Wie viel Wahrheit verträgt ein Arbeitskollege?
Für mich ist die Zusammenarbeit mit den Kollegen oft nur beruflicher Natur und geht nicht darüber hinaus. In ganz seltenen Fällen entwickeln sich Freundschaften. Man plaudert zwar etwas privates, aber das meiste bleibt oberflächlich. Aus diesem Grunde nehme ich negative Eigenschaften der Kollegen hin, solange sie nicht das Arbeitsklima gefährden. Schlechte Angewohnheiten, wie z.B. das Büromaterial wird nicht aufgefüllt, werden angesprochen.
Wie ist es aber wenn einen Angewohnheiten des Gegenüber sehr schlecht auffallen? Wie viel Wahrheit kann ich dem jenigen zumuten? Meine direkte Kollegin zum Beispiel hat manchmal einen unangenehmen Körpergeruch. Nicht jeden Tag und nicht immer stark, aber es fällt (zumindest mir) auf. Soll ich sie darauf hinweisen? Wenn ja wie?
Generell stellt sich mir die Frage, ab welchem Punkt man besser bestimmte Dinge nicht ansprechen sollte. Wie privat sollte eine Kollegschaft werden? Gerade je enger man miteinander zu tun hat um so größer wird die Gefahr der privaten Auseinandersetzungen. Wie handhabt ihr das?
Bei meiner letzten Arbeitsstelle war das Verhältnis zu meinen Kollegen doch schon recht intensiv. Mit meiner Chefin habe ich über alles gesprochen, auch wenn es zum Teil sehr privat war. Sie erzählte mir auch sehr viele Sachen von ihrer Seite. Manchmal haben wir recht lange Gespräche geführt, wo ich dann schon ein schlechtes Gewissen hatte, weil es eben Arbeitszeit war, aber das verflog dann mit der Zeit. Sie meinte am Anfang, dass ich immer ehrlich sein soll und alles sagen sollte. Das habe ich dann auch so gemacht und so kam auch von ihr der eine oder andere Wink, wenn sie sich mal an irgendetwas von mir gestört gefühlt hat. Das machte das Arbeitsklima sehr angenehm. Mittlerweile ist sie eine sehr gute Freundin von mir, auch wenn wir nicht mehr im gleichen Betrieb arbeiten.
Bei Kollegen oder Vorgesetzten, wo allgemein wirklich nur ein berufliches Verhältnis besteht sieht das ganze schon ganz anders aus. Hier wird ein leichter Kritikpunkt gleich etwas anders betrachtet und vielleicht will man ihn auch gar nicht so recht annehmen. Hier sehe ich schon einen großen Unterschied, aber man muss auch damit umgehen können. Das fällt mir auch nicht immer leicht, aber da muss man durch. Man kann sich ja nun nicht mit jeder Person erst intensiv anfreunden, bevor man mit bestimmten Sachen an sie herantritt.
In dem Fall deiner Kollegin würde ich zunächst einmal einen anderen Kollegen fragen, ob ihm das vielleicht auch schon aufgefallen ist. Vielleicht weiß er sogar schon den Grund und kann ihn dir sagen? Das würde ein unangenehmes Gespräch vermeiden oder man hat direkt Verständnis für die Situation, da man die Gründe offen gelegt bekommt. Hier muss man aufpassen, wenn man so etwas ansprechen will. Die meisten reagieren hier nicht sehr empfänglich. Es ist ja auch kein schönes Thema, wenn man angesprochen wird, weil man etwas müffelt. Man muss die Person einschätzen und dann entscheiden, ob man etwas sagt. Man muss ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, sondern so geschickt das Thema darauf lenken.
Wenn die Zusammenarbeit mit deinen Kollegen oft mal nur beruflicher Natur ist und du auch weiterhin darauf hinarbeitest, dass es auch so bleibt, und es selten mal vorkommt, dass sich richtige Freundschaften daraus entwickeln und ihr nur ab und zu Mal über private Dinge plaudert, dann würde ich mir doch keine Gedanken über die negativen Eigenschaften meiner Arbeitskollegen machen. Natürlich ist es nicht schön, wenn die negativen Eigenschaften einiger Arbeitskollegen das Arbeitsklima gefährden, aber solange sich die negativen Eigenschaften in Grenzen halten, würde mich dies nicht wirklich stören.
Womit du aber das Arbeitsklima drastisch stören und gefährden kannst, ist, wenn du deinen Arbeitskollegen die Wahrheit direkt vor den Kopf knallst. So, wie du geschrieben hast, riecht deine Arbeitskollegin ab und zu mal etwas. Sie scheint nicht doll und nicht streng zu riechen, aber dir fällt das trotzdem auf. Wenn es dir auffällt und du deiner Arbeitskollegin einfach vor den Kopf wirfst, dass sie des Öfteren mal etwas unangenehm riecht, dann wird sie sicherlich sauer sein und das gefährdet das Arbeitsklima. Du kannst auch nicht mit einem Deodorant um die Ecke kommen und sagen, dass du ihr das schenkst, dann kann sie sich genauso denken, was du damit meinst und dann wäre sie sicherlich auch sauer. Ich finde, dass das mit dem Geruch beispielsweise eher eine private Angelegenheit ist und ich bin der Meinung, dass man so etwas nicht von einem Arbeitskollegen hören möchte.
Wie gesagt, anscheinend sind es nur deine Arbeitskollegen, mit denen du keine Freundschaft aufbauen willst und da sollten dir die negativen Eigenschaften der anderen eigentlich egal sein. Du willst das Arbeitsklima aufrechterhalten, also solltest du deine Arbeitskollegen nicht kritisieren oder desgleichen. Und ich bin der Meinung, dass man schon Freundschaften zu Arbeitskollegen aufbauen kann, es sei denn, man möchte sich mit dem Chef anfreunden, was aber auch wiederum ein anderes Thema ist. Ich denke aber auch nicht, dass die Gefahr größer ist, in eine private Auseinandersetzung zu kommen, wenn man zusammenarbeitet. Immer hin kann man sich auch auf der Arbeit und im Privatleben gleichermaßen gut verstehen, solange man keine Kritik an den anderen ausübt und ihn so hinnimmt, wie er nun mal ist.
Es ist wie ich finde nie die Frage, wie viel an Wahrheit verkraftet wird, sondern mit welcher Intention diese verkündet und wie dies gestaltet wird. In so einem Fall kannst du natürlich dem betreffenden Kollegen vor versammelter Mannschaft laut entgegenschreien, dass er schlimmer stinkt als ein eingesperrtes Wildschwein. Hier wäre - unabhängig davon wie viel Wahrheit verkraftet wird - die Intention den Kollegen vor allen anderen zu demütigen. Ganz anders wenn du in einer ruhigen Minute unter vier Augen dem Kollegen mitteilst, dass er heute "streng richt" und er darauf achten solle, weil sonst die Gefahr besteht, dass Kollegen schlecht über ihn reden.
Aber generell musst du ihn auf gar nichts ansprechen. Nur wäre es gerade bei solchen Dingen ein angenehmer Zug von dir. Außerdem kann es ja sein, dass du auch unter dem Geruch letztlich "leidest". Von daher hätten hier beide Seiten was davon und es ist sicher einfacher, wenn man sich auch in solchen Punkten offen begegnet. Wie aber geschrieben: nicht in der Absicht den Fehler des anderen zu missbrauchen, dessen Position zu schwächen.
Ich halte es da ähnlich wie du Lythliar, leider reagieren Kollegen oft sehr schlecht auf Kritik, bzw. die Wahrheit. Anders ist dies bei einem freundschaftlichen Arbeitsverhältnis aber solche Kollegen hatte ich bisher nur sehr selten und selbst da kam es vor, dass die Leute nicht mit der Kritik an sich oder ihrer Arbeitsweise umgehen konnten.
Ich lasse die Menschen in der Regel einfach das machen was sie wollen und versuche ihre Macken und Fehler einfach hinzunehmen und zu akzeptieren. Zumindest so lange wie ich davon nicht direkt betroffen, bzw. benachteiligt werden. Leider sind die meisten sehr in ihrer eigenen Weise vertieft und sehen selbst Tipps direkt als Kritik an, was jedoch leider nicht unbedingt dazu führt, dass das Verhältnis zu einander besser wird.
Vielleicht ist dies auch der falsche Weg, denn bei ehemaligen Arbeitsstellen gab es oft größere Streits aufgrund dessen, dass manche Leute Sachen sehr lange in sich rein gefressen haben, um dann irgendwann alles auf einmal raus zu lassen. Ich selbst hatte egal wie viel Mühe ich mir gegeben habe immer ein sehr angespanntes Verhältnis zu Mitarbeitern an denen mich etwas wirklich gestört hat.
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