Klassische Literatur in der Schule - ist es wirklich nötig?

vom 03.12.2012, 21:31 Uhr

Die meisten von euch werden in der Schule dasselbe erlebt haben: Jedes Jahr wird im Deutschunterricht ein neues klassisches Buch behandelt, vorzugsweise die kleinen, verhassten, gelben Büchlein von "Reclam". Wir lesen Momenten das Drama "Dantons Tod" von Georg Büchner, letztes Jahr haben wir "Nathan der Weise" gelesen und zwei Jahre zuvor "Wilhelm Tell". Und ganz ehrlich, ich habe genug von Büchern dieser Art und in dankbar, dass das mein letztes Schuljahr und somit auch mein letztes klassisches Buch ist, das ich lesen muss.

Ich bin wirklich keine schlechte Schülerin in Deutsch, aber mit dieser Art von Literatur tue ich mich verdammt schwer. Ohne die Hilfen und Zusammenfassungen, die es im Internet gibt, wäre ich komplett aufgeschmissen und würde nicht einmal im Groben verstehen, worum es in den Büchern geht. Auch das interpretieren und analysieren von Charakteren ist einfach verdammt schwierig, wenn in jedem zweiten Satz ein Wort vorkommt, dass so altmodisch ist, dass man nicht weiß, was es ist und die Sprache zudem eben verdammt ungewohnt ist.

Dass die Bücher alle etwas vermitteln und tiefgründig sind, habe ich mittlerweile verstanden. Aber warum greift man in der Schule zu solchen Büchern? Es gibt doch auch genug moderne Literatur, die ähnliche Kernaussagen beinhalten. Warum ist es so wichtig, dass wir mehrere solcher Bücher gelesen haben?

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich persönlich finde diese literarischen Werke auch sterbenslangweilig und kann absolut gar nichts mit ihnen anfangen. Dabei ist es nicht so, dass ich die Wörter nicht verstehe, sondern den Stil der damaligen Zeit einfach nicht mag. Ich bin eben kein Freund der Poesie und altmodischen Sprache.

Dennoch kann ich verstehen, warum man diese Bücher in der Schule liest. Immerhin sind sie Kulturgut und gehören irgendwie auch zur Grundbildung auf dem Gymnasium. Ich denke, dass es da gar nicht mehr unbedingt um die Werte geht, die in den Büchern vermittelt werden, sondern, dass man weiß, was in ihnen passiert und vielleicht auch eine werkübergreifende Kontextuierung beibehält, wodurch eben Kultur und Geschichte vermittelt wird.

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» Synchro » Beiträge: 1641 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich finde es sehr wichtig, dass man solche Literatur liest, immerhin trägt dies stark zur Kultur und Erweiterung des Horizonts bei. Ich wüsste auch nicht wirklich, was man sonst im Unterricht lesen sollte. Unterhaltungsliteratur aus den Bestsellerlisten halte ich für nicht sehr empfehlenswert.

Man muss das Ganze vielleicht auch anders angehen und die interessanten Aspekte solcher Literatur anerkennen. Diese Literatur stammt ja meistens aus einer anderen Zeit, oft hilft es also, sich in diese hineinzuversetzen. So kann man das Handeln und Denken besser nachvollziehen.

Jedoch habe ich auch Bücher gehabt, die mir weniger gefallen haben (Werke von Schiller zum Beispiel) und Bücher die ich sehr interessant fand. Bücher der Wiener Moderne finde ich zum Beispiel sehr interessant, da diese Themen ansprechen, die provokant und neu waren zu ihrer Zeit wie Prostitution, Alkoholabhängigkeit und Affären. Wenn man bedenkt, welchen Mut diese Autoren hatten, solche Themen anzusprechen, bin ich ganz beeindruckt von diesen Werken.

Bestimmt habt ihr auch einige Bücher der Aufklärung gelesen, in denen die Autoren versucht haben, gegen die Meinung der Kirche ein neues Weltbild zu etablieren. Auch diesen Aspekt muss man sich vor Augen führen, wenn man solche Werke liest.

Im Endeffekt gibt es natürlich Literatur, zu der man mehr Bezug hat und Literatur, zu der man weniger Bezug findet und nur schwer ein Zugang bekommt. Jedoch sollte man sich immer in die Zeit zurück versetzen, als das Buch geschrieben wurde und dann liest man die Werke auch mit ganz anderen Augen. Auch die Biographischen Hintergründe des Autors eines Werkes sind oft sehr hilfreich. Und die Bücher, die dir nicht gefallen haben, kann man ja immer noch sehr sachlich in der Klasse kritisieren.

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» held » Beiträge: 185 » Talkpoints: 6,80 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich habe mir schon oft die Frage gestellt, warum solch eine Literatur im Deutsch-Unterricht wirklich notwendig ist. Ich persönlich sehe darin leider keinerlei praktischen Nutzen und bin ziemlich verärgert, dass es denn sein muss.

Gerade in der Rechtschreibung und Grammatik bestehen bekanntlich bei vielen noch Probleme. Wieso verschwendet man dann seine Zeit mit Literatur, welche die meisten sowieso einfach langweilig und „ätzend“ finden? Man soll doch die Schüler auch irgendwie motivieren und so funktioniert das leider nicht.

Persönlichkeitsbildung schön und gut, nur wenn man es absolut nicht leiden kann, wird die Deutsch-Stunde zur Qual.

» blacky123 » Beiträge: 207 » Talkpoints: 4,09 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich habe das große Glück, dass ich Bücher für mich entdeckt hatte, bevor in der Schule der Literaturunterricht statt gefunden hat. Der hätte mir vermutlich bei den meisten Lehrern auch den Gefallen an Büchern vergällt, wenn ich ihn nicht schon gefunden hätte.

Was ich damit sagen will: Ich finde es sehr traurig für dich, dass du offensichtlich noch nicht den richtigen Lehrer oder die richtige Lehrerin für Literatur für dich gefunden hast. Ein toller Lehrer kann auch mit einem alten Klassiker die Schüler begeistern und beflügeln. Es ist zwar nicht alles im echten Unterricht so ideal wie im Film "Club der toten Dichter" aber er zeigt ganz klar, was mit Literatur so möglich ist.

Natürlich hat sich die Sprache über die letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte arg verändert und natürlich ist es mehr Arbeit einen Goethe endlich zu verstehen als eine Charlotte Roche. Aber da kommen wir eben zu der Krux im Schulunterricht. Goethe zum Beispiel hat auch einiges geschrieben, was an Schlüpfrigkeit einer Frau Roche in nichts nachsteht. Aber in der Schule wird das eher tot geschwiegen. Deshalb nur so weit mein Tipp: Auch unter den Klassikern gibt es (natürlich nicht nur schlüpfriges) aber so manches Schätzchen, das man vielleicht nicht in der Schule entdeckt. Aber man sollte auf jeden Fall der Literatur eine zweite Chance geben. Vielleicht wird es ja mal Liebe auf den zweiten Blick. Ich finde es lohnt sich auch altes zu lesen. Und mit etwas Übung wird es immer leichter werden.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Mich haben solche Buchbearbeitungen auch immer genervt und ich fand das alles furchtbar überflüssig. Später irgendwann habe ich - weil ich selbst viel lese - im Nachhinein einige (wenige) Werke zu schätzen gelernt, weil man immer wieder einen modernen Autor findet, der auf Elemente der alten Langeweiler zurückgreift.

Ich muss dazu aber sagen, dass es Schule heute immer noch nicht gelingt, den Schülern ein ganzheitliches Weltbild zu verschaffen. Normalerweise müsste man Kunst, Literatur, Geschichte und Religion viel enger vernetzen, um die Zusammenhänge besser zu verstehen.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Man liest diese Bücher in der Schule ja nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil man den Schülern etwas vermitteln möchte. Deutsche Literatur gehört zu unserem Kulturgut und ich finde es sehr wichtig, dieses auch den jungen Leuten näher zu bringen. Natürlich können die meisten damit nichts anfangen, aber dennoch ist es wichtig, dass man sich mal damit beschäftigt. Es gehört mit zum Allgemeinwissen und manchen wird es sicherlich später einmal freuen, dass er es gelesen hat, auch wenn heute der Sinn darin nicht ganz erkennbar scheint.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Zu meiner Schulzeit gab es dass ja auch schon und wir mussten uns zusätzlich noch mit diesem ganzen kommunistischen Leseschrott herumärgern. Ich glaube einfach an dieser Literatur führt kein Weg vorbei, auch wenn man als Jugendlicher überhaupt kein Interesse an solchen Sachen hat. Ich denke da zählt nur Augen zu und durch. Unbedingt lesen muss man so ein Buch ja auch nicht mehr, im Internet findet man doch genügend Inhaltsangaben und jede Frage dazu wurde auch schon erörtert. Manchmal hängt es aber auch vom Lehrer ab wie interessant er die Werke rüberbringen kann. Ich hatte schon damals immer gerne und viel gelesen aber meine Lehrerin in Literatur hatte es tatsächlich verstanden jedes Interesse daran sofort im Keim zu ersticken. Sie hatte ihren Spaß daran uns endlose Folien mit Fragen zu dem Stück abschreiben zu lassen die wir dann erschöpfend beantworten mussten. Wenn solche Werke derartig zerpflückt werden dann kann das gar keinen Spaß machen.i

Für notwendig halte ich es aber schon dass die Bewohner eines Staates an die eigene Nationalliteratur herangeführt werden. Der Inhalt behandelt ja oft auch geschichtliche Ereignisse über die man Bescheid wissen sollte und die größten Dichter und Denker mit ihren wichtigsten Werken sollte man auch kennen. Der Grundstein dafür kann aber meines Erachtens nur in der Schulzeit gelegt werden, später wenn man etwas reifer ist kommt dann noch vielleicht richtiges Interesse dazu. Ich kenne viele die während des Studiums oder in der Ausbildung sich mit Nitsche oder Hesse beschäftigt hatten weil es gerade angesagt war oder sie eigene Fragen die ihre derzeitige Lebenssituation betrafen dadurch beantworten konnten.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich finde es sehr wichtig, dass die alten literarischen Klassiker in der Schule durch genommen werden. Es sind nun mal Klassiker und sie zu kennen, gehört einfach zur Allgemeinbildung. Würden diese Bücher nicht mehr in der Schule behandelt werden, würden sie doch irgendwo Generationen bedingt in Vergessenheit geraten, da wohl kaum ein junger Mensch freiwillig nach solch einem Buch greift. Das hieße, dass die Menschen irgendwann nicht einmal mehr Werke wie "Romeo und Julia", "Faust" oder "Nathan, der Weise" kennen würden. Deshalb finde ich gut, dass sie in Literatur behandelt werden.

» Sternchen* » Beiträge: 2804 » Talkpoints: 2,78 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich denke auch, dass es wichtig ist, so etwas noch durch zu nehmen. Denn dadurch lernt man eben auch den Zeitgeist etwas kennen und kann sich an die Sprache gewöhnen. Viele Umstände werden auch eben in den Geschichten dargestellt und vor allem lernt man dabei oft etwas über die damalige Gesellschaft.

Bei solchen Werken ist es aber eben auch immer wichtig, dass man sich komplett darauf einlässt. Ich kenne es auch, dass ich manchmal solche Bücher nicht gerne lese, aber wenn man sich dann eben selbst motiviert, merkt man oft auch, dass sie es doch wert sind und man auch aus "langweiligen" Büchern noch viel entnehmen kann. Ob eine solche Charakterisierung immer einfach ist, sei mal dahin gestellt, aber das ist sowieso immer für jeden individuell zu verstehen und da gibt es nie eine allgemeine Interpretation.

Wenn man aber von vornherein schon eine abwehrende Haltung solchen Büchern gegenüber hat, dann ist das natürlich immer schwierig, die Texte dann zu analysieren. Es aber so hinzustellen, als würde man die Texte nur mit Lektürenschlüssel und Internetinterpretationen verstehen, finde ich schon etwas arm. Denn wenn man sich Mühe gibt, wird man auch für sich selber ein bisschen Erkenntnis aus solchen Texten ziehen können, aber das muss man eben wollen.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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