Sind wir alle zu Wirtschaftshörig?

vom 20.05.2013, 12:06 Uhr

In Threads wie z.B. diesem hier kommt es immer wieder vor, dass man Dinge als "unerlaubt" oder gar "verboten" darstellt, weil es die Geschäftsbedingungen des jeweiligen Unternehmen so festhalten oder vorschreiben. So soll es nicht erlaubt sein, bei der Mitnahme von anderen Reisenden mit entsprechenden Mehr-Personen-Bahntickets Geld eben für das Mitnehmen von den Mitreisenden zu nehmen. Das halte ich persönlich für ein lustiges Verbot und ich wüsste tatsächlich kein Gericht in Deutschland, welches hier zu Gunsten der Bahn urteilen würde, wenn ich mich offensiv hinstelle und sage, dass ich mit z.B. drei Bekannten einen Urlaub geplant und organisiert habe und die mir für die Fahrt (über so ein Ticket) jeweils z.B. 20 Euro bezahlen und ich so mehr für das Ticket einnehme, als ich ausgegeben habe.

Ich möchte nur darauf hinaus, dass wir manchmal die Vorgaben von Unternehmen als Gottgegeben nehmen und nicht mehr hinterfragen, ob die Vorgaben tatsächlich auch vor dem Gesetz (und das allein wäre maßgeblich!) bestehen würde. So ist es auch heute noch so, dass z.B. Softwarehersteller die Weitergabe der "gebrauchten" Software unterbinden (über die AGB). Ebenso z.B. die Vermarkter von "digitaler" Musik. Schleichend soll hier nicht mehr Besitz erworben werden, sondern immer nur ein Nutzungsrecht. Aber auch andere Anbieter von Dingen wollen Regeln, wie man letztlich mit der eigenen Ware umzugehen hat, wenn man sie nicht mehr braucht und wollen die Weitergabe möglichst einschränken.

Hier sollte man aber als Verbraucher doch letztlich nicht allein auf das hören, was in den AGB vorgegeben wird, sondern sich auch überlegen, ob die Hersteller sich wirklich vor Gericht trauen würden. Gerade in Bezug auf "gebrauchte" Software war es eigentlich immer anders herum und die Hersteller haben noch nie einen Sieg vor Gericht erringen können. Selbs Microsoft muss hinnehmen, dass ein "Windows" gebracht verkauft wird. Völlig legal. Wieso ist man aber dann als Verbraucher dazu geneigt, den gemachten Vorgaben der Hersteller eher zu folgen? Ist das ein vorauseilender Gehorsam?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Es gibt wirklich viele "Kleinigkeiten", die Unternehmen in ihre AGB stecken, die nicht dem Gesetz entsprechen. Sicher wäre es besser, wenn man selber alle Gesetze kennt und solche Unrechtmäßigkeiten schnell erkennt. Aber ganz ehrlich, wie viel Wissen soll ich mir denn da aneignen? Das betrifft ja ein unglaublich weites Feld. AGB, Kaufverträge, meine Rechte als Mieter, als Bürger, Garantien, Eherecht, Erbrecht etc. Sicher informiert man sich, wenn etwas konkret auf einen zutrifft. Wenn man ein Haus oder ein Auto kauft. Aber doch nicht bei jedem Staubsauger oder Akkubohrer. Und ich hab mir auch nie die AGB von der DB durchgelesen, obwohl ich schon oft ein Ticket gekauft habe.

Ich finde schon, dass man sich da auch ein Stück weit auf den Vertragspartner und auch auf den Gesetzgeber verlassen können muss. Es ist ja auch verboten, absolute Unwahrheiten in die AGB zu schreiben. "Wenn Sie etwas im Wert von 100 € kaufen, verlangen wir eine Bearbeitungsgebühr von 1000 €". Wenn unsere Gesetze so etwas erlauben würden, würde ich auch mehr drauf achten.

Aber im Normalfall verlasse ich mich auf die Richtigkeit. Gibt es Probleme mit der Garantieleistung oder so etwas, dann informiere ich mich. Und ich finde eine Rechtschutzversicherung etwas ganz tolles. Weil als Verbraucher ist man immer am kürzeren Hebel, weil man eben keine Rechtsabteilung im zweiten Stock hat. Der Vertragspartner aber eben schon. Und mithilfe dieser können die noch so einiges gut und richtig klingen lassen, was Otto Normalverbraucher ohne Jurastudium nicht wirklich überprüfen kann.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


In der Tat bin ich der Meinung, dass sich zu viele Verbraucher den AGB der Unternehmen klaglos unterwerfen. Selbst wenn sich nur einige Menschen nicht gegen gesetzwidriges Geschäftsgebaren wehren, sind es immer noch zu viele.

Als Beispiel fällt mir ein Fall ein, in der ein großer Elektronikfachmarkt jemanden Hausverbot erteilt hat, nur weil er ein defektes Gerät reklamieren wollte. Da frage ich mich wirklich, was der Zweck einer solchen Aktion ist. Durch ein Hausverbot lässt sich natürlich der gesetzlich verankerte Gewährleistungsanspruch nicht aushebeln. Gegen ein solches Handeln sollte man sich auf jeden Fall wehren. Ein anderes Beispiel sind diese kostenfreie Probemonate bei verschiedenen Freemail-Anbietern. Der Verbraucher wird bewusst getäuscht, wenn er sich auf solch ein Probeabo einlässt, da nicht klar kommuniziert wird, dass der Dienst danach kostenpflichtig wird. Darauf wird nur in den AGB hingewiesen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Leute darauf reingefallen sind und anschließend auch brav bezahlt haben, obwohl das Ganze sittenwidrig ist und kein Vertrag zustande gekommen ist. Das wissen die Konzerne auch ganz genau, denn wenn man nicht zahlt oder Widerspruch einlegt, dann ziehen sie ihre Forderungen zurück. Aber solange es genügend Leute gibt, die alles glauben, was die Unternehmen sagen, bleiben solche Geschäftsmodelle bestehen.

Nun will ich nicht sagen, dass alle Verbraucher naiv und unwissend sind. Bei vielen Firmen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass guter Kundenservice beziehungsweise das faire Verhalten gegenüber Kunden ein wichtiges Merkmal ist, um sich am Markt behaupten zu können. Daher bin ich froh, dass viele Unternehmen den Kunden in den AGB nicht benachteiligen, sondern sogar zugunsten des Kunden handeln, nämlich über die gesetzlich geforderte Leistung hinaus. Als Beispiel dafür wäre das Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen zu nennen, denn je nach Unternehmen beträgt dies statt wie vorgeschrieben 14 Tage sogar vier Wochen oder länger.

» Ariola » Beiträge: 693 » Talkpoints: 4,96 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Mir ist klar, dass auch ich als gewöhnlicher Verbraucher weder immer das BGB dabei habe, noch juristisch versiert genug bin, jedes Detail in den AGB richtig zu beurteilen. Es geht sogar weiter und ich gehöre zu der Sorte von Verbrauchern, die eben NICHT immer die AGB vor jedem Kauf und vor jeder Vertragsunterschrift studieren. Aber das bedeutet nicht, dass wenn ich später von einer "fragwürdigen" Regelung erfahre, dass ich diese als unumstößliche Wahrheit hinnehme, der ich mich unterordnen muss. Dabei geht es um das Recht, Waren wieder zu verkaufen - ebenso darum, selbst zu entscheiden, wie ich Waren vor dem Kauf finanziere. Egal, was die jeweiligen Anbieter von Waren und Dienstleistungen hier vorschreiben wollen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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