Findet ihr Stillleben schön?

Ich war kürzlich in der Alten Pinakothek in München und habe mir Bilder von alten Meistern wie etwa Dürer, Rubens und Rembrandt angeschaut. Die meisten Bilder haben mir auch gut gefallen, nur mit Stillleben kann ich nichts anfangen. Oft werden da Dinge wie Speisen und Ähnliches gemalt. Fischköpfe liegen neben Äpfeln und Weinkrügen, manchmal sind auch Blumen abgebildet, oft auf weißen Tischtüchern oder sonstigen Tüchern.

Ich frage mich, warum die Maler solche Bilder gemalt haben. Es ist bestimmt schwierig, weiße Tischtücher zu malen, wegen der Falten und der verschiedenen Grautöne. Aber welchen Sinn macht das? Die Bilder sind nicht besonders schön oder aussagekräftig, da schaut man sich lieber einen echten Tisch an. Es ist doch viel schöner, eine Landschaft an der Wand zu haben, als Äpfel und Fischköpfe an langen Gräten. Findet ihr Stillleben schön und würdet sie euch an die Wand hängen?

Ich bevorzuge andere Motive, Landschaftsbilder oder Alltagsszenen. Aber Stillleben können vor allem dann interessant sein, wenn man ein paar Hintergrundinfos hat, denn sie haben ja nicht selten noch versteckte Bedeutungen. Die dargestellten Gegenstände haben ja meist auch eine symbolische Bedeutung und der Maler konnte dadurch seine Botschaften indirekter darstellen, vielleicht sogar chiffriert, weil sie sonst heikel gewesen wären.

Ich mag etwa die Vanitas-Stillleben aus der Barockzeit gerne, in denen die Gegenstände an Tod und Vergänglichkeit erinnern: Sanduhren, Kerzen, die langsam herunterbrennen, Totenschädel und daneben dann wertvolle Schätze, die man im Leben verehrt und die man aber nicht ins Totenreich mitnehmen kann. Diese Stillleben strahlen so eine morbide Atmosphöre aus, die ich ganz gerne mag.

Ob Stilleben noch modern und zeitgemäß sind, bin ich auch nicht sicher. Ich bewundere in jedem Fall die Fähigkeit der Künstler, die Vorlagen naturgetreu abzubilden. Außerdem spielen ja auch die kunstvolle Komposition von Licht und Schatten und das Arrangement der abgebildeten Gegenstände eine große Rolle. Der Künstler hat ja nicht einfach nur den Tisch gedeckt und dann abgemalt, da steckt schon Hirn dahinter!

Zusätzlich enthalten alte Stilleben-Gemälde oft symbolhafte Bedeutungen und Hinweise, die dem modernen Betrachter rein gar nichts mehr sagen, während die ursprüngliche Zielgruppe genau gewusst hat, worauf der Schinken, die Kerze oder die Erdbeeren angespielt haben und so dem Bild mehr Sinn abgewinnen konnten als die bloße Abbildung von Dingen. Außerdem ist uns auch nicht mehr bewusst, dass eine Anhäufung von Lebensmitteln bis vor relativ kurzer Zeit für viele Menschen ein bloßer Wunschtraum war. Ein Bild von einem gut gefüllten Früchtekorb ist für uns absoluter Alltag, für Menschen des Barockzeitalters eher eine Vorstellung vom Paradies.

Deswegen haben die Maler die Bilder auch gemalt - um Geld zu verdienen. Es handelt sich oft um Auftragsarbeiten reicher Gönner, die zeigen wollten, was sie hatten und wie modern und up-to-date sie in ihrem Kunstgeschmack waren. Oder die Künstler mussten auf dem freien Markt eben das anbieten, was gerade im Trend lag.

Ich würde mir selbst kein Stilleben an die Wand hängen, denke jedoch, dass diese Kunstgattung durchaus ihren Stellenwert für die Kunstgeschichte bewahrt und auch in Museen und Galerien gezeigt werden kann.