Wie absurd ist die Abtreibungsdebatte?
Immer wieder erhitzt das Thema Abtreibung die Gemüter. Ob Embryonen bereits als vollwertige Menschen zu zählen seien oder nicht ist meist das Hauptthema. Doch nach einiger Recherche und einigem Nachdenken bin ich zu einem ganz anderen Schluss gekommen: Ist die gesamte Debatte um Abtreibung nicht völlig absurd? Ich möchte euch meinen Gedankenweg kurz darlegen.
Schon in den Neunziger Jahren plädierte der Bioethiker Peter Singer, dass dem Menschen als Rasse kein Vorrang gewährt werden sollte. Weder Nationalität, noch Geschlecht und schon gar nicht die Zugehörigkeit zur Spezies „Mensch“ sollten zur Verleihung von Würde den Ausschlag geben. Der Personenbegriff, der in vielen Debatten im Mittelpunkt steht, sollte nicht allein auf den Menschen begrenzt werden. Auch tierische Wesen, die ein Mindestmaß an Bewusstsein vorweisen können, sollten als „Person“ verstanden werden. Beim Embryo ist von diesem Mindestmaß an Bewusstsein nichts zu entdecken.
Die Sichtweise, dass allein der Mensch und niemand sonst von Anfang an über vollständiges Lebensrecht verfügen müsste, lässt sich nur durch christliche Ethik und einer Beseelung bereits zu Zeiten der Befruchtung oder einem überholten sowie überheblichen Bewusstsein als herrschende Rasse begründen. Doch diese darf in einem säkularen Staat mit eindeutig gefärbter Vergangenheit wie Deutschland nicht als Diskussionsgrundlage verwendet werden.
Solange es sich bei der Spezies Mensch nicht um eine vom Aussterben bedrohte Gattung handelt, sollten ihr keine Lebensrechte eingeräumt werden, die aussterbenden Tierarten wie dem Orang-Utan oder dem Nashornvogel verwehrt bleiben. Mehr noch – tagtäglich tragen wir Menschen zum Tod vieler bedrohter Arten bei, sei es durch die Nutzung von vermeintlichem „Bio“-Sprit oder den unbedachten Einkauf von Pflanzenfettmargarine. Solange der Mensch die Erde überbevölkert und die Vielfalt an Lebewesen auf diesem Planeten nach und nach aktiv verringert, sollte sich niemand Gedanken über die Entfernung noch ungeborener menschlicher Wesen machen.
Wer Abtreibung als Mord bezeichnet und verbieten lassen möchte, muss ebenso Fleischkonsum, Biosprit, Zoohaltung, Palmölverarbeitung und vieles mehr unter Strafe stellen lassen. Denn der Embryo ist nicht weiter, in den meisten Fällen sogar noch viel weniger entwickelt als viele andere Lebewesen. Natürlich haben Schweine und Orang-Utans nicht das Potential, sich zu vollwertigen Menschen zu entwickeln.
Aber darf das vorhandene, etwaige Potential allein Kriterium für Lebensschutz und Rechte sein? Ist nicht jedes Leben wertvoll – vor allem, wenn es sich um eine vom Aussterben bedrohte Tierart handelt, was der Mensch ganz offensichtlich nicht ist? Warum sollte bereits die Frühform des Menschen, der die Erde überbevölkert, Lebensrecht erhalten, während es allen anderen Lebewesen sogar geboren oder/und gefährdet noch strikt verwehrt wird? Lässt sich daraus schließen, dass jedem menschlichen Wesen das Recht auf Existenz zusteht, aber kein einziges anderes Tier das Recht auf Leben verdient hat?
Wie absurd ist die Abtreibungsdebatte? Wie wichtig darf der Mensch sich nehmen?
Die Sichtweise, dass der Mensch vor den Tieren kommt, ist mit Sicherheit nicht nur durch eine "christliche Ethik" zu begründen. Der Mensch sondert sich von allen anderen Lebewesen ab - zur Begründung genügt ein: allein weil er es kann! Das bedeutet, dass die Sicht des Bioethiker Peter Singer zur Kenntnis genommen werden kann. Man muss sie sich aber genauso wenig zu eigen machen, wie die "christliche Ethik".
In dem Zusammenhang ("Schutz der Tiere") auch nur im Ansatz einen Vergleich mit den Geschehnissen im Rahmen des Vernichtungswillen der Nationalsozialisten zu ziehen, ist aus meiner Sicht eigentlich schon ein Verbrechen wider der Menschheit! Mehr Menschenverachtung kann man eigentlich kaum zum Ausdruck bringen und ich kann mir dies tatsächlich nur durch ein mangelndes Geschichtswissen erklären.
Die Abtreibungsdebatte höchstens in dem Punkt "absurd", in dem eben Dritte in das Leben der werdenden Mutter einzugreifen versuchen. Natürlich darf allein sie entscheiden, ob sie abtreiben will oder nicht. Wenn es dann um den Schutz des ungeborenen Lebens geht, kann der Gesetzgeber hier höchstens Fristen setzen. Auch zum Schutz der Mutter, so dass es z.B. nicht dazu kommt, im letzten Drittel der Schwangerschaft einen Abbruch zu erzwingen.
koeniglich hat geschrieben:Wie wichtig darf der Mensch sich nehmen?
Über dem Menschen als Wesen steht keine höhere Autorität. Die Menschheit kann sich nicht wichtig genug nehmen. Das Problem aber ist, dass dies dann auf ein Individuum gemünzt wird. Und dann beginnen die Probleme hinsichtlich der Verteilung. Dann geht es aber schon nicht mehr um die Menschheit sondern um die Entfaltung einzelner.
Meinem Vorredner widerspreche ich hier in allen Punkten. Ich denke nicht, dass sich der Mensch – als Individuum oder als Lebensform – so wichtig nehmen darf. Natürlich tut er es, aber eben vor allem aus der selbstherrlichen Empfindung heraus, mehr wert zu sein als andere Lebensformen. Diese Sichtweise sehe ich als grundlegend falsch an. Kein Mensch ist für mich wichtiger oder wertvoller als ein Tier. Sehr kurios finde ich es, dass viele Menschen zwar gegen Rassismus aufstehen, dem Spezieszismus aber Vorschub leisten, auch wenn dahinter letztendlich das gleiche Gedankengut steckt, nämlich das Gefühl, mehr wert zu sein als andere und aufgrund dessen andere abwerten zu dürfen (auch Tiere).
Jedes Wesen an sich nimmt sich selbst ernst. Das ist ganz natürlich. Für jeden Menschen ist sein Dasein und sein Leben das Wichtigste auf der Welt. Für die Welt an sich und für die allermeisten anderen Lebewesen auf diesem Planeten ist es hingegen vollkommen belanglos. Ich denke daher, dass diese Wichtigkeit, die sich ein einzelner Mensch an sich und letztendlich auch die Menschheit einräumt, vom Menschen selbst erzeugt wird, aber nicht von Natur aus gegeben ist. Dieses hierarchische Denken findet tatsächlich auch vor allem in der Unterscheidung zwischen Mensch und Tier statt, aber zum Beispiel kaum zwischen unterschiedlichen Tieren (mal abgesehen davon, dass der Mensch letztendlich auch ein Tier ist).
Abtreibung finde ich grundsätzlich legitim. Und es mag merkwürdig erscheinen, selbst einen Embryo schützen zu wollen, wenn auf der anderen Seite das Leben anderer Bewohner der Erde so wenig wert erscheint. Diesen Widerspruch sehe ich aber nicht nur in Bezug auf Abtreibung, sondern in vielen Bereichen. Ich denke nicht, dass man selbst Dinge für sich in Anspruch nehmen darf, die man anderen verwehrt – auch nicht als Mensch. Den Bezug zur Abtreibung habe ich bisher nicht hergestellt, aber ich finde ihn nicht unpassend. Vor dem Hintergrund, dass Tiere aussterben, gefoltert und ermordet werden, finde ich so manches menschliche Problem belanglos und dazu gehört zu einem gewissen Teil auch die Debatte um Abtreibungen.
@Cologneboy2009: Vielleicht sollte man wirklich den Vergleich zwischen Tier und Mensch einstellen. Denn so kommen wir hier nicht weiter, außer du benennst jeden, der sich nicht vegan (nicht vegetarisch!) als "Mörder" und "Sklavenhalter". Ich möchte betonen, dass Tierschutz insofern wichtig genommen wird, als das unnützes oder sinnloses Quälen zu unterlassen ist. Aber ich betone auch, dass ich es als legitim sehe, den Kühen die Milch und den Hennen die Eier zu nehmen.
Ebenso ist es legitim, ein Schnitzel zu essen. Und hier kommen wir zum fundamentalen Bruch beim Vergleich mit dem Menschen: der Mensch dient dem Menschen nicht als Lebensmittel (Gleicher unter gleichen!). Hier also Rassismus und den sog. Spezieszismus auf eine Ebene zu stellen, bedarf einer Weltsicht, die nicht zu teilen ist. Nebenbei sieht sich der Fuchs gegenüber dem Hahn auch in einer "herausragenden" Position - hier der Jäger, dort die Nahrung. Ein naturgegebener Prozess, über den der Fuchs letztlich nicht mal reflektieren muss.
Lieber derpunkt, ich muss dir in fast allen Punkten widersprechen.
derpunkt hat geschrieben:Die Sichtweise, dass der Mensch vor den Tieren kommt, ist mit Sicherheit nicht nur durch eine "christliche Ethik" zu begründen. Der Mensch sondert sich von allen anderen Lebewesen ab - zur Begründung genügt ein: allein weil er es kann! Das bedeutet, dass die Sicht des Bioethiker Peter Singer zur Kenntnis genommen werden kann. Man muss sie sich aber genauso wenig zu eigen machen, wie die "christliche Ethik".
Weil er es kann?! Ich glaube, du hast ein wichtiges Detail vergessen: Hier geht es ja nicht um den Menschen an sich, sondern um den Embryo. Die Vorstufe des Menschen. Hier geht es um die Absurdität der Abtreibungsdebatte. Würdest du sagen, der Embryo kann es eben auch einfach? Das stimmt doch nicht.
Der Embryo ist ein abhängiges Wesen, das ohne den Mutterschutz nicht lebensfähig wäre. Es kann sich nicht alleine ernähren, es kann weder alleine atmen, noch sich verständlich machen. Es ist noch kein eigenständiges Wesen und alleine absolut nicht in der Lage, zu überleben.
Du kannst doch nicht ausgewachsene Menschen mit werdenden Menschen in einen Topf schmeißen. Dass der Embryo auf einer weitaus niedrigeren Entwicklungsstufe steht, als die meisten Tiere, ist doch nicht abzustreiten, egal ob wir über Kommunikationsfähigkeit, Selbstbewusstsein oder die Fähigkeit, allein zu überleben reden.
@koeniglich: Bitte nur im Zusammenhang widersprechen. "Weil er es kann" diente als Begründung dafür, warum der Mensch über dem Tier stehen kann. Hier hattest du es wirken lassen, als wäre allein die "christliche Ethik" dafür verantwortlich zu machen. Das unterschlägt ein wenig die Tatsache, dass natürlich unabhängig vom Christentum den Tieren allgemein kein gleichrangiger oder höherer Rang eingeräumt wurde (von Ausnahmen bei einzelnen Tieren abgesehen). Allein die Tatsache, dass das Tier als Nutztier gebraucht wird und auch als Lebensmittel genutzt wird, sollte offenbaren, wie das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist.
Dann "schmeiße" ich nichts in einen Topf. Bzgl. der Abtreibung ist in erster Linie die werdende Mutter zu befragen, denn sie allein kann hierüber entscheiden! Schließlich geht es hier um den Schutz bereits geborener Menschen! Jetzt darauf zu drängen, dass auch das werdende Leben "in jedem Fall" zu schützen wäre, kann jetzt wieder aus der von dir ins Spiel gebrachten "christlichen Ethik" abgeleitet werden. Nur sehe ich tatsächlich die Notwendigkeit, dieses Abtreibungsrecht nicht bis in den Kreissaal zu tragen. So kann ein legitimes Recht auf Leben auch dem werdenden Menschen ab einem Zeitpunkt zugestanden werden - und da muss sich dann auch die Mutter daran halten. Gerne bin ich bereit, mich über den Zeitpunkt zu unterhalten, ab wann eben das werdende Kind nicht mehr abgetrieben werden soll. Hier bin ich zu wenig Experte. Aber, wie vieles im Leben, sollten hier wenigstens als Richtlinie feste Zeitpunkte gegeben werden. Das sollte wirklich beide Seiten (Mutter und ungeborenes Kind) ausreichend berücksichtigen.
koeniglich hat geschrieben:Dass der Embryo auf einer weitaus niedrigeren Entwicklungsstufe steht, als die meisten Tiere, ist doch nicht abzustreiten,
Auch hier sehe ich eigentlich nicht, was du damit sagen willst und wie du "Entwicklungsstufe" verstanden haben willst. Ein Vergleich mit Tieren ist unabhängig von der "Entwicklungsstufe" (egal in welcher Dimension du den Begriff siehst) nicht statthaft und du versucht diesen Vergleich, ohne das ich erkennen kann, worauf du hinaus willst. Ein Mensch mit Alzheimer im Endstadium ist einem Hund auf Grund der jeweils aktuellen Entwicklungsstufe unterzuordnen?
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