Komische Stimmung wegen verschiedener Bildungsabschlüsse

vom 02.04.2013, 22:20 Uhr

Ich habe neulich einen Bekannten mit dem Auto mitgenommen. Wir kennen uns nicht richtig gut, aber er ist handwerklich begabt und hat mir mal geholfen, etwas zu reparieren, weshalb ich ihn auch mitgenommen hatte. Wir haben uns dann über verschiedene Themen unterhalten und neben mir parkte dann jemand, den ich vom Studium kannte. Weil der so ein auffallend hässliches Auto hatte, hab ich im Gespräch kommentiert, dass ich diesen neben mir Parkenden (in dem schlimm aussehenden Wagen) kenne und mit dem studiert habe. Die Äußerung habe ich mir nicht so genau überlegt, denn mein Bekannter wusste nicht, was ich studiert habe bzw. dass ich überhaupt studiert habe.

Er selber hat nämlich „nur“ einen Hauptschulabschluss und ich glaube, er kam sich dann irgendwie komisch vor. Danach hat er das Gespräch erst mal nicht weiter fortgesetzt und es herrschte eine Weile Schweigen. Denkt Ihr, dass er sich da irgendwie unwohl gefühlt hat? Denn die etwas eisige Reaktion war schon merkwürdig. Dabei braucht er sich gar nicht „schämen“, denn er hat viel bessere praktische Fähigkeiten als ich; dass ich studiert hab, heißt ja nicht, dass ich alles besser könnte. Ganz im Gegenteil, ich kenne mich nur auf meinem Gebiet aus und er ist eher so in verschiedenen Bereichen praktisch orientiert. Aber ich kann es schon auch verstehen; ich glaube, wenn mir jemand offenbart, dass er Professor wäre, würde ich mich auch irgendwie klein fühlen. Was denkt Ihr, was hinter der eisigen Reaktion steckte?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 02.04.2013, 22:29, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich könnte mir schon vorstellen, dass dein Bekannter sich wegen eurer unterschiedlichen Bildungsabschlüsse etwas komisch gefühlt hat. Auch wenn ich persönlich dies nicht nachvollziehen kann. Wenn ihr euch doch privat trefft, spielt es doch absolut keine Rolle, welche schulische Ausbildung ihr habt, solange ihr euch versteht. Ich würde mich auch nicht klein fühlen, wenn alle meine Freunde plötzlich Professoren oder Doktoren sind, solange sie sich noch mit mir abgeben und ich mich mit ihnen unterhalten kann.

» Sunaika » Beiträge: 323 » Talkpoints: 3,50 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich denke auch, dass er sich in dem Moment sicherlich ein bisschen blöd vorgekommen ist. Generell finde ich auch, dass man sich über verschiedene Abschlüsse keine Gedanken machen muss. Man kann doch heute mit jedem befreundet sein und muss nicht vorher nach einem Abschuss fragen. An deiner Stelle würde ich beim nächsten Mal vielleicht sein Geschick loben, damit er sich wieder besser fühlt. Ich hatte bisher noch nie ein Problem mit einem Abschluss und habe auch Freunde mit verschiedenen Abschlüssen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich kann mir auch vorstellen, dass sich dein Bekannter ein wenig blöd vorgekommen ist, weil er einen "niedrigeren" Bildungsabschluss hat als du. Aber ich finde, er muss sich darüber keine Gedanken machen: heutzutage ist es ja nicht von Relevanz, was für einen Abschluss die Leute im Bekanntenkreis haben, trotzdem ist es im Kopf wohl teilweise fest verankert, dass es eine große Diskrepanz zwischen diversen Bildungsabschlüssen gibt.

Ich würde es wohl auch ähnlich wie Ramones machen und dafür das handwerkliche Geschick deines Bekannten loben. Mein Freundeskreis ist, was Bildungsabschlüsse angeht, auch breit gefächert und ich habe gemerkt, dass diejenigen, die beispielsweise kein Abitur haben handwerklich viel geschickter sind als andere, die ihren Abschluss mit Abitur belegt haben. Da wünschte ich mir oftmals, auch so geschickt zu sein.

» cupcake03 » Beiträge: 1152 » Talkpoints: 29,50 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich denke mal nicht unbedingt, dass sich dein Mitfahrer deswegen auf dem Schlips getreten gefühlt hat. Es kann schon der Fall sein, aber es muss hier nicht so sein. Es mag ja sein, dass er danach das Gespräch nicht weiter geführt hat, aber muss es denn an deiner Äußerung liegen, dass du studiert hast? Ich denke nicht. Es kann ja sehr gut sein, dass er an dieser Stelle nicht recht wusste wie er das Gespräch weiterführen sollte. Ich würde dir an deiner Stelle keine großen Gedanken machen, denn du kannst nicht jedes Wort erst im Kopf rotieren lassen, wo du dann einschätzt, ob du bestimmte Sachen jetzt sagen kannst. Ich finde es keinesfalls falsch, dass du gesagt hast, dass du studiert hast.

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» Zohan » Beiträge: 4398 » Talkpoints: 16,33 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Bitte versteh das jetzt nicht falsch, aber als ich deinen Beitrag gelesen habe, habe ich mich am Ende gefragt, ob er sich "klein" gefühlt hat, oder ob du ihn als "klein" empfunden hast.

Dass er auf den Hinweis mit dem Studienkollegen mit Schweigen reagiert hat, kann meiner Meinung nach viele Gründe haben. Vielleicht hat es ihn nicht interessiert oder er hat sich gedacht, dass er gar nicht wusste, dass du studiert hast oder er hat sich gefragt, was du mit dieser Information willst.

Mich würde es sehr wundern, wenn er sich aufgrund dieser Anmerkung "klein" gefühlt hätte. Allerdings hat man schon Gefühl, dass du einen Unterschied zwischen Akademikern und dem "normalen" Volk machst. Für mich hätte der Hinweis auf ein Studium überhaupt nichts zu bedeuten und ich würde mich auch neben einem Professor nicht klein fühlen. Jeder hat seine Stärken eben woanders und es gibt viele hochintelligente Leute, die einfach mehr Interesse an einem handwerklichen Beruf als an einem Studium haben.

» Sternilu » Beiträge: 305 » Talkpoints: 55,51 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Aufgrund deiner Schilderung kann es gut sein, dass er sich aufgrund der Äußerung kleiner oder minderwertiger gefühlt hat. Manchen geht es so, denn sie haben diese Erfahrung schon häufiger gemacht, dass sie wegen des Hauptschulabschlusses gehänselt werden oder als Menschen zweiter oder dritter Klasse behandelt werden. Es kann aber vielleicht auch einfach sein, dass er sich über den Kommentar zu dem Auto seine Gedanken gemacht hat, denn vielleicht sieht sein Auto ähnlich aus. Es kann aber auch etwas ganz anderes sein - man weiß es nicht.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Es kann ja auch gut sein, dass das Gesprächsthema ausgegangen ist. Offensichtlich hast ja auch du nicht versucht, das Gespräch am Laufen zu halten und ihn über Small-Talk geschickt wieder zurück geholt. Daher glaube ich nicht, dass das Schweigen was mit der Aussage zu tun hatte, das oder was du studiert hattest. Leider scheint er nicht auf die Idee gekommen zu sein, dies als Anknüpfungspunkt zu nehmen, und dich weiter dazu zu befragen. Aber das ist ja auch kein echter Fehler, weil letztlich niemand zum Small-Talk gezwungen werden kann.

Ich sehe hier leider das Problem eher so, dass du dich hier falsch einschätzt und ein gewisses Standesdenken an den Tag legst. Schließlich kann ich mir nicht vorstellen, wieso du dich "klein" fühlen solltest, wenn jemand den du mitnimmst im zivilen Leben ein Professor ist. Es mag eine komische Situation sein, wenn dieser dein Professor ist und er dich noch bewerten muss. Das liegt aber dann daran, dass die Distanz auf Grund seiner Stellung dir gegenüber da ist. Ist es irgendein Professor mit dem du sonst nichts zu tun hast, dann mag der u.U. körperlich größer sein. Mehr ist da aber nicht an Unterschied was die Größe angeht.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Vielleicht kam es bei ihm so an, als wenn du nur eine Gelegenheit gesucht hast, um ihm deinen Studienabschluss zu präsentieren. Das könnte ich mir als Ursache über sein folgendes Schweigen vorstellen. Nicht jeder Mensch steckt das so einfach weg. Und um da Komplexe zu entwickeln, muss man nicht unbedingt eine studierte Person vor sich wissen. Manchmal ist das auch schon ein Beruf, wo viele Leute denken, dass man da besonders schlau dafür sein muss.

Da du nun vermutest, dass dein Bekannter wegen deines Studiums ein Problem hat, solltest du mit ihm reden. Mein Freund kam mir auch am Anfang unserer Beziehung auch mal mit dem Spruch, dass ich doch wesentlich schlauer wäre als er. Das kam in einer Situation wo ich wirklich mehr Wissen als er hatte. Ich habe dann gekontert und aufgezählt, was ich alles nicht kann, im Gegensatz zu ihm. Das hat der Situation auch die Schärfe genommen, die da kurzzeitig entstanden war.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich sehe hier leider das Problem eher so, dass du dich hier falsch einschätzt und ein gewisses Standesdenken an den Tag legst. Schließlich kann ich mir nicht vorstellen, wieso du dich "klein" fühlen solltest, wenn jemand den du mitnimmst im zivilen Leben ein Professor ist.

Man schätzt doch Menschen aufgrund ihres Berufs oder auch ihrer Ausbildung irgendwie ein. Generell ordnet man ja jeden einer Kategorie zu, schon aufgrund des Aussehens oder Verhaltens, z.B. in die Kategorie „freundlich“ oder „unfreundlich“, „handwerklich begabt“ oder „Tollpatsch“ usw. Über diese sichtbaren Attribute hinaus schätzt man andere ja aber auch aufgrund ihres Berufs oder des Bildungshintergrundes ein. Wobei das mit zunehmendem Alter vielleicht auch irgendwann total unwichtig ist, welchen Abschluss jemand hat, weil dann die Biografien so individuell werden.

Aber in einem Alter, in dem man noch halbwegs als jung gilt, ist das vielleicht schon ein Thema und ich würde mich gegenüber einem Professor durchaus klein fühlen, weil derjenige ja, um diesen Status zu erreichen, sehr viel auf sich genommen hat. Eh man Professor ist, hat man ja mindestens 15 Jahre an der Uni zugebracht und zig wirklich schwierige Prüfung über sich ergehen lassen müssen. Es ist ja schon allein total kniffelig, mal eine wissenschaftliche Studie in irgendeine Fachzeitschrift zu bekommen und Professoren machen das andauernd. Es wäre also durchaus etwas, von dem ich weiß, dass ich das nicht schaffen würde und natürlich würde ich auch mit Neid auf dessen hohes und sicheres Gehalt blicken.

Dieser Gedanke spielt ja schon irgendwo eine Rolle. Ich denke, dass jeder seine Potentiale hat, wie eben im handwerklichen Bereich, dass man aber dennoch immer irgendwie Vergleiche mit anderen anstellt. Wer hat das schönere Haus? Wer hat besser erzogene Kinder? Wer hat einen braveren Hund, das schönere Auto oder den höheren Abschluss, den besseren beruflichen Erfolgt etc. Das spricht man vielleicht nicht aus, aber man denkt es und ich bin daher bemüht, Menschen nicht zu verprellen.

Als mir neulich etwa mein Nachbar erzählt hat, dass er sich darüber freut, nun als Busfahrer arbeiten zu können, da habe ich auch nicht gesagt, dass ich das eigentlich für keinen erstrebenswerten Job halte, sondern ich habe mich für ihn gefreut. Ich habe also das „Na ja“, was ich gedacht habe, nicht ausgedrückt, weil das ja nicht nett wäre. Stattdessen habe ich ihm gratuliert, dass er etwas erreicht hat, was für ihn etwas Tolles ist.

D.h. ich nehme sicherlich immer eine Bewertung vor, das passiert ja automatisch, aber das kann ich auch nicht abstellen, aber ich überlege mir normalerweise immer schon, was ich tue oder sage, um anderen nicht ein schlechtes Gefühl zu geben. Dazu gehört es beispielsweise auch, dass ich niemandem mit einem neuen Laptop vor der Nase herumwedle, wenn ich weiß, dass derjenige sich keines leisten kann. Denn das fände der sicherlich unangenehm, genauso wie ich es unangenehm fände, wenn ich jemandem von meinem Auto erzähle und wie viel ich dafür gespart habe und derjenige dann damit prahlt, dass er sich gerade einen neuen Porsche gekauft hat.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 03.04.2013, 16:30, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

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