Angst sich auf eine Ausbildung festzulegen
Folgendes Szenario: X hat vor einigen Monaten sein Studium abgebrochen, ohne einen Plan zu haben, was er denn eventuell stattdessen machen sollte. Es war einfach so dass er irgendwann einfach gar nichts mehr mit diesem Studium anfangen konnte und sich auch nicht mehr vorstellen konnte tatsächlich in diesem Bereich zu arbeiten.
Jetzt weiß er immer noch nicht was er machen soll. Ich denke dass das Aufgeben eines Studiums ihn in so eine "Schockstarre" versetzt hat, dass er sich jetzt keine weitere Entscheidung diesbezüglich zutraut, um ja nichts falsch zu machen; Tatsache ist jedenfalls: er weiß jetzt nicht mal, ob er eine Ausbildung machen soll oder ein Studium.
Er hat nun zusammen mit einem Freund einen Plan aufgestellt. was die beiden in den nächsten Monaten beruflich machen bzw. ändern wollen. Der Freund will seinen bisherigen Job kündigen, den er leider schon längere Zeit leid ist und sich dafür woanders bewerben. X spielt mit dem Gedanken, erneut ein (anderes) Studium zu beginnen, eventuell auch ein Fernstudium. Leider ist das dann aber wieder ein Studium bei dem man keinen eindeutigen Beruf erlernt, was ja an sich nichts Schlechtes ist, aber X zweifelt derzeit eben sehr leicht, ob nun berechtigt oder nicht.
Alle denen X von diesem Plan erzählt hat, zweifeln nun, ob das die richtige Entscheidung ist, was ihm selbige natürlich auch nicht gerade erleichtert. Sie meinen das wäre unvernünftig und sie sollten das doch lieber besser anders machen.
Da X selber nicht mehr sagen kann was die richtige Entscheidung wäre, hat er nun auch wieder angefangen an diesem Plan zu zweifeln. Und so läuft das nun schon seit Jahren. Erst hat es ewig gedauert bis er sich dazu entschieden hatte sein Studium abzubrechen, und immer wenn er anderen von seinen Plänen erzählt hat, hat er zu hören bekommen, dass das unvernünftig wäre. Jedes Mal hat er dann wieder Abstand von seinen Plänen genommen - und ist wieder ein Stück unsicherer geworden.
Er fühlt sich mittlerweile gar nicht mehr dazu in der Lage zu beurteilen, ob er nun einfach mal sein Vorhaben durchziehen, oder doch besser auf die anderen hören soll.
So wirklich traue ich mich da nicht einen Rat zu geben. Seine Familie würde den Plan mit dem anderen Studium unterstützen und die kennt ihn ja doch sehr gut, andererseits kann er sich die neue Studienrichtung zwar sehr gut vorstellen steht aber "nur" zu vielleicht 95% dahinter und zweifelt, ob das diesmal genügt.
bellevine hat geschrieben:So wirklich traue ich mich da nicht einen Rat zu geben. Seine Familie würde den Plan mit dem anderen Studium unterstützen und die kennt ihn ja doch sehr gut
Die eigene Familie hat allerdings oftmals den "Nachteil", dass sie die eigenen Wunsch- und Idealvorstellungen hat. Natürlich sind meine Eltern, die Menschen, die mich am längsten kennen. Aber dennoch wissen sie teilweise wenig von meinen Wünschen. Und selbst wenn ich ihnen diese mitteile, so weichen sie oftmals von ihren eigenen Vorstellungen ab.
Idealerweise erfährt man meiner Meinung nach von seinem Umfeld Unterstützung, unabhängig davon, wie man sich entscheidet. Doch letztendlich muss man seine Entscheidungen immer alleine tragen. Auch wenn es aktuell verständnisvolle Freunde, unterstützende Eltern und einen Partner gibt, der den Weg mit gehen möchte, so kann sich dies alles ändern.
Ich würde ihm zu gar nichts raten! Sondern ihm stattdessen einen Zettel und einen Stift geben und ihn schreiben lassen! Womit möchte er sich beruflich befassen? Wie viel möchte er verdienen? Wie viel ist er bereit zu investieren- nicht nur finanziell, zum Beispiel für eine Selbstständigkeit, sondern auch körperlich, zeitlich, entfernungstechnisch, usw.? Wo sieht er sich in seinen Wunschträumen (völlig unabhängig von "Machbarkeit") in zwei, fünf, zehn, dreißig Jahren?
Außerdem sollte man sich allerdings auch bewusst machen, dass der Traumberuf nicht immer nur ein Traum ist. Man macht wohl in kaum einem Beruf ausschließlich die schönen Dinge. So rettet ein Arzt nicht jeden Tag Menschenleben, sondern muss sich auch mit Akten, Wissenserweiterung und langweiligen Tätigkeiten beschäftigen. Der Surflehrer muss irgendwann erkennen, dass man nicht sein Leben lang auf Surfbrettern stehen und davon leben kann. Der Architekt entwirft nicht täglich faszinierende Wolkenkratzer, sondern manch einer auch nach dem Studium im Bauamt sitzt.
Wenn man sich wirklich sicher ist, dass der eingeschlagene Weg falsch ist, finde ich es durchaus in Ordnung eine neue Richtung einzuschlagen. Aber bevor man etwas hinwirft, sollte man sich schon um Alternativen bemühen. Sonst sollte man sich selbst auch fragen, ob denn wirklich die Studienwahl das Problem war, oder man mit sich selbst nicht im Reinen ist.
Weswegen hat er denn abgebrochen? Wenn ihm das zu viel war, wird er auch bei einem anderen Studiengang sicherlich keinen Erfolg haben. Auf der anderen Seite muss man sich aber auch bei einer Ausbildung festlegen und sollte die dann nicht wieder schmeißen.
So eine Sache muss gut durchdacht sein und am Ende muss er allein damit leben und auskommen müssen. Wenn er ein Studium begonnen hat, dann kann er auch ein zweites schaffen, wenn er schlau genug ist. Er muss sich dann aber auf jeden Fall vorher beraten lassen, in welche Richtung es gehen soll. Ihr würde ihm auch dazu raten, sich einfach mal hinzusetzen und sich vorzustellen, wo er sich in 10 Jahren sieht. In welchem Bereich und was er bis dahin schaffen möchte. Außerdem sollte er nicht auf die Meinungen der anderen Menschen hören, weil er damit leben muss und kein anderer Mensch.
Vielleicht kann er sich ja auch ein bisschen ausprobieren. Praktika machen und vielleicht auch mal in die ein oder andere Vorlesung gehen. Das macht sicherlich Sinn, wenn er herausfinden will, was er machen möchte. Generell ist es nie zu spät und er könnte auch noch mit 40 eine Ausbildung anfangen, aber ich bin der Meinung, dass man sich eben auch mal entscheiden muss in welche Richtung es geht.
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