Tochter möchte Handwerker werden, Eltern dagegen
Die sechszehnjährige D geht auf das Gymnasium und sollte eigentlich ihr Abitur machen. Aber im Rahmen eines Ferienjobs konnte D ihre Begeisterung für das Handwerk entdecken. Zwar war sie eher für Bürotätigkeiten eingesetzt, aber sie konnte auch in der praktischen Arbeit zeigen, was sie kann. Dabei hat D ihre Begeisterung für das Tischlerhandwerk entdecken können und es lief so gut, dass man ihr einen Ausbildungsvertrag anbieten wollte.
Für die Ausbildung müsste D nach der jetzigen zehnten Klasse die Schule, also das Gymnasium verlassen, was ihr aber die Eltern nicht erlauben. D soll das Abitur machen und dann bitte schön studieren. Immerhin habe sie die Anlagen dafür und auch der üblich-bekannte Spruch, aus ihr solle doch was werden. Allerdings lässt sich D davon nicht beeinflussen, sie will zielstrebig ihren Weg gehen.
Aber können die Eltern D tatsächlich verbieten, die angebotene Ausbildung anzunehmen, obwohl sie gern Tischlerin werden möchte und später auf die Ausbildung aufbauen möchte? Immerhin entspricht dies mehr ihren Neigungen und auch Fähigkeiten, als weiterhin für das Abitur vorbereitet zu werden. Zudem würde sie mit dem Ausbildungsabschluss auch ein Fachabitur erhalten können.
Auch als Eltern sollte man die Wünsche der Kinder respektieren. Und ein Tischler ist ein ehrenwerter Beruf und auch als Frau kann man in diesem Beruf sein Glück finden. Mein Schwager ist auch Tischler und er hat es nie bereut. Ein Studium ist ja nun auch nicht jedermanns Sache und wenn die Tochter lieber eine Ausbildung absolvieren möchte, sollte man dies auch respektieren.
Wie du aus anderen Threads sicher entnommen hast, ist das ziemlich die Situation, die ich mit meiner Tochter auch hatte. Sie war in der 11. Klasse und hat das Tischlerhandwerk für sich entdeckt. Da sie aber noch minderjährig war, musste ich als allein sorgeberechtigtes Elternteil auch damit einverstanden sein. Da D noch minderjährig ist, müssen die Eltern den Ausbildungsvertrag mit unterschreiben. Wenn die Eltern also gegen die Ausbildung sind, kann D nichts machen und wird dann wohl die Schule weiter machen müssen. So die rechtliche Seite. Denn ohne Unterschrift der Erziehungsberechtigten kann eine Ausbildung nicht begonnen werden.
Bei meiner Tochter wurde das so gelöst. Ich war wirklich nicht unbedingt glücklich darüber, dass sie die Schule nach der 11. Klasse abbrechen wollte. Denn sie war eine sehr gute Schülerin und heutzutage ist ein guter Schulabschluss wichtig. Deshalb habe ich ihr gesagt, dass ich nur damit einverstanden bin, wenn sie vor Ablauf der 11. Klasse eine Ausbildungsstelle hat. Wenn nicht, dann macht sie ihr Abitur. Meine Tochter war aber so ehrgeizig mit ihren Wünschen, dass sie eine Bewerbung geschrieben hat und auch sofort einen Ausbildungsvertrag bekommen hat.
Ich habe dann mein Versprechen eingelöst, habe sie aber noch mehrfach darauf hingewiesen, was sie mit Abitur alles machen könnte und habe ihr gesagt, dass sie es hoffentlich nicht bereut. Sie ist glücklich jetzt in ihrem Beruf zur Tischlerin und ich hoffe, dass sie niemals bereuen wird, dass sie ihr Abitur nicht gemacht hat. Denn man weiß nie, was noch kommen wird.
Die Eltern von D sollen natürlich die Wünsche von D berücksichtigen. Denn D muss damit leben. Aber sie sollen ihrem Kind auch aufzeigen, was sie alles machen kann, wenn sie Abitur hat. Mit dem Abitur in der Tasche ist beispielsweise der Weg in die Meisterschule besser gepolstert als ohne.
Natürlich kann D auch gegen den Willen der Eltern die Ausbildung beginnen. Dazu muss D nur zum Jugendamt und sich dort entsprechende Hilfe holen. Allein kann sie nun mal nicht entscheiden, aber sie kann die Entscheidungsverantwortung den Eltern abnehmen lassen. Soweit die rechtlichen Belange. Geht nicht, weil noch minderjährig, gibt es eben nicht.
Allerdings schreibst du, dass D nach der Ausbildung auch auf den Beruf aufbauen will. Wird da vielleicht später ein Abitur benötigt? Das sollte man als erstes recherchieren. Immerhin ist dann ein Kompromiss möglich. D macht das Abitur fertig und darf danach die Wunschausbildung machen. Damit würde sie sich auch die Tür offen halten, um eventuell später doch noch zu studieren.
@Punktedieb. Das Jugendamt ist nicht dafür da, dass es sich gegen die Eltern stellt. Das Jugendamt wird sich von beiden Seiten die Argumente anhören und genauso Kompromisse finden und eine Ausbildung ohne Unterschrift der Eltern ist auch dann nicht möglich. Da müsste D schon das Familiengericht einschalten und das kann sich hinziehen und diese Energie kann D eher in die Schule stecken. Das Jugendamt wird nur beratend zur Seite stehen und kann nicht bestimmen, was das Kind machen darf und was nicht. Sicher kann das Jugendamt versuchen die Eltern dahin zu führen, dass sie es dem Kind erlauben. Aber die Eltern müssen deswegen dennoch die Unterschrift geben.
D sollte mit den Eltern auf jeden Fall versuchen einen Kompromiss zu finden. Denn sonst kann D die Ausbildung mit 18 machen und dann haben die Eltern darüber nicht mehr zu entscheiden.
Ich habe auch nicht gesagt, dass D die Unterschrift vom Jugendamt bekommt. Sondern dass D sich dort Hilfe holen kann. Ob dann eine Vermittlung klappt oder ob man D letztendlich den Gang zum Gericht raten muss, stand doch gar nicht zur Debatte. Und die Gesetze sind mittlerweile so, dass sich Termine um Kinder nicht ewig hinziehen. Außer bei Unterhaltsproblemen kommt das bei den meisten Amtsgerichten heute innerhalb von zwei bis vier Wochen zu einem Termin, sobald ein entsprechender Antrag gestellt wurde.
Sie dürfen, ja! Aber sie sollten nicht! Das Problem an der Sache ist in dem Fall ja dass D erst 16 ist und daher noch nicht selbstständig den Ausbildungsvertrag unterschreiben darf. Ich stand mit 16 vor einem ähnlichen Problem, und das wird immer als Vorwurf zwischen mir und meinen Eltern stehen.
Meine Mutter fand als ich 14 Jahre alt war einen Durchschnitt von 3 nicht gut genug für's Gymnasium, also entschied sie dass ich auf die Realschule zu gehen hätte, obwohl ich gern auf dem Gymnasium geblieben wäre und es mit ein wenig Lernen sicher auch geschafft hätte mich zu verbessern.
Als ich 15 war und das letzte Schuljahr anbrach fing ich an mich zu bewerben. Ich wollte am liebsten etwas im Büro machen, gerne mit Sprachen weil das immer meine besten Fächer waren, und gern auch im Kontakt mit Menschen. Also bewarb ich mich für eine Ausbildung zur europäischen Bürokauffrau in meiner Heimatstadt. Der Einstellungstest und das Vorstellungsgespräch verliefen super, und die Schule wollte mir einen Ausbildungsvertrag geben. Es wäre aber eine überbetriebliche Ausbildung gewesen.
Auf Drängen meiner Mutter bewarb ich mich auf eine Beamtenlaufbahn, wofür ich aber hätte 500 km umziehen müssen. Ich hoffte dass meine Bewerbung nicht angenommen wird, erhielt aber eine Einladung zum Auswahlverfahren. Da ich diesen bestand und im besten Drittel war wurde ich auch hier zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Wir fuhren hin, ich führte das Gespräch und hoffte wieder dass ich nicht angenommen würde. Mein Gesprächspartner aber bot mir direkt einen Vertrag an, welchen ich nicht mitnehmen wollte. Meine Mutter fragte wie es gelaufen war und ich sagte ich wüsste es nicht. Ein paar Wochen später kam ein großer Briefumschlag der Stadtverwaltung in der ich mich beworben hatte, und meine Mutter, in der Annahme es wären zurückgeschickte Bewerbungsunterlagen, öffnete den Brief. Sie las die Zusage und rief direkt bei der Schule für Europäische Bürokaufleute an, mit den Worten "Meine Tochter kommt nicht zu Ihnen, sie wird Beamte!"
Als ich heimkam und sie mir das erzählte, dass sie quasi über meinen Kopf entschieden hat, in dem Fall sogar ohne mich überhaupt zu fragen, war ich stinksauer, habe auch einige Tage nicht mit meiner Mutter gesprochen aber mich letztlich gefügt. Was hätte ich auch machen sollen, mit meiner Mutter diskutieren ist sinnlos, sie wollte partout den Vertrag in meiner Heimat nicht unterschreiben. Ich zog um, begann den Vorbereitungsdienst auf die Beamtenlaufbahn, und kaum war ich 18 brach ich ab. Ich wollte einfach nicht mehr 500 km von daheim entfernt wohnen.
Durch einen dummen Zufall blieb ich aber trotzdem und bin nun schon 14 Jahre hier. 14 Jahre in denen ich mich immer wieder über das Thema mit meinen Eltern gestritten habe, ihnen Vorhaltungen machte, und inzwischen bereuen sie es wohl auch ein bisschen, da sie nun auf ihre Enkel weitestgehend verzichten müssen da wir diese weite Strecke nicht mehr so oft fahren können, vor allem jetzt wo die Große in die Schule gekommen ist.
Leider dürfen Eltern einem auch den Ausbildungsberuf verweigern. Ich kenne die Situation, in der D sich aktuell befindet. Meine Talente lagen bisher eher im Handwerk und in eher technischen Berufen. Aber meine Mutter hat mich regelrecht dazu gezwungen in die Krankenpflege zu gehen. Das Problem ist aktuell einfach, dass D noch minderjährig ist, aber gegebenenfalls sollte D sich mal mit der Schule oder dem Arbeitsamt in Verbindung setzen, vielleicht haben die Optionen, um D zu helfen.
Ich hatte gute Noten und hätte damals nach der neunten Klasse problemlos in eine technische Richtung gehen können. Da im Ausland die Ausbildung rein schulisch ist und man an sich nichts verdient, musste ich mich dem Wunsch meiner Mutter beugen. Das ging bis zu meinem 22ten Lebensjahr. Ich sollte weiter in der Pflege bleiben und war wirklich totunglücklich, also bin ich ausgezogen und habe mein Leben neu definiert. Zuerst war ich noch in der Pflege, aber ich habe bemerkt, dass es wirklich nicht zu mir passt und ich habe eine Ausbildung gesucht, in der ich wirklich glücklich bin und erfolgreich bestanden.
Vielleicht schafft D es noch, dass die Eltern den Beruf akzeptieren. Ich arbeite selbst in einem Männerberuf und ich kann es nachvollziehen, dass es Eltern schwerfällt, wenn die Töchter einen etwas außergewöhnlicheren Beruf erlernen möchten. Auch ohne Abitur kann man erfolgreich sein, deswegen würde ich als Elternteil nicht unbedingt auf ein Abitur pochen und mein Kind in die falsche Richtung drängen. Meine Cousine ist übrigens auch Tischlerin und führt ohne Abitur mittlerweile eine erfolgreiche Schreinerei.
Letztendlich hat die Tochter alle Möglichkeiten. Entweder sie fügt sich dem Wunsch ihrer Eltern und macht ihr Abitur. Oder sie setzt ihren Willen durch, dazu gibt es durchaus auch rechtliche Wege. Natürlich kann das Jugendamt nicht einfach den Vertrag unterschreiben, aber eventuell positiv als Vermittler auf ihre Eltern einwirken, sofern D selbst keine Lösung finden kann. Und wenn das Jugendamt dann ebenfalls nicht erfolgreich ist, kann D durchaus rechtliche Schritte einleiten.
Allerdings gibt es doch auch Kompromisse. Die vielleicht auch für D von Vorteil sein können. Es gibt durchaus die Möglichkeit auch mit Abitur eine Ausbildung zu beginnen. So lange könnte D doch sogar weiter in den Ferien dort arbeiten, Praktikum dort machen, etc. und den Betrieb, vor allem aber ihren Wunschberuf näher kennenlernen. Und gerade wenn D höhere Ziele anstrebt, ist zumindest ein Fachabitur durchaus empfehlenswert. Und nach dem Abitur kann D durchaus selbst entscheiden, was sie möchte.
Je nachdem in welchem Bundesland D wohnt, gibt es vielleicht auch Möglichkeiten beides miteinander zu kombinieren, also Ausbildung und (Fach-)Abitur. Entweder begleitend auf der Abendschule, oder an Berufsfachschulen, wo neben der schulischen Ausbildung auch praktische Kenntnisse vermittelt werden und Praxiseinsätze vorgesehen sind. Sofern das Fachabitur direkt in der Ausbildung angeboten wird, sollte D sich aber genauestens Informieren. Bei mir war es auch so, allerdings stand nach einem Jahr zusätzlichem Unterricht für uns vier verbliebene Schüler fest, dass wir es innerhalb der Ausbildung kaum schaffen können und danach noch ein Jahr die Abendschule besuchen müssten, woraufhin wir einstimmig abgebrochen haben. Die meisten haben dies bereits vorher gemacht, denn begonnen hatten wir mit knapp 15 Schülern.
Ich würde neben dem Gespräch mit meinen Eltern auch das Gespräch mit Vertrauenslehrern und Berufsberatern suchen und mir ihre Meinung anhören. Sofern sie erkennen, dass D die Ausbildung wichtig ist, können sie vielleicht auf D´s Eltern einwirken. Wenn das auch nicht erfolgreich ist, hat D damit aber auch bei einer rechtlichen Auseinandersetzung besser Chancen, als wenn sie allein sagt "Ich will das aber".
Rechtlich sieht es ja so aus, dass die Eltern einen Vertrag unterschreiben müssten, wenn die Tochter noch nicht 18 Jahre alt ist. Nun ist es auch so, dass man vermitteln lassen könnte, aber man kann ja auch Alternativen finden. Zum Beispiel kann man eine Ausbildung später beginnen, die rennen ja nicht weg, und wenn man beim Betrieb einen positiven Eindruck hinterlassen hat, wird der Chef schon verstehen, warum man erst das Abitur machen möchte. Alternativ dazu kann die Tochter auch eine Abendschule neben der Ausbildung besuchen und dort parallel ihr Abitur machen. Man sollte hier in jeden Fall noch ein mal miteinander reden.
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-202801.html
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Hilfe beim umtopfen von Pflanzen 1336mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: felis.silvestris · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Hilfe beim umtopfen von Pflanzen
- Calla Pflanze 2152mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Schlafendes Wiesel · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Calla Pflanze
- Tipps zur Geranien Pflege 2389mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: C97 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Tipps zur Geranien Pflege