Gewitter - welche Bräuche von früher kennt Ihr?

vom 11.03.2013, 19:04 Uhr

Als ich noch kleiner war und eine Woche meiner Sommerferien bei meinen Großeltern verbracht habe, gab es ein sehr heftiges Gewitter. Natürlich bin ich wach geworden. Meine Oma und Opa kamen dann ins Wohnzimmer, in dem ich geschlafen hatte, stellten eine Kerze auf den Tisch und wir saßen dann zu dritt am Tisch und warteten, bis es wieder besser wurde. Meine Oma hatte schon wichtige Papiere zusammengepackt, so dass man im Notfall das Haus verlassen konnte.

Und meine Mutter erzählte mir dann, dass ihre Eltern, also meine Großeltern das früher immer so gemacht haben, auch, als sie noch ein Kind war. Sie und ihr Bruder mussten angezogen mit den Eltern am Tisch sitzen, so dass sie im Falle eines Brandes durch Blitzeinschlag sofort das Haus verlassen konnten. Auch die Papiere wurden da natürlich vorher schon bereit gelegt.

Kennt Ihr solche Bräuche auch noch? Oder ist es sogar so, dass es heute noch so bei einigen gehandhabt wird?

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» Jacqui_77 » Beiträge: 2718 » Talkpoints: 19,87 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Bei Gewitter hat meine Mutter immer gesagt, dass man im Flur am sichersten ist. Wenn dann am Tage ein schweres Gewitter war (und ich bin ein großer Gewittermuffen) dann haben wir uns immer in den Flur gesetzt und Karten gespielt. Das war dann immer sehr lustig und im Flur hat man das Gewitter dann auch nicht so laut gehört wie beispielsweise im Wohnzimmer. Wenn es nachts gewittert hat, dann haben meine Mutter und ich uns immer unter die Bettdecke verkrochen, auch im Sommer. Und wenn das Gewitter vorbei war, sind wir schweißgebadet wieder hervor gekrochen.

Ich glaube, dass meine beiden Söhne vielleicht nicht so viel Angst vor Gewitter haben werden. Zumindest will ich versuchen meine Angst nicht auf sie zu projizieren. Ich bin dann mal gespannt, aber das Karten spielen im Flur würde ich dann vielleicht auch übernehmen.

» Kleinnightwish85 » Beiträge: 684 » Talkpoints: 33,25 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Bei uns gab es beim Gewitter eigentlich keine richtigen Rituale. Wenn einer von uns nachts bei Gewitter Angst bekommen hat, dann durfte er zu den Eltern ins Bett schlüpfen und wurde da quasi beschützt. Ansonsten haben wir bei einem normalen Gewitter am Tag nichts Besonderes gemacht und da haben sich auch keine Rituale entwickelt.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Wenn ich als Kind Angst vor Gewitter hatte, hat mir mein Vater erklärt, was da oben am Himmel vor sich geht. Dass das alles nur elektrische Vorgänge sind. So fand ich das irgendwann nicht mehr übermäßig dramatisch und wusste zugleich auch, dass man bei so einem Wetter besser nicht baden soll und so weiter. Aber im Haus habe ich mich immer sicher gefühlt.

Den Brauch mit den Kerzen kenne ich auch. Bei den Katholiken gibt es auch einen Kerzensegen. Da kann man in der Kirche speziell für einen Schutz gegen Gewitter segnen lassen. Zumindest früher war das weiter verbreitet. Ich vermute also, dass die Kerze deiner Großeltern so einen Hintergrund hatte.

Ebenso ist es in Bayern auf manchen älteren Häusern üblich gewesen, eine Statue vom heiligen Florian irgendwo am Haus anzubringen und diesen als Schutz vor Brand am Haus zu betrachten. Da Gewitter früher oft auch Hausbrände auslösten, ist dies vielleicht als prophylaktische Maßnahme zu betrachten. So wie deine Großeltern schon die Papiere gesammelt irgendwo abgelegt haben. Ansonsten sorgt das, wenn man daran glaubt, für das gute Gefühl, das möglichste getan zu haben, um solchen Katastrophen wie Blitzeinschlägen vorzubeugen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Meine Eltern und Großeltern waren da schon etwas aufgeklärter, sie verlangten nur dass ich bei einem nahenden Gewitter nicht im Wald spielen darf und dass ich nach Möglichkeit nach Hause kommen sollte.

Meine Urgroßoma die Jahrgang 1890 war und ein biblisches Alter erreichte war da aber noch ganz anders. Wenn ich zum Zeitpunkt eines Gewitters zufällig bei ihr in der Wohnung war durfte ich nichts aus Metall anfassen, also auch kein Besteck oder Wasserleitungen. Auch Wasserkontakt im Allgemeinen war untersagt. Ich musste vom Fenster weg kommen und mich im hintersten Teil der Küche aufhalten. Als ich einmal bei ihr Unterschlupf suchte um bei einem Gewitter nicht nass zu werden saß sie zitternd voll angezogen auf der Treppe und sie hatte ihre alte Vorkriegstasche mit allen Unterlagen und dem Geld dabei. Sie sagte mir dass sie Angst hätte und sie der Krach an den Krieg erinnerte. In den letzten Kriegsjahren gab es häufige Luftangriffe und auch Tiefflieger waren wohl in unserem Ort ein Thema. Damals hatte jeder eine Tasche mit den nötigsten Utensilien dabei und das hatte sie dann beibehalten.

Ich wusste damals schon dass es bei ihr meistens Aberglaube und Unwissen war, aber ich war halt ein Kind und musste hören wenn die Erwachsenen die Regeln aufstellten. Heute ist mir aber klar woher die Angst bei Gewitter kam. Sie stammte aus einer armen Landbauernfamilie die immer unter primitivsten Bedingungen wohnen mussten. Brände durch offenes Licht und eben durch Blitzschlag waren immer möglich. Die Katen bestanden damals ja zum größten Teil aus Holz und Ziegel aus Beton hatten die armen Leute auch nicht. Damals wurden auf dem Lande oft kleine Holzschindeln als Dacheindeckung verwendet welche natürlich knochentrocken und recht dünn waren. Da genügte ein Funke um alles zu entzünden und es blieb wirklich keine Zeit im Brandfall noch mehr als das nackte Leben zu retten.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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