Wird Kritik an den "Tafeln" richtig verstanden?
Endlich wird anlässlich des (traurigen) Jubiläums (20jähriges Bestehen) ein wenig Kritik an den Tafeln in Deutschland (Armenspeisungen) laut. Aber es interessiert scheinbar niemanden. Nur die, die von der Kritik eben nicht getroffen werden sollen, sind entrüstet. Denn niemand sieht ja im Ehrenamt derjenigen, die bei der Tafel helfen ein Problem. Natürlich auch nicht daran, dass gespendet wird und das Lebensmittel vor der Vernichtung doch noch sinnvoll verwendet werden.
Aber niemand stellt sich die Frage, wieso es die Notwendigkeit der Tafeln überhaupt gibt. Wer sollte denn versucht sein, dies zu ändern, wenn es sogar so ist, dass die "Job-Center" ihren "Kunden" auch raten, sich eben bei der Tafel anzustellen. Allein die Tatsache, dass die Job-Center Mitarbeiter hier die Notwendigkeit einsehen, dass Menschen hier um Lebensmittel anstehen müssen, sollte doch ein starkes Indiz dafür sein, dass der Regelsatz nicht ausreichend ist.
Statt in den Vergangenen 20 Jahren das Problem zu lösen, dass Menschen eben in Deutschland von so einer "Lebensmittelausgabe" abhängig sind, hat sich die Zahl der "Kunden" der Tafeln verdreifacht. Und ich sehe im Moment keine Signale dafür, dass sich was ändert und man ernsthaft versucht, die "Erfolgsstory" der Tafeln in Deutschland überflüssig zu machen indem man wirklich dafür sorgt, dass die Existenzsicherung funktioniert, ohne ein (willkürliches) Almosen System zu etablieren.
Denkt hier jemand eigentlich wirklich so, dass geglaubt wird, dass Kritik an der Tafel sich gegen die Mitarbeiter der Tafel oder gar die Hilfsbedürftigen richtet? Oder wird deutlich, dass mit der Kritik an der Tafel eigentlich Kritik am - spätestens durch Schröder/Fischer - abgebauten Sozialstaat ist?
Ich denke, es ist ganz offensichtlich, dass allein die Tatsache, dass diese Tafeln in unserem Land überhaupt notwendig sind, ein Skandal ist. Deutschland ist so reich, dass eigentlich niemand Not leiden müsste - aber das ganze Geld landet bei einigen wenigen Personen.
Und viele Menschen sind so arm, dass sie hungern müssten, wenn sie nicht die Demütigung in Kauf nehmen, sich bei der Tafel anzustellen. Auf Almosen angewiesen zu sein ist allein schon psychisch eine ganz fürchterliche Situation, aber offensichtlich ist das trotzdem von den "Jobcentern" (Wieso eigentlich Jobcenter? Haben die Jobs? Guter Witz!) eiskalt mit einkalkuliert. Jeder weiß, dass die Hartz-4-Regelsätze hinten und vorne nicht reichen, und dass noch dazu in ziemlich willkürlichen Schikanemaßnahmen immer neue Gründe für Kürzungen des Geldes erfunden werden. Das ist auch so eine Sache: angeblich ist Hartz 4 doch das Existenzminimum. Wieso darf das denn überhaupt gekürzt werden? Man weiß, dass dann nicht genug zum nackten Überleben übrig bleibt!
Deswegen ärgere ich mich auch jedes Mal, wenn ich an so einer Ausgabestelle vorbeikomme. Und ich denke, dass ich damit nicht die einzige bin. Es ist einfach menschenunwürdig, sich anstellen zu müssen, um abgelaufene Lebensmittel (wohlgemerkt: es gibt einen Grund, warum Lebensmittel mit einem Ablaufdatum versehen sind!) zu erhalten, und ich sehe nicht ein, dass einige Mitbürger dazu gezwungen werden, während andere sich die zehnte Yacht kaufen. Da werden Menschen vor die Wahl gestellt, Verdorbenes zu essen oder zu hungern...
Wohlgemerkt: damit möchte ich das Engagement der Menschen, die bei der Tafel und ähnlichen Einrichtungen ehrenamtlich arbeiten, keinesfalls schmälern. Die tun ihr bestes, die Not der Menschen ein bisschen zu lindern.
derpunkt hat geschrieben:Denkt hier jemand eigentlich wirklich so, dass geglaubt wird, dass Kritik an der Tafel sich gegen die Mitarbeiter der Tafel oder gar die Hilfsbedürftigen richtet? Oder wird deutlich, dass mit der Kritik an der Tafel eigentlich Kritik am - spätestens durch Schröder/Fischer - abgebauten Sozialstaat ist?
Ich habe das heute Morgen in der Zeitung gelesen und vielleicht lag es an der frühen Stunden und der Tatsache, dass ich erst einen Kaffee getrunken hatte, aber ich habe schon ein paar Sekunden gebraucht um zu verstehen, was da genau kritisiert wird. Von daher könnte ich mir schon sehr gut vorstellen, dass es Leute gibt, die das falsch verstehen, weil sie sich vielleicht nicht die Mühe machen einen Artikel noch mal zu lesen, nachdem sie ihn beim ersten Mal nur überflogen haben.
arril hat geschrieben:Da werden Menschen vor die Wahl gestellt, Verdorbenes zu essen oder zu hungern...
Die Lebensmittel werden kontrolliert bevor sie verteilt werden. Wenn bei der Tafel zum Beispiel Obst in solchen Plastikschalen ankommt wird jede einzelne Packung geöffnet und alles, was verdorben ist, wird raus genommen und selbstverständlich entsorgt. Und es sollte inzwischen auch bekannt sein, dass Lebensmittel mit abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdatum nicht ungenießbar sind. Die Tatsache, dass das immer noch viele Leute glauben, sorgt dafür, dass sehr viele Lebensmittel weggeworfen werden, die noch völlig in Ordnung sind.
Cloudy24 hat geschrieben:Die Lebensmittel werden kontrolliert bevor sie verteilt werden. Wenn bei der Tafel zum Beispiel Obst in solchen Plastikschalen ankommt wird jede einzelne Packung geöffnet und alles, was verdorben ist, wird raus genommen und selbstverständlich entsorgt. Und es sollte inzwischen auch bekannt sein, dass Lebensmittel mit abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdatum nicht ungenießbar sind. Die Tatsache, dass das immer noch viele Leute glauben, sorgt dafür, dass sehr viele Lebensmittel weggeworfen werden, die noch völlig in Ordnung sind.
Mir ist völlig klar, dass Lebensmittel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum nicht zwangsläufig verdorben sein müssen, aber das Risiko ist eben leider doch weitaus höher, gerade bei eher sensiblen Lebensmitteln wie Fleisch und Milchprodukten. Selbst wenn die Gefahr ziemlich gering sein sollte, würde ich zum Beispiel niemals abgelaufenes Hackfleisch essen. Oh, und bei weichem Obst würde ich, wenn zum Beispiel ein Pfirsich aus einer Schale verschimmelt ist, auch die anderen mit entsorgen, wegen der Sporen.
Man kann solche Sachen ja gern noch essen, in den meisten Fällen wird es auch keinerlei Probleme geben, allerdings sollte das meiner Meinung nach eine freiwillige Entscheidung sein, ob man es riskieren möchte oder nicht. Allerdings ist die Entscheidung wohl kaum wirklich freiwillig, wenn es bedeutet, entweder das oder gar kein Essen.
Und ehrlich gesagt: zwar finde ich es schlimm, wenn Lebensmittel weggeworfen werden. Allerdings finde ich es noch schlimmer, Lebensmittel im Umlauf zu lassen, wenn ein erhöhtes Risiko der Gesundheitsschädigung besteht - selbst wenn besagtes Risiko immer noch nur sehr, sehr klein sein sollte. Bekanntlich haben alle Menschen ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, und das bedeutet, dass alle Menschen ein Recht darauf haben, Lebensmittel zu erhalten, bei denen das Risiko, davon zu erkranken, so weit wie möglich minimiert wurde. Und ja, das bedeutet, dass im Zweifelsfall weggeworfen werden muss. Lieber 100 Mal zu oft als einmal zu wenig. Es sollte eher dafür gesorgt werden, dass sich die Leute das Zeug kaufen können, bevor das Mindesthaltbarkeitsdatum (das wie gesagt nicht ohne Grund da steht) abläuft.
Ich kann das was du schreibst nachvollziehen und sehe es auch als eine nicht unbedingte Notwendigkeit. Allerdings sehe ich den Begriff Armenspeisung nicht für alle als richtig an. Es sind überwiegende Hartz 4-Empfänger, die sich hier zusätzlich an der Tafel bedienen. Da aber kann man nicht von Armenspeisung reden. Sie bekommen den errechneten Geldbetrag für das tägliche Essen. Es gibt aber genügend arme, alte Menschen, die viel weniger haben an Geld als die Hartz 4-Empfänger. Diese Menschen könnten das Geld aufstocken lassen, tun es aber aus Scham nicht. Da kann man von Armenspeisung sprechen.
Wenn dann die Harz 4-Empfänger das Essensgeld für andere Dinge ausgeben, ist es ihre Sache. Die Hartz 4-Empfänger müssen nicht hungern, sie bekommen Geld für das Essen. Die Tafel ist nicht dafür gedacht, als Vollspeisung für Hartz 4-Empfänger herzuhalten, sondern es soll ein Zusatz sein, weil eben das Geld fürs Essen gering ausfällt und nur die Grundversorgung darstellt.
Was allerdings das Jobcenter mit der Tafel zu tun hat, weiß ich nicht. Es ist wirklich stark, wenn diese Mitarbeiter die Menschen zur Tafel schicken, anstatt ihnen eine Arbeitsstelle zu vermitteln, wofür sie eigentlich da sind.
@arril, die Tafel sehe ich nicht als Almosen an. Es sind ganz einfach Lebensmittel, die zu viel bestellt und nicht alle verkauft wurden oder eventuell zu viel produziert wurden, wie Milch, Butter und Fleisch. Fändest du es besser, man würde alles auf einen großen Müllberg schmeißen und anstecken, damit niemand das Gefühl hat, Almosenempfänger zu sein?
Wann wurde denn das Hartz 4 -Geld gekürzt und um wie viel? Wurde es nicht erst vor kurzem erhöht? Ich kann nur sagen, dass so viel ich weiß, es bei der Tafel keine schlechten Lebensmittel gibt. Wenn sie kurz vor dem Ablaufdatum sind, sind immer noch gut und zwar eine ganze Weile. Ich weiß das von Edeka, die zwei Tage vor Ablauf die Ware zur Hälfte reduzieren. Ich habe schon öfter etwas davon gekauft und bisher war auch eine Woche später noch alles gut.
Ich finde es ganz und gar nicht menschenunwürdig, solche Ware zu kaufen und wenn sich Hartz 4-Empfänger deswegen anstellen müssen ist das so wie an der Kasse bei Edeka. Zart Besaitete werden psychisch unter Druck stehen, das ist möglich, aber ich denke nur einmal. Es wird im Gegenteil zu deinen Gedanken keiner gezwungen zu hungern oder schlechte Ware zu essen. Das ist Hohn. Ferner kannst du nicht diejenigen, die sehr gut verdienen oder einen Betrieb haben und sich eine Yacht kauften beschuldigen, dass sie die zehnte Yacht kaufen und andere hungern müssen. Denk da mal darüber nach und lass die Kirche im Dorf.
Ich kenne die betreffenden Artikel nicht. Allerdings erlebe ich immer wieder auf einer anderen Plattform, dass nicht die Tafelbezieher oder die ehrenamtlichen Helfer angeprangert werden, sondern eher Kritik am System geäußert wird. Noch nicht mal zwingend am Sozialsystem.
Bemängelt wird, warum überhaupt so viele Lebensmittel übrig sind. Einen Einwand den ich durchaus verstehe. Die Erwartungshaltung vieler Kunden, die erwarten, dass auch Samstag Abend um kurz vor Geschäftsschluss noch alles an Ware da ist. Da denkt auch keiner mal darüber nach, dass die Geschäfte froh sind, wenn die Waren ausverkauft werden, damit nicht so viel entsorgt werden muss. Und so Leid es mir tut, ich sehe hier manchen Post oder habe in den letzten Jahren hier manchen Post erlebt, in dem klar das Leben in einer Welt voller Überfluss geschildert wird und man Lebensmittel entsorgt, an denen nichts dran ist. In der man eben die Erwartung hat, der und der Artikel muss bis zum Schluss vorhanden sein und möglichst frisch aus der Produktion kommen.
Bemängelt wird aber ebenfalls, dass diverse Lebensmittelgeschäfte ihre Kosten unter dem Deckmäntelchen der Mildtätigkeit senken. Denn alles was entsorgt wird, dafür müssen ja auch Müllgebühren bezahlt werden. Mit jedem Kilogramm, welches die Tafeln abholen, minimieren sich die Kosten. Da es sich mittlerweile nicht mehr nur um ein paar wenige Kilogramm Lebensmittel handelt, kann man das ja mal hoch rechnen.
Es ist einfach menschenunwürdig, sich anstellen zu müssen, um abgelaufene Lebensmittel (wohlgemerkt: es gibt einen Grund, warum Lebensmittel mit einem Ablaufdatum versehen sind!) zu erhalten, und ich sehe nicht ein, dass einige Mitbürger dazu gezwungen werden, während andere sich die zehnte Yacht kaufen. Da werden Menschen vor die Wahl gestellt, Verdorbenes zu essen oder zu hungern...
Keiner ist gezwungen, sich bei der Tafel anzustellen. Wobei wohlgemerkt, nicht alle Ausgabestellen mit Anstellen arbeiten. Aber das ist ein anderes Thema.
Es wird keiner gezwungen, sich dort Lebensmittel zu holen. Die Tafel ist eine freiwillige Leistung, die man freiwillig in Anspruch nehmen kann. Es ist durchaus möglich, vom momentanen Arbeitslosengeld 2 Satz satt zu werden. Die Tafel sollen unterstützen, aber nicht das komplette Essen ersetzen. Das sollte man auch mal bedenken. Das man sich mit Hilfe der Tafel mit Sicherheit ausgewogener ernähren kann, darüber sollte man auch mal nachdenken.
Die wenigsten Lebensmittel sind abgelaufen. Die meisten Lebensmittel laufen innerhalb der nächsten Tage ab. Manche haben noch ein Mindesthaltbarkeitsdatum von Monaten! Denn es landen auch Lebensmittel dort, die eben aus dem Sortiment genommen werden.
Ich halte es für normal, wenn man Trauben kauft, dass da mal eine oder zwei an der Rebe sind, die bereits anfangen zu faulen oder schon verfault sind. Diese Sachen werden heute aussortiert und an die Tafeln gegeben. Auch das mal eine Kartoffel anfängt zu verderben. Auch diese landen bei der Tafel. So lässt sich die Liste beliebig fortsetzen.
Und man sollte auch den Grundsatz der Tafel mal aus einem anderen Licht betrachten. Es geht hier auch darum, Sachen die eben entsorgt werden würden, an Menschen weiter zu geben, die diese noch gebrauchen können. Den Kreis hat man halt eingeschränkt auf Menschen, die ein niedriges Einkommen haben. Denn ein Arbeitslosengeld 2 Bescheid ist nicht zwingend für jede Tafel notwendig. Und ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen sich dort anstellen würden, wenn die Tafeln für jedermann offen wären. Da würden die Herrschaften mit den 10 Yachten sicherlich auch zu sehen sein!
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