Lieber den Rechtsanwalt oder die Kanzlei wechseln?

Frau X hat gerade einen bevorstehenden Rechtsstreit mit ihrem Bauträger. Dazu wurde schon vor geraumer Zeit ein Rechtsanwalt eingeschaltet, der sie und noch andere Parteien gegenüber dem Bauträger vertritt. Der Rechtsanwalt arbeitete in einer Kanzlei A, wo auch noch weitere Anwälte beschäftigt waren. Die Angelegenheit von Frau X ist inzwischen auch so weit fortgeschritten, dass demnächst Anklage erhoben wird.

Nun hat Frau X einen Brief zugeschickt bekommen, in dem mitgeteilt wird, dass ihr Rechtsanwalt in eine andere Kanzlei wechselt. Nun hat Frau X die Wahl in der Kanzlei A zu bleiben, wo sie ja auch das Mandatsverhältnis geschlossen hat, so dass ihre Angelegenheit an einen anderen Rechtsanwalt übergehen würde, der sich erst in die Sache einarbeiten müsste, wo dann aber keine zusätzlichen Kosten entstehen würden oder sie behält ihren Rechtsanwalt bei und wechselt praktisch mt diesem in die neue Kanzlei B. Dabei müsste sie ihr altes Mandasverhältnis mit der Kanzlei A kündigen. Eventuell würden dadurch zusätzliche Kosten entstehen, die ihr aber vermutlich nicht in Rechnung gestellt würden.

Meine Frage an euch wäre, ob ihr solche Situationen kennt und wie man sich normalerweise verhalten bzw. entscheiden sollte. Frau X möchte eigentlich schon bei ihrem Rechtanwalt bleiben, weiß aber nicht, ob es nicht doch sinnvoll wäre in der alten Kanzlei A zu bleiben bis ihre Angelegenheiten geklärt sind, einfach deshalb, weil sie dort das Mandatsverhältnis eingegangen ist. Was wäre sinnvoller? Ein Wechsel in eine andere Kanzlei oder der Wechsel des Rechtsanwaltes? Was ist die üblichere Vorgehensweise?

Ich würde dem Rechtsanwalt und nicht der Kanzlei treu bleiben. Immerhin müsste sich sonst ein neuer Anwalt einlesen und man müsste die ganzen Sachen noch mal schildern und dem Rechtsanwalt alles erklären. Ich denke, dass es einfacher wäre eine Kündigung zu schreiben und mit dem Rechtsanwalt den Rechtsfall zu Ende zu bringen. Immerhin hat man ja auch scheinbar schon Vertrauen zu dem Rechtsanwalt aufgebaut und wenn er bisher gute Leistungen erbracht hat, sehe ich auch keinen Grund den Anwalt zu wechseln.

Sich in den Rechtsstreit einzulesen ist nicht so schwer. Wenn Frau X die Kanzlei wechselt, muss sie die ganzen Kosten noch einmal zahlen und bekommt diese auch nicht ersetzt, wenn sie in dem Rechtsstreit gewinnen sollte. Dafür gibt es auch keine Prozesskostenhilfe. Bei einem Rechtsstreit mit einem Bauträger können das richtig hohe Kosten sein. Es ist auch fraglich, ob der Rechtsanwalt den Rechtsstreit überhaupt weiter machen darf. Oft werden bei einem Kanzleiwechsel von Anwälten Vereinbarungen von den Anwälten unterschrieben, dass keine Mandanten mitgenommen werden dürfen.

Dazu käme, dass der Anwalt sich in der neuen Kanzlei erst mal zurecht finden müsste, Dabei geht erfahrungsgemäß einiges schief. Schreiben gehen dann nicht rechtzeitig, nicht in der gewohnten Form oder an den falschen Empfänger raus, weil die Kommunikation mit der Anwaltsgehilfin oder die Bedienung der anderen Anwaltssoftware noch nicht funktioniert. Die Kommunikation zwischen der alten und neuen Kanzlei dürfte auch nicht so toll sein, wenn Frau X wechselt, sodass es eventuell heraus gezögert wird, etwa die Akten zu übergeben. Wenn die bisherige Kanzlei auch jemanden hat, der sich mit Bauträgerstreitigkeiten auskennt, dann würde ich dort bleiben.

Du schreibst, dass mehrere Leute gegen diesen Bauträger vertreten werden. Macht das alles dieser eine Rechtsanwalt, der nun wechselt oder sind die Fälle auf die Kanzlei verteilt? Das wäre für mich ein wichtiger Faktor, der bei meiner Entscheidung eine Rolle spielen würde.

Wobei ich selbst erst vor kurzem erlebt habe, wie blöd ein Anwalt vor Gericht dasteht, wenn ihm nicht alle Fakten vom Fall bekannt sind. Und dabei handelt es sich um ein Anwaltspaar. Es käme also auch darauf an, wie viel Zeit noch bleibt um vor Gericht zu ziehen. Aber insgesamt würde ich wohl eher beim Anwalt bleiben, zu dem man ja doch ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat.