Müssen gute Gitarren teuer sein?

vom 23.01.2013, 10:30 Uhr

Ich habe es getan und die halbe Weltreise zum Musikalienladen unternommen, um mich nach einer Gitarre umzusehen. Dabei war ein Bekannter von mir, der selbst ein bisschen Gitarre spielt, netterweise mitbekommen, weil ich selbst halt Total-Anfängerin bin und keine Ahnung habe, worauf man beim Kauf achten muss, abgesehen davon, dass der Steg nicht verzogen ist und der Klang einigermaßen angenehm ist, wobei "angenehm" ja bekanntlich auch sehr subjektiv ist. Letztendlich habe ich mir auch eine Gitarre gekauft, aber eben keine sonderlich "edle".

Ich habe jetzt im Laden diverse Instrumente durchgetestet. Es hat sich relativ schnell herausgestellt, dass ich wegen meiner Körpergröße und Handgröße tatsächlich eine 7/8-Gitarre am besten handhaben kann, das hat mir auch der Verkäufer (der von so etwas hoffentlich Ahnung hat) bestätigt. Mir gefielen die Konzertgitarren mit Nylonsaiten am besten. Davon standen auch eine ganze Menge Modelle zur Auswahl.

Mir war von Anfang an klar, dass ich nicht viel Geld ausgeben wollte, einfach aus dem Grund, dass ich ja noch nicht weiß, wie sich das mit der Gitarre bei mir entwickelt, ob ich wirklich langfristig ernsthaft spielen möchte oder ob ich es irgendwann aufgebe. In letzterem Fall hätte ich natürlich nicht gern allzuviel Geld aus dem Fenster geworfen. Daher habe ich mich halt in der unteren Preisklasse umgesehen.

Meine erste Feststellung war, dass die allerbilligsten Modelle, die so um die 20 bis 30€ lagen, wirklich schrecklich klangen, richtig scheppernd und dünn und nicht so, wie Gitarren eigentlich klingen sollten bzw. so, wie man den Klang von Gitarren schätzt. Okay, das ist für mich auch relativ leicht zu erklären, für den Preis kann man wohl keine große Handwerkskunst erwarten, das ist Fabrikware mit geringem musikalischem Wert.

Allerdings habe ich zu meinem nicht geringen Erstaunen eine nur unwesentlich teurere Gitarre gefunden. Die kostete ungefähr 60€ und klingt richtig gut, hat auch nach Aussage meines Bekannten einen geraden Steg keinerlei technische Mängel. Da sie bei mir gut in der Hand lag, habe ich dieses Instrument letztendlich gekauft.

Was mir allerdings aufgefallen war, ist, dass es bei diesem Modell anscheinend größere Schwankungen in der Fertigung gibt. Jedenfalls habe ich mehrere Instrumente durchprobiert, die laut Verkäufer alle das gleiche Modell sein sollten und auch gleich aussahen, aber für mich völlig unterschiedlich klangen. Ist das normal? Ich habe natürlich die genommen, die nach meinem Empfinden richtig super klang, aber das war auch nur die eine einzige unter acht angeblich baugleichen Gitarren. Die anderen sieben klangen nach meinem Empfinden eher mittelmäßig - also nicht komplett schrecklich, aber auch nicht richtig gut. Immerhin haben sie alle eine Decke aus Massivholz, was nach Aussage meines Bekannten auch ein Vorteil ist.

Habe ich da jetzt einfach Glück gehabt, dass bei der Fertigung plötzlich rein aus Zufall ein gutes Instrument dabei herausgekommen ist? Oder hat das dann letztendlich andere Macken und hält zum Beispiel nicht so lange wie eine teurere Gitarre? Wo genau ist jetzt der Unterschied zu den richtig teuren Instrumenten? Ich habe nämlich festgestellt, dass diejenigen Instrumente, die für mich als unbedarfte Anfängerin ähnlich angenehm klangen, allesamt ab 400€ aufwärts kosteten, was für mich natürlich erst einmal überhaupt nicht in Frage kam, so etwas würde ich mir nur leisten, wenn ich schon etwas spielen kann. Ich denke, an Anfänger sind professionelle Instrumente völlig verschwendet. Aber wie kann es sein, dass ich plötzlich eine richtig super klingende Gitarre für das wenige Geld bekommen habe?

» arril » Beiträge: 739 » Talkpoints: 10,78 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Mein Bruder hat sich auch neulich eine neue Gitarre schenken lassen und war dafür in mehreren Musikläden. Auch nach Beratung mit seiner Gitarrenlehrerin hat er sich dann eine GItarre für knapp 400€ ausgesucht, was ein marktüblicher Preis für eine vernünftige Gitarre ist. Klar kann man auch Gitarren für teilweise unter 100€ kaufen, die vielleicht kurzzeitig auch noch gut klingen. Wenn man wirklich viel spielt, sollte man aber aus meiner Sicht keinesfalls auf eine Billiggitarre zurückgreifen, da diese dann schnell an Klangqualität verliert.

» Aeliaron » Beiträge: 260 » Talkpoints: 11,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich denke, dass die ganz billigen Gitarren nicht gut sein können. Vielleicht klingen sie am Anfang gut, aber das Holz wird sich verzerren und die Qualität kann nicht von Dauer sein. Mein Sohn hat sich damals seine erste Gitarre für 300 Euro gekauft. Für einen Anfänger war sie in Ordnung. Aber bei höheren Anforderungen ist eine gute Gitarre, vermute ich, unter 600 Euro nicht zu haben. Aber in unserem Musikgeschäft gibt es immer gute Sonderangebote und die Verkäufer beraten wirklich fair und wollen einem nichts andrehen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Also würdet ihr tatsächlich einer Totalanfängerin raten, gleich mehrere hundert Euro für eine Gitarre auszugeben? Mein Bekannter sagte mir sinngemäß, dass die erste Gitarre aufgrund falscher Handhabung bei Anfängern normalerweise sowieso nicht lange hält und dass es daher bei dem allerersten Kauf ohnehin nur darum gehen kann, dass das Instrument zumindest so lange gut klingt, bis man einschätzen kann, ob das Gitarre spielen einem überhaupt liegt oder nicht. Stimmt das oder war er damit übertrieben pessimistisch?

Ich dachte nämlich eigentlich, ich probiere das mit der Gitarre jetzt erst einmal an einem günstigen Instrument aus. Wenn ich dann feststelle, dass ich das halbwegs im Griff habe und auch langfristig weiter spielen möchte, könnte ich mir ja gegebenenfalls immer noch ein besseres Instrument kaufen. Bisher ist es aber eben so, dass ich gerade erst anfange und lerne, meine ersten Akkorde zu greifen. Und ich habe eben dezente Zweifel, ob da wirklich ein Instrument für mehrere hundert Euro notwendig ist.

Woran kann man denn erkennen, ob eine Gitarre lange halten wird? Kann man irgendwie vorhersagen, ob das Holz sich verzerren wird oder nicht? Und wenn ja, wie?

» arril » Beiträge: 739 » Talkpoints: 10,78 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich denke schon, dass du die richtige Entscheidung getroffen hast. Als ich meine erste Gitarre gekauft habe, hatte ich mich auch für ein recht günstiges Modell entschieden, denn ich war ebenfalls blutige Anfängerin und wusste ja nicht, ob mir das Gitarrespielen überhaupt dauerhaft Spaß macht. Hat es letztendlich nicht und so bin ich froh, dass ich nicht gleich mehrere Hundert Euro für eine Gitarre ausgegeben habe. Natürlich könnte man so etwas dann weiter verkaufen, aber ansonsten reicht eben auch erst mal eine günstige Gitarre. Ich halte nicht viel davon, sich gleich etwas unglaublich teures zu kaufen um dann vielleicht festzustellen, dass man sich doch nicht lange damit beschäftigt.

» SuperGrobi » Beiträge: 3876 » Talkpoints: 3,22 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Im Grunde denke ich schon, dass du es gut gemacht hast. Wenn man jemanden dabei hat, der das Instrument schon spielt, dann ist das immer hilfreich. Wenn man aber alleine und als blutiger Laie ein Instrument kauft, ist man eben auf der sicheren Seite, wenn man doch das Instrument für mehrere hundert Euro kauft, und auf Nummer sicher geht. Wenn man das nötige Kleingeld übrig hat, ist das kein Problem. Wenn einem das Instrument dann nicht gefällt, dann kann man es immer noch gut gebraucht verkaufen. Wenige Dinge halten bei guter Pflege so effektiv den Wert wie Musikinstrumente.

Ob ein erwachsener Anfänger wirklich das Instrument zerstört, das ist aus meiner Sicht fraglich. Bei Kindern und relativ jungen Jugendlichen würde ich das eher unterschreiben. Wenn du dich hier oder bei deinem Bekannten gut informierst, was man bei Gitarren nicht machen darf, sollte nichts schief gehen.

Bei einer Billiggitarre kann man beispielsweise damit rechnen, dass irgendwann die Wirbel schlapp machen. Wenn die Mechanik verschlissen ist, lässt sich die Gitarre kaum noch stimmen. Stimmmechaniken gibt es zwar als Ersatzteile, aber der Einbau und die Kosten für das Teil rentieren sich kaum bei einem Billiginstrument, wenn man nicht emotional sehr daran hängt.

Billiggitarren sind in der Regel eher aus Sperrholz und nicht aus reinem Massivholz wie gute Gitarren gebaut. Dieses verzieht sich angeblich leichter. Das kann sich bei veränderter Luftfeuchte einstellen, oder wenn man Saiten mit falschem Zug benutzt. Wenn eine Gitarre verzogen ist, merkt man das zum Beispiel daran, wenn die Saiten trotz guter Grifftechnik der linken Hand beim Anschlag schnarren. Wenn man dann fest stellt, dass einem das Instrument doch Spaß macht, kann man sich immer noch ein besseres kaufen. Allerdings hat man dann eben die 60 Euro total in den Sand gesetzt. Rein rechnerisch kommt man in so einem Fall teurer als wenn man gleich ein gutes kauft.

Die Qualitätsschwankungen kommen bei Fabrikware durch viele Faktoren zu Stande. Wichtig ist sicher, wie viel Gefühl und Erfahrung der Arbeiter in der jeweiligen Schicht mit bringt. Es spielt sicher auch der Zufall eine gewisse Rolle. Instrumentenbau ist Millimeterarbeit. Wenn bei den anderen Gitarren dieser Charge immer jeweils ein entscheidendes Maß nicht richtig getroffen war, dann kann das schon den Tod des Instruments bedeuten. Bei deiner Gitarre jetzt ist zufällig vielleicht alles recht gut bemessen und platziert worden.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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