Hassliebe - kann man wirklich so empfinden?

Besonders in Lieder sehe ich oft diesen Begriff. Es ist zusammengesetzt aus den paradoxesten Wörtern die es in so einer Konstellation wahrscheinlich gibt. Hassliebe. Doch kann es dieses Gefühl wirklich geben? Aus eigener Erfahrung kann ich noch nicht sprechen, jemals so gefühlt zu haben. Aus einem Song kann ich mal zitieren:

[..]Denn ich liebe dich, verdammt ich liebe dich so sehr,
denn so lange Zeit waren wir zwei ein Pärchen.
Manchmal hoff' ich das du nie wieder gehst,
doch dann komm ich zur Besinnung
- will dich nie wieder sehn'.
Denn ich hasse dich, verdammt ich hasse dich so sehr.
Kein Mensch auf dieser Welt macht mir das lachen sonst so schwer.
Manchmal hoff' ich das du stirbst und verreckst,
doch dann komm ich zur Besinnung und merk' wir sind
Perfekt.[..]

Ich kann mir so etwas auch nicht vorstellen, aber wenn man mal die Kommentare liest, scheint das durchaus vorhanden zu sein. Ich denke, dass man von einer Hassliebe spricht, wenn man psychisch abhängig voneinander ist. Meiner Meinung nach ist das eine starke Abhängigkeit von einer Seite, die aber keineswegs gesunde Züge hat. Sicherlich tut der Partner einem dann nicht gut und man sollte eigentlich keine Beziehung haben, erkennt das auch immer wieder, aber man kann sich nicht trennen.

So passiert es beispielsweise immer wieder bei Menschen, die geschlagen werden oder die eine Misshandlung in der Beziehung erleben. Das Opfer erinnert sich dann immer wieder an die schöne Zeit und kann sich nicht trennen. Sicherlich gibt es auch da starke Personen, die das können, aber das sind wenige. Eine Hassliebe kann auf keinen Fall funktionieren. Für mich bedeutet eine Beziehung auch Harmonie im Umgang miteinander.

Das Gefühl ist gruselig und auf Dauer funktioniert das in meinen Augen nur selten, weil früher oder später eine Seite überwiegt - je nachdem wie kaputt man sich bis dahin schon gemacht hat, wird das der Hass sein. Ramones erwähnte ja schon diese Gewaltbeziehungen, in denen sowas sicherlich öfter mal vorkommt, aber das Gefühl muss nicht immer aus irgendeiner Gewalt heraus entstehen, die Gründe können auch viel einfacher sein und aus demjenigen, der so empfindet, heraus kommen.

Ich stehe nicht sehr auf Seelenstriptease, insofern möchte ich nicht zu weit ausholen, um dir dieses innere Zerrissene nah zu bringen. Dennoch versuche ich mal, es ein wenig in Worte zu fassen: es gibt Leute, zu denen du und wohl auch ganz viele andere Menschen gehören, die einfach glücklich lieben können. Es gibt aber auch Leute, denen Beziehungen nicht gut tun. Das muss nicht zwangsweise mit dem Partner zusammenhängen, wird aber durch diesen empfundenen Hass auf denjenigen projiziert. Diese Leute lieben den Partner vielleicht wirklich aufrichtig, halten dies aber kaum aus, etwa weil sie eigentlich frei sein möchten. Oder weil sie wissen, dass diese Liebe sie verletzlich macht. Weil sie schlicht Angst haben. Man hasst den Partner dafür, dass er einem den Kopf verdreht und man gar nicht anders kann, als in dieses befürchtete Unglück zu rennen. Letzten Endes möchte man am liebsten diesen Menschen wieder loswerden, diese Liebesgefühle loswerden, wieder frei, stark und unverletzlich sein. Und gleichzeitig will man nicht ohne ihn sein. Das zerreißt einen innerlich. Es ist nicht gesund und es macht viel kaputt.

Naja, und dann gibt es sicherlich noch die ganz typische Teenie-Hassliebe. Ich liebe dich ja so sehr, aber du willst mich nicht, deswegen hasse ich dich, weil es mich verletzt. Ich glaube aber, dass man da keine der beiden Seiten, weder den genannten Hass, noch die Liebe, zu ernst nehmen sollte.

Ich denke, dass es Hassliebe an sich nicht gibt. Es gibt halt nur extreme Schwankungen der Gefühle zweier, oder eventuell auch mehrerer, Leute. Es kann halt viele schöne Momente und ebenso viele schlechte Momente in einer Beziehung geben. Man gerät immer mehr in Konflikt mit sich selbst, wie bereits von den anderen gesagt, auch in Konflikt mit dem Partner. Man weiß nicht genau was man tun soll und so fängt man an und zählt ständig die unterschiedlichsten Dinge und Momente aus der Beziehung auf. Es kann auch passieren, dass man sich wegen den ganzen Schwankungen, in eine Vorstellung des Partners verliebt, obwohl man weiß, dass der Partner wirklich niemals so sein wird. Aber dennoch, man hofft und hofft und meistens vergebens.

Und nun sitzt man da und weiß nicht was man tun soll, ob man sich weiter an die perfekte Vorstellung vom Partner und die ideale Form vom Partner klammern will, oder die Beziehung beenden will und somit vielleicht die Chance entgehen lässt, dass sich der andere doch ändert. Und obwohl man den anderen scheinbar hasst, bleibt man bei ihm, weil man nur an das Gute in einer Beziehung denkt.

Hass und Liebe sind wie gesagt zwei vollkommen unvereinbare Worte. Daher kann ich mir auch nicht vorstellen, dass ein Menschen geliebt und gehasst werden kann zugleich.

Meiner Meinung nach wird hier einfach das Gefühl, das man empfindet, wenn man eine Beziehung hat, in welcher man sich sicher fühlt, mit dem Wort "Liebe" verbunden. Einen Menschen zu lieben bedeutet aber klar und deutlich ihn mit all seinen Fehlern zu akzeptieren. Dies ist aber genau dann nicht der Fall, wenn ich hierbei auch von Hass spreche. Sobald ich jemanden hasse habe ich eine Abneigung gegen gewisse Eigenarten, die der Mensch so mit sich bringt.

Wer also wirklich eine Art "Hassliebe" zu seinem Partner empfindet ist meiner Meinung nach nicht wirklich darüber informiert, was eine wahre Beziehung und das Wort "Liebe" bedeuten. Liebe sollte klar definiert sein und nicht durch solche Modebegriffe wie "Hassliebe", die durch zahlreiche Musikrichtungen bekannt gemacht wurde, immer unklarer und vor allem unwirklicher werden.

Mein persönliches Fazit lautet daher, dass es eine "Hassliebe" niemals geben kann. Menschen die diesen Begriff wirklich auf sich und ihre Beziehung beziehen wissen leider nicht, was vollkommene Liebe bedeutet und wie diese gelebt werden sollte.