Bedürfen geringfügige Beschäftigungen einen Arbeitsvertrag?

vom 18.05.2012, 18:34 Uhr

In diesem Thread hier Welchen Urlaubsanspruch bei geringfügiger Beschäftigung? habe ich von meiner Freundin geschrieben, die eine gerigfügige Beschäftigung annehmen will. Als sie zu hause erzählte, dass ihr Vertrag in der nächsten Woche geschrieben wird, meinte der Vater, dass man bei einer geringfügigen Beschäftigung keinen Arbeitsvertrag braucht.

Bedürfen geringfügige Beschäftigungen einen Arbeitsvertrag? Oder ist es nicht nötig oder gar unüblich? Sollte man lieber auf einen Arbeitsvertrag bestehen oder sollte man lieber keinen Arbeitsvertrag haben wollen, wenn man nur auf 400 Euro Basis arbeiten geht?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Jedes Beschäftigungsverhältnis in Deutschland bedarf eines Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag regelt die Arbeitszeit und legt die Bezahlung fest. Ebenfalls regelt der Arbeitsvertrag alle anderen Details, und gilt als Nachweis der Tätigkeit.

Ohne einen Arbeitsvertrag gilt auch ein 400 Euro Job als Schwarzarbeit, und ist somit strafbar. Es ist durchaus üblich das man erst einmal anfängt zu arbeiten, und vielleicht erst einige tage später den komplett ausgefüllten, und unterschriebenen Vertrag erhält, auch wenn es rechtlich nicht in Ordnung ist.

Fehlt der Arbeitsvertrag ist ja nicht einmal gesagt, das der Arbeitgeber die Tätigkeit auch wirklich angemeldet hat. Somit steht man mit einem Fuß bereits im Strafverfahren. Außerdem gibt es keine Grundlage die Nachweisen kann, das jemals ein Arbeitsvertrag bestanden hat, somit ist der Arbeitgeber auch nicht in der Zahlungsverpflichtung, und kann auch das Gehalt jederzeit anpassen, wie er lustig ist.

Selbst wenn der 400 Euro Job nur geringfügig, also sprich sehr geringfügig ist, so etwas wie Zeitung austragen, putzen oder Rasenmähen, so ist zumindest eine schriftliche Vereinbarung von Nöten, die Bezahlung und Arbeitszeit regelt. In der sollte auch stehen das der Arbeitgeber den Minijob ordnungsgemäß anmeldet, bzw. angemeldet hat, und die gesetzlichen Abgaben zahlt, denn auch bei einem Minijob ist man versichert, und es müssen Steuern und Co. bezahlt werden.

Bei einer Privatperson kann man zwar mal davon absehen, aber man sollte sich immer im klaren sein, das ein nicht angemeldeter Minijob grundsätzlich strafbar ist, und zwar für beide Seiten. Entsprechende Vordrucke für solche Dinge gibt es im Schreibwarenhandel, auch für Privatpersonen, die die Nachbarin putzen lassen. Die Vordrucke enthalten alle notwendigen Unterlagen, und Informationen zum Ausfüllen, und anmelden, und sollten in der Regel nicht mehr als 5 Euro kosten.

» Frank The Tank » Beiträge: 350 » Talkpoints: 44,33 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Frank The Tank hat geschrieben:In der sollte auch stehen das der Arbeitgeber den Minijob ordnungsgemäß anmeldet, bzw. angemeldet hat, und die gesetzlichen Abgaben zahlt, denn auch bei einem Minijob ist man versichert, und es müssen Steuern und Co. bezahlt werden.

Nein, in einem Minijob werden keine Steuern gezahlt, da der Verdienst eben geringfügig ist. Und die Abgaben werden durch einen ziemlichen geringen Pauschalbetrag betätigt. Eine Bestätigung über die ordnungsgemäße Anmeldung bietet nicht der Arbeitsvertrag, sondern die Meldebescheinigung bei der Minijobzentrale der Bundesknappschaft. Von dort bekommt man über seinen Arbeitgeber auch ein Exemplar für seine eigenen Unterlagen.

Dass Arbeitsverträge zwingend vorgeschrieben sind, wäre mir neu. Selbst Mietverträge bedürfen nicht zwingend der Schriftform. "Frank the tank" hast du irgendwelche Belege dafür, dass es Gesetze gibt, die die Schriftform von Arbeitsverträgen vorschreiben?

Unabhängig von einer gesetzlichen Pflicht ist es natürlich für beide Seiten ratsam die Vereinbarungen auch schriftlich festzuhalten. Bargeld direkt auf die Hand gibt es fast nirgendwo mehr, so dass man meistens ein gewisses "Guthaben" beim Chef hat. Die Auszahlung ist im Vertrag geregelt, ebenso wie die Arbeitszeit und die Höhe des Einkommens. All das sollte man schon schriftlich fixieren, ebenso wie die geforderten Tätigkeiten.

Es ist nicht überall üblich mehrseitige Verträge zu haben. In einem Minijob hatte ich nur ein DIN-A5 Blatt, wo außer meinen und den Daten des Arbeitgebers, des Einsatzzeitraumes, der Lohnhöhe und einen Verweis auf die Einsatzpläne nicht wirklich viel geregelt war. Da es sich nur um kurze Einsatzzeiträume handelte, hätte es sowieso keinen Anspruch auf Entgeldfortzahlung im Krankheitsfall gegeben und kaum weitere Ansprüche. Dafür reichte eine kurze Vereinbarung dann meiner Meinung nach auch aus. So ganz ohne Vertrag würde ich aber nicht arbeiten.

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» Trisa » Beiträge: 3273 » Talkpoints: 21,86 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Eine Bekannte von mir hat vor über einem Jahr auch eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen. Da sie damals unbedingt vor Arbeitseinstellung einen gültigen Personalausweis benötigte - ihrer war zu dem Zeitpunkt gerade abgelaufen - und ich auch der Meinung war, dass man für jegliche Arbeitsverhältnisse einen Arbeitsvertrag erstellen und aushändigen bzw. erhalten muss, habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht, dass es bei ihr anders gehandhabt würde.

Sie wird nach geleisteten Stunden bezahlt, welche im System erfasst werden und ihr Arbeitseinsatz ist sehr flexibel: es kommt nämlich darauf an, ob sie im Betrieb gebraucht wird und auch ob es für sie möglich ist zu erscheinen. So kann es passieren, dass sie manchmal zwar kommen könnte, aber nicht braucht, da nicht so viel Arbeit anfällt und auf der anderen Seite kann sich ereignen, dass sie zwar benötigt würde, aber eben aufgrund von anderer Verpflichtungen und Termine nicht arbeiten kann.

Da es in der letzten Zeit immer seltener zu Einsätzen kam und ihr letzter gezahlter Lohn auch einige Zeit zurück liegt, hat sie die Tage einen Anruf aus der Buchhaltung erhalten: angeblich sei ihr zu viel Geld überwiesen worden, da sie die Stunden dafür nicht geleistet hätte. Nun soll sie an einem Tag zur Arbeit erscheinen um komplett kostenlos zu arbeiten. Im Grunde kann sie sich nicht daran entsinnen ungerechtfertigter Weise Geld erhalten zu haben und eigentlich hatte sich der Job für sie so gut, wie erledigt. Da es keinen Arbeitsvertrag gibt, gibt es auch keine wirklichen Kündigungsfristen, welche vertraglich festgelegt wären. Da es sich hierbei sowieso um Arbeiten nach Abruf bzw. Bedarf handelte, hatte die Bekannte sich - auch schon früher - überlegt einen anderen Nebenjob zu suchen.

Mir kommt das ganze etwas suspekt vor, da es in den letzten Monaten gar nicht zu Einsätzen kam und nun angeblich auch noch ein Fehler bei der Auszahlung unterlaufen sein soll. Da sie nicht regelmäßig arbeitet, würde ich es an ihrer Stelle ärgerlich finden, dass sie nun einen Tag für lau kommen soll und danach wahrscheinlich wieder nicht gebraucht wird. Aber ohne Arbeitsvertrag kann niemand beweisen, dass stundenweise und nicht pauschal vergütet wird. Mir wäre es zu wirr und unsicher ohne Vertrag auch nur eine geringfügige Beschäftigung aufzunehmen.

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» LongHairGirl » Beiträge: 845 » Talkpoints: 47,97 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Jedes Beschäftigungsverhältnis in Deutschland bedarf eines Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag regelt die Arbeitszeit und legt die Bezahlung fest. Ebenfalls regelt der Arbeitsvertrag alle anderen Details, und gilt als Nachweis der Tätigkeit.

Das ist schon richtig. Nur ist eben die Schriftform für den Arbeitsvertrag nicht vorgeschrieben. Du kannst also auch einen mündlichen Arbeitsvertrag schließen. Es gibt sogar Fälle, in denen automatisch ein Arbeitsvertrag ohne irgendeine Absprache zustande kommt. Wenn beispielsweise ein Azubi nach seiner Abschlussprüfung ohne weitere Absprachen weiter im Betrieb arbeitet, wird automatisch ein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen.

Die Arbeitsbedingungen werden übrigens größtenteils gesetzlich festgelegt. Es gibt da zum Beispiel das Arbeitszeitgesetz und das Urlaubsgesetz. Im Arbeitsvertrag kann man dann bessere Bedingungen festhalten (zum Beispiel eine Fünftagewoche oder 30 Tage Urlaub).

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 13.04.2013, 10:25, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Meines Wissens nach gibt es bisher nur eine EU-Richtlinie wonach spätestens nach einem Monat alles schriftlich vom Arbeitgeber niedergelegt werden muss. Ein Arbeitsvertrag ist im Falle von Rechtsstreitigkeiten dennoch auch in diesem Fall sehr sinnvoll.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 29.12.2014, 14:42, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ich weiß nicht, wie alle anderen das handhaben, aber ich habe bei meinem Minijob damals einen Arbeitsvertrag unterschrieben, aber erst nachdem ich einen Probearbeitstag freiwillig geleistet habe. Ich wollte erst wissen, wie meine Chefin so drauf wäre und ob das Arbeitsklima angenehm ist. Hätte sie nonstop an meiner Arbeit herumgemäkelt und mich von Anfang an terrorisiert, hätte ich den Arbeitsvertrag nicht unterschrieben.

Anschließend hat sie die einen Bogen an die Minijobzentrale geschickt, damit die auch über mich Bescheid wissen und seitdem arbeite ich schon bei ihr und das seit über zwei Jahren. Ich finde es viel besser, wenn man einen Arbeitsvertrag hat, weil man so auch die nötigen Unterlagen hat, wenn man sie brauchen sollte. Wenn ich jetzt beispielsweise eine Steuererklärung machen müsste, kann ich jederzeit nachweisen, wie lange ich da schon arbeite und wie die Bezahlung aussieht.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



@Frank The Tank: Da muss ich leider widersprechen. Ja, für eine Beschäftigung bedarf es eines Arbeitsvertrages, ein Formerfordernis der Schriftlichkeit schreibt das BGB hier aber nicht zwingend vor. Dieser kann aber auch konkludent oder mündlich geschlossen werden. Dies gilt sowohl für geringfügige-, Gleitzonen-, Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigungen. Mündlich würde ich aber nur Arbeitsverträge abschließen, die von keiner hohen Relevanz sind. Beim Putzjob beim Nachbarn bräuchte ich einen schriftlichen Arbeitsvertrag nicht zwangsläufig. Bei einer geringfügigen Beschäftigung bei einer juristischen Person würde ich aber schon darauf bestehen.

Zu einer (strafbaren) Schwarzarbeit kommt es bei einer geringfügigen Beschäftigung aber nur, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten nicht bei der Minijobzentrale in Essen meldet. Hier ist aber auch wieder zu unterscheiden zwischen einer Ordnungswidrigkeit und einer strafbaren Handlung.
Ich brauche einen Vorsatz, um den Straftatbestand zu erfüllen. Bei Fahrlässigkeit, einer zu späten Meldung etc. ist es analog zum Steuerrecht nur eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Verwarnung ab 5 € oder einem Bußgeld geahndet werden.

» HarveySpecter » Beiträge: 9 » Talkpoints: 3,24 »


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