Ist ein Zeuge als 'Beweis' einer Straftat ausreichend?

vom 21.02.2013, 15:48 Uhr

Vor ein paar Jahren gab es an meiner ehemaligen Schule einen freiwilligen Extrakurs, welcher über Gesetze, Gerichte, Verträge und andere wichtige Dinge informierte. Einen Rechtskunde-Kurs. Dort bekam ich auch gesagt, dass ein Zeuge als einziges Beweismittel nicht ausreiche. Schließlich könne der Zeuge ja eine Falschaussage machen und niemand könnte seine Aussagen jemals auf Richtigkeit überprüfen. Lediglich zur Unterstützung von anderen Zeugenaussagen, oder anderen Beweismittel ist eine Zeugenaussage zulässig. Dann habe ich einige Leute darauf angesprochen, weil ich das Ganze doch ein wenig komisch fand. Immerhin gibt es ja auch Situationen in denen es keine Beweise außer einem Zeugen gibt, wie wird dann verfahren?

Die anderen äußerten sich ziemlich verschieden darüber. Ein anderer Lehrer von meiner jetzigen Schule sagte mir anschließend, dass Zeugen doch als vollwertiges Beweismittel gelten. Er hat auch Jura studiert, genau wie der Leiter des Kurses damals. Also haben beide dieses Gebiet studiert und trotzdem widersprechen sie sich in dem Punkt. Es entstand schließlich sogar eine große Diskussion mit ein paar meiner Freunde und wir würden schon gerne wissen wie es wirklich ist. Ist ein Zeuge alleine also als "Beweismittel" gültig, oder Bedarf es weiterer Beweise?

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» marc25341 » Beiträge: 297 » Talkpoints: 0,77 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Naja, der Zeuge ist neben richterlichem Augenschein, Sachverständigengutachten, Urkundenbeweisen und dem (Teil-) Geständnis übliches Beweismittel im Strafprozess. Das Gericht muss davon überzeugt sein, dass eine Tat von dem Angeklagten begangen wurde. Das heißt, wenn das Gericht der festen Überzeugung ist, dass ein Zeuge glaubwürdig ist, dann kann es durchaus auf Basis dieser Aussage urteilen. Allerdings ist dabei im Strafprozess auch immer das berühmte in dubio pro reo zu beachten, so dass je nach Situation davon auszugehen ist, dass ein Zeuge eben nicht dazu ausreicht, jemanden zu verurteilen. Gerade, wenn der Zeuge das Gegenteil behauptet wie der Angeklagte und es gar keine anderen Beweise gibt und man auch nicht sicher erkennen kann, dass einer der beiden lügt, wird es auf Grund des in dubio pro reo Grundsatzes zum Freispruch kommen.

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» CCB86 » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 2,88 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Auch Leute, die Jura studiert haben, oder sogar Richter können im Vorfeld einer Verhandlung deren Ausgang eigentlich nie eindeutig bestimmen. Oder denke zum Beispiel an viele Urteile, die später doch wieder geändert wurden oder sich im Nachhinein als falsch erwiesen. Oder Fällen, die nach Jahren oder Jahrzehnten wieder aufgerollt wurden.

Wenn ich mich heute als Zeuge bei der Polizei melde und behaupte, dass du was ungesetzliches getan hast, so würdest du dazu befragt werden. Wobei es natürlich auch auf die Straftat ankommt und bei einem Mord anders ermittelt werden würde, als wenn ich behaupte, du hättest ein Ei auf mein Auto geworfen. Wenn du die Tat nun zugibst und unsere Erzählungen decken sich, dann wird es vermutlich schon zu einer Verurteilung kommen. Wenn du nichts zugibst, steht erst einmal Aussage gegen Aussage. Dann müsste es weitere Beweismittel oder Zeugen geben, die dich beschuldigen.

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Letztlich ist es der Richter, welcher entscheidet, wie glaubwürdig die Einlassungen von Zeugen sind. Es ist immer eine Einzelfallentscheidung und hinsichtlich der Plausibilität kann eben der Richter entscheiden, ob die Aussage eines Zeugen für ausreichend zu befinden sind oder nicht. Wenn hier ein Zeuge auftritt, der ein besonderes Verhältnis zum Angeklagten unterhält und selbst mehrfach negativ polizeilich in Erscheinung getreten ist, dann wirkt sich dessen Aussage sicher anders aus, als die Aussage eines unbeteiligten Polizisten, welcher als unbeteiligter eine Aussage machen kann.

Ein Zeuge allein kann also ausrechend sein, muss es aber nicht. Wenn es trotz allem immer noch Zweifel gibt, wird es wohl darauf hinauslaufen, dass der Zeuge eben nicht "ausreicht". Wobei es natürlich immer auch auf die Schwere der Tat bzw. auf die drohende Verurteilung ankommt, wie schnell ein Richter auf einen einzigen Zeugen setzt.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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