Warum schieben viele Leute alles auf die Erziehung?

vom 14.04.2013, 21:06 Uhr

Es gibt viele Menschen, die angeborene Unterschiede bei Kindern nicht anerkennen und meinen, durch gleiche Frühförderung alle über einen Kamm scheren zu können. Ich finde es viel wichtiger, die individuellen Fähigkeiten der Kinder herauszufinden und gezielt zu fördern. Nicht jedes Kind sollte gezwungen werden, ein Musikinstrument zu spielen oder mit vier Jahren Mathematikaufgaben zu lösen. Ich verstehe nicht, dass viele Pädagogen, Psychologen und Soziologen immer noch meinen, dass die Kinder bei der Geburt unbeschriebene Blätter sind und sie allein durch die Erziehung geprägt werden.

Selbst bei Hunden werden schon Welpen für bestimmte Aufgaben ausgewählt. Es sind beispielsweise nicht alle Hunde derselben Rasse dafür geeignet, Polizeihunde oder Blindenhunde zu werden, obwohl zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch keine Erziehung stattgefunden hat.

Wie seht ihr das? Meint ihr auch, dass die Erziehung die Ursache für alles ist? Oder glaubt ihr nicht auch, dass es angeborene Charaktereigenschaften, Interessen und Fähigkeiten gibt?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Menschen, die alles nur auf die Erziehung schieben, machen es sich zu einfach. Natürlich wird jeder kleine Mensch bereits mit grundlegenden Charaktereigenschaften und auch Vorlieben und Talenten geboren. Das sieht man ja schon am unterschiedlichen Temperament der Kleinen. Mit einer "guten Erziehung" oder Förderung kann man nur Talente und Eigenschaften fördern, die auch da sind. Man kann nichts fördern, was nicht da ist. Vielmehr ist es wichtig, die Fähigkeiten zu erkennen.

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» eselchen » Beiträge: 973 » Talkpoints: 2,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ganz bestimmt kann man bestimmte Verhaltensweisen eher von der Erziehung als von den Chromosomen her erklären. Jedoch sollte ein Erziehender meiner Meinung nach in der Lage sein, ein Kind so zu erziehen, als dass es lernt, zum Beispiel mit Aggressionen umzugehen. Einem Kind, den in einer aggressiven Phase Grenzen aufgezeigt werden und alternative Methoden zeigt, mit Aggressionen umzugehen, wird lernen, Aggressionen besser zu steuern und in den Griff zu bekommen, als dass man das Kind eben nur aggressiv sein lässt. Als Erziehender kann man jedoch nur die Wege aufzeigen, bestreiten muss das Kind sie dann aber von sich aus wollen.

Ich weiß, dass es manchmal nicht einfach ist, ein Verhalten eines Kindes nicht anders zu erklären, als aufgrund an der fehlenden oder falschen Erziehung. Aber genauso einfach machen sich es Erziehende, die dann sagen, das Kind sei eben so und sie möchten das Kind nicht verändern oder es gebe keine Methoden, um die Verhaltensweisen zu steuern. Ich denke, es ist eine Mischung aus beiden Dingen, also Erziehung und Wesen. Zu welchen Teilen kann ich es nicht wirklich benennen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ganz schwieriges Thema. Soziologen, Psychologen und Pädagogen streiten seit Jahrhunderten darüber. Aber vielleicht schaffen wir es ja hier endlich zu klären. Nein, im Ernst, es ist doch gut, dass die sich da noch nicht einig sind. Sonst würden die Forschungen und Untersuchungen aufhören und keine weiteren Erkenntnisse gewonnen werden.

Letztlich ist es doch auch nicht so Schwarz und Weiß. Einiges ist angeboren und wird durch Erziehung nur gelenkt oder unterdrückt oder gefördert. Charaktereigenschaften gehören meines Erachtens - oder wird das überhaupt von jemanden angezweifelt - in diese Kategorie. Nur je älter der Mensch wird, desto schwieriger ist es zu sagen, ob ein Verhalten auf dem Charakter oder auf äußeren Umständen basiert. Auch kann dieselbe Eigenschaft bei der einen Person angeboren, bei der anderen aber durch äußere Umstände entstanden worden sein. Ich denke dabei gerade vor allem an aggressives Verhalten.

Bei Interessen ist die Sache noch schwieriger. Selbst wenn ein Kind mit musikalischem Interesse und Begabung geboren wird, bleibt das vielleicht unentdeckt. Das Kind kommt ja nicht von sich aus auf die Idee Geige spielen zu wollen. Dazu muss man ihm schon mal eine Geige zeigen oder vorspielen. Und auch dann sagt das Kind nicht: "Au ja, ich möchte Unterricht auf diesem Instrument haben". Also ich finde es legitim, das sozusagen bei jedem Kind mal auszuprobieren und eine Weile Unterricht zu geben. Stellt sich dann aber heraus, dass es kein Talent oder kein Spaß dran hat, dann eben nicht.

Viele übernehmen den gleichen Beruf wie ihre Eltern. Und üben diesen Beruf dann mit Leidenschaft und Begeisterung aus. Das Gleiche bei Hobbys, z.B. Fußballfans. Jungs gehen schon mit ihrem Vater zu den Heimspielen einer Mannschaft. Der Junge bleibt sein Leben lang Fußballfan. War das Interesse dann angeboren? Wäre das Kind von anderen Eltern aufgezogen worden, hätte es vielleicht nie ein Stadion von innen gesehen und hätte trotzdem glücklich werden können.

Also, ich denke, es ist eine Mischung aus Genen und Erziehung. Man braucht schon eine Weile, um das bei seinem Kind auszuloten. Und es spielen sehr, sehr viele Faktoren mit. Wirklich ALLES auf die Erziehung zu schieben, ist sicherlich falsch. Aber ebenso sind nicht an allem die Gene schuld.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Es ist eine Mischung aus Vererbung und Erziehung. Talente sind quasi in die Wiege gelegt. Interessen kann man fördern. Ob und wie das gefördert wird ist dann wieder eine andere Frage. Ich halte zum Beispiel nichts davon, wenn man ein Kind schon sehr früh ein Hobby beginnen lässt, wenn das Kind nicht selbst die Forderung danach stellt. Sicherlich gibt es Kinder die bereits mit vier Jahren drängen, dass sie unbedingt Klavier spielen wollen und eben auch gerne täglich üben.

Doch die meisten Kinder werden eher von den Eltern in diese Richtung gelenkt. Und da fängt eben für mich auch die Erziehung an. Denn das Kind bekommt es aufgedrückt und hat gar nicht die Chance selbst zu entscheiden. Ein Mathetalent, wie hier angesprochen, kann man auch später noch fördern, wenn das Kind durch die Schule entdeckt, dass es Spaß am Umgang mit Zahlen hat.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich finde auch, dass das Thema sehr schwierig ist, denn beides trifft zu. Natürlich hat jedes Kind von Geburt an Stärken und Schwächen. Es kann bestimmt Dinge besonders gut, wo sich andere Kinder immer wahnsinnig viel Mühe geben müssen. Wiederum gibt es aber auch Dinge oder Tätigkeiten, die dem Kind schwer fallen. Das ist ja auch schön so, dass nicht jedes Kind wie das andere ist. Ein klassisches Beispiel ist die Feinmotorik eines Kindes. Es gibt Kinder, die eine tolle Stiftführung haben. Die Hand ist dabei ganz locker und sie gehen super mit Pinseln um und können durch ihre feine Beweglichkeit ganz andere Bilder malen als andere Kinder. Andere Kinder kann man in diesem Bereich auch fördern, aber sie brauchen viel mehr Übung, um die Hand trainieren zu können.

Neben gewissen Fertigkeiten, die ein Kind hat, gibt es aber auch Verhaltensweisen, die durch Erziehung antrainiert werden können. Zum Beispiel ob ein Kind im Haushalt mithilft. Natürlich sind manche Kinder von Natur aus hilfsbereiter als andere, aber hier kann man sehr viel mit der Erziehung des Kindes erreichen. Wenn es ganz selbstverständlich dazu gehört, dass ein Kind nach dem Essen sein Geschirr mit wegräumt und den Tisch vor dem Essen mit deckt und anschließend mit abräumt, dann ist das ganz klar auf die Erziehung zurückzuführen.

Es gibt aber auch viele Situationen, wo man nicht sofort erkennt, ob es an der Erziehung liegt, dass es einem Kind so schwer fällt oder ob das Kind vom Typ her einfach so ist. Mir hat auch schon einmal eine Freundin erzählt, dass man bei unseren Kindern klare Ähnlichkeiten in der Verhaltensweise sieht und mir damit durch die Blume gesagt, dass es an meiner Erziehung liegt. Wenn mehrere Kinder die gleichen Schwierigkeiten haben, muss es ja an der Erziehung liegen. Es ist aber weithin bekannt, dass es Kinder gibt, die viel Phantasie haben und ihnen ganz viel durch den Kopf geht und sie deshalb ganz schnell mit ihren Gedanken woanders sind. Natürlich dauert dann das Anziehen deutlich länger. Natürlich kann ich hier Einfluss nehmen, aber nur zu einen bestimmten Teil. Ich kann ein solches Kind nicht komplett umstricken, weil es vom Typ her einfach so ist. Das Kind macht es ja auch nicht absichtlich und merkt es gar nicht mal unbedingt. Gerade unsere Kinder sind sich sehr sehr ähnlich und sind eben oftmals abgelenkt. Da kann man sich abmühen wie man möchte, man erzielt eben nur kleine Erfolge.

Allerdings halte ich nicht viel davon, Kinder immer nur in ihren Bereichen zu fördern, in welchen sie begabt sind. Natürlich muss man kein Kind dazu zwingen, ein Musikinstrument zu lernen. Musik gehört aber nunmal mit dazu, sodass ein völlig unmusikalisches Kind auch im musischen Bereich gefördert werden sollte. Außerdem kommt es auch immer darauf an, wie man das macht und wer das macht.

Auch in anderen Bereichen ist es wichtig Kinder zu fördern, wenn sie etwas nicht gut können. Bei uns in der Schule gibt es ein Kind, welches in Sport sehr schlecht ist. Normalerweise wäre es hier sehr sinnvoll, das Kind gezielt zu fördern. Es wird auch immer von den anderen Kindern geärgert und ausgeschlossen. Und auch in anderen Bereichen ist es nun mal wichtig, dass ein Kind gewisse Grundfertigkeiten mitbringt. Eine zu einseitige Förderung schränkt das Kind später sehr ein.

Andererseits ist es natürlich auch wichtig, die Begabungen eines Kindes zu fördern. Dazu hat man heute viele Möglichkeiten, die man nutzen kann und auch nutzen sollte. Da liegt es dann an der Art und Weise der Erziehung, wie das Kind gefördert wird und ob es überhaupt gefördert wird.

» floraikal » Beiträge: 1127 » Talkpoints: 2,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich denke schon, dass Kinder angeborene Charaktereigenschaften, Interessen und Fähigkeiten besitzen, wobei auch vieles Sache der Erziehung ist. Es kommt halt immer auf die Situation darauf an.

Ich denke aber auch, dass man nicht alle Kinder über einen Kamm scheren kann. Man kann auch nicht alle Kinder an derselben Frühförderung teilnehmen lassen und darauf hoffen, dass das Kind genauso wird, wie das andere Kind. Denn ich finde, dass Kinder alle unterschiedlich sind und das man dem Kind individuell etwas Gutes tun sollte.

Immer hin gibt es auch Zwillinge, die an einer Frühförderung teilnehmen und trotzdem unterschiedlich lernen, und werden und desgleichen, obwohl es dort auch sicherlich Leute gibt, die nicht individuell auf das Kind eingehen, sondern von den Zwillingen erwarten, dass sie gleich schnell und gut und desgleichen sind, weil es ja nun mal Zwillinge sind. Was ich persönlich auch nicht toll finde.

Ich finde auch, dass es wichtig ist, jedes Kind individuell zu betrachten und nicht alle Kinder als Eins zu betrachten. Man sollte schon jede einzelne Fähigkeit eines Kinder fördern. Und wenn man mehrere Kinder hat, kann man von ihnen nicht erwarten, dass sie genauso werden, wie die Geschwister. Vielleicht spielt der Bruder besser Klavier und die Schwester kann dafür viel besser tanzen oder turnen. So etwas kann man nicht über einen Kamm scheren.

Ich finde auch, dass man den Kindern damit nichts Gutes tut, wenn man sie dazu drängt, genauso toll und gut und desgleichen zu werden, wie ein anderes Kind ist. So geht man auf das Kind nicht ein und fördert das Kind damit auch nicht. Ich finde, dass man dem Kind damit nur etwas aufzwingt und es so unter Druck setzt.

Ich denke, dass das nicht zur Erziehung gehört. Meiner Meinung nach heißt Erziehung, dass man dem Kind zeigt, wie man sich in manchen Situationen richtig benimmt. So wie Höflichkeit, Anstand, Gehorsam und desgleichen zur Erziehung gehört. Aber, dass was du meinst, gehört meiner Meinung nach nicht zur Erziehung und, aber auch nicht zur Frühförderung.

» kai0409 » Beiträge: 3345 » Talkpoints: 72,64 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



kai0409 hat geschrieben:Immer hin gibt es auch Zwillinge, die an einer Frühförderung teilnehmen und trotzdem unterschiedlich lernen, und werden und desgleichen, obwohl es dort auch sicherlich Leute gibt, die nicht individuell auf das Kind eingehen, sondern von den Zwillingen erwarten, dass sie gleich schnell und gut und desgleichen sind, weil es ja nun mal Zwillinge sind. Was ich persönlich auch nicht toll finde.


Die Erwartungshaltung haben aber auch oft genug die Eltern. Und es ist sehr enttäuschend für ein Zwillingskind, wenn die eigenen Eltern nicht anerkennen, dass sie eben doch zwei eigenständige Individuen sind. Ich selbst habe das Drama vor zwei Jahren mit meinem Ex-Mann durch, der bis heute nicht wahr haben will, dass eine Tochter eine Lese-Rechtschreibschwäche hat. Und leider werde ich da wohl demnächst noch mal entsprechende Diskussionen haben, da nun meine andere Tochter wohl auch mit dem Defizit leben muss.

Wobei ich selbst die Erfahrung gemacht habe, dass Lehrer und Erzieher Zwillinge schon unterschiedlich sehen und keine gleichen Leistungen erwarten. Mag aber auch daran liegen, dass wir hier sehr viele Zwillinge an der Schule haben und man da eben entsprechende Erfahrungen hat.

@floraikal: Meinst du wirklich, dass man einem Kind Musik aufzwingen sollte? Egal, welche Form man dabei wählt, aber man sollte doch nie jemanden zu etwas zwingen. Im Gegenteil, ich bin der Meinung, dass man vorhandene Talente entsprechend fördern sollte und wenn das Kind eben schräg singt, dann sollte man ihm erklären, dass eben nicht jeder Mensch alles gleich gut kann.

Zumindest habe ich das immer so gehalten, wenn meine Töchter bei Misserfolgen enttäuscht waren. Dabei habe ich ihnen aber auch immer wieder vor Augen geführt was sie toll können. Nun habe ich ja selbst Zwillinge und stelle immer wieder fest, dass eine Tochter sehr viel Ausdauer und auch Talent bei filigranen Dingen zeigt. Meine andere Tochter scheint wohl eher eine handwerkliche Ader zu haben.

Soll ich nun dahinter stehen und meine Töchter jeweils dazu zwingen etwas zu tun, was ihnen nicht liegt? Das sehe ich persönlich als Zwang an und gerade Kinder werden sich immer dagegen wehren und sei es nur damit, dass sie alles lustlos und sogar liederlich machen. Und wenn ich mir da so bei manchen Kindern anschaue, was sie für Termine am Nachmittag haben, dann frage ich mich schon wann sie noch Kind sein dürfen vor lauter Förderung.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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