Nach Kündigung wie ein Schwerverbrecher behandelt werden?
Meine Kollegin hat mir heute eine echt üble Geschichte erzählt. Eine Freundin von Ihr arbeitet in einer doch sehr großen und bekannten Firma, die jetzt wohl Konkurs angemeldet hat und daher auch viele Mitarbeiter entlassen werden mussten. Sie selber ist zwar nicht von den Entlassungen betroffen, hat aber mitbekommen, wie die Mitarbeiter aus der Personalabteilung mit den gekündigten Kollegen umgesprungen sind.
Sie mussten wohl direkt, nachdem sie von ihrer Kündigung erfahren haben, ihre Schreibtische ausräumen und das unter Beobachtung der Mitarbeiter aus der Personalabteilung. Dann mussten sie ihre Karten abgeben und sofort das Gebäude verlassen. Sie bekamen noch nicht mal die Chance, sich von ihren Kollegen zu verabschieden, mit denen sie vielleicht Jahre lang zusammen gearbeitet haben. Dann wurden sie quasi direkt vor die Tür gesetzt und kamen ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr in das Gebäude herein.
Und zu allem Überfluss haben die Mitarbeiter der Personalabteilung dann auch noch gedrängelt und gesagt, die Leute sollen sich doch bitte beim Packen beeilen, schließlich hätten sie noch mehrere Kündigungen! Das ist doch echt eine Frechheit!
Ich fragte meine Kollegin, wie es denn da mit Kündigungsfristen aussieht. Es ist wohl so, dass die gekündigten Mitarbeiter frei gestellt wurden, aber trotzdem noch so lange ihr Geld bekommen, bis die Kündigung eben wirksam ist. Das finde ich an sich auch okay, aber die Behandlung der Mitarbeiter finde ich echt unter aller Sau! Muss man die Leute wie Schwerverbrecher behandeln, nur weil sie betriebsbedingt gekündigt wurden?! Ich finde es schlimm, dass es so weit gekommen ist, dass man wie der letzte A... behandelt wird!
Wie denkt Ihr darüber? Ist so ein Prozedere noch normal?
Natürlich ist es schlimm und unerhört, dass die (ehemaligen) Mitarbeiter so behandelt werden. Aber wer weiß, was da noch dahinter steckt? Vielleicht haben die Leute aus der Personalabteilung selbst massiven Druck bekommen und stehen unter extremen Stress, den sie dann eben an den gekündigten Mitarbeitern auslassen. Das ist nicht nett, aber irgendwie doch ein normales menschliches Verhalten.
Dass gekündigte Mitarbeiter nur noch unter Aufsicht ihre persönlichen Dinge vom Arbeitsplatz holen dürfen, ist dagegen schon ein übliches Vorgehen, wenn die Firma Diebstahl von Firmengeheimnissen oder Sabotage fürchtet. In einem solchen Fall sind diese Bedenken durchaus gerechtfertigt. Nicht jeder Mitarbeiter wird erfreut über die Kündigung sein und könnte durchaus versucht sein, sich in der ein oder anderen Form am Arbeitgeber zu rächen.
Von daher finde ich das eigentliche Vorgehen nicht schlimm und sehr verständlich. Lediglich die Behandlung der Mitarbeiter ist nicht in Ordnung. Aber ich denke, dass da eben auch eine Hintergrundgeschichte dahintersteckt, die man als Außenstehender nicht kennen kann.
Vielleicht haben die Leute Angst gehabt, dass die gekündigten Mitarbeiter sich dann irgendwie für ihre Kündigung rächen, indem Sie Daten vom PC klauen oder etwas kaputt machen oder was auch immer. Mein Vater hat mir beispielsweise mal erzählt, dass er bei einer Firma, die ihm gekündigt hatte, nachher ein Passwort ins BIOS seines Betriebs-PCs eingegeben hat, sodass nach ihm diesen Rechner niemand mehr verwenden konnte. Und wenn ich ehrlich sein soll, hätte ich auch solche Gedanken, wenn man mich irgendwo rausschmeißt.
Eine plötzliche unverschuldete Kündigung an sich ist schon immer etwas, was schlimm genug ist. Dann ist es umso schlimmer, wenn der Vorgang auch noch unmenschlich abläuft. Und selbst wenn die Personalabteilung selber Druck hat, deswegen muss man sich noch lange nicht unmenschlich verhalten und kann auch etwas Anteilnahme an den Tag legen. Irgendwann sind die vielleicht selber mal in dieser Situation und erst dann merken sie, wie würdelos das war.
Wenn sich jemand wirklich etwas zu Schulden hat kommen lassen, sodass man die Person wirklich schnell aus dem Haus haben will, dann ist das auch nochmal etwas anderes, aber in dem Fall scheint das ja nicht so zu sein und es betrifft ja auch mehrere Personen. Und es ist wirklich nicht zu viel verlangt, wenn man eine angemessene Zeit bekommt, um seinen Schreibtisch zu räumen und sich von seinen ehemaligen Kollegen zu verabschieden.
Von einer solchen betriebsbedingten Kündigung, die so abläuft, habe ich ja noch nie gehört. Bei einer solchen Behandlung könnte man sicherlich das Arbeitsgericht einschalten. Ich würde mir das nicht so gefallen lassen, letztendlich ist man kein Schwerverbrecher, der diese Behandlung verdient. Ich bin auch der Meinung, dass niemand das Recht hat, die Mitarbeiter so zu behandeln. Da muss man sich fremdschämen als übrig gebliebene Mitarbeiter, für die Personalmitarbeiter.
Irgendwie erscheint mir diese Geschichte sehr eigenartig. Den klassischen Konkurs gibt es ja nicht mehr, zumindest heißt es in Deutschland rechtlich nicht so. Bei einer Insolvenz übernimmt bei Unternehmen ein vorläufiger Insolvenzverwalter die Geschäfte. Zudem muss auf einer Kündigung ja auch ein Grund angegeben sein. Und in einer Insolvenz ist das nicht mehr Sache des Arbeitgebers, es sei denn der Insolvenzverwalter arbeitet mit ihm zusammen. Aber auch Gehälter werden soweit ich weiß in der Insolvenz anders bezahlt.
Was das Prozedere betrifft, so ist es durchaus üblich, dass man nach einer Kündigung nicht noch ewig im Unternehmen herumspaziert. Ebenso haben Arbeitgeber natürlich ein Interesse daran zu überprüfen, was die Mitarbeiter mitnehmen. Mit Schwerverbrechern hat das kaum etwas zu tun, es gibt Firmen da ist ein solches Verhalten an der Tagesordnung und man wird quasi jeden Tag beim Verlassen der Firma genauestens überprüft.
Das ist sicher keine feine Art, aber das Unternehmen will wohl mit dem Vorgehen verhindern, dass enttäuschte Ex-Mitarbeiter sich am Ex-Arbeitgeber in irgendeiner Form rächen. So ein gekündigter Mitarbeiter kann ja in Versuchung kommen, Firmeneigentum zu stehlen, unbrauchbar zu machen oder einfach zu beschädigen. Und die Idee, nicht mehr mit Kollegen sprechen zu können (eben zur Verabschiedung) dient einfach dazu, dass man nicht mehr schlecht über die Firma reden kann. Zumindest nicht mehr auf dem Betriebsgelände. Denn das könnte schon dazu führen, dass sich auch die verbleibenden Mitarbeiter nicht mehr mit dem Unternehmen identifizieren bzw. zu Unfrieden führen. Daher wird dieser "geordnete und kontrollierte" Auszug vorgenommen.
Natürlich bedeutet es schon, dass die Gehaltszahlung bis zum Ende der Vertragslaufzeit weiter fließen! Schließlich muss die Firma die Kündigungsfristen auch einhalten. Aber der gekündigte Arbeitnehmer hat kein Recht darauf, auf das Firmengelände gelassen zu werden. Hier hat das Unternehmen das Hausrecht und eben u.U. ein berechtigtes Interesse daran, dass die gekündigten Mitarbeiter eben nicht mehr in die Firma kommen. Gerade bei Führungskräften ist das übrigens gängig! Denn die werden wohl kaum nach einer Kündigung sich noch so zum Wohl der Firma einsetzen, dass eine Weiterbeschäftigung bis zum letzten Arbeitstag wirklich sinnvoll ist.
Selbst wenn diese Geschichte so stimmen sollte, kann es für dieses Verhalten auch sinnvolle Gründe geben. Eventuell hätten die Mitarbeiter noch Firmendaten mitnehmen können, die ihnen dann irgendeinen Vorteil verschafft hätten. Aber ansonsten kann ich mir so ein Vorgehen auch nicht vorstellen. Denn die Leute aus der Personalabteilung werden ja nicht dafür bezahlt, dass sie den anderen Mitarbeitern beim Packen zuschauen.
Ob so eine Vorgehensweise gerechtfertigt ist, hängt von vielen Faktoren ab. Und daher will ich da auch keine Wertung abgeben. Wie gesagt, kann es durchaus entsprechende Gründe für diese Überwachung geben und wenn ich als gekündigter Mitarbeiter mein Geld problemlos bekomme, dann ist es mir doch eigentlich auch egal, wenn ich die Firma so schnell wie möglich verlassen soll.
Dass es in diesem Fall schnell abgewickelt werden soll, dass die gekündigten Mitarbeiter gehen, ihre persönlichen Dinge einpacken und mitnehmen und die Firmenschlüssel abgeben, halte ich zunächst für verständlich und auch nicht unbedingt falsch. Dass sie allerdings ziemlich unverschämt angeredet werden, kann ich auch nicht ganz nachvollziehen und ich denke, dass das nicht sein muss und auch nicht in Ordnung geht. Aber ich vermute ebenfalls, dass auf diese Weise verhindert werden soll, dass ein Gerede unter den Mitarbeitern entsteht. Und ich erinnere mich auch daran, dass wir in den jeweiligen Firmen immer mit gekündigten Mitarbeitern gesprochen haben, vor allem, wenn es mehrere Kündigungen gab. Immerhin wollten wir wissen, was überhaupt los war und auch, ob es weitere Kündigungen geben soll. Insofern war es jeweils interessant, zu erfahren, was genau als Grund der Kündigung angegeben worden war.
Insofern glaube ich auch, dass diese beaufsichtigenden Personalabteilung Mitarbeiter eher verhindern sollten, dass eben so etwas passiert. Dass es natürlich nicht funktionieren wird, dass ein Mitarbeiter irgendwelche sensiblen Firmendaten entwendete, weil er sich rächen will, ist auch klar. Jedenfalls bleibt ein solches Verhalten eines ehemaligen Mitarbeiters ebenfalls nicht ungestraft und ich denke, dass dies auch jeder Mitarbeiter weiß und sich insofern kaum jemand mit solchen Gedanken belasten wird. Also glaube ich eher, dass auf diese Weise wirklich das Gerede unter den Mitarbeitern vermieden werden soll.
Dass die ehemaligen Mitarbeiter, die gerade entlassen wurden, das Firmengebäude nicht mehr betreten dürfen, finde ich übrigens gar nicht so abwegig und ich weiß auch, dass das häufiger so ausgesprochen wird. Der einzige Punkt, der an dieser Geschichte Kritikfähig ist, ist also wohl die Art und Weise, in der die Mitarbeiter der Personalabteilung mit ihren Kollegen umspringen, während diese packen. Ob ich das für normal halte? Schwer zu sagen, denn ich empfand Personalmitarbeiter schon immer als ziemlich seltsame und nicht gerade vertrauenswürdige Personen und weiß auch, dass unsere damalige Personalchefin in einem Unternehmen, in dem ich mal gearbeitet habe, sich immer ganz gezielt eingeschmeichelt hat, um dann mit Informationen zu einem der Geschäftsführer zu laufen. Vielleicht ist das normal. Wünschenswert wäre das aber sicherlich nicht.
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