Familie mit Jobwahl nicht einverstanden

vom 04.01.2013, 13:38 Uhr

X ist 25 Jahre alt und mag seinen Beruf, arbeitet gerne. Das alleine ist ja heute leider auch nicht so wirklich selbstverständlich. Sein Problem dabei ist aber, dass er sich manchmal nicht sicher ist, ob ihn diese Arbeit auf Dauer nicht doch eher unterfordert. Er hat schon richtige Minderwertigkeitskomplexe und manchmal das Gefühl nichts erreicht zu haben, verbunden leider auch damit dass er sich immer wieder fragt ob andere Leute ihn wegen seines Jobs vielleicht schief ansehen.

Ich verstehe das nicht, weil er nicht gerade Hilfsarbeiter ist sondern ein von seinen Kunden aufgrund seiner Zuverlässigkeit respektierter Handwerker. Das Problem ist, dass X familiär aus einem Umfeld kommt in dem jobmässig eher Akademik und meinetwegen Büro vorkommen und X hat nun Minderwertigkeitskomplexe weil er "nur" Handwerker ist. Dabei hat das keineswegs damit zu tun, dass er zu wenig intelligent wäre um zu studieren und etwas anderes zu machen, sondern daran dass er für seinen derzeitigen Beruf einfach Talent hatte und grundsätzlich Spaß daran hat.

Allerdings liegt ihm seine Familie bei jeder sich bietenden Gelegenheit in den Ohren, er würde sein Potential verschwenden - da kann man durchaus verstehen dass X Komplexe entwickelt. Er will verständlicherweise nicht mit seiner Familie brechen, zumal seine Eltern selbst halbwegs hinter ihm stehen. Sie unterstützen ihn nicht direkt, machen ihm aber keine Vorwürfe - aber der Rest der Familie nimmt sich da kein Blatt vor den Mund und anerkennt die positiven Seiten seiner Berufswahl keineswegs.

Wie schafft X es, sich da abzugrenzen ohne sich auszuschließen?

» bellevine » Beiträge: 579 » Talkpoints: 5,50 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich frage mich, warum X so viel Wert auf die Verwandtschaft legt, wenn diese ihm doch scheinbar bei vielen Gelegenheiten zeigt, dass sie ihn und seine Arbeit geringschätzen. Eigentlich ist das doch ein Grund, um sich zumindest von den Personen, die sich so verhalten, ein wenig zu distanzieren. Warum sind X diese Menschen dennoch so wichtig? Ist das vielleicht so eine Haltung, die X aus Prinzip vertritt, weil es sich um Familienangehörige handelt?

Ich finde es auch ideal, wenn man sein Potential nutzt und so viel erreicht, dass man nicht später von Zweifeln geplagt wird und dem Bedauern, nicht alles gemacht zu haben, was möglich gewesen wäre. Ich kann mir auch vorstellen, dass sich Familienmitglieder wünschen, dass die nachfolgende Generation auch in beruflicher Hinsicht mehr erreicht als die vorherige, selbst dann wenn die Messlatte schon recht hoch liegt.

Bei X hingegen scheint es ja so zu sein, dass er in seinem Beruf aufgeht. In dem Fall sollte sich die Verwandtschaft dann auch schön zurückhalten und die Berufswahl von X akzeptieren. Wenn X nun nicht zufrieden in seinem Job wäre oder gar keinen Job hätte, dann könnte ich zumindest von Seiten der Eltern verstehen, dass sie sich wünschen, dass X noch etwas anderes macht und vielleicht auch noch studiert. Aber scheinbar gibt es keine Notwendigkeit dafür.

Ein handwerklicher Beruf ist doch absolut in Ordnung. Wenn man darin aufgeht, kann man auch die Meisterschule machen und sich selbstständig machen. Das wäre zumindest eine Option, die man überdenken sollte. Als einfacher Geselle würde ich an Stelle von X nun auch nicht stehenbleiben wollen, aber man hat im Handwerk doch auch gewisse Chancen, sich beruflich zu etablieren, ohne dass man studieren muss. Falls die Familie von X das nicht so sieht, sollte er sich wirklich überlegen, ob er nicht ein bisschen auf Abstand geht. Mit guten Worten wird man nicht gegen festgefahrene Überzeugungen ankommen.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Der eben schon erwähnte Meisterbrief wäre auch aus meiner Sicht sicher anzustreben. Ansonsten wäre noch zu überlegen, ob man seinen Beruf weiter ausbauen könnte. Wenn X sich nicht sicher ist, ob ihn der Beruf auf Dauer nicht unterfordert, könnte er zum Beispiel eine Ausbildung zum Restaurator anschließen. Diese gibt es meines Wissens auch auf Fachhochschulen. Als Restaurator bearbeitet mann dann keine Allerweltsfälle mehr, sondern nur noch die kniffligsten und ist auch geistig mehr gefordert und auch gefordert sich selbst immer weiter zu bilden. Allerdings geht das auch nicht in jedem Handwerksberuf.

Interessant wäre es auch zu wissen, welchen Beruf X ergriffen hat. Gas Wasser Sanitär ist beispielsweise auch ein ehrenwerter Beruf. Aber mit Sicherheit kann man mit so einer Berufswahl eher damit rechnen, dass die Verwandschaft Amok läuft, als wenn man sich als Modeschneider versucht zu etablieren und eine künstlerische Ader auslebt.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



X sollte sich nicht so viel aus dem Gerede machen. Natürlich kann er sich noch weiterbilden und auch noch Abschlüsse machen, wenn er will, aber das sollte er nur machen, wenn er es wirklich alleine will. Er hat Komplexe und da stellt sich die Frage nach dem Warum. Klar haben Verwandte einen gewissen Einfluss auf eine Person, aber wenn jemand mit seiner Selbst glücklich ist, dürfte das ganze Meckern keinen Erfolg haben.

X kann natürlich einen Meisterbrief machen, eine Firma gründen oder Abschlüsse nachholen. Die Möglichkeiten hat er und kann sie auch nutzen. Wie gesagt nur für die Familie würde ich das aber nicht machen. Parallel dazu würde ich über eine Psychotherapie nachdenken, weil er mehr Selbstbewusstsein bekommen muss.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Für mich wird es immer wieder ein Rätsel bleiben, wie man sich immer wieder versucht vor seiner Verwandtschaft zu rechtfertigen. Bei mir kamen damals von einem Onkel auch diverse Sprüche, wozu ein Mädchen denn Abitur und Studium bräuchte, wenn es eh nur heiratet und Kinder bekommt. Immerhin war seine eigene Schwiegertochter dumm genug bei der Verhütung zu pennen, um sich mit 17 Jahren schwängern zu lassen.

Aber von solchen Dingen haben sich weder meine Eltern, noch ich habe mich da beeinflussen lassen. Dass sich mein beruflicher Weg dann durch die politischen Veränderungen im Land verändert hat, war ja da noch nicht abzusehen. Und zumindest habe ich keine Ausbildung wegen Heirat und Kindern hin geschmissen.

Man sollte doch soviel Kerl sein, dass man sich entsprechend zur Wehr setzen kann, wenn die Verwandten etwas gegen den eigenen Beruf sagen. Eventuell sogar in die Richtung, dass er wenigsten selbst entscheiden konnte, was er machen will und nicht wie andere, die sich haben in eine bestimmte Richtung schieben lassen. Solche Spitzen sitzen dann meist recht tief, wenn es diese Fälle auch so gab.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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