Müssen alte Kinderbücher heute politisch korrekt sein?

vom 20.01.2013, 17:15 Uhr

Es gibt immer mal wieder Diskussionen, ob der Text von alten Kinderbüchern dem heutigen politisch korrekten Sprachgebrauch entsprechend abgeändert werden muss. Berühmte Worte, die heute als verpönt oder besser gesagt als diskriminierend bezeichnet werden, sind z. B. "Neger" und "Zigeuner". Hier gibt es immer wieder mal Überlegungen, diese Worte aus den Kinderbüchern zu streichen oder durch heute politisch korrekte Begriffe zu ersetzen.

Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die beiden oben genannten Bezeichnungen heute nichts mehr im aktiven Wortschatz zu suchen haben und heute nicht mehr - weder schriftlich noch mündlich - gebraucht werden sollen. Wie sieht es aber jetzt mit Texten aus, die in einer Zeit entstanden sind, als es ein anderes, wahrscheinlich in Teilen auch unbekümmerteres Verständnis dieser Begriffe gab und noch nicht von political correctness die Rede war?

Ich bin nicht unbedingt dafür, dass man die alten Texte abändert, denn neben der Geschichte, die sie erzählen, sind sie ja auch immer Ausdruck der Zeitgeschichte und des Zeitgeists der Zeit, in der sie entstanden. Ich bin vielmehr dafür, dass man einen erklärendes Vorwort ergänzt, dass deutlich darauf hinweist, dass bestimmte Worte im Buch manche Menschen verletzen könnten, dass das aber in dem Buch zu der Zeit als es geschrieben wurde nicht so war oder von vielen so nicht verstanden wurde. Im Gegensatz dazu muss man aber heute davon Abstand nehmen, diese Worte weiter zu benutzen, da es nicht in Ordnung ist, wenn man andere beleidigt oder diskriminiert.

Vielleicht könnten sich die Verlage auf eine entsprechende Erklärung einigen, denn dann blieben die ursprünglichen Geschichten als Zeitdokumente unverfälscht stehen, aber es würde auch deutlich, dass diese Begriffe heute nicht mehr verwendet werden sollten. Wie ist hier Eure Meinung? Kennt Ihr Bücher, die bereits geändert wurden? Büßen die alten Texte an Aussagekraft ein, wenn man sie ändert?

» mamus » Beiträge: 46 » Talkpoints: 30,58 »



Definitiv bin ich der Meinung, dass solche Worte heutzutage nichts mehr in einem aktiven Wortschatz zu suchen haben, weder mündlich noch schriftlich und diese Worte sollten definitiv nicht mehr gebraucht werden. Ich sehe diese Wörter auch als Schimpfwörter an, womit man eine Person ziemlich beleidigen kann. Und deshalb finde ich schon, dass die alten Bücher mal überarbeitet werden sollten.

Ich persönlich möchte nicht meinen Kindern die alten Geschichten mal vorlesen und dann diese Wörter mit vorlesen müssen, weil sie in den Büchern so mit drinnen stehen. Ich möchte nicht, dass meine Kinder diese Wörter so früh lernen und schon gar nicht gebrauchen, sodass ich der Meinung bin, dass man die alten Geschichtenbücher überarbeiten sollte und diese Worte, die man heutzutage nicht mehr gebraucht, weil sie unangemessen sind, durch andere Wörter ersetzt.

Wichtig ist mir dabei aber schon, dass der Sinn des Satzes beziehungsweise der Sinn der Geschichte erhalten bleibt, wenn man die unangemessenen Wörter ersetzen sollte, ansonsten ändert man die ganze Geschichte um und das wäre auch nicht Sinn der Sache. Dann könnte man im Endeffekt ein neues Buch mit neuen Geschichten schreiben.

Natürlich wäre es auch eine Möglichkeit ein Vorwort in die alten Bücher mit hineinzubringen und dann zu erklären, was für Wörter dort vorkommen und das diese nicht böse gemeint sind und auf keiner Art und Weise jemanden verletzten soll und desgleichen, aber trotzdem würden die Kinder, denen man diese Geschichte vorliest, diese Wörter lernen, die man definitiv nicht gebrauchen sollte.

» kai0409 » Beiträge: 3345 » Talkpoints: 72,64 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Natürlich sind solche Wörter nicht gerade schön. Man darf aber nicht vergessen, in welchem Jahr diese Bücher geschrieben worden sind. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Damals wurde anders gesprochen als heute und man sollte auch die damaligen Autoren respektieren und deren Texte nicht verändern. Normalerweise ist das Jahr der Erscheinung eh im Buch festgehalten, was erklärt, wieso so geschrieben wurde.

Also ich bin gegen eine Überarbeitung solch alter Bücher. Besser würde ich finden, ein Vorwort anzuhängen, indem genau erklärt wird, warum gerade so hässliche Worte gewählt worden sind. Auch die Schulen sollte die Kinder darüber belehren, dass es in solchen Büchern keine böse Absicht war, solche verpönten Worte zu benutzen.

» Sternchen* » Beiträge: 2804 » Talkpoints: 2,78 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Natürlich sollte man Begriffe wie zum Beispiel "Neger" niemals gut heißen, allerdings wurden die Wörter bereits in den Büchern eingesetzt, was heutzutage nicht mehr geändert werden kann. Jedoch ist es möglich in einer entsprechenden Auflage die Wörter entsprechend zu ersetzen, was mit heutiger Software wie Word oder Ähnlichem kein Problem mehr sein dürfte. Inwieweit das Wort "Zigeuner" ein Schimpfwort ist, kann ich nicht beurteilen, weil es bereits seit dem 15.Jahrhundert existiert und verwendet wird, sich also über die Jahre überliefert hat.

Eigentlich ist das Wort Zigeuner doch gar kein Schimpfwort gewesen, sondern die erste existierende Bedeutung für Gruppen von Menschen, die mit ihren Sachen durch die Gegend ziehen. Natürlich kann es von vielen Menschen als Beleidigung aufgefasst werden, weil sie sich genau mit dem Begriff identifizieren, allerdings sehe ich zunächst keine abwertende Bedeutung in dem Begriff. Natürlich ist das für ein Kinderbuch nicht wirklich die richtige Wortwahl, weil die Kinder dann Denken, dass es völlig normal ist, die Menschen so zu bezeichnen.

Ich kenne zunächst erst mal gar keine Bücher, welche eine solche Äußerung enthalten, allerdings können die Verlage erst mal grundsätzlich gar nichts dazu, weil sie nach der damaligen gesellschaftlichen Ansicht, ihre Bücher entsprechend verfasst haben. Deswegen halte ich nichts davon, die Wörter nachträglich wieder aus dem Buch zu entfernen, weil sie wie du bereits gesagt hast, ein Stück der Geschichte sind. Somit kann man später einmal zeigen, was die Menschen alles an Wörtern genutzt haben, welche ethisch nicht korrekt waren und somit die sprachliche, sowie geschichtliche Entwicklung in Deutschland aufzeigen. Letzteres sollten wir uns erhalten.

» Newsjumper » Beiträge: 598 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich bin definitiv gegen eine Überarbeitung alter Bücher. Das sind eben historische Dokumente. Kinder sind nicht so dumm, dass sie das nicht einschätzen könnten. Man kann den Kindern ja beim Vorlesen gleich sagen, dass so etwas wie zum Beispiel das beanstandete "N-Wort" früher keine Beleidigung war, sondern eine nicht wertende Bezeichnung für Leute mit dunkler Haut. Dass das nicht mehr "politically correct" ist, ist ja eine eher neue Entwicklung.

Überhaupt macht es keinen Sinn, nur einzelne Ausdrücke aus alten Büchern an die heutige Zeit anzupassen: nicht nur die Wortwahl ist heutzutage nicht mehr angebracht, sondern auch der ganze Inhalt. Zum Beispiel die Geschlechterrollen, wie sie in alten Kinderbüchern als ganz selbstverständlich beschrieben werden, lassen mich schaudern. Die Jungen erleben Abenteuer, die Mädchen bleiben zu Hause und kochen und führen einen Haushalt. Das ist auch nichts, was man unkritisch und unkommentiert auf heute aufwachsende Kinder loslassen sollte.

Aber wie gesagt, von einer Zensur halte ich in solchen Fällen nichts. Ich fände auch ein kommentiertes Vorwort besser, das gegebenenfalls hilft, den Inhalt und die Ausdrucksweise des jeweiligen Buches korrekt einzuordnen.

Das Entfernen einzelner "Schimpfwörter" bringt in meinen Augen ohnehin nichts, so lange das dahinter stehende Vorurteil nicht beseitigt ist. Wenn eine Gesellschaft Vorbehalte gegenüber Leuten mit dunkler Hautfarbe hat, wird früher oder später jeder Begriff, der für diese Menschen benutzt wird, eine negative Konnotation erwerben und letztendlich als Schimpfwort enden. Mit einer Änderung der Sprache wird dieses Problem nicht gelöst!

» arril » Beiträge: 739 » Talkpoints: 10,78 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich bin gegen eine Änderung und Überarbeitung der alten Klassiker. Sicherlich sind einige Wörter dort heutzutage nicht mehr zeitgemäß, waren es aber zur Entstehungsgeschichte des Buches. Wenn man nun diese Wörter rausstreicht, entfernt man damit auch historische Gegebenheiten und Diskussionen aus den Büchern.

Dies ist okay bei kompletten, überarbeiteten Neuauflagen, diese sind dann aber deutlich nicht mehr als Originale zu kennzeichnen. Zudem finde ich, kann man so Kindern schon im leichten Sinne auf historischem Wege einige der Probleme der Gesellschaft näherbringen, indem man diese behutsam mit der damaligen Sprache konfrontiert.

Unter Berücksichtigung der Rechte des Autors, und dem Fakt, dass einige der sprachlichen Kniffe und stilistischen Mittel mit einer Änderung verloren gehen würden, finde ich, ist eine Änderung nicht wirklich zu vertreten. Im Falle Ottfried Preußlers, der dieser nun zugestimmt hat, ist eine Ausnahme zu machen, da er ja diese persönlich befürwortet, und ihm ja die alleinige Verfügungsgewalt über sein schöpferisches Werk innewohnt.

» Aeliaron » Beiträge: 260 » Talkpoints: 11,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich muss sagen, dass ich erst mal entsetzt war, als ich gelesen habe, dass einige Bücher von Otfried Preußler überarbeitet werden und sprachlich "angepasst" werden sollen. Das erinnerte mich einfach zu sehr an gewisse Science Fiction Romane, in denen die Verfälschung von Literatur eine Rolle spielt.

Allerdings geht es ja hier um Kinderbücher und bei der Zielgruppe muss man sich ja schon die Frage stellen, ob eine Geschichte für Kinder überhaupt noch attraktiv ist, wenn sie Wörter enthält, mit denen die Kinder erst mal überhaupt nichts anfangen können, weil sie heute nicht mehr gebräuchlich sind. Kinderbücher sollen ja Spaß machen und zum Lesen animieren und ich denke das erreicht man am besten, wenn das Kind wirklich alles versteht.

Die Frage ist natürlich, wie man mit solchen Büchern umgeht. Wenn man bei klassischer Literatur nach und nach alles ersetzt, was irgendwann mal als nicht mehr korrekt oder veraltet gilt, wird man ja irgendwann eine Geschichte haben, die nicht mehr viel mit dem Original zu tun hat. Von daher denke ich, dass es eine gute Lösung wäre, wenn man einfach zwei Versionen parallel veröffentlichen würde und die bearbeitete Version dann eben auch deutlich als bearbeitete Version, die sich vom Original unterscheidet, kennzeichnen würde. Es gibt ja auch von klassischen Abenteuerromanen gekürzte Versionen für jüngere Leser, aber die Originale sind trotzdem immer noch erhältlich.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich habe mal gelesen, dass die alle nachgebessert werden sollen. Beispielsweise sollen Wörter wie Neger oder Mohr durch stark pigmentierte Leute ersetzt werden. Auch Begriffe, die heutzutage eine schlechte Bedeutung haben oder an gewisse Zeiten erinnern, sollten aus den Büchern verschwinden.

Die Gewalt beim Struwwelpeter ist vielen ein Dorn im Auge oder dass der Junge mit den Streichhölzern neben den miauenden Katzen in Flammen aufgeht. Die Kinderbücher sollen der heutigen Zeit angepasst werden und sprachlich auch modernisiert werden, dazu gehöre auch ein Bezug zu Internet und natürlich Facebook!

Wörter, die Kinder traumatisieren könnten oder ihnen Angst einjagen könnten, wie bei der Begegnung vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf, sollen auch bald der Vergangenheit angehören und es sollen Texte kommen, die Kinder lehren, nicht zu fremden Männern ins Auto zu steigen.

» celles » Beiträge: 8677 » Talkpoints: 4,08 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


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