Islamische Familie und Katholische Freundin
Ich fange mal ganz von vorne an euch die Geschichte zu erzählen. Meine Familie in der Türkei sind alles sehr freundliche und hilfsbereite Menschen aber auch sehr stark an ihren Glauben gebunden. Meine Freundin ist katholisch, jedoch sind wir beide nicht wirklich gläubig.
Nach dem mein Opa vor einem Jahr gestorben ist, hat mir meine Freundin angeboten, mit mir in die Türkei zu fliegen weil sie mich damals nicht alleine lassen wollte. Dort angekommen wurde sie sehr gut von meiner Familie aufgenommen. Sie verstand sich mit meiner Oma, meinem Onkel und meinen Tanten sehr gut. Jeder wollte was mit ihr Unternehmen, sie wurde mit Geschenken überhäuft und es wurde nur in höchsten Tönen von ihr gesprochen. Dann kam jedoch der Punkt wo meine Oma mir gesagt hat, dass sie es besser finden würden, wenn wir eine Islamische Eheschließung (Imam Nikah) mit einem Imam durchführen. Hier will ich anmerken, dass eine solche Eheschließung nur ein Religiöser Brauch ist und weder dokumentiert wird noch irgendwelche Verpflichtungen mit sich trägt. Als ich mit meiner Freundin darüber gesprochen habe, war sie absolut dagegen, was ich eigentlich überhaupt nicht nachvollziehen kann. Ich habe auch nicht weiter auf sie eingeredet, da ich sie auf keinem Fall zu etwas drängen möchte. Ich selbst halte nicht wirklich viel von so einer "Religiösen Eheschließung" aber da es ja nichts offizielles ist, hätte ich mich da durchgequält um den Segen meiner Familie zu erhalten. Meine Freundin und ich wären dort zwar trotzdem Willkommen, jedoch wäre meine Familie enttäuscht von mir. Ich möchte hier auch ausdrücklich betonen, dass meine Familie meine Freundin mit ihrem Glauben auch akzeptiert und sie nicht zum konvertieren etc. drängen möchte.
Wie würdet ihr mit so einer Situation umgehen ? Würdet ihr so etwas für euren Partner tun ? Was sollte ich eurer Meinung nach machen, soll ich das Thema auf sich beruhen lassen oder mit meiner Freundin noch einmal darüber reden ?
Das ist wirklich schwierig. Ich kann mich in die Rolle deiner Freundin aber sehr gut hinein versetzen. Mein Freund und ich sind auch sehr unterschiedlich was Glauben betrifft. Bei mir ist er praktisch nicht existent, obwohl ich evangelisch getauft bin, aber mein Freund ist sehr streng katholisch erzogen worden und kann sich beispielsweise nichts anderes vorstellen, als in der katholischen Kirche zu heiraten und seine Kinder katholisch taufen zu lassen.
Ich bin da natürlich komplett gegenteiliger Meinung. Wenn ich überhaupt kirchlich heiraten werde, was ich mir momentan noch nicht so richtig vorstellen kann, dann doch bitte in der evangelischen Kirche, da fühle ich mich einfach um einiges wohler. Bei der Konfession meiner Kinder war ich mir anfangs auch nicht sicher und wollte sie eigentlich am liebsten konfessionslos lassen, bevor sie selbst entscheiden können, ob sie evangelisch oder katholisch getauft werden lassen.
Mittlerweile bin ich aber bereit, dass die Kinder katholisch getauft werden können. Ausschlag war eine kleine Identitätskrise, die ich nach meinem achtzehnten Geburtstag hatte. Ich hatte mir ständig die Frage gestellt, was ich hier mache und was der Sinn des Lebens überhaupt ist. Mein Freund bekommt die Antworten in seinem Glauben und ich will, dass meine Kinder auch mal nicht so etwas durchmachen müssen wie ich, sondern es als ganz selbstverständlich ansehen, wie mein Freund.
Was ich damit sagen will, ist, dass du ihr einfach Zeit geben solltest. Vielleicht ändert sie ihre Meinung ganz ohne Einflüsse von dir oder deiner Familie. Du solltest sie in keinem Fall dazu zwingen, Religionen ist ein ziemlich heikles Thema und da sollte man niemanden zu etwas zwingen, wie ich finde. Ich denke, es bringt auf jeden Fall nichts, wenn du sie nun mit allen Mitteln versuchst zu überreden, ganz im Gegenteil, das geht eher nach hinten los und sie stellt sich dem Thema gegenüber dann total stur. Lass das Thema lieber mal ruhen und eventuell ändert sie ihre Meinung von selbst. Wenn nicht, dann solltest du das aber auch akzeptieren.
Also, wenn ihr beide eher ungläubig seid, verstehe ich es ehrlich gesagt nicht, warum deine Freundin sich nicht darauf einlassen will. Bei mir zum Beispiel ist es so, dass mein Freund zwar getauft ist, aber auch nicht gläubig ist. Ich hingegen bin gläubig und möchte unbedingt kirchlich heiraten. Mein Freund hat damit kein Problem. Er macht das gerne für mich. Ich zwinge ihn ja auch zu nichts.
Ich zwänge ihm weder mein Glauben auf, noch sonst irgendwas und das machst du mit deiner Freundin ja auch nicht. Ich finde sie könnte es dir zuliebe machen. Ich würde an deiner Stelle ein ausführliches Gespräch mit ihr darüber führen. Du musst ja wissen, warum sie das nicht möchte. Jedoch würde ich sie damit in Ruhe lassen, wenn sie nicht darüber reden will. Dann muss man ihr aber klar machen, dass man das Problem nur lösen kann, wenn man drüber redet.
Also ich kann deine Freundin da schon ein wenig verstehen, wenn ich ehrlich bin. Ich war damals haargenau in derselben Situation und ich habe meine damalige Entscheidung ehrlich gesagt auch sehr bereut. Ich war sehr lange mit einem Araber zusammen. Seine Familie hat mich eigentlich auch akzeptiert (bis auf seine Mutter). Er war alles andere als gläubig, hat das vor seiner Familie aber natürlich nie zugegeben. Ich wurde als Kind evangelisch getauft, hatte allerdings mit der Kirche nie viel am Hut, wenn ich ehrlich bin. Trotzdem wäre ich beispielsweise niemals auf die Idee gekommen, für meinen damaligen Freund zum Islam zu konvertieren, weil ich mit dieser Religion eben auch absolut nichts anfangen konnte. Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich meinen eigenen Glauben nicht verraten wollte oder ähnliches.
Wir wurden dann auch relativ schnell zur islamischen Heirat gedrängt, allerdings war ich alles andere als begeistert. Da man da aber auch wirklich keinerlei Verpflichtungen eingeht, habe ich letztendlich doch meinem Freund zuliebe zugestimmt, weil ich eben auch sehr von der Familie bedrängt wurde. Als wir dann sozusagen islamisch verheiratet waren, dauerte es nicht lange, bis ich auch dazu gedrängt wurde, doch zum Islam zu konvertieren. Das wollte ich aber absolut nicht. Die Beziehung ist dann auch wegen vielen verschiedenen Gründen in die Brüche gegangen, worüber ich letztendlich auch sehr froh bin. Ich bin der Meinung, dass du deiner Freundin einfach Zeit gebe solltest. Religion ist wirklich ein sehr heikles Thema und deine Freundin fühlt sich wahrscheinlich auch bedrängt, weil sie genau weiß, dass deine Familie enttäuscht wäre, wenn sie es nicht machen würde. Das war bei mir damals ja auch der Fall. Wenn sie absolut nicht möchte, solltest du ihre Meinung aber auch akzeptieren, denn es bringt meiner Meinung nach gar nichts, wenn man einem Menschen zuliebe etwas tut, was man später bereut!
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