ersten Folgen der Serie sah, hat mich der Charakter des Tyrion ganz besonders begeistert, weil diese Figur intelligent und zynisch ist und dabei unheimlich direkt nach vorn beißt - was auch einen gewissen Sex-Appeal hat, das lässt sich gar nicht verleugnen. Allerdings ist Tyrion auch nicht der erste Charakter, der so funktioniert. Nehmen wir House oder Sherlock Holmes, die sind ähnlich faszinierend.

Mittlerweile habe ich die Bücher gelesen und die Serie weiter verfolgt, Tyrion kenne ich recht gut, aber Peter Dinklage ist ein Schauspieler. Ein sehr guter, auch nicht hässlich und die Rolle bringt er wirklich gut rüber, aber einen anderen Bezug habe ich zu dem Menschen doch nicht. Es freut mich auch, dass er so einen Erfolg verbuchen konnte und die Rolle spielen kann. Auf der anderen Seite aber - und das geht in die andere Richtung deiner Aussage - war seine geringe Größe sicherlich ein gewisser Punkt, die Rolle überhaupt zu bekommen.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Nana_2011 hat geschrieben:Besonders wenn bestimmte Einstellungen fest im Kopf verankert sind, bekommt man diese nicht mal eben durch das Fernsehschauen heraus.

Nein, bei richtig fest verankerten Einstellungen reicht das nicht aus, das stimmt.

Nana_2011 hat geschrieben: Ich verstehe auch nicht, wieso du dicke Menschen nur "ok" findest, weil du mal in einer Serie einen gesehen hast?!

Das hab ich doch gar nicht gesagt. Ich habe Dicke schon immer toleriert. Ich sage ja, es war ein kleiner Unterschied. Weil ich keine kannte. Und ich kenne auch bis heute keinen Kleinwüchsigen. Und durch die Schauspieler hat es eine etwas persönlichere Note bekommen und ist nicht mehr so abstrakt.

Nana_2011 hat geschrieben:Er selber sagt ja auch, wie du geschrieben hast, dass er den Hype ganz nett findet, aber dennoch alle Frauen mit großen Männern ausgehen. Also bewirkt es in der Wirklichkeit gar nichts.

Gar nichts würde ich nicht sagen. Immerhin können sie es sich jetzt vorstellen. Und Sätze wie "ich finde die so süß" haben sich zu "der ist so heiß" gewandelt. Ist doch immerhin etwas.

Bellikowski hat geschrieben:Auf der anderen Seite aber - und das geht in die andere Richtung deiner Aussage - war seine geringe Größe sicherlich ein gewisser Punkt, die Rolle überhaupt zu bekommen.

Ein gewisser Punkt ja. Aber das ist bei allen Besetzungen so und fängt mit der Unterscheidung von Mann und Frau an. Es hat bestimmt noch ein paar andere gegeben, die für die Rolle vorgesprochen haben.

Gerbera hat geschrieben:Skeptisch bin ich oft sogar, was den Einsatz von Schauspielern mit Down-Syndrom angeht. Die wenigen Filme, die ich zu diesem Thema gesehen habe, waren süßliche Kitschfetzen mit lieben, netten pflegeleichten "Behindis", was ich ebenfalls als eine Form der Diskriminierung ansehe. So gesehen kann die Darstellung von Menschen, die von der Norm abweichen, auch dazu beitragen, dass Klischees zementiert werden und die Akzeptanz des Individuums eher absinkt.

Da geb ich dir vollkommen recht. Ich hab auch ein oder zwei davon gesehen. Grauenhaft. Aber wenn der negative Effekt nicht zu leugnen ist, muss es doch auch einen positiven geben.

Ich denke einfach, dass man sich an ihre Existenz gewöhnt, wenn man ihnen jeden Mittwoch abend zusieht. Denn auch der toleranteste unter uns wird, wenn er das erste Mal in seinem Leben einen Kleinwüchsigen sieht, nicht ganz neutral reagieren. Auch wenn er es vielleicht nicht merkt. Früher traten Kleinwüchsige im Zirkus als Lachnummer auf. Ich finde es gut, dass sie jetzt einfach als Menschen akzeptiert werden. Gut, das ist nicht Verdienst von Game of Thrones. Das ist schon länger der Fall. Aber so verbreitet es sich noch ein wenig mehr.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Bienenkönigin hat geschrieben:Ich denke also, und offensichtlich stimmt mir Peter Dinklage in dem Punkt zu, dass es ein wenig die Toleranz fördert, möglichst viele unterschiedliche Menschen für Serien zu engagieren und es nicht nur auf die Hübschen zu beschränken.

Ich nehme mal an, dass du die Bücher nicht gelesen hast? Tyrion Lannister,ist auch in den Büchern kleinwüchsig und das ist da auch ein wichtiger Bestandteil seines ganzen Charakters und ist letztendlich auch für einige Entwicklungen des Plots mit verantwortlich. Aus verständlichen Gründen möchte ich hier jetzt nicht weiter ins Detail gehen und so mögliche Spoiler unters Volk streuen. Wenn man für Tyrion einen dieser typischen gut und langweilig aussehenden amerikanischen Seriendarsteller engagiert hätte, hätte das überhaupt nicht zu der Figur gepasst.

Peter Dinklage war übrigens auch der absolute Wunschkandidat der Fans der Bücher. Also es war nicht so,dass man da jemanden vorgesetzt bekommen hat, den man erst mal lernen musste zu akzeptieren, es war vielmehr so, dass sich alle total positive geäußert haben, als bekannt wurde, dass er den Job bekommen hat.

Aber um mal von diesem spezifischen Fall wegzukommen - ich brauche keine Schauspieler um Toleranz zu lernen, weil ich kein intoleranter Mensch bin. Wobei die Optik für mich aber eh keine große Rolle spielt, ob ich jemanden letztendlich attraktiv finde oder nicht. Wenn jemand super aussieht und total hohl und dumm ist würde ich ihn nie als attraktiv empfinden können, auch nicht auf einem ganz oberflächlichen Niveau.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Bienenkönigin hat geschrieben:Das hab ich doch gar nicht gesagt. Ich habe Dicke schon immer toleriert. Ich sage ja, es war ein kleiner Unterschied. Weil ich keine kannte. Und ich kenne auch bis heute keinen Kleinwüchsigen. Und durch die Schauspieler hat es eine etwas persönlichere Note bekommen und ist nicht mehr so abstrakt.


Ich weiß schon, auf was du hinaus möchtest und was du meinst, aber nachvollziehen kann ich es nur bedingt. Ein Schauspieler, den du nicht kennst, der eine fiktive Rolle spielt, hat für mich recht wenig mit einer persönlichen Note zu tun. Ich weiß auch nicht genau, was so abstrakt an dicken Menschen oder Kleinwüchsigen sein soll. Ja, letztere sind sicher "ungewöhnlicher", aber abstrakt? Nein.

Bienenkönigin hat geschrieben:Ich denke einfach, dass man sich an ihre Existenz gewöhnt, wenn man ihnen jeden Mittwochabend zusieht. Denn auch der toleranteste unter uns wird, wenn er das erste Mal in seinem Leben einen Kleinwüchsigen sieht, nicht ganz neutral reagieren.


Auch hier finde ich es wieder merkwürdig, dass man eine Serie braucht um sich an die Existenz von etwas zu gewöhnen. Es klingt ein wenig so als wären bestimmte Menschen mit bestimmten Merkmalen so etwas wie Fabelwesen. Und doch, ich reagiere neutral, wenn ich Kleinwüchsige sehe, oder Dicke oder was auch immer. Ich bin allgemein jemand, der sich gerne andere Menschen anschaut (in der Bahn zum Beispiel) und da schaue ich jeden an, ohne jemanden zu bewerten.

Ich bilde mir meine Meinung über einen Menschen anhand seines Charakters, nicht anhand der Größe, Breite oder sonstigen Merkmalen, die von der sogenannten Norm abweichen. Auch ohne zum Beispiel dicke Menschen oder Kleinwüchsige zu kennen, weiß ich ohne das Fernsehen, dass es diese gibt, und dass diese nett und freundlich sein können, oder eben auch nicht. Ach, und Schwule und Lesben sind nicht nur deshalb normal, weil es in Serien so dargestellt wird, sondern weil sie es eben wirklich sind.

Wenn es dir dazu verhilft anderen Menschen gegenüber toleranter zu sein, dann ist das eine feine Sache. Aber Toleranz beginnt im Kopf, nicht im Fernsehen und der Grund, warum es auch sympathische Menschen mit anderen Merkmalen im Fernsehen gibt, ist der, dass es sie eben auch in der Realität gibt. Oder eben auch nicht. Das ist eine Erkenntnisse, die sollte einem eigentlich von alleine klar werden.

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



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