Darf man Eltern Erwachsener über deren Probleme informieren?

vom 14.01.2013, 21:30 Uhr

Y besuchte als Erwachsener eine Schule und wohnte in der Nähe von seinem Mitschüler X (man sah sich also sowohl in der Schule, als auch gelegentlich privat). X wurde mit der Zeit immer eigenartiger. Zudem pflegte er Kontakt zu Leuten, die mit ziemlicher Sicherheit Drogen nahmen. Wobei ihn Außenstehende dabei nie erwischt haben, sondern es waren lediglich Vermutungen. Dazu kamen psychische Probleme, die mit der Zeit immer auffälliger wurden.

Jeder merkte, dass mit X etwas nicht stimmte. Das war auch den Lehrern bewusst. Ebenso wie seinen Nachbarn und seinen Freunden. Y gehörte nun nicht zum engeren Freundeskreis, sprach X aber dennoch mal auf sein Verhalten an. Darauf reagierte mal aggressiv, ein anderes Mal freundlich und erwähnte dabei auch, dass er in ärztlicher und psychologischer Behandlung sei. Y fand es jedoch dennoch eigenartig, wie unterschiedlich X reagierte und sein Verhalten wurde immer auffälliger.

Doch Y sah sich nicht in der Verantwortung mehr zu unternehmen. Er sprach einmal nähere Freunde von X auf ihn an, diese nahmen ihn jedoch wenig ernst und schoben seine Probleme auf eine kürzliche Trennung. Ein anderes Mal hieß es X habe zuviel getrunken und habe sich deshalb eigenartig verhalten.

Später erlitt X einen Zusammenbrach, der ihn in die psychiatrische Notaufnahme brachte und wohl auch einige Zeit in die geschlossene Psychiatrie. Y bekam das meiste nur über Gerüchte mit, aber es gab wohl einige schwerwiegende Diagnose und zudem eine Drogenabhängigkeit, wodurch seine psychischen Probleme verstärkt wurden.

Lange Zeit später hat Y einmal mit X darüber gesprochen und X machte Y indirekt Vorwürfe. Nicht nur ihm, sondern auch dem sonstigem Umfeld, schließlich war auch den meisten Lehrern klar, dass X Probleme hatte. X war der Meinung, dass niemand etwas unternommen hatte, als er nicht dazu in der Lage war.

Da stellt sich mir nun die Frage, ob Y als Außenstehender hätte die Eltern von X kontaktieren dürfen? Zugestimmt hätte X auch in seinen schlimmsten Phasen garantiert nicht. Auch dürfen Lehrer volljähriger Schüler soweit ich weiß nicht einfach deren Eltern kontaktieren. Und mit der Volljährigkeit hat auch jeder das Recht zu bestimmen, wo und wie er leben möchte, so dass selbst Polizei und Behörden keine Informationen mit den Angehörigen teilen dürfen. Gilt das für Privatpersonen ebenso? Ob man es gut meint und der Person helfen möchte, oder ihr eins auswischen möchte, indem man den Eltern Dinge erzählt, die diese nicht wissen sollen, macht vermutlich keinen Unterschied oder?

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» Trisa » Beiträge: 3269 » Talkpoints: 20,14 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich finde nicht, dass man Eltern eines Erwachsenen informieren muss, wenn man am Sohn oder an der Tochter verändertes Verhalten feststellen kann. Immerhin sollten Eltern das ja eigentlich selber merken, wenn es wirklich so schlimm war. Man hat ja auch Kontakt und gerade, wenn man nicht immer bei der Person und deren Eltern ein- und ausgeht, dann muss man so etwas eben auch nicht ansprechen.

Die Eltern sollten hier eigentlich auch selber merken, was los ist. Außerdem kommt da sicherlich eh kaum jemand an den Süchtigen heran und deswegen haben auch die Eltern dann nicht die Möglichkeit irgendetwas zu machen. Der Süchtige muss auch sehen, dass er Hilfe braucht.

Die Lehrer sind hier auch nur bedingt in die Schuld zu nehmen. Ich denke, dass man das menschlich gesehen ruhig mal ansprechen kann, aber generell ist es eigentlich nicht üblich, dass man so etwas mit den Eltern bespricht, auch wegen dem Datenschutz.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich denke, dass man sich als Freund oder Bekannter in einer solchen Situation fast nur falsch verhalten kann. Irgendwie kann ich es jetzt auch nicht verstehen, dass X nun Y Vorwürfe macht, nicht reagiert zu haben. Immerhin hat Y X doch angesprochen und es wurde versichert, dass sich X bereits in einer Behandlung befindet. Weiteren Handlungsbedarf sehe ich als befreundete Person nun nicht unbedingt, zumal der Betroffene ja auch schon volljährig war. Ich könnte mir vorstellen, dass Y sich auch jede Menge Vorwürfe hätte anhören müssen, wenn er die Eltern von X informiert hätte.

Als erwachsene Person muss man schon selber sehen und wissen, wie man sein Leben leben will. Auch die Lehrer haben bei erwachsenen Schülern nicht mehr viele Möglichkeiten, in einem solchen Fall zu reagieren. Deswegen finde ich es jetzt schon ziemlich unfair von X, die Schuld auf seine Freunde und Bekannten abzuwälzen, die seiner Meinung nach hätten reagieren müssen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich finde es wirklich schlimm und schon fast frech, das X seinem Bekannten Y nun solche Vorwürfe macht, selbst wenn sie nicht so direkt ausgesprochen werden. Damit gibt er die Verantwortung ab und schiebt sie ganz bequem auf eine andere Person, um sie selbst nicht tragen zu müssen. Das ist wirklich schäbig. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch für sich selbst verantwortlich ist und dass jeder selbst entscheiden muss, er Drogen nimmt oder nicht. Das Umfeld kann natürlich unterstützend wirken oder auch nicht, wenn es darum geht, eine Sucht zu bekämpfen. Aber in erster Linie ist die Person selbst verantwortlich.

Wer schon einige Zeit Drogen konsumiert, wir irgendwann nicht mehr in der Lage sein, das Problem selbst zu erkennen und in den Griff zu bekommen. Es mag sein, dass manche sich wünschen, dass ihr Umfeld sich in dieser Zeit stärker um sie kümmert und immer wieder versucht, sie aus diesem Sumpf herauszuziehen. Aber es ist auch klar, dass die Betroffenen es in erster Linie selbst wollen müssen. Falls sie die Hilfe ihres Umfeldes benötigen, sollten sie dies auch deutlicher machen. Das ist sicher nicht ganz leicht in einer solchen Situation, aber vielleicht hat X auch einfach zu wenig signalisiert, dass er Hilfe benötigt. Er macht es sich natürlich leicht, wenn er nun die Schuld bei Y und den anderen Bekannten sucht.

Bei Kindern wird man eingreifen müssen, allein weil sie nicht als vollständig verantwortlich für ihr Handeln angesehen werden (können). Da wird man selbst bei einem Jugendlichen auf die Eltern zugehen müssen. Einem Erwachsenen sollte man diese Verantwortung aber durchaus überlassen und die Eltern nicht informieren, sofern das nicht ausdrücklich von der Person gewünscht wird.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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