Wem nützt die Privatinsolvenz noch? Warum eingeführt worden?
Seit 1999 können Privatpersonen die Privatinsolvenz beantragen. Wie ich gehört habe, wird diese Möglichkeit auch viel und gerne in Anspruch genommen. Ich frage mich dabei aber, wie es dazu gekommen ist, dass diese Möglichkeit geschaffen wurde. Von einem Verwandten habe ich mir sagen lassen, dass dies vor allem dazu dient, die insolventen Menschen wieder in den Wirtschaftskreislauf einzuordnen. Er sagte, dass jemand, der insolvent ist, praktisch keine Kaufkraft hat. Wenn die ehemals insolventen Privatleute das Insolvenzverfahren durchlaufen haben, können sie jedoch wieder konsumieren und das wiederum ist für die Wirtschaft und den Staat günstig, weil damit Umsätze und Steuereinnahmen erzielt werden.
Stimmt es, dass die Privatinsolvenz vor allem geschaffen wurde, damit die Leute nach dem Ablauf des Insolvenzverfahrens wieder eine normale Kaufkraft haben? Das würde dem Staat und den Unternehmen, die ihre Waren verkaufen wollen, sicher etwas bringen. Aber was ist mit denjenigen, die Geld verlieren, weil jemand in Privatinsolvenz gegangen ist? An die wurde dann nicht gedacht. Hat der Verwandte recht oder sieht er das zu negativ?
Ich glaube schon, dass dein Verwandter da schon ein bisschen Recht hat. In der Insolvenz bekommen aber Gläubiger auch etwas, wenn derjenige aus der Privatinsolvenz arbeitet und Geld verdient. Sonst würden die wahrscheinlich gar kein Geld mehr sehen.
Ich frage mich aber auch, wie Menschen aus ihren Schulden kommen sollen, wenn es so etwas nicht geben würde. Immerhin gibt es Menschen, die mehrere hundert Tausend Euro Schulden haben. Das kann man ja im Leben nicht mehr verdienen. Da ist es schon schön, wenn man die Summe dann nach ein paar Jahren los ist und wieder von vorne mit seinem Leben starten kann. Man sollte ja dann auch etwas Lernen, wenn man immer wieder seine Schulden bezahlen muss und abgeben muss, wenn man arbeitet. Man denkt da sicherlich drüber nach und macht keine Neuschulden.
Wie sollen denn Menschen hohe Schulden zurückzahlen, wenn sie eh nichts haben? Die Gläubiger würden ihr Geld also sowieso nicht zurückbekommen. Die Privatinsolvenz ist eine gute Sache, weil sie den Leuten Hoffnung macht, nach einigen Jahren wieder von vorne anzufangen. Die Gläubiger bekommen wahrscheinlich mehr Geld zurück, als sie sonst zurückbekämen. Es ist also eine Win-win-Situation.
Ich steh der ganzen Sache ziemlich zwiegespalten gegenüber. Auf der einen Seite geraten Leute natürlich unverschuldet in gewisse Zwangslagen, denen gönne ich es, dass sie dort wieder heraus kommen, weil sie einfach neu starten können. Auf der anderen Seite gibt es aber auch die, die völlig benagelt ihre Geld aus dem Fenster geworfen und die Versandhäuser leer gekauft haben. Da hört dann bei mir das Verständnis auf. Denn selbst wenn die Gläubiger noch einen Anteil des Geldes bekommen, wird der Rest irgendwo über die Kalkulation der Preise auf die zahlungswilligen Kunden umgeschlagen, die letztendlich die Dummen sind. Den einzigen Vorteil für die Gläubiger sehe ich da, dass sie ihr Mahnwesen nicht mehr mit der Schuldeneintreibung belasten müssen.
Es gibt leider auch viele Personen die völlig unschuldig in die sogenannte Schuldenlawine geraten sind, weil sie beispielsweise plötzlich schwer erkrankt sind oder einen Unfall hatten. Dieser genannte Personenkreis ist mit dem Schicksalsschlag auf einmal total zahlungsunfähig und kann daher keine fälligen Raten mehr bedienen. Wenn jetzt auch keinerlei Versicherungen dazu vorhanden sind, gibt es keinen realen Ausweg mehr.
Dafür ist ja im eigentlichen Sinn dieses Gesetz verabschiedet worden. Alle anderen positiven Aspekte wie Kaufkraft und ähnliche Dinge müssen nicht unbedingt so eintreten. Das ist dann auch immer speziell von der betreffenden Person direkt abhängig.
anlupa hat geschrieben:Wie sollen denn Menschen hohe Schulden zurückzahlen, wenn sie eh nichts haben? Die Gläubiger würden ihr Geld also sowieso nicht zurückbekommen. Die Privatinsolvenz ist eine gute Sache, weil sie den Leuten Hoffnung macht, nach einigen Jahren wieder von vorne anzufangen. Die Gläubiger bekommen wahrscheinlich mehr Geld zurück, als sie sonst zurückbekämen. Es ist also eine Win-win-Situation.
Jain. Aus privatem Kreise kann ich dir folgendes sagen: ich kenne einen Fall, wo nichtverschuldet mehrere hundert tausend Euro Schulden entstanden sind. Person A ist trotz allem ein paar Jahre bevor die Privatinsolvenz beantragt wurde noch härter arbeiten gegangen. Die Gläubiger haben inkl. der zuvor geleisteten Tilgung einen sehr hohen 5-stelligen Betrag (der Großteil stammt aus der Pfändung des Gehalts exklusive der Tilgung) erhalten. Es ist alles eine Ansichtssache, in welcher Relation die Schulden zum pfändbaren Gehalt stehen.
Ich finde die Privatinsolvenz schon gut. Jedoch nur ausschließlich für all jene, die nicht wie wild Kaufhäuser leer bestellen und wahllos ihr Geld in die Welt schießen. Wer wirklich unverschuldet aufgrund Intransparenz bei beispielsweise einer Fehlspekulation von einer Immobilie o.ä. finanziell in den Ruin getrieben wird, dem sollte die Privatinsolvenz eröffnet werden. Wer grundlos und naiv sein Geld in Kaufhäuser anlegt und selbst weiß, dass die Rechnungen nicht getilgt werden können, aber vor Wissen einer Beantragung der Insolvenz noch schnell etwas teures kauft, dem sollte nicht unbedingt die Privatinsolvenz verweigert werden, aber es sollte härter bestraft werden.
Dass Privatinsolvenzen für den Wirtschaftskreislauf wichtig und gut sind, halte ich ebenfalls für eine recht logische Tatsache. Schließlich wird einerseits, wie Du schon richtig erwähnt hast, sichergestellt, dass jemand, der die Wohlverhaltensphase überstanden hat und von seiner Restschuld befreit wurde, wieder eine Kaufkraft erlangt und davon Gebrauch macht. Gleichzeitig werden diese Schuldverhältnisse auf mehrere Personen umgelegt, nämlich vor allem auf die Gläubiger, die allesamt benachteiligt werden, weil sie ihre Forderungen streichen können.
Dass die Gläubiger hier aber komplett leer ausgehen, ist so nicht ganz korrekt. Schließlich kann ein Gewerbetreibender oder ein Unternehmen, das irgendwelche Forderungen an jemanden hat, der eine Privatinsolvenz durchführt, diese Forderungen als Verlust steuerlich geltend machen und seinen Gewinn dadurch schmälern, sodass seine steuerliche Belastung entsprechend sinkt. Soweit ich weiß, kann man einen Verlust außerdem über einige Jahre abschreiben, jedenfalls wurde mir das mal erklärt, ich weiß aber nicht, ob es korrekt ist und noch Bestand hat.
Ich stimme grundsätzlich auch zu, dass die Privatinsolvenz durchaus ihr Gutes hat. Doch ebenso ist Tatsache, dass diese Möglichkeit nicht selten auch missbraucht wird. Ich arbeite in einem Kreditinstitut und sehe praktisch wöchentlich Beispiele dafür. Zu 80% geht es dabei um Handy-Verträge und ähnlich eigentlich nicht nachvollziehbare Gründe für eine Privatinsolvenz.
Oft bei Menschen, die ohnehin seit vielen Jahren arbeitslos sind oder noch nie einen Job hatten - also 18 Jahre bis 20 Jahre alt sind. Wenn ihr mich fragt, ist das unfassbar. Diese Menschen gehören sicher nicht zum Personenkreis, für die die Möglichkeit der Privatinsolvenz erdacht wurde. Das trifft eher zum Beispiel auf Menschen zu, die früher eine Firma hatten und nun eigener Kraft nicht mehr "auf die Beine kommen können".
Wesie hat geschrieben:Oft bei Menschen, die ohnehin seit vielen Jahren arbeitslos sind oder noch nie einen Job hatten - also 18 Jahre bis 20 Jahre alt sind. Wenn ihr mich fragt, ist das unfassbar. Diese Menschen gehören sicher nicht zum Personenkreis, für die die Möglichkeit der Privatinsolvenz erdacht wurde. Das trifft eher zum Beispiel auf Menschen zu, die früher eine Firma hatten und nun eigener Kraft nicht mehr "auf die Beine kommen können".
Dieser Personenkreis ist allerdings durch seine Dummheit oder auch geringe Bildung erst in den Schuldenkreislauf gekommen. Und hier hat der Staat seine sogenannte Fürsorgepflicht zu erfüllen. Das macht er ja mit dem Gesetz, denn damit holt er ja diesen Personenkreis wieder aus den Schuldensumpf. Ansonsten wären diese Leute ja ewig nur ein Sozialfall und hätten ihr ganzes Leben nur noch Schulden.
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