Sind Frauen die auf dem Land leben weniger arbeitswillig?
Letzte Woche hatte ich ein Vorstellungsgespräch. Den Job habe ich zum Glück auch bekommen und ich habe mich mit meiner Vorgesetzten auch auf Anhieb gut verstanden. Wir haben uns dann eben auch über Arbeitseinstellungen und so unterhalten, weil das auch mit meiner zukünftigen beruflichen Tätigkeit zusammenhängt und sie meinte dann, dass ich in meiner zukünftigen Tätigkeit stark merken werde, dass Frauen am Land in Bezug auf die Arbeitswilligkeit sehr eigen sind. Sie meinte, dass ich ja in einer Großstadt aufgewachsen bin und deswegen eben auch eine andere Einstellung habe, aber am Land gibt es wesentlich mehr Frauen, die nicht arbeiten wollen.
Die Gründe liegen laut ihrer Aussage darin, dass sie noch mehr in der klassischen Rollenverteilung von früher leben. So wäre es für sie das Heiligtum den Mann zu bekochen und deswegen würden sie auch alles stehen und liegen lassen und so weiter. Ist nun etwas überspitzt ausgedrückt, aber in diese Richtung hin geht das Gespräch. Frauen am Land wären pauschal gesagt auch nicht so selbständig, weil sie eben vom Mann abhängig sind und so weiter und so fort.
Zack. Das ist schon gesessen, das muss ich zugeben und ich bin alles andere als ein Fan von Verallgemeinerungen. Wie gesagt sonst haben wir uns auf Anhieb verstanden und ich wollte ihr beim Gespräch nicht allzu viel widersprechen, da es ja wie gesagt ein Vorstellungsgespräch war, aber befürwortet habe ich ihre Aussagen auch nicht.
Verallgemeinern kann man sowieso nichts, das ist schon klar. Aber diese Aussagen haben auch nach dem Gespräch irgendwie bei mir noch weiter gearbeitet und da ich selber inzwischen am Land in einem eher kleinen Dorf wohne, kenne ich natürlich auch einige Frauen in meinem Alter, die hier aufgewachsen sind und ich muss zugeben, dass einige Aussagen vielleicht doch gar nicht so verkehrt waren, wobei ich dazu sagen möchte, dass man es trotzdem in keinster Weise pauschal sagen kann.
Aber in der Tat habe ich mich schon öfters über einige Verhaltenssituationen bei einigen Freundinnen von mir hier im Dorf gewundert. Wenn wir zum Beispiel Fotos von unseren Kindern austauschen wollten, meinte die eine, dass sie den Computer sicher nicht angreift, weil das alles nur ihr Mann macht, der ist dafür zuständig. Dann wollte mir eine andere Freundin einmal eine DVD zeigen, meinte dann aber auch, dass wir auf ihren Mann warten müssten, weil der das kann. Sie macht sowas nicht und auch als ich ihr gesagt habe, dass ich das kann, meinte sie, dass wir lieber warten sollten. Wieder ein anderes Mal haben wir gerade am See an einem wunderschönen Frühlingstag mit den Kleinen gespielt. Meine Freundin ist dann früher gegangen, weil sie eben meinte, dass ihr Mann nach Hause kommt und der auf sein Essen nicht warten möchte. Wenn er nach Hause kommt, muss das Essen schon auf dem Tisch stehen.
Also es gibt schon durchaus einige Situationen, wo ich mir vor allem im Nachhinein meine Gedanken mache. Bei den oben genannten Beispielen hat es sich auch nicht um eine einzige Freundin gehandelt, sondern von unterschiedlichen. Wir haben da also in der Tat zum Teil unterschiedliche Wertigkeiten, aber spiegeln sich solche Einstellungen auch in der Arbeitwelt wieder. Kann man hier in der Tat einen Unterschied zwischen Stadt und Land feststellen? Bei meinen weiteren Überlegungen ist es auch in der Tat so, dass meine Freundinnen aus der Großstadt nach der Karenz früher zum Arbeiten begonnen haben, und auch danach tendenziell mehr Stunden pro Woche arbeiten als andere Freundinnen.
Ich glaube nicht, dass man da pauschal sagen kann, dass Frauen auf dem Land sich lieber an alten Rollenverteilungen halten. Ich würde aber dennoch sagen, dass es in einigen Regionen im ländlichen Bereich in der Hinsicht Gleichberechtigung noch einiges aufzuholen gibt. Leider wird das nun durch Herdprämie und Co. nicht in Frage gestellt, sondern noch weiter unterstützt.
Ich sehe aber das Problem nicht unbedingt nur in alten Rollenbildern, sondern auch in unserem normalen Alltag und schon in der Kindheit. Es lohnt sich, sich einen Nachmittag vpr den Fernseher zu setzen und Werbung für Kinder zu schauen. Dabei wird schnell deutlich, wie stark schon diese in feste Klischees gedrängt werden.
Auf diese Art und Weise werden sich Szenen, wie du sie beschrieben hast, auch in den nächsten Jahrzehnten wohl noch häufig wiederholen.
Wie das bei Euch in Österreich ist, wage ich nicht zu beurteilen. In Deutschland habe ich eher einen Unterschied zwischen den alten und den neuen Bundesländern entdeckt. Die Frauen in den neuen Bundesländern steigen, so sie einen Job finden, früher wieder nach der Schangerschaft in den Beruf ein und sind gewissermaßen etwas emanzipierter.
Allerdings beobachte ich auch da, dass diese Frauen längst nicht alle so emanzipiert sind, wie man meinen möchte. Gerade wenn Kinder in der Familie vorhanden sind, sind diese Frauen tendenziell mehr für Heim und Familie verantwortlich als die Männer und Väter.
Ich bin in Bayern auf dem Land aufgewachsen. Für dort kann ich nur über meine Kinderzeit sprechen, wie es jetzt ist, weiß ich nicht. Damals war es durchaus nichts besonderes, wenn Frauen als Hausfrauen zu Hause blieben. Gerade aber in der Landwirtschaft, die ja für ländliche Regionen typisch ist, haben auch damals schon Frauen ihren Mann gestanden, sind mit großen Traktoren und Autos herum gefahren und haben alle Arbeiten mit erledigt. So eine richtige Rollenteilung habe ich da nur bei der Essensbereitung entdeckt, nicht aber bei der Arbeit in Feld und Stall.
Sie meinte, dass ich ja in einer Großstadt aufgewachsen bin und deswegen eben auch eine andere Einstellung habe, aber am Land gibt es wesentlich mehr Frauen, die nicht arbeiten wollen.
Bist Du bei der Arbeitsagentur oder einer Arbeitsvermittlung tätig? Also ich kenne das nicht so, dass Frauen auf dem Land weniger arbeiten; ich komme ja vom Land und hier ist es eher der Fall, dass einige eben in den nächst größeren Stadt arbeiten und daher auch einen gewissen Arbeitsweg auf sich nehmen müssen bzw. pendeln, einige wenige arbeiten im Ort und einige haben keine Arbeit. Aber da gibt es keine Geschlechtsunterschiede, das ist zwischen Männern und Frauen gleich verteilt. Ich finde sogar, dass der Anteil der Frauen, die sich mit einer Idee selbstständig gemacht haben, höher ist, denn die meisten Geschäfte werden hier von Frauen geführt. Vielleicht mag es aber in den alten Bundesländern anders sein, weil man ja sagt, dass dort die klassische Rollenverteilung eher erhalten ist und es im „Osten“ stattdessen „Tradition“ ist, dass Frauen auch arbeiten.
Zudem ist Arbeit ja auch kein Wert an sich. Ich kann mir vorstellen, dass viele – und damit auch Frauen, Männer aber ebenso – ihre Arbeit eher als Mittel zum Zweck sehen. Man muss eben arbeiten, um an Geld zu kommen. Und wenn sich da die Chance ergibt, vom Partner zu leben oder zumindest durch das Gehalt des Partner selber nicht mehr so viel zu arbeiten, dann wird das eben genutzt. Ich finde das auch nicht schlimm, es kann ja jeder sein Leben so gestalten, wie er will und ich denke auch nicht, dass jeder unbedingt Vollzeit arbeiten gehen muss.
Ich lebe auf dem Land und muss sagen, dass es sowohl arbeitswillige als auch weniger arbeitswillige Frauen gibt. Aus diesem Grund kann ich diese Aussage nicht bestätigen. Sozialschmarotzer gibt es überall. Ob man auf dem Land lebt oder in einer Stadt lebt, sei dahingestellt. Die Meinung der Chefin kann ich definitiv nicht teilen. Ich erlebe ja aus eigener Erfahrung mit, wie die Frauen unseres Dorfes arbeiten und ich weiß, dass etliche von ihnen ständig Überstunden machen. Natürlich leben in unserem Dorf aber auch ein paar, die jeden Job ablehnen und das Arbeiten dem Mann überlassen. Es gibt eben solche und solche. Die Einstellung hat aber nichts damit zu tun, wo man wohnt.
Ich denke nicht, dass Landfrauen unbedingt weniger arbeiten wollen oder gar nicht arbeiten, es ist viel mehr die Umstände, die manchmal dazu führen, gar nicht arbeiten zu können. Für mich ist so etwas insofern unverständlich, weil die Zeiten sich geändert haben und man der Frau in einer Partnerschaft durchaus auch ein Berufsleben zutrauen kann. Ich denke aber nicht, dass man dieses Phänomen wirklich ausschließlich auf Landfrauen beziehen kann, auch Stadtfrauen gibt es doch ausreichend, die meinen, sie müssten sich dem Mann unterordnen und ihre Beziehungen eben nach wie vor nach dem klassischen Rollenmodell führen. Vielleicht wird so etwas auch von außen erwartet, je nachdem, in welchem Umfeld man sich befindet und ich kann durchaus nachvollziehen, wenn jemand den Weg des geringen Widerstandes geht und sich dem unterordnet.
Ich selbst bin ebenfalls auf dem Land aufgewachsen und wohne auch noch immer auf dem Land. Aber ich möchte arbeiten, ich gehe arbeiten und ich bin auch froh, wenn ich mein eigenes Geld verdiene, nicht nur meinem Partner eine schöne, saubere Wohnung zur Verfügung stellen kann. Das ist nicht nur gegen meine Auffassung, als auch gegen die Erziehung meines Partners. Denn der wurde bereits mit in die Hausarbeit integriert und er macht zu Hause auch etwas, arbeitet nicht nur und erwartet auch nicht, dass das Essen zu einer bestimmten Uhrzeit auf dem Tisch steht. Allerdings ist es für mich selbstverständlich, irgendetwas auf dem Tisch zu haben, wenn wir beide zur gleichen Zeit Mittag essen wollen und ich zu Hause bin. Andersherum, also, wenn mein Partner zu Hause ist und ich bin unterwegs, ist es dann so, dass er eben kocht und so weiter.
Das von Dir bezeichnete Lebensmodell ist definitiv heute nicht mehr ganz so weit verbreitet und aktuell, aber ich kenne genügend Partnerschaften, in denen es erwartet wird, wie Du es bezeichnest. Aber auch gibt es Partnerschaften, in denen die Frau nicht nur für Haushalt und Kind(er) zu sorgen hat, sondern zudem noch eben dafür zu sorgen hat, dass sie ihr eigenes Einkommen hat. Da gibt es auch kein Entgegenkommen seitens der Partner, zumindest nicht zu Beginn.
Ich höre das heute so direkt zum ersten Mal. Ich habe aber beispielsweise eine Freundin, die auf dem Dorf lebt und tatsächlich nur daheim ist. Sie hätte nichts dagegen halbtags zu arbeiten, aber es ist einfach in einem akzeptablen Umkreis nichts vernünftiges zu finden und für einen Halbtagsjob viele Kilometer zu fahren, lohnt sich einfach nicht.
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