Wird Begriff und Ausdruck "Früher" überbewertet?

"Früher war alles besser". "Früher hat es besser ausgesehen". "Früher waren die Kinder lieber". Früher hatte man mehr Respekt vor dem Alter". Diese und andere Sätze habt ihr doch bestimmt schon gehört und meist kommen diese Sätze von Leuten, die schon älter sind. Aber wird das Wort "Früher" einfach überbewertet? Warum sieht man das Vergangene in den rosaroten Farben, obwohl es bestimmt nicht immer so rosarot war? Warum denkt man, dass einfach alles schlechter wird?

Ich denke schon, dass das "Früher" überbewertet wird. Ich höre auch des Öfteren, dass früher alles besser war und desgleichen. Ich habe es früher auch schon des Öfteren gehört.

Man denkt eventuell, dass früher die Zeiten einfach besser waren, weil man vielleicht gerade eine schlechte Zeit durch macht oder weil man die Erinnerungen an früher schön in Erinnerung hat und nicht an die schlechten Details denkt. Und man somit immer sagt, dass es früher besser gewesen ist und desgleichen.

Ich kann mir das eigentlich nur so erklären, wie ich mich selber fühle. Natürlich war für mich oberflächlich gesehen noch alles besser, als ich nicht arbeiten/studieren musste, keine großartigen Verpflichtungen hatte und ähnliches. Man hat jeden Tag seine Freunde in der Schule getroffen, bis zum nächsten Kumpel waren es fünf Minuten von Zuhause und so weiter. Das alles war dann eben schon "besser". Wenn man älter wird, hat man meiner Meinung nach eben einen anderen - vor allem kritischeren - Blick auf die Dinge und sieht deswegen nicht mehr alles so rosarot. Es kommt der Stress des Lebens dazu (Job, Familie, Beziehungsproblemchen und so weiter) und man nimmt die negativen Dinge auch bewusster wahr.

Deswegen würde ich einfach dazu tendieren, dass dieses "Früher" vor allem mit dem Reifeprozess der Personen zu tun hat und nicht damit, dass dort wirklich alles besser war!

Früher muss alles besser gewesen sein, denn derjenige, der das sagt, war früher jünger, hat seine erste Liebe erlebt, alles hatte seine Ordnung, die heutige Hektik gab es so nicht. Es gab kein Fernsehen, keinen Computer, kein Handy. Dadurch hatten die Menschen mehr Ruhe. Den Verkehr auf den Straßen gab es so nicht. Man zahlte nicht mit Scheckkarte, sondern in bar.

Was vergessen wird, ist die schreckliche Zeit des Krieges. Im Nachhinein wird alles schön geredet, obwohl es das bestimmt nicht immer so war. Aber es war anders und das zählt. Der Zusammenhalt in der Familie war anders. Man kümmerte sich auch noch um ältere Verwandte, so sie noch lebten. Hatte auch die Zeit dafür, die heute meist fehlt.

Das Essen war anders. Fastfood gab es nicht. Auch gab es nicht die vielen Fleisch-, Gemüse- und Obst-Skandale. Die Rinder weideten noch auf der Wiese; die Schweine waren nicht eingepfercht und die Hühner pickten ihre Körner im Freien und wurden nicht massenweise in engen Käfigen gehalten. Wenn da ein älterer Mensch dann sagt, dass alles besser war, ist das zu verstehen. Was nicht schön war, wird einfach ausgeblendet.

Umweltverschmutzung, Reaktorunfälle, steigende Kriminalität verbreiten Angst. Dagegen kommt auch keine Waschmaschine, die heute die Arbeit gegen früher wesentlich erleichtert, an. Auch ein Kühlschrank, der alles frisch hält, zählt nicht. Die bessere ärztliche Versorgung usw. Das alles ist nichts gegen die gute alte Zeit! Aber ich glaube nicht, dass auch nur einer sie gerne zurückhaben möchte.

Es ist wohl nur allzu menschlich, dass wir uns lieber positive Erfahrungen merken und schlechte Erinnerungen eher nicht so gerne herauskramen. Sonst wäre die Vorstellung eines glücklichen, erfüllten Lebens im Rückblick kaum aufrecht zu erhalten, wenn wir die Schicksalsschläge oder auch den nervigen Alltag nicht ausblenden würden. Im Laufe eines langen Lebens, in dem sich viel verändert hat, entsteht so das "Früher war alles besser"-Syndrom.

Ich denke auch, dass Cid da ganz recht hat. Alleine die Tatsache, dass man früher noch ohne Brille lesen konnte und keinen Herzschrittmacher hatte, verklärt die Vergangenheit doch ganz gewaltig. Außerdem wurden vor der Verbreitung des Fernsehens nicht alle Katastrophen live und in Farbe übertragen. Auch "früher" gab es Kriege und Katastrophen in anderen Ländern, nur wusste man einfach nichts davon. So verstärkt sich zusätzlich der Eindruck, die Zeiten würden immer schlechter.

Ich glaube im Moment auch, dass früher nicht alles besser war. Aber ich bin mir ebenfalls ziemlich sicher, dass ich als ältere Lady auch meiner schönen, einfachen Jugendzeit ohne Handy und Internet (ich oute mich hier, kann das sein?) nachtrauern werde.