Sollten weniger Menschen Abitur machen?

vom 21.05.2013, 16:37 Uhr

Neulich las ich auf Spiegel Online ein Interview, in dem irgendso eine "Expertin" meinte, heutzutage würden zu viele nur durchschnittlich intelligente Kinder auf ein Gymnasium geschickt. Dies sorge aber bei den Kindern für Überforderung und so sollten Eltern häufiger akzeptieren, dass ihr Kind nichts Besonderes und nicht hochbegabt sei. Alleine statistisch Betrachtet stünde der Anteil an Hochbegabten an der Gesamtbevölkerung in keiner Relation zu den Massen an Gymnasiasten.

Meiner Meinung nach hat die Dame mit ihrer Idee schon irgendwo Recht da ich selbst gesehen habe, wie auf meinem Gymnasium z.B. in Bio einige beim allerbesten Willen nicht klarkamen und so gab es immer nur eine handvoll Schüler, die sich tatsächlich am Unterrichtsgespräch beteiligen konnten. Da kann man natürlich schon vermuten, dass viele von den übrigen Schülern mit einem guten Realschulabschluss und entsprechendem Beruf besser bedient wären als mit einem hart erkämpften und nur mittelmäßigen Abi.

Andererseits ist es aber erwiesen, dass der IQ bei Erhöhung der geforderten Leistung mehr oder weniger langfristig ansteigt! Dieser Effekt bewegt sich zwar "nur" im Zehner-Bereich, kann aber schon einen gewaltigen Unterschied ausmachen. Somit kann es auch umgekehrt vorkommen, dass in zahlreichen Realschülern noch unausgeschöpfte Fähigkeiten schlummern. Somit erachte ich den Zulauf auf Gymnasien für eine überaus positive Tendenz, solange dort die Anforderungen nicht nach unten hin "angepasst" werden

Was haltet Ihr denn von der steigenden Beliebtheit von Gymnasien?

» MasterOers » Beiträge: 348 » Talkpoints: 1,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich denke, dass man nicht hochbegabt sein muss, um das Abitur zu bekommen und das finde ich auch richtig so. Generell finde ich aber, dass eine Entscheidung wann ein Kind die Schulform wechseln muss zu früh stattfindet. Ein Kind kann doch nach der 4. Klasse nicht entscheiden, ob es für das Abitur reicht oder nicht. Immerhin sollte man in dem Alter auch nicht so viel Druck auf die Kinder ausüben.

Ich denke aber auch, dass man es eben versuchen sollte. Dass nicht jeder immer eine Antwort hat oder sich nicht immer meldet, finde ich aber normal. Immerhin passiert das in allen Schulformen. Man kann nicht alles wissen und man lernt eben auch noch. Ich denke, dass man aber auch die Grenzen seines Kindes sehen muss und wenn dies dann einfach nur überfordert ist, muss man es auch schützen.

Das Abitur ist aber ein erstrebenswerter Abschluss und ich denke nicht, dass ihn weniger Menschen machen sollten. Den Realschulabschluss bekommt man ja auch relativ einfach und es hat eben jeder so seine Stärken und Schwächen, damit muss man leben.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Als ich im letzten Jahr Abitur gemacht habe, ist mir aufgefallen, wie schwierig es für manche Mitschüler war. Das lag aber nicht daran, dass sie es nicht konnten, sondern eher daran, dass sie es nicht wollten. Viele haben einen Teil der Pflichtstunden in der Schule verbracht, einen großen Teil erfolgreich geschwänzt und die Klausuren gerade so bestanden. Das Problem bei vielen war die Einstellung. Nach der zehnten Klasse wussten einige nicht, welchen Beruf sie ergreifen sollen. Die einfachste Möglichkeit, der Entscheidung zur Berufswahl zu entgehen, war nun einfach noch drei Jahre weiter zur Schule zu gehen und das Abitur zu machen. Auf diesem Weg sind viele gescheitert, weil letztendlich der falsche Wille zum Abitur vorhanden war. Es fehlte die Motivation. Wenn ich überlege, mit wie vielen Schülern wir den Weg zum Abitur begonnen haben und wer am Ende noch übrig geblieben ist, dann ist das eine erschreckende Kenntnis.

Bei einer Bekannten habe ich vor Kurzem bemerkt, was die hohe Anzahl an Abiturienten wirklich an Ausmaß mit sich trägt. Sie möchte "nur" einen Realschulabschluss machen und dann eine reguläre Ausbildung beginnen. Auf diese Ausbildungsplätze bewirbt sich aber eine Mehrzahl an Abiturienten. Vielen Arbeitgebern erscheinen die Abiturienten durch ihr Alter vermeintlich reifer, so werden diese nicht nur selten bevorzugt. Wer auf der Strecke bleibt, sind leider die Realschüler, deren Vielzahl an Ausbildungsplätzen praktisch von den Abiturienten weggeschnappt werden.

» Jaacc » Beiträge: 66 » Talkpoints: 34,20 »



Ich habe mich mit meiner Klasse neulich über dasselbe Thema unterhalten. Ich gehe momentan in die dreizehnte Klasse eines beruflichen Gymnasiums, sprich, ich habe bald mein Abitur in der Tasche. Bei uns kam die Diskussion auf, weil wir über die unterschiedlichen Leistungen in unserer Klasse gesprochen haben. Es gibt einige, die wissen momentan nicht, ob sie das Abitur überhaupt schaffen werden und dann gibt es auf der anderen Seite einige, die sich darüber ärgern, wenn ihr Schnitt schlechter als zwölf Punkte ist. Dazwischen gibt es kaum etwas

Ich gehöre zu letzteren und ich muss sagen, dass ich auch finde, dass mittlerweile schon fast zu viele Menschen Abitur machen. Wir haben beispielsweise einen in der Klasse, der schon eine Ausbildung hinter sich hat, aber von seinem Unternehmen nicht übernommen wurde und deshalb eben noch drei Jahre auf das Gymnasium gegangen ist, um sein Abitur zu machen. Ich habe nichts gegen ihn und ich finde es auch beeindruckend, dass er den Mut hatte, nach drei Jahren Ausbildung noch einmal die Schulbank zu drücken, aber nichtsdestotrotz hat er von seiner Leistung her einfach nichts auf dem Gymnasium zu suchen. Er ist sehr klug was Naturwissenschaften betrifft, aber in den sprachlichen Fächern, sowohl Deutsch als auch Englisch und Französisch, kann er erstaunlich wenig. Von den Leistungen her gehört er einfach nicht aufs Gymnasium und wie gesagt, er ist kein Einzelfall in unserer Klasse.

Trotzdem werden die meisten ihr Abitur wohl bekommen. Und das trotz schlechter Leistungen. Da man mittlerweile (zumindest auf beruflichen Gymnasien in Baden Württemberg) nicht einmal mehr in Deutsch ein schriftliches Abitur schreiben muss, erhalten selbst Menschen wie der oben beschriebene Mitschüler von mir ihr Abitur.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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