Arabische Welt - wie kommt es zu den Geschehnissen?

vom 21.05.2013, 10:55 Uhr

Ständig hört man von Aufständen, Demonstrationen und Bürgerkriegen, vor allem in Nordafrika. Anscheinend gibt es viele Bestrebungen der Bürger, doch die konservativen Politiker schlagen fast alles, das sich gegen sie stellt, nieder. Ständig rechnet man mit neuen Anschlägen oder einer Abtrennung des Internets zum Rest der Welt. Ist das nicht ein Leben in völliger Angst?

Doch was mich am meisten interessiert: Wie kam es überhaupt zum arabischen Frühling und den Folgeereignissen? Ist tatsächlich das Internet daran schuld, dass die Bürger nach einem besseren Leben suchen? Was meint ihr persönlich zu diesem Thema?

» Naffus » Beiträge: 34 » Talkpoints: 38,41 »



Was in den arabischen Länder passiert, seit sich am 17. Dezember 2010 Muhammad Buazizi selbst verbrannte, ist unglaublich und hat eine wahre Welle der Proteste ausgelöst. Nach Jahrzehnten der Unterdrückung durch diverse Diktatoren stehen die Bürger plötzlich für ihre Freiheit ein. Als der tunesische Diktator Ben Ali schon nach so kurzer Zeit und so "wenig" Toten das Land verließ, war ich schon der Meinung, dass die Tunesier unglaubliches Glück hatten und nur einen so geringen Preis für ihren Kampf zahlen mussten. Wie man im Nachhinein sieht, zahlten und zahlen die Einwohner anderer Länder einen sehr viel höheren Preis.

Aber warum war nun offensichtlich der Punkt erreicht, der die Bürger aufstehen ließ? Selbstverbrennungen gab es sicherlich schon vorher, ohne dass danach der Präsident aus dem Amt gejagt wurde. Diesen Verdienst allein dem Internet zuzuschreiben, ist wahrscheinlich zu einseitig. Aber ich denke schon, dass durch die Globalisierung, den vermehrten Kontakt von Einwohnern unterschiedlicher Länder und sogar Erdteilen das Bewusstsein gewachsen ist, dass es auch anders geht.

Jahrhundertelang gab es keinen Tourismus, niemand wanderte aus und kehrte wieder zurück, es gab kein Fernsehen, wo man etwas über das Leben in anderen Ländern etwas erfahren konnte. Und vor allem das Internet bietet dabei sehr viele Informationen und wenn man es schafft, die Sperren zu umgehen, auch unabhängige Informationen. Im Gegensatz zur Staatspropaganda, die im Fernsehen zu sehen ist.

Wenn man nur staatsgeleitete Informationen bekommt, entsteht im Kopf ein sehr einseitiges Bild. Der Westen wird immer als schlecht dargestellt. Was nicht sooo schwer ist. Man übertreibt einfach maßlos. Es stimmt ja, dass wir eine Konsumgesellschaft sind. Nur macht uns das nicht gleich zu Robotern, die keine persönliche Beziehungen mehr eingehen können. Wenn man aber in einem arabischen Land lebt und noch nie ein westliches Land gesehen hat, ist man fast gezwungen, diese Schilderungen zu glauben. Man hört sie jedenfalls sehr häufig und niemand kann einem das Gegenteil beweisen.

Mit der Öffnung der Gesellschaft, die die Regierungen nicht vollkommen verhindern konnten, gelangten mehr Informationen ins Land. Junge Menschen wanderten aus, kehrten zurück und räumten mit den Vorurteilen auf. Und jetzt konnten sie es mithilfe des Internets auch beweisen. So entstanden vielschichtigere Bilder in den Köpfen, die dem Westen auch Positives zugestanden und an den eigenen Regierungen Kritik zuließen.

Zudem hat es das Internet ermöglicht, mit Landsleuten in Kontakt zu treten. Wenn man sich nur heimlich in einer Teestube oder einem Wohnzimmer treffen kann, erreicht man einfach nicht so viele Menschen, die einen im Kampf unterstützen könnten. Durch das Internet konnten sich landesweite Netzwerke bilden, man konnte den Kampf koordinieren.

Das Internet hat also mehrere entscheidende Beiträge geleistet. Aber auch das ist eine vereinfachte Sichtweise. Natürlich gab es schon lange vor dem Internet Regierungskritiker und Menschen, die gegen die Regierungen kämpften. Ich will meine Ausführungen nicht so verstanden wissen, dass Araber ohne das Wissen aus dem Westen dumm sind. Die arabische Welt hat ebenso wie wir eine lange Geschichte der Philosophie und der Kultur, wenn nicht eine noch längere.

Letztlich waren es die Menschen, die ihr Leben für diesen Kampf einsetzten. Es gab einen Tropfen zum richtigen Zeitpunkt, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Und der Kampf in dem einen Land hat die Menschen im nächsten dazu ermutigt, sich ebenfalls zu erheben. Das ist psychologisch einfach zu erklären. Man kann einfach mehr Leute mobilisieren, wenn man damit argumentieren kann, dass es andere auch machen und vor allem, dass es andere geschafft haben. Wie gesagt ging es im ersten Land, Tunesien, sehr, sehr schnell und unblutig. Wenn es in Tunesien wie in Syrien gelaufen wäre, hätte es diese Welle sicher nicht gegeben.

Benutzeravatar

» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^