Briefe aus der Kindheit

Ich erinnere mich daran, dass wir in der Grundschule eine Art Briefsystem hatten. Wir hatten einen Karton, in dem wir Briefe im Laufe der Woche hinein werfen konnten für unsere Klassenkameraden. Am Freitag hat unsere Lehrerin dann die Briefe herausgenommen und an die jeweiligen Empfänger verteilt. Ich habe im Laufe der Zeit natürlich auch viele Briefe erhalten und auch noch einige Jahre aufgehoben, aber irgendwann habe ich sie wohl mal weggeworfen, denn mittlerweile habe ich sie leider nicht mehr. Wäre aber sicher lustig, sie mal wieder zu lesen.

Vor kurzem habe ich aber beispielsweise eine Postkarte gefunden, die ich meiner Mutter wohl zu Weihnachten geschenkt habe. In dem Brief habe ich geschrieben, dass ich meine Schwester doof finde und deshalb zu meinem Vater ziehen möchte (meine Eltern sind geschieden und leben getrennt). „Frohe Weihnachten“ stand mit einem Schreibfehler auch noch dabei. Das war ziemlich lustig zu lesen und daher wünschte ich mir, ich hätte noch mehr Briefe und Karten aus meiner Kindheit aufbewahrt.

Aus meiner Zeit als etwas älteres Kind, also eher als Jugendliche, habe ich aber noch Briefe. Und zwar hatte ich einmal eine Brieffreundschaft mit einem Mädchen, das ich im Internet kennengelernt habe. Wir haben nicht besonders lange miteinander geschrieben, da wir uns dann später über ICQ auf dem aktuellen Stand gehalten haben, aber die wenigen Briefe, die ich von ihr bekommen habe, habe ich aufbewahrt. Ebenso habe ich noch alle Briefe, Karten und Glückwünsche, die ich zu meiner Konfirmation bekommen habe. Die sind alle in einer Kiste verstaut, aber ich habe sie mir ehrlich gesagt schon ewig nicht mehr angeschaut.

Ich habe noch bis vor nicht allzu langer Zeit Briefbücher gehabt, die ich mit 12, 13 oder 14 geführt habe. Einige dieser Bücher gehörten nur mir und meiner besten Freundin, andere meiner Clique. Ich habe mich beim lesen allerdings so fremdgeschämt, dass ich sie entsorgt habe. Wir haben auf furchtbar blöde Weise über unglaublich triviale Dinge geschrieben und ich konnte nicht fassen, wie ich als Teenager war. Diese Zeit wollte ich gerne hinter mir lassen - endgültig - sodass ich ohne schlechtes Gewissen alle Briefbücher wegschmiss.

Ich weiß, dass eine Freundin von mir meine alten Briefe an sie aufgehoben hat, die ich ihr geschrieben habe, als sie in Irland war. Natürlich gab es damals schon Internet, es ist vielleicht vier Jahre her, aber wir waren uns darin einig, dass echte handgeschriebene Briefe "romantischer" und bedeutungsvoller waren. Diese Briefe sind allerdings bei meiner Freundin, von daher habe ich sie schon lange nicht mehr in den Händen gehalten und erinnere mich nicht wirklich daran, worüber wir geschrieben haben.

Ich besitze auch noch einige Briefe, die ich von meinen Freundinnen in der Schule zugesteckt bekam. Die Briefe waren unsere Art zu reden, denn in der Schule trauten sich meine beiden Freunde nicht, mich anzusprechen. Das lag daran, dass ich Außenseiter war und jeden Tag verprügelt wurde. Redete einer mal mit mir, bekam derjenige auch sofort Prügel. Davor hatten die beiden Angst, da es hunderte von Schülern waren, die mich fertig machten.

Ich war immer fix und fertig, dass ich in der Schule von den beiden Abstand halten musste. Die netten Briefe bauten mich zwar ein Stück weit auf, aber es war auch schwer für mich, den Abstand zu halten. Die Briefe habe ich natürlich auch aufgehoben. Ich tue sie aber nicht mehr lesen, da ich nicht gern an die Zeit zurück denke.