Notwendigkeit bayerischer Grußformeln für Nichtbayern
Während man in vielen Regionen Deutschlands durch seine Begrüßung kaum auffällt, merken viele Bayern bereits bei der Begrüßung, ob sie einen Bayern oder einen "Preußen" vor sich haben. Ich dachte eigentlich, dass "Guten Tag" überall eine allgemeingültige Alternative zu regionalen Begrüßungen ist. Aber dem scheint wohl nicht zu sein und der Bayer merkt bei einem "Guten Tag" angeblich sofort, dass jemand nicht aus der Region ist. Ist das wirklich so?
Ich bin mir ja sicher, dass man unabhängig von der Begrüßung auch bereits bei wenigen Sätzen Smalltalk merkt, ob man jemanden aus Bayern vor sich hat oder eben nicht. Deshalb macht es für mich eigentlich keinen Unterschied, ob man dies bereits beim ersten Wort merkt oder erst zwei Sätze später. Nun erklärte man mir aber, dass Bayern auf ein "Guten Tag" eher zurückhaltend reagieren. Stimmt das? Oder ist es den Bayern unter euch egal, ob man auf ein "Grüß Gott" selbiges erwidert oder mit einem "Guten Tag" grüßt?
Würdet ihr euch als Nichtbayern der örtlichen Begrüßung (und Verabschiedung) anpassen? Oder könntet ihr euch nicht umgewöhnen oder wollt es vielleicht auch gar nicht?
Wenn ich in Bayern Urlaub mache, versuche ich schon, daran zu denken, dass man sich dort anders begrüßt, als ich es von meiner Heimat gewöhnt bin. Wenn ich daran denke, dann grüße ich auch so, wie es in Bayern eben üblich ist und verabschiede mich auch so. Erfahrungsgemäß dauert es immer ein bisschen, bis ich mich daran gewöhnt habe und die ersten paar Male grüße ich noch so, wie es für mich "normal" ist. Daraufhin bin ich auch noch nie unfreundlich behandelt worden oder so, aber ich möchte mich irgendwie gerne auch den örtlichen Gegebenheiten anpassen.
Natürlich merken es die Bayern dann sehr schnell, dass man eben kein Einheimischer ist, sobald man etwas mehr redet, aber darum geht es mir gar nicht, wenn ich meine Begrüßung anpasse. Ich möchte damit ja gar nicht so tun, als sei ich aus Bayern, sondern ich möchte mich auch schon ein Stück weit dort eingewöhnen, indem ich die landestypische Begrüßung verwende. Ein wenig kann man es mit einem Urlaub im Ausland vergleichen, bei dem ich auch immer in der Landessprache grüße. Sicher merkt jeder sofort, dass ich die Sprache nicht spreche, aber ich versuche einfach, mich durch den Gruß ein wenig anzupassen und einzuleben.
Ich bin in Bayern aufgewachsen und wohne nun schon einige Jahre in der Region in und um Berlin. Wenn ich in mein Ursprungsbundesland zurück kehre, dann passe ich mich automatisch wieder an den Dialekt an und unterdrücke bewusst meinen mittlerweile deutlich zu hörenden nördlichen Dialekt. Das hat einfach damit zu tun, dass man dadurch viel positiver angenommen wird.
In Bayern gibt es noch eine gewisse Art Patriotismus. Während es in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg im allgemeinen mit Vorbehalten belegt war, Patriot zu sein, ist das in Bayern kein Problem, denn man pflegt ja nur bayerische Kultur und da kann niemand was dagegen sagen. Das erzeugt dann ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Bayern und man grenzt sich innerlich schon deutlich von den Preußen ab (die ja bekanntlich fast alles sind, was nördlich von Bayern liegt, ganz unabhängig davon, ob sie historisch irgendwie preußisch waren oder nicht). Wenn also jemand mit Guten Tag grüßt, ist er sofort als so genannter Preuße enttarnt. Wobei das noch die schmeichelhafte Beizeichnung ist.
Doch nicht nur das. Im Ohr eines waschechten Bayern wirkt ein "Guten Tag" leicht etwas blasiert, so als ob sich die Leute für was besseres halten, weil sie hochdeutsch sprechen. Das ist zwar alles irrational, aber man fällt eben unfreiwillig unangenehm auf. Auch wenn der Preuße mit dem in Bayern unter Fremden üblichen "Grüß Gott" grüßt, ist er schon mit den ersten Worten als Auswärtiger entlarvt. Die bayerische Sprachmelodie, die von Region zu Region etwas anders ist, kann man eigentlich nur als Muttersprachler korrekt wieder geben. Der Muttersprachler hört sogar, aus welcher Region Bayerns in etwa der andere Bayer kommt. Bei nicht in Bayern aufgewachsenen Menschen klingt das fast immer sehr bemüht, wenn sie versuchen Bayerisch zu sprechen und mancher macht sich einen leichten Spaß da die Preußen vorzuführen, weil es einfach manchmal zu lustig klingt.
Außerdem gibt es in Bayern auch noch ein paar Feinheiten zur Anrede. Wenn man sich besser kennt und gesellschaftlich einen etwa identischen Status hat, ist auch nicht unbedingt das "Grüß Gott" die richtige Anrede. Da passt dann je nach Region ein Servus (ja auch zur Begrüßung) oder eine bayerisch ausgesprochene Variante des "Ich grüße dich" was dann etwa wie "Griaß di" klingt.
Die meisten honorieren es aber durchaus, wenn ein Nicht-Bayer versucht die örtlichen Gepflogenheiten zu übernehmen. Allerdings muss man bei alt eingesessenen Bayern manchmal schon um Anerkennung kämpfen, bis sie einen als Person akzeptiert haben, wenn man kein Bayer ist und das ganz unabhängig davon, wie man grüßt.
Ich mag dieses „Grüß Gott“ überhaupt nicht und mich nervt es schon etwas, wenn ich jemanden anrufe und der geht mit „Grüß Gott“ ans Telefon. Zudem versteht man manchmal durch den Dialekt überhaupt nicht am Telefon, sodass ich mitunter den Eindruck habe, mancher Bayer gibt sich gar keine Mühe, für andere etwas verständlich zu reden. Ich finde diese Völkchen so schwierig und eigenbrödlerisch, da habe ich auch keine Lust, mich irgendwie anzupassen.
Ich wohne ja auch in Bayern, jedoch ist meine Region nicht ganz so schlimm darauf bedacht, dass jeder mit einem "Grüß Gott" grüßt. Bei uns kann man durchaus auch Servus sagen. Ein Bayer hört natürlich heraus, wer aus Bayern kommt und wer nicht, jedoch habe ich mit der Zeit auch schon ein bisschen Dialekt bekommen, was bei meiner Umgebung ganz gut ankommt.
Ich denke gerade in Bayern bekommt man schnell mal einen schiefen Blick, wenn man nichts ortsüblich grüßt. Nicht, dass da jeder etwas sagen würde, aber man hat sich dann selber entlarvt. In meinen Augen kann eine ortsübliche Begrüßung nicht schaden und die Bayern rechnen das einem meistens auch an.
Ich bin waschechter Ostfriese und grüße außer zur Mittagszeit grundsätzlich mit einem freundlichen "moin" und auch wirklich nur mit einem, dass von Touristen verwendete "moin moin" wird hier nur mit einem lächeln abgewertet, das zweite moin zählt hier als Verschwendung.
Während man allerdings in Bayern sehr gut damit zurecht kam und mir teils mit einem "grüß Gott", teils ebenfalls mit einem "moin" zurück grüßte, kommen zum Beispiel viele Nordrhein Westfalen damit überhaupt nicht zurecht. Oftmals erhält dann selbst noch am späten Nachmittag ein erschrockenes "guten Morgen" vorgehalten.
Dass dein moin so gut in Bayern ankommt, Julix, kann damit zusammen hängen, dass es auch eindeutig Dialekt ist. Wenn man in Bayern lupenreines Hochdeutsch spricht, dann wird man von einigen Leuten schnell in die Schublade gesteckt, dass man blasiert ist und sich für etwas besseres hält. Klar ist das nicht automatisch so, aber man geht eben davon aus, dass es in Bayern eher die Regel ist, Dialekt zu sprechen und es wird oft schwierig zu erklären sein, warum man nicht Dialekt spricht. Dass es in einigen Regionen schon gar nicht mehr üblich ist, Dialekt zu sprechen, das ist für viele Bayern eine befremdliche Vorstellung.
Wenn man ein Problem damit hat, dass Gott in der Formel "Grüß Gott" auftaucht kann ich die Nichtbayern hier beruhigen. Das wird in Bayern eigentlich nicht von vielen so ernst genommen, dass man Gott grüßt. Es ist eben die gängige Grußformel, mehr nicht. In manchen Regionen gilt es als durchaus ebenso höflich, das Gegenüber mit einem freundlichen "Griaß eana Frau X / Herr Y" zu begegnen. Das heißt frei ins Hochdeutsche übertragen so viel wie "Ich grüße Sie Frau X / Herr Y". Aber an den durchschnittlichen Nichtbayern dürfte das schon einige Anforderungen wegen der Aussprache zu stellen. Die Aussprache und Betonung kann man sowieso schlecht in Schrift übersetzen. Aber vielleicht findet man einen netten Bayern, der einem das mal vorspricht. Vielleicht wäre das eine denkbare Alternative.
Dass "Grüß Gott" im allgemeinen bayrischen Sprachgebrauch soviel mit religiösen Bezügen zu tun hat wie "moin" mit - wie ich annehme - "Morgen", dürfte sich ja mittlerweile herumgesprochen haben. Als Bayerin habe ich diese Grußformel derart verinnerlicht, dass ich sie ohne Ansehen der Person so gut wie immer verwende.
Ich nehme an, dass es vielen Menschen so geht und reagiere deshalb nicht pikiert, wenn jemand mitten im Alpenraum "Guten Tag" sagt. Aber irgendwo finde ich es ganz nett, wenn "Auswärtige" sich die Mühe machen, sich den lokalen Gepflogenheiten anzupassen.
Wenn ich in Bayern nur im Urlaub wäre, dann würde ich mir darüber absolut keine Gedanken machen und ich bin auch der Meinung, dass es dann nicht so wichtig ist sich anzupassen, da man ja eh nach einer geraumen Zeit wieder das Weite sucht und es außerdem sehr wahrscheinlich ist, dass man einen Großteil der Leute nie wieder sehen wird in seinem gesamtem Leben. Deswegen ist es ja egal, ob sie einen als "Bayer" oder als "Preuße" sehen.
Jedoch muss ich sagen, dass ich mir vorstellen kann, dass es einem das Leben erheblich erleichtern würde, wenn man sich ein bisschen anpasst. Manche Leute dort sind ja durchaus der Meinung, dass es unhöflich ist, wenn man nicht auf die typische bayerische Art grüßt. Wieso das so ist, weiß ich nicht, aber ich habe es schon sehr oft erlebt und mir wurde noch nie eine Begründung dafür gegeben. Vor allem ist es auch ein bisschen sinnlos, da man ja mit großer Wahrscheinlichkeit sowieso nach spätestens dem zweiten gesprochenen Satz als "Preuße" enttarnt wird.
Ich denke aber, dass man sich, wenn man längere Zeit in so einer Region lebt, einfach daran gewöhnt. Stellt euch mal vor, ihr lebt mehrere Jahre dort und hört dann jeden Tag fast jede Person in diesem Gebiet so grüßen. Dann setzt sich das irgendwann bei einem in den Kopf rein ohne dass man es merkt und ehe man es selbst noch bemerkt, grüßt man ebenfalls so.
Wenn man beispielsweise aus dem Norden kommt sollte man in Bayern auch Guten Tag sagen, weil man beherrscht den Dialekt einfach nicht. Das sollte man schon der Höflichkeit wegen zugeben. Einen echten Bayern kann man ansonsten auch schnell damit verärgern. Das muss man nicht haben, denn man selbst will ja auch nicht unbedingt verärgert werden.
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