Nachfragen falsch? Kommen sich ältere Arbeitnehmer blöd vor?

Letztens habe ich von einer Freundin etwas gehört, was ich sehr eigenartig fand. Sie ist ein sehr wissbegieriger Mensch und fragt daher auch in beruflicher Hinsicht oft nach. Aktuell macht sie ein Praktikum, das in ihrem Studiengang vorgeschrieben ist. Weil das ihr erster richtiger Einblick in das Berufsleben überhaupt ist und ihr Interesse sehr groß ist, fragt sie natürlich oft nach, um Zusammenhänge besser erfassen zu können. Zum Teil interessiert sie sich auch für Dinge, die nicht nur etwas mit der aktuellen Aufgabe zu tun haben, sondern darüber hinausgehen.

Nun ist der Ingenieur, der die Praktikanten in dieser Firma betreut, wohl an sie herangetreten und hat ihr gesagt, dass es in Zukunft besser wäre, wenn sie die etwas schwierigeren Fragen an ihn richten würde und nicht an die normalen Mitarbeiter. Dazu muss man sagen, dass es sich um eine Firma handelt, deren Aufgaben im technischen Bereich angesiedelt sind und vom Lehrling bis zum Ingenieur verschiedene Berufsgruppen dort arbeiten. Es ist klar, dass nicht jeder die gleichen Auskünfte geben kann, aber meine Freundin meinte, dass sie eigentlich keine Fragen gestellt hat, die nicht aus dem Tätigkeitsbereich des jeweiligen Mitarbeiters stammen.

Sie fragte nach, warum sie schwierigere Fragen lieber mit dem Betreuer für die Praktikanten besprechen sollte und dieser sagte ihr dann wohl ganz offen, dass manche Mitarbeiter sich dumm vorkommen würden, wenn eine junge Studentin sie mit solchen Fragestellungen konfrontieren würde. Manchmal wissen sie keine adäquate Antwort und haben dann das Gefühl, dumm dazustehen. Das wollte die Freundin natürlich nicht bezwecken.

Ist es unter gewissen Umständen tatsächlich besser, wenn ein Praktikant oder auch ein Lehrling nicht zu viel nachfragt, beziehungsweise nicht bei jedem Mitarbeiter nachfragt, nur weil dieser sich dumm vorkommen könnte, sofern er die Antwort nicht weiß? Eigentlich sollte es doch darum gehen, dass ein Praktikant auch so viel wie möglich lernt und dazu gehört auch, dass man Dinge hinterfragt. Manche hinterfragen mehr als andere, aber eigentlich dachte ich, dass es gut ist, wenn jemand sehr interessiert ist.

Natürlich ist es unverzichtbar, bei einem Praktikum sinnvolle Fragen zu stellen und Interesse zu zeigen. Aber oft ist es eben auch so, dass Leute, die das Ganze aus "akademischer" Sicht angehen, andere Fragestellungen und Probleme sehen als die Mitarbeiter, die eher mit der konkreten Umsetzung der Aufgaben zu tun haben und sich mit den unterschiedlichen Gedankengebäude, die dahinter stehen, nicht so detailliert befassen.

Deshalb würde ich die Fragen dem "Level" der Mitarbeiter anpassen und z.B. Fragen zur Entwicklung und Geschichte eines Phänomens eher den Leuten stellen, die ebenfalls ein Studium in diesem Bereich absolviert haben. Da es aber meiner Meinung nach wichtig ist, jeden Aspekt zu durchschauen, würde ich auch den Mitarbeitern, die sich im übertragenen Sinne die Hände an irgendwelchen Einzelteilen schmutzig machen, Fragen stellen, die sich konkret auf ihren Bereich beziehen. Jeder hat halt einen anderen Hintergrund und nicht jeder Mitarbeiter ist gleich umfassend informiert.

Vielleicht hatte das auch den Sinn, um die Mitarbeiter vor zu vielen Fragen zu schützen? Denn Interesse ist zwar schön und gut, aber wenn jemand so viele Fragen stellt, dass andere gar nicht mehr dazu kommen, ihre normalen Aufgaben zu erledigen oder genervt sind, dann ist Neugier eben doch nicht mehr so optimal. Wenn man dann nur eine Person als Ansprechpartner benennt, dann verringert sich die Zahl möglicher Fragen zwangsläufig.

Zum anderen kann ich mir auch vorstellen, dass Fragen manchmal so formuliert sind und derjenige wirklich keine Antwort darauf weiß und es ist ja nicht schön, einem Praktikanten gegenüber nicht weiter zu wissen, das wäre mir auch unangenehm. Daher kann ich diese Anweisung in zweierlei Hinsicht verstehen.