Merkels Anteilnahme Berechnung?

vom 04.06.2013, 12:52 Uhr

Unsere Kanzlerin ist nun in die Krisengebiete gefahren und bietet nun finanzielle Hilfe für die betroffenen Städte an. Nun wird ihr von vielen Seiten vorgeworfen, dass sie das mit Berechnung machen würde und schon für die kommende Wahl Stimmen sammeln möchte. Sicherlich bekommt man mehr Stimmen, wenn man sich sozial zeigt und auch vor Ort ist, aber was soll sie denn auch machen? Vom Schreibtisch aus etwas entscheiden ohne dort gewesen zu sein wäre doch zu kühl oder? Sollte ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin auch vor Ort sein, wenn es dem Land schlecht geht? Wird hier Wahlkampf auf dem Rücken von Opfern betrieben? Was ist eure Meinung dazu?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich denke schon, dass sie Anteil nimmt an dem, was in den letzten Tagen geschehen ist in Ostdeutschland. Wenn man das alles sieht, auf Bildern, im Video oder live, dann kann man gar nicht anders. Mir hat es bald die Schuhe ausgezogen, als ich das Zentrum von Chemnitz gesehen habe, denn solch eine Überschwemmung ist hier eigentlich nicht üblich, es ist katastrophal. Wo ich sonst in die Stadt auf breiten Straßen reinfahre, war am Sonntag nur ein noch breiterer Fluss zu sehen. Und da sieht es hier noch human aus im Gegensatz zu Grimma und anderen Orten in der Gegend.

Aber ich denke auch, dass ihr das ganze Unglück auch ein bisschen gelegen kommt. Natürlich freut sie sich nicht darüber, denn das Ganze wird ja wieder sehr viel kosten, aber dass sie jetzt nochmal einen Moment miterleben kann, wo die Menschen tatsächlich Hilfe brauchen und wo sie groß ankündigen kann: "Ich helfe euch.", das nutzt sie schon soweit möglich für sich. Würde aber jeder an dieser Stelle tun, sie kann ja eigentlich auch gar nicht anders, wenn man so will.

Aber ich denke nicht, dass es ihr einen besonders großen Vorsprung gegenüber den anderen Politikern geben wird. Die Leute haben gerade alles andere zu tun, als im Fernsehen ständig mitzuverfolgen, was sie verspricht, vielerorts gibt es noch nicht mal Strom im Moment. Ich denke, die Leute haben die Hände voll zu tun im wahrsten Sinne des Wortes. Schnelle Geldzuwendung, schnelle Hilfe von Seiten der Bundeswehr zum Beispiel und jemand, der Sandsäcke befüllt und stapelt und Keller auspumpt, würden mehr nützen als heiße Versprechungen. Es ist ihre Pflicht jetzt so zu reden, aber was nützt das Reden, man ist es ja teilweise schon gewohnt, dass man in solchen Momenten auf "richtige Hilfe" geduldig warten und vor allem selbst mit anpacken muss.

Ich denke, dass sie hauptsächlich diejenigen begeistern kann, die von allem nichts mitbekommen, die eben wirklich das Geschehen nur über TV mitverfolgen. Die werden vielleicht sagen: oh toll, unsere Bundeskanzlerin hilft. Aber so blauäugig dürften wohl die wenigsten noch sein. Das Geld fließt schneller nach Griechenland als bis nach Ostdeutschland.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Das klingt ja fast, als wenn Frau Merkel das Hochwasser extra für die Wählerstimmen bestellt hätte. Klar, wird sie dabei auch eigennützige Gedanken haben. Die hatte Gerhard Schröder auch, als er 2002 die Gummistiefel schnappte und in die Hochwassergebiete reiste. Das ist ein normales Leben für einen Politiker. Egal ob in Deutschland oder sonst wo auf der Welt.

Wenn ich dagegen sehe, wie sich andere Bürgermeister und Landräte im Fernsehen hochspielen. Unsere Männer hat man da nicht ständig gesehen. Die waren nämlich die ganze Zeit dort, wo Helfer gebraucht wurden. Unser Oberbürgermeister war bei der Berufsfeuerwehr und der Landrat an der Pöhl um dort schnell reagieren zu können, wenn sie noch überlaufen sollte.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Zunächst ist es wohl so, dass jedes außerordentliche mediale Großereignis im Jahr einer Wahl (vor der Wahl) der Herrschenden Clique hilft! Dabei spielt es keine Rolle, ob es die Ausrichtung einer Fußball-WM geht oder aber die Olympischen Spiele. Das Gleiche gilt für Krisen wie Naturkatastrophen oder Kriege. Denn so was schweißt "die Nation" immer zusammen und in solchen Ausnahmesituationen ist der Wechsel nichts, wonach sich die Mehrheit sehnt. Wenngleich gerade Ausnahmesituationen dafür geeignet wären, einen Wechsel einzuleiten.

Ob jetzt die Betroffenen es als hilfreich erachten, wenn so hoher Besuch da ist, um sich persönlich ein Bild zu machen, vermag ich nicht zu sagen. Richtig ist aber zweifelsfrei, dass so ein persönlicher Besuch und ein Gespräch mit Betroffenen ein deutlich klareres Bild erlaubt. Ich denke, dass das den handelnden Personen den Handlungsdruck deutlicher vor Augen führt, als wenn es nur darum geht, an Hand von Berichten zu entscheiden, wo man wie viel für die Opfer auszugeben hat.

Das es letztlich auch um Propaganda geht, ist eigentlich klar. Aber hier besteht ja auch die Möglichkeit für die Konkurrenz (was sie auch macht) in die Krisengebiete zu reisen und sich das Ausmaß der Katastrophe zeigen zu lassen. Die Opposition kann dann natürlich keine konkreten Hilfen zusagen - sich aber wohlwollend zu den Plänen der Regierung in der Richtung äußern und deutlich machen, das man selbst alles sogar noch besser gemacht hätte.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Meine Meinung ist, dass es Politiker, gerade im Wahlkampf, garantiert niemandem recht machen können. Heute im Zug haben auch ein paar Mitreisende gewaltig vom Leder gezogen zu diesem Thema und sich empört darüber geäußert, wie schamlos die Damen und Herren die Notlage der Menschen doch ausnutzen und (paradoxerweise!) wie viel Kohle jetzt wieder in den Neuaufbau gepumpt wird, die dann woanders fehlt. Das veranschaulicht, wie ich finde, das Problem ganz ordentlich.

Wenn Merkel und Co nicht in Gummistiefeln und Windjacken durch die Flutgebiete stapfen würden, würden unter Garantie Stimmen laut werden, die beklagen, dass die Politiker "da oben" an der Not des Volkes keinen Anteil nehmen. Und würden die millionenschweren Hilfsangebote und (hoffentlich!) -zahlungen ausbleiben, wäre im Wahlkampf erst so richtig der Teufel los.

Ich halte die Frau Merkel ebenso wie viele ihrer Kollegen darüber hinaus durchaus noch für einen Menschen mit einem halbwegs intakten Gefühlsleben, der sich angesichts verzweifelter Menschen und erschöpfter Helfer nicht ins Fäustchen lacht und denkt: Jawoll! Katastrophe! Stimmenfang! Von daher glaube ich, dass ihre Anteilnahme durchaus nicht bloßes Kalkül darstellt. Als Kanzlerin oder sonstiger Spitzenpolitiker steht man eben auch im Blickpunkt der Medien, die jeden Blick und jede Geste dokumentieren und auseinander nehmen. Da kann man nicht mal "einfach so" die Lage inspizieren.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich bin nun wirklich kein Merkel Fan und die Art, wie diese Frau ihre Politik an den Schlagzeilen ausrichtet und immer zufällig gerade das zur Priorität erklärt, was in den Medien präsent ist, nervt mich. Weniger wegen ihr, sondern mehr deshalb, weil so viele Menschen die Taktik nicht durchschauen und sich nicht mal wundern, warum zum Beispiel erst Laufzeiten von Atomkraftwerken verlängert werden, obwohl die Vorgänger schon den Ausstieg geplant hatten, und dann plötzlich der Ausstieg erklärt wird, nachdem eine medienwirksame Katastrophe in Japan stattgefunden hat.

Aber genau aus diesem Grund denke ich nicht, dass ihr Engagement jetzt irgendwas mit der Wahl zu tun hat. Das Hochwasser ist ein aktuelles Thema, auf das sich die Medien stürzen, also stürzt sie sich auch auf dieses Thema. Das ist die Art, wie sie schon immer Politik gemacht hat und das ist die Art, wie sie auch weiterhin Politik machen wird.

Nebenbei bemerkt finde ich es übrigens völlig unsinnig, wenn Politiker irgendwelche Katastrophengebiete besuchen. Da werden Ressourcen abgezogen um die Politiker durch die Gegend zu fahren und zu beschützen und zu verpflegen und was weiß ich nicht alles, die man wesentlich sinnvoller einsetzen könnte.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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