Pfarrer(in) / Pastor(in) werden, heutzutage noch attraktiv?

vom 25.12.2012, 22:26 Uhr

Als wir an Weihnachten mit der Familie in der Kirche waren, kam die Diskussion auf, ob denn der Beruf in der katholischen oder auch evangelischen Kirche heute noch attraktiv ist, Pfarrer(in) oder Pastor(in) zu werden. In der katholischen Kirche können ja nur Männer Pfarrer oder Pastor wird. In der evangelischen Kirche können es ja auch Frauen werden. Bei uns hier ist aber bekannt, dass der Nachwuchs in der Kirche einfach fehlt. Egal, ob es bei den Protestanten oder bei den Katholiken ist.

Wie attraktiv findet ihr den Beruf heute noch oder denkt ihr, dass dieser Beruf irgendwann ausstirbt? Habt ihr euch jemals für diesen Beruf interessiert? Wer studiert noch Theologie?

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» supermami » Beiträge: 2317 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich hatte vor kurzem eine sehr interessante Begegnung mit einem jungen Mann, der ungefähr sechzehn Jahre alt war. Wir waren beide Teil einer Diskussionsrunde, in der es darum ging, was wir später mal machen wollte. Er sagte ganz entschieden "Ich werde evangelische Theologie studieren und dann Pfarrer." Ich war wirklich ein bisschen geschockt, so eine Antwort hätte ich definitiv von keinem erwartet.

Wobei ich sagen muss, dass ich die Erfahrung gemacht habe, dass es in der evangelischen Kirche noch mehr Nachwuchs gibt als in der katholischen, was Pfarrer angeht. Bei uns hier in der Gegend ist es so, dass manche evangelische Gemeinden sogar zwei Pfarrer haben, auch bei uns in der Gemeinde ist es so. Der katholische Pfarrer unseres Ortes dagegen muss sich gleich um zwei Gemeinden auf einmal kümmern und auch in einigen anderen Ortschaften ist das so. Von Pfarrer-Mangel in der evangelischen Kirche höre ich dagegen eher selten.

Das liegt sicherlich zum einen daran, dass wir eher eine evangelische Region sind und wir sowieso in der Überzahl sind. Andererseits denke ich mir aber auch, dass das Zölibat sehr viele abschreckt, die vielleicht sogar gerne Pfarrer werden würde. Aber nicht alle sind bereit, dafür den Traum einer eigenen Familie aufzugeben und das finde ich auch sehr nachvollziehbar. Wenn man hier die Regeln etwas lockern würde, würden vielleicht auch die katholischen Kirchen wieder mehr Pfarrer zur Verfügung haben. So sehe da aber auch keine rosige Zukunft, sondern eher gestresste Pfarrer, die sich um mehrere Gemeinden gleichzeitig kümmern müssen.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


In einer immer weiter aufgeklärten Gesellschaft, wie der unseren, gerät die Kirche immer mehr in den Hintergrund und Gott spielt bei den Menschen eine immer geringere Rolle. Ich kann es selbst an mir und meinen Großeltern sehen, denn ich bin Atheist und aus der Kirche ausgetreten, obwohl ich getauft und konfirmiert wurde. Meine Großeltern hingegen sind religiös und gehen alle paar Wochen in den Gottesdienst und zunächst nicht gut auf mich zu sprechen, nachdem ich ihnen von meinem Kirchenaustritt berichtet habe. In meinem Freundeskreis sind viele auch nicht sonderlich religiös und einige sogar bewusst aus der Kirche ausgetreten.

Ich denke in der heutigen Zeit ist es für viele junge Menschen unattraktiv den Beruf des Pfarrers zu ergreifen, denn meistens haben Pfarrer nur noch mit älteren Menschen zu tun, was nicht schlecht sein muss, aber es liegt nicht jedem sich ständig mit älteren Menschen zu beschäftigen. Hinzu kommt noch das Image der Kirche, welches sich in den letzten Jahren, vor allem bei der katholischen Kirche, massiv verschlechtert hat durch die Berichterstattung über den Missbrauch von Kindern in katholischen Einrichtungen und die teilweise erfolgreiche Vertuschung.

Ich denke, dass es hierzulande immer weniger Menschen geben wird, die den Beruf des Pfarrers ausüben wollen und die Kirchen müssen auf ausländische Pfarrer zurückgreifen, wie es bei mir in der Gegend, wo ein Pfarrer aus Indien eine Gemeinde betreut, bereits der Fall ist.

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» DoubleK » Beiträge: 1215 » Talkpoints: 15,93 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Dass geistliche Berufe irgendwann ganz aussterben, ist natürlich nicht ausgeschlossen, aber ich glaube nicht, dass dies so bald der Fall sein wird. In anderen Ländern spielt die christliche Religion noch eine erheblich größere Rolle als hierzulande, da ist das Nachwuchsproblem noch nicht so groß. Außerdem ist es ja nicht ausgeschlossen, dass sich die Einstellung der Menschen zur Religion und die der Kirchen zu ihren Mitarbeitern auch wieder wandelt.

Generell denke ich, dass Leute Theologie studieren, die sich zu diesem Fach hingezogen fühlen und gerne mehr über diese Themen erfahren wollen. Wieso sollte dies anders sein als bei Physik oder Literaturwissenschaften? Da jedoch heute weniger junge Menschen im engeren Sinne christlich erzogen werden, kommen natürlich weniger darauf, sich auf religiöse Belange zu spezialisieren.

Ich selber fand derlei Berufe für mich nie wirklich attraktiv, zumal man als Frau in der katholischen Glaubensrichtung nur sehr eingeschränkte Arbeitsmöglichkeiten hat. Zudem glaube ich, dass man diese Sorte Beruf nur dann ergreifen sollte, wenn man sich wirklich berufen fühlt.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich denke, so wie sich die Kirche im Moment entwickelt, beziehungsweise die Einstellung der Leute zur Kirche, wird sie es sie bald nicht mehr geben. Dass bereits jetzt (zumindest auf der katholischen Seite) ein Priestermangel herrscht, wird wohl keiner abstreiten. Aus unserer Gegend weiß ich, dass viele Pfarrer mehrere Kirchen angehören. So ist es in meiner Gemeinde zwar nur zwei oder drei Stück, ein paar Kilometer weiter hat der dortige Pfarrer aber schon fünf!

Die Prognosen sind auch eher traurig machend. Allein dieses Jahr stiegen bei uns 20 Mal so viele Menschen aus der Kirche aus, als es eingestiegen sind. Um Pfarrer zu werden braucht jemand nicht nur eine volle Überzeugung zum Glauben, sondern auch vor allem viel Mut und Redegewandtheit, um sich den heutigen und den zukünftigen Problemen zu stellen. Es ist allein jetzt schon kaum zu meistern, denn neben den Gottesdiensten gibt es so dermaßen viel Arbeit im Bezug der Seelsorge, dass so gut wie kein Privatleben mehr möglich oder überhaupt vorhanden ist. Selbstverständlich wird sich diese Belastung noch steigern.

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» Zollstock » Beiträge: 338 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich denke schon, dass der Beruf durchaus attraktiv ist. Zum einen ist es gerade in kleinen Orten ein Amt, das wirklich Ansehen genießt, da hat das Wort des Pfarrers eine Bedeutung. Die Vergütung ist zudem auch recht attraktiv. Ich habe gelesen, dass (evangelische) Pfarrer etwa 4500 brutto verdienen, das ist doch gar nicht schlecht. Zudem bekommen sie meist von der Gemeinde eine Wohnung gestellt, sodass sie auch keine Mietkosten haben. Der Pfarrer in unserem Ort hat etwa eine komplette Etage im Pfarrhaus für sich.

Als Nachteilig würde ich ansehen, dass die Jungpfarrer nach dem Studium noch so eine Art Zusatzausbildung durchlaufen müssen und danach dann auch angewiesen werden, in einer bestimmten Gemeinde zu arbeiten. Die ist zwar meist halbwegs in der Region, aber sie müssen da meines Wissens nach mindestens zwei Jahre bleiben. Das hat in unserer Gemeinde etwa dazu geführt, dass die Pfarrer aller paar Jahre wechseln, weil diejenigen aus etwas anderen Regionen kommen und nach der Pflichtzeit wieder dahin zurück möchten. Zudem sind die Arbeitszeiten etwas unregelmäßig, es gibt ja Termine, die quer über den Tag verteilt liegen und so gibt es keine richtige Trennung zwischen Freizeit und Arbeit. Und er muss natürlich moralisches Vorbild sein. Wenn der Dorftischler mal einen zu viel in der Kneipe getrunken hat, dann sagt keiner was, aber der Pfarrer muss sich natürlich immer korrekt verhalten.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich bin im Rahmen meiner Ausbildung auch mal einer Frau begegnet, die als Nonne im Kloster leben wollte. Für mich war das absolut unverständlich. Ich meine jeder soll seinen Glauben haben, aber für mich wirkte das wie ein Gefängnis und sie sah noch so jung aus. Sie erklärte es damit, dass sie ihrem Gott nur so richtig nah sein kann. Man muss das dann einfach so hinnehmen, aber in dem Kloster gab es auch nur ältere Frauen. Nachwuchs gab es da auch keinen mehr.

Ich denke, dass man in unserer Gesellschaft eben erkannt hat, das eine Institution, wie die Kirche, auch nicht alles richtig macht. Der Beruf mag ja finanzielle Anreize bieten, aber das Studium ist hart und man muss jedem Rede und Antwort stehen, was doch einen sehr starken Glauben voraussetzt, den man heute eben einfach nicht mehr erwarten kann.

Früher war die Kirche eben der Mittelpunkt des Geschehens und hat den Menschen alles erklärt. Nun hat man die Wissenschaft, die erklärt und immer weiter voranschreitet. Man erkennt also, dass es doch viel mehr geben muss, als diese eine Person. Die Kirche hingegen verändert sich nicht und bleibt stur. Das kann man sich eben nicht leisten und muss dann damit rechnen, dass niemand mehr in kirchlichen Bereichen arbeiten möchte.

Das Leben eines katholischen Pfarrers ist dazu noch ein Leben im Verzicht und auch der evangelische Pfarrer ohne Ehe nichts zu lachen. Man kann sich nicht mal einfach kennenlernen, sondern muss dann irgendwann, wenn man eine Stufe weiter gehen möchte, heiraten. Das kann es ja eigentlich in unseren modernen Zeit nicht mehr sein.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



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