Beginnt die Probezeit vor Ausbildungsbeginn?

vom 29.04.2013, 18:08 Uhr

Herr A. ist 16 Jahre alt und hat seinen Ausbildungsvertrag vor ein paar Wochen unterschrieben. Seine Ausbildung soll für ihn und weitere zwei jungen Männern am 1. Juli beginnen. Nun hat die Firma aber mitgeteilt, dass sie keinen der jungen Leute die Ausbildung machen lassen wird, sondern alle jetzt kündigt.

Die Firma sagt, die Probezeit würde schon vor dem Ausbildungsbeginn anfangen. Herr A. ist sich sehr unsicher, wie er sich nun verhalten soll. Die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn reicht auf keinen Fall mehr aus, um einen neuen Ausbildungsplatz zu suchen.

Kann er rechtlich gegen die Firma irgendwie vorgehen? Wie könnte er am geschicktesten rechtliche Schritte einleiten? Oder soll er die Sache auf sich beruhen lassen, da der Arbeitgeber so oder so direkt am ersten Ausbildungstag ohne Gründe kündigen kann?

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Die Probezeit kann nach vernünftigem Menschenverstand nicht vor dem ersten Tag beginnen, denn was soll da geprobt werden? Ich würde vors Arbeitsgericht gehen und mir zumindest das Gehalt für die ersten zwei Wochen einklagen. Das Arbeitsgericht ist für Arbeitnehmer umsonst. Herr A. geht also kein Risiko ein.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Auf sich beruhen lassen, würde ich es auf keinen Fall, weil es eine absolute Frechheit ist und wer weiß, mit wie vielen Auszubildenden dieser Betrieb das noch machen will. Wahrscheinlich wird dadurch irgendwie die Pflicht auszubilden umgangen. Und wenn er tatsächlich keine andere Ausbildung findet, kann er, meines Erachtens, viel mehr einklagen als nur zwei Wochen Gehalt.

Je nachdem um welchen Beruf es sich hier handelt, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wenn es sich z.B. um einen Beruf der IHK handelt, wären die der ideale Ansprechpartner. Gehört zur Ausbildung nicht auch der Besuch einer Berufsschule dazu? Vielleicht können die Lehrer oder der Direktor helfen. Ansonsten das Arbeitsgericht, wie anlupa, vorschlägt. Aber als Arbeitnehmer würde ich ihn noch nicht einstufen, weil das Arbeitsverhältnis ja noch gar nicht begonnen hatte. Also vorher nachfragen, ob es wirklich kostenlos ist. Mit 16 ist man aber noch über die Eltern versichert. Besteht dort eine Rechtsschutzversicherung?

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Eine Probezeit kann man vor Arbeits- oder Ausbildungsbeginn gar nicht heranziehen, wenn es um eine Kündigung geht. Man kann den Ausbildungsvertrag auflösen und dann auch nur mit Absprache, weshalb man die Firma diesbezüglich kontaktieren sollte. Die Firma kann unterschiedliche Gründe haben, weshalb sie erst gar keine Auszubildenden einstellt oder sie diese auch nicht annehmen kann.

Eine Kündigung in der Probezeit impliziert auch, dass auch nur eine Kündigung in der Probezeit stattfinden kann und da eine Probezeit zum Arbeitsbeginn ausgeschrieben ist, bezweifle ich, dass die Firma mit ihrer Vorgehensweise nicht wirklich weit kommt.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



LittleSister hat geschrieben:Nun hat die Firma aber mitgeteilt, dass sie keinen der jungen Leute die Ausbildung machen lassen wird, sondern alle jetzt kündigt.

Das klingt schon sehr schwammig. Was bedeutet denn mitgeteilt? Und wer hat es mitgeteilt? Ich bin bei sowas skeptisch, mir wurde damals auch sonstwas vorausgesagt, da es über meinen Ausbildungsbetrieb einige Gerüchte gab. Deshalb habe ich direkt beim Chef nachgefragt, der mir dann bestätigte, dass die Firma übernommen wird/wurde, was aber keinerlei Auswirkungen auf meinen Vertrag haben wird.

Auch die Aussage, dass "die Firma sagt" die Probezeit würde vor Ausbildungsbeginn beginnen, finde ich sehr eigenartig. Natürlich gibt es so etwas nicht. Und das sollte in einem Unternehmen das Auszubildende einstellt auch so bekannt sein. Immerhin sollte es eine Personalabteilung und Ausbilder geben, die nicht völlig unwissend sind, was so etwas betrifft.

Sofern A nun noch keine Kündigung oder Aufhebung des Vertrages bekommen hat, würde ich an seiner Stelle das direkte Gespräch suchen. Ansonsten, also im Falle der Kündigung, empfiehlt es sich ggf. sofern vorhanden mit dem Betriebsrat Kontakt aufzunehmen. Auch die IHK, Innung oder wer auch immer zuständig ist, können Ansprechpartner sein.

Unabhängig davon ist es aber doch so, dass viele Ausbildungen erst zum August, September oder gar Oktober beginnen. Wenn A vor wenigen Wochen erst eine Zusage für den ersten Juli bekam, warum sollte er jetzt dann nicht noch etwas anderes finden für einige Wochen später?

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» Trisa » Beiträge: 3271 » Talkpoints: 20,99 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Hier muss A sich klar machen, um was es A geht. Denn wenn der Arbeitgeber nicht mehr ausbilden will (oder kann), so wird der dem A die Kündigung geben. Die muss nicht begründet werden. Welchen Vorteil hätte A nun, wenn darauf bestanden wird, wenigstens am ersten Tag da sein zu dürfen? Dann gibt der Arbeitgeber die Kündigung nur persönlich in die Hand und - wenn man so will - gibt es für zwei Wochen noch Geld. Wobei wir hier von der Ausbildungsvergütung sprechen, was jetzt für zwei Wochen auch 200-300 Euro sein können. Aber A sollte im Moment wirklich nicht auf das Geld schielen, sondern sich einen Plan B überlegen.

Ob es jetzt zu spät ist, noch einen Platz zu finden, muss sich erst noch zeigen. Wichtig ist doch, dass in jedem Fall was für das kommende Schuljahr gefunden wird. Nichts wäre schlimmer, als tatsächlich ein Jahr nichts zu machen.

Wie man dann die Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Ausbildungsbetrieb führen möchte, ist dabei nebensächlich. Natürlich kann man aus Frust nun gegen diesen vorgehen. Ich würde das aber eher hinten anstellen und die Kraft und Zeit für jetzt wirklich sinnvolleres nutzen. Nämlich das finden einer Stelle oder einer Beschäftigung für die Zeit ab Juli.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Die Ausbildung hat doch noch gar nicht begonnen und somit kann auch nicht gekündigt werden. Die Firma kann den Ausbildungsvertrag nur auflösen und da wird A nicht viel dagegen machen können. A kann jetzt nur so schnell wie möglich bei der IHK vorsprechen und sich bei denen auf der Webseite umsehen. Ausbildungsstellen sind seit einigen Jahren in größerem Umfang vorhanden, als Schulabgänger.

Von daher muss man sich wegen eines neuen Ausbildungsplatzes kaum Sorgen machen. Zumal auch nach dem Ausbildungsbeginn noch freie Ausbildungsplätze dazu kommen werden, weil sich die Auszubildenden dann doch für einen anderen Betrieb entschieden haben.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Die Probezeit beginnt definitiv nicht vor der Ausbildung, sondern vom ersten Arbeitstag an. Das heißt, wenn Herr A seine Ausbildung am 1.Juli.2013 anfängt und die Probezeit drei Monate geht, dann beginnt die Probezeit am 1.Juli.2013 und endet Ende September. Am 1.Oktober.2013 wäre Herr A somit nicht mehr in der Probezeit.

Allerdings ist es in diesem Fall sehr hilfreich und ratsam, wenn Herr A sich an einen Anwalt wendet. Schließlich beginnt die Probezeit nicht vor der Ausbildung, sondern am 1.Juli.2013. Das weiß ich deshalb so genau, weil ich 2008 ebenfalls eine Ausbildung angefangen habe, in der es wie in jeder anderen Tätigkeit ebenfalls eine Probezeit gab. Vielleicht ist es auch möglich, dass Herr A sich an seinen Chef beziehungsweise ehemaligen Chef wendet und diesen bittet, dass er doch bitte die Kündigung zurücknehmen möchte. Als Argument für diese Aussage könnte zum Beispiel das folgende Argument gesagt werden:

Herr XY, die Probezeit beginnt nicht vor der Ausbildung, sondern ab den ersten Arbeitstag. Daher ist eine Kündigung von Ihrer Seite vollkommen unbegründet nicht akzeptabel. Ich bitte Sie daher, dass Sie die Kündigung zurücknehmen, damit ich die Ausbildung problemlos anfangen kann. Ich hoffe, dass Sie mir zustimmen und die Kündigung doch noch zurücknehmen.

Aber wie immer gilt, dass der Ton die Musik macht. Je höflicher das Argument geäußert wird, desto größer sind die Chancen, dass Herr A seine Ausbildung ohne Probleme antreten darf. Der Anwalt sollte lediglich erst dann eingeschaltet werden, wenn der Chef bei der Kündigung von Herrn A bleibt.

» Stefan569 » Beiträge: 558 » Talkpoints: 1,86 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Stefan569 hat geschrieben:Herr XY, die Probezeit beginnt nicht vor der Ausbildung, sondern ab den ersten Arbeitstag. Daher ist eine Kündigung von Ihrer Seite vollkommen unbegründet nicht akzeptabel.

Dann aber lächelt der Arbeitgeber müde, nimmt die Kündigung zurück und A kann am ersten Arbeitstag seine neuerliche Kündigung des Ausbildungsverhältnisses entgegen nehmen. Die erfolgt ganz legal auch ohne Begründung und ohne weitere Fristen. Einzig dir bislang erworbenen Leistungen von A müssen vom Arbeitgeber bezahlt werden. Ebenso der Urlaubsanspruch, der sich aus einem Tag Arbeit ergibt. Dafür aber zu streiten, macht keinen Sinn - weil schlicht andere Probleme jetzt im Vordergrund stehen sollten. Nämlich möglichst schnell eine neue Anstellung zu finden!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Das Verhalten dieser Firma finde ich schon ziemlich merkwürdig. Ich gehe eigentlich auch davon aus, dass die Probezeit im Normalfall mit dem ersten Arbeitstag beginnt. Es ist so, wie Anlupa es schon geschrieben hat. Wenn der Arbeitnehmer, in diesem Fall der Auszubildende, die Arbeit noch gar nicht aufgenommen hat, konnte er sich auch noch nicht beweisen und seine Arbeitsleistung konnte noch gar nicht beurteilt werden.

An Stelle von Herrn A würde ich mich auch umgehend nach einem neuen Ausbildungsplatz umsehen. Ich weiß nun nicht, um welche Branche es hierbei geht, aber es ist sicher nicht aussichtslos, jetzt noch nach einem Ausbildungsplatz zu schauen. Zum einen fangen viele Ausbildungen erst später an, zum Beispiel im August oder September, und zum anderen gibt es immer wieder Unternehmen, die auch recht spät noch Auszubildende suchen. Manchmal bleiben auch Ausbildungsplätze unbesetzt. Die Frage ist nur, ob es sich dabei um Ausbildungsstellen handelt, die für A in Frage kommen. Falls A wirklich keinen Ausbildungsplatz mehr finden sollte, könnte er auch über ein Praktikum nachdenken, das zumindest einen Teil der Zeit abdeckt.

Zum Arbeitsgericht würde ich vermutlich dennoch gehen. Vielleicht muss der Betrieb zumindest einen kleinen Teil des Lohns bezahlen. Das wird nicht viel sein, aber A könnte das Geld, sofern es ihm zugesprochen wird, als eine Art Aufwandsentschädigung betrachten. Der Betrieb, der A eigentlich ausbilden wollte, würde im Gegenzug sehen, dass ein solches Vorgehen nicht ganz komplikationsfrei bleibt.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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