50 Jahre alt - Arbeit im Ausland?

Als gelernter Dachdecker habe ich vor einem Jahr meine feste Stelle verloren. Die Firma ist in Konkurs gegangen. Gegen meine Kollegen und ich regelrecht auf der Straße. In unserer Gegend gibt es keine freien Stellen. Das Arbeitsamt hat mir auch keine Hoffnung mehr gemacht, denn für diese Arbeit wäre ich schon fast so alt. Wenn es mal eine freie Arbeitsstelle gäbe, dann würde sie ganz sicher mit einem jungen Mann besetzt werden. Ich will aber noch nicht zum alten Eisen gehören. Mein Beruf hat mir Spaß gemacht.

Jetzt denke ich darüber nach, Deutschland zu verlassen. Ob es für mich als Dachdecker noch Arbeit im Ausland gibt?

Ich finde das ziemlich schwierig. Warum solltest du denn im Ausland bessere Chancen haben? Das Alter ist ja dasselbe und die Qualifikation ja auch. Ich würde dir eher raten, dich in einer anderen Branche umzusehen. Als Dachdecker muss man sich ja ziemlich abrackern und mit 50 stelle ich mir das schwierig vor. Vielleicht findest du ja etwas anderes, was dir auch zusagt. Am Besten man fragt einfach mal herum. Arbeit sollte sich eigentlich auch in Deutschland finden lassen. Erst recht, wenn man bereit ist, den Wohnort zu wechseln.

Für mich mit meinen fast 50 Jahren wäre das einfach unvorstellbar im Ausland zu arbeiten, ich genieße mein stressfreies Leben und das tägliche Zusammensein mit der Familie. Ein Freund von mir arbeitet aber in der Schweiz und das auch schon seit vielen Jahren. Ihm scheint es zu gefallen, es muss also auch gehen. Dort werden überall Arbeitskräfte gesucht, sicherlich auch in den Baubranchen. Die Deutschen sind dort häufig vertreten, ebenso viele Italiener. Allerdings ist es dort ein bisschen wie hier mit den Ausländern, das sind zwar alles Fachkräfte, sie werden aber nicht so gut bezahlt wie die Einheimischen.

Die Verdienstmöglichkeiten sind aber sehr gut, sonst würde mein Freund das nicht machen. Er verrät natürlich nicht was er verdient, aber so um die 5000 Euro Netto müssen es als Techniker schon sein, dazu kommen noch nette Bonis von denen wir nur träumen können. Er sagt dass er mit seinen paar Jahren in der Schweiz schon mehr Rentenansprüche angesammelt hat als in den langen Berufsjahren in Deutschland.

Was aber wirklich Stress ist, ist die ständige Pendelei. Er hat seine Frau und ein Haus hier in Deutschland und er sieht zu dass er alle zwei bis drei Wochen hier vorbei schauen kann. Die Flugkosten und die Parkplatzgebühren am Flughafen haben natürlich schon Gewicht. Er fährt freitags am Nachmittag mit dem Zug nach Zürich, steigt in den Flieger nach Hannover und fährt dann 250 Kilometer bis nach Hause. Er kommt also mitten in der Nacht an wenn alles gut geht, meistens gibt es aber Verspätungen. Dann schläft er bis Mittag, hat den Nachmittag für sich und am Sonntag nach dem Mittagessen geht es wieder in Richtung Schweiz. Mit einem Familienleben hat das für mich nichts zu tun, auch kann man sich vorstellen dass sein Haus langsam verlottert weil einfach die Zeit fehlt es ständig in Schuss zu halten. Dazu kommt noch dass seine Frau ziemlich krank ist und er durch den Stress doch etlichen Risikofaktoren ausgesetzt wird. Ich vermute einmal dass er irgendwann einfach umkippen wird, Herzinfarkt.