Was bedeutet das Hinknien in der katholischen Kirche?

vom 10.04.2013, 07:23 Uhr

Wie ich in einem anderen Thread schon geschrieben habe, war ich mit den Kindern an Ostern in der Kirche. meine mittlere Tochter fragte mich dann, warum man sich den hinknien muss. Ich wusste ehrlich gesagt keine Antwort darauf. Ich weiß nur, dass es das wohl bei den Christen der evangelischen Kirche nicht gibt, dass man sich hinknien muss.

Warum kniet man sich in der katholischen Kirche hin. Sogar die Sitzbänke sind ja mit diesem Kniebänkchen ausgerichtet. Aber was bedeutet das Hinknien? Warum machen das anscheinend nur die Katholiken so?

Benutzeravatar

» supermami » Beiträge: 2317 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Das Hinknien ist eine Geste der Demut und eine angeborene Verhaltensweise, die in allen Kulturen verstanden wird und verstanden wurde. Auch Tiere machen sich kleiner oder legen sich sogar völlig wehrlos auf den Rücken, wenn sie sich unterwerfen. Diese Geste besagt, dass man den anderen als stärker akzeptiert und geht so einem Kampf aus dem Weg, was auch im Tierreich meistens sinnvoll ist. Interessant dazu sind die Bücher von Konrad Lorenz und Eibl-Eibesfeld.

Das Hinknien ist also eine Geste vor Gott, dass man sich unterwirft und alles akzeptiert, was dieser einem aufgibt und zumutet. Aber es ist nichts speziell Katholisches.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Stimmt, es ist nichts, was nur die Katholiken tun. Wenn man mal einen Blick auf die Moslems wirft, die verneigen sich sogar in Richtung Mekka. Dabei knien sie sich nicht nur hin, sondern liegen sogar mehr oder weniger auf dem Boden dabei. Es ist also noch eine stärkere Geste der Ehrerbietung oder des Respekts.

Man kennt das Hinknien heute vielleicht noch aus dem Märchen, wenn man dem König eine Bitte stellt und sich dabei hinkniet oder verneigt. Auch bei einem romantischen Heiratsantrag kniet sich der Mann vor der Frau hin, um seiner Bitte Gehör zu verschaffen und nicht zu überheblich zu tun. Ähnlich ist es in der Kirche eben auch.

Das Knien erfolgt im Übrigen auch nicht zufällig, sondern hat festgelegte Zeitpunkte. Zum Beispiel beim Einzug in die Kirche knien Messdiener und Pfarrer vor dem Altar oder unten an den Stufen nieder. Damit bereitet man sich innerlich auf die folgende Messe vor. Dann gibt es noch während des Gottesdienstes fest gelegte Zeitpunkte, an denen man kniet. Wenn man mit dem Ablauf des Gottesdienstes vertraut ist, erkennt man das schon an den davor ablaufenden Ritualen oder Signalworten, wann es so weit ist. Gekniet wird zum Beispiel beim Gebet. Wenn man Kniet und die Hände faltet, kann man sich nicht mit anderen Aktivitäten ablenken. Es ist also eine Art meditative Haltung, die die Konzentration aufs Gebet erleichtert. Während der Zeremonie in der das Brot und gegebenenfalls der Wein geweiht wird und gefeiert wird, dass aus dem Brot und dem Wein durch Gottes Kraft Leib und Blut Christi werden kniet die Gemeinde ebenfalls. Das könnte man eben als eine Ehrerbietung vor dem geheimnisvollen und kraftvollen Ritual sehen.

Die Christen haben das Knien vor Gott wohl von den Juden übernommen. In anderen Religionen zu der Zeit war es verpönt vor Gott zu knien und sich selbst zu erniedrigen. Ganz offensichtlich hat das die Aufklärung, die die Reformation mit sich brachte abgeschafft, dass sich der Mensch vor Gott erniedrigen muss. So wie ich die evangelischen Gläubigen verstanden habe, feiert man dort beim Abendmal eben eher, dass Gott mitten unter ihnen dabei ist. Die Rituale mit der Wandlung von Brot und Wein zu Leib und Blut Jesu wurden sowieso von den Protestanten abgeschafft. In dem Sinne würde es sich auch nicht anbieten, sich vor jemanden nieder zu knien, der gerade anwesend ist. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob in allen Freikirchen und verschiedenen Ausrichtungen des evangelischen Glaubens das gleich gehandhabt wird.

Benutzeravatar

» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^