Nur noch wenige Monate zu leben- würdet ihr es sagen?

vom 26.11.2012, 13:18 Uhr

Ich habe im Verwandtenbereich meines Verlobten jemanden mit Krebs. So richtig rückt er nicht mit dem raus, was die Ärzte ihm im Stillen gesagt haben. Auch sind die Behandlungen schon ganz schon schwerwiegend. Er spielt es immer herunter und sagt, dass es nur wenig wäre, ganz klein und so weiter. Meine Schwiegermutter war beim ersten Arztbesuch dabei und der Arzt hat von schlimmen Krebs gesprochen und man hat ihm den Schock angesehen, was sicherlich nicht, sooft im Krankenhaus der Fall ist. Nun denken wir alle, dass er nur noch wenig Zeit hat.

Er äußert sich nicht mehr zur Schwere der Erkrankung und sagt man ihm, dass alles wieder gut wird, dann schaut er so, als ob er einem etwas sagen, möchte aber nicht kann. Er hat eine herzkranke Mutter und will sie sicherlich auch schonen, weil sie eine Schwester hat, die nur noch wenige Tage dank einer Krebserkrankung hat. Sie hat ihr aber alles gesagt und seit dem heult seine Mutter jeden Tag wegen ihm und ihr.

Nun stelle ich mir die Frage, ob ich es sagen würde. Dem Partner sicherlich, aber das Mitleid der anderen Menschen würde ich auch eher ungern ertragen wollen. Auf der anderen Seite ist es schon egoistisch. Würdet ihr es sagen?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Also erst mal mein herzliches Beileid. Aber ich glaube wenn ich in dieser Situation wäre könnte ich so was auch nicht sagen. Ich würde immer denken wie sehr die anderen Menschen trauern müsste wenn sie wüssten das ich bald gar nicht mehr da bin. Egoistisch finde ich es jetzt nicht da du es ja tust um dein Umfeld zu schonen.

» nico611 » Beiträge: 70 » Talkpoints: 21,59 »


Würde es mich betreffen und ich hätte nur noch wenig Zeit zum Leben, würde ich es schon sagen. Allerdings wenn noch jemand sehr krank wäre und nicht mehr lange zu leben hätte, so dass Mitglieder der Familie darüber schon unendlich traurig wären, würde ich mich zurückhalten und nur andeutungsweise etwas sagen zu einer Person meines Vertrauens.

In einem solchen Fall hätte das wohl mit Egoismus weniger zu tun. Hier ginge es nur um die Gesundheit des Menschen, der psychisch sowieso schon am Ende wäre. Eine weitere Hiobsbotschaft würde ihn vollends verzweifeln lassen. Das möchte ich erst einmal vermeiden, so lange wie möglich.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Wäre ich in dieser schrecklichen Situation, würde ich die Nachricht wohl auch besser für mich behalten, um niemanden zu beunruhigen oder Angst zu machen. Ich würde es irgendwie hinter schlucken und versuchen, so nett wie möglich zu jedem zu sein, der mir etwas bedeutet. Sagen könnte ich die Wahrheit nicht, da ich niemanden traurig machen könnte. Damit würde ich einfach nicht fertig werden. Ich würde auf jeden Fall schweigen.

» Sternchen* » Beiträge: 2804 » Talkpoints: 2,78 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



In so einer Situation zu stecken habe ich mir auch öfters mal ausgemalt. Letztendlich bin ich zu dem Schluss gelangt, dass das nicht sagen, meiner Meinung nach, die beste Variante darstellt.

Ich hatte damals auch ein Mädchen in meiner Nachbarschaft, mit der ich öfters gespielt hatte, sie erkrankte in ihren jungen Jahren auch an Krebs. Nachdem sich das nach und nach herumgesprochen hatte, wurde fast ausschließlich nur darüber geredet. Sie wurde immer deprimierter und irgendwann dürften wir sie nicht einmal mehr besuchen, sie hatte wohl weder Kraft noch die nötigen Nerven dazu.

Eine Sache mit der ich selbst schon einmal nicht klar komme, ist das ständige Reden über eine Person, im speziellen wenn es um mich geht und ich das mitbekommen sollte. Davon abgesehen, würde ich nicht wollen, das eben wie von dir schon beschriebene Sätze fallen. "Es wird schon alles Gut." Wirklich lieb gemeint, aber mir persönlich würde es nicht weiterhelfen. Anderen mitzuteilen, dass ich wahrscheinlich nicht mehr lange Lebe, wäre auch für sie nicht sehr förderlich.

Ich würde es eventuell einigen wenigen Leuten, von denen ich weiß, dass sie Abschied nehmen müssten, um ihr Gewissen frei zu kriegen, erzählen. Auch Personen die mir wirklich sehr nahe stehen, wie Familie und ein-zwei Freunde, aber lediglich wenige Tage vorher.

» Renyu » Beiträge: 26 » Talkpoints: 14,00 »


Schwieriges Thema. Wenn ich wüsste, dass ich 100%ig sterben würde, würde ich es wahrscheinlich auch keinem sagen. Auch wenn es vielleicht unfair gegenüber einigen Menschen wäre, die sich vielleicht wünschen würden, Abschied nehmen können. Aber wann ist man sich schon 100%ig sicher? Ärzte können zwar sagen, sie haben nur noch X Monate zu leben, aber das sind auch nur Vermutungen und es gibt schließlich so viele Fälle, wo diejenigen trotz so einer Vorhersage wieder gesund wurden oder zumindest letztendlich eine sehr viel längere Lebenserwartung hatten, als die Ärzte es angenommen haben. Von daher wäre es auch nicht richtig, irgendwem zu sagen, dass man nur noch bestimmte Zeit zu leben hätte. Dann würden quasi alle nur darauf warten, dass man nach dieser Zeit stirbt.

Krebs ist nicht zwangsläufig ein Todesurteil. Wenn der Betroffene es runterspielt, will er damit bestimmte Personen nicht belasten. Das ist in meinem Augen in Ordnung. Aber das heißt noch lange nicht, dass er wirklich sterben muss.

» Märie » Beiträge: 459 » Talkpoints: 15,45 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich finde diese Frage schwierig zu beantworten. Vor allem, da ich selber die Erfahrung gemacht habe, dass Ärzte sich bei der Einschätzung der noch zu verbleibenden Lebenszeit auch stark täuschen können.

Mein Onkel hatte auch Krebs. Lungenkrebs im Endstadium wurde ihm gesagt und er hätte maximal noch ein halbes Jahr zu leben. Operieren könnte man nicht mehr, da der Tumor schon zu groß sei und auch eine Chemotherapie habe wohl kaum Auswirkungen. Mein Onkel hat es aber dennoch mit der Chemotherapie versucht, weil er leben wollte. Letztendlich ist er doch gestorben, aber nicht nach 6 Monaten, sondern nach 2 ½ Jahren. Er hat also 2 Jahre länger gelebt, als ihm die Ärzte gesagt haben. Und das sogar für seine Verhältnisse sogar gut. Nur die letzten ein oder zwei Wochen konnte er nicht mehr aufstehen und musste im Bett liegen. Sonst ist er im Garten herum gelaufen, hat gut gegessen und getrunken.

Ich denke, wenn man anderen sagt, dass man nur noch kurze zeit zu leben hat, macht man alle damit verrückt. So wartet jeder auf den Anruf, dass es passiert ist, anstatt sich an der Gesellschaft des anderen zu erfreuen. Ich würde es glaube ich außer meinem Mann niemandem sagen, wenn es denn so wäre. Zudem hast du ja gesagt, dass seine Mutter Herzkrank ist und er auf sie Rücksicht nimmt. Ich finde es in Ordnung so, denn zu so einer Entscheidung kann man niemanden zwingen und bedrängen würde ich ihn auch nicht.

» Lady86 » Beiträge: 671 » Talkpoints: 12,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Darüber habe ich auch schon oft nachgedacht und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich es meinem engsten Kreis, also meiner Familie, meinem Partner und meinen Freunden auf jeden Fall sagen würde. Ich selbst würde sowas nämlich sofort wissen wollen, das ist wichtig.

Natürlich soll man jeden Tag so verbringen wie den letzten und sich mit seinen Mitmenschen immer große Mühe geben, aber wir wissen alle, dass das nunmal im Alltag nicht so immer durchzusetzen geht. Wenn ich aber weiß, jemand stirbt bald von meinen Lieben, dann würde ich auf Arbeit sofort kürzer treten oder erst einmal ganz aussteigen und alles daran setzen mit demjenigen noch eine "geile Zeit" zu verbringen. Ich würde mit demjenigen alles tun und lassen, was er sich schon immer gewünscht hat und was ich gerne noch mit ihm machen wollte. Ich würde versuchen, ihm noch eine tolle, letzte Zeit mitzugestalten.

Und wenn er nicht mehr kann, dann bleibe ich bis zum Schluss bei ihm am Bett und bringe ihn "ans Tor". Das ist wichtig für mich und das ist wichtig für denjenigen. Kein Mensch dieses Welt will in der letzten Phase alleine sein, weil man da Angst hat und zwar jeder, auch der, der nicht darüber reden will. Es geht beim Sterben um Anwesenheit, man muss einfach da sein, auch wenn man nichts mehr tun kann irgendwann. Ich finde, dass das jedermanns Recht ist, seine Lieben um sich zu haben, wenn man stirbt und dass die Lieben bei ihm sein können, man stirbt immerhin nur einmal.

Ich fände es für mich katastrophal, wenn ich eine weiterhin Zeit verschwenden würde, weil ich nicht weiß, dass jemand nicht mehr viel Zeit hat. Ich würde mir hinterher Vorwürfe über Vorwürfe machen und keiner könnte mir die Zeit und die Gelegenheit zurückgeben, bei demjenigen zu sein. Diese Chance gibt es nur einmal und für mich persönlich ist das für die Trauerbewältigung hinterher und für mein ganzes Leben einfach von enormer Bedeutung.

Gleichfalls würde ich nicht alleine sterben wollen, deshalb würde ich es denjenigen sagen, in der vielleicht ein bisschen egoistischen Hoffnung, dass man sich dann etwas mehr Zeit für mich nehmen würde als jetzt, wo ich gesund bin. Ich hätte einfach die Hoffnung, dass sie sagen: Ach scheiß auf die Arbeit, die Etikette, die Küche, die Schule, die Vorlesung, wir machen jetzt was Schönes zusammen. Das nimmt doch schon viel Angst und Unruhe.

Den Leuten in der Schule und auf Arbeit sowie meinen Verwandten würde ich es aber nicht sagen, da ich die wirklich alle nicht um mich haben würde wollen. Ich will kein Mitleid, keine Besuche von diesen Leuten, keine Gespräche, keine Heuchelei. Ich will dann niemanden mehr sehen und an niemanden mehr Zeit verlieren, der mir nicht wichtig ist. Das muss man schon in diesen Zeiten zu Genüge tun, weil man sich nicht mit Krebs rausreden kann.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Das ist ein schwieriges Thema, welches jeder anders verkraftet und jeder anders damit umgeht. Es gibt Menschen, die da sehr offen damit umgehen und da kein Geheimnis daraus machen, es gibt aber auch Menschen, da nicht darüber reden möchten.

ich weiß nicht, wie ich in dieser Situation darüber sprechen würde. Ich weiß nicht, wem ich es sagen würde und wem nicht. Meinem Mann auf jeden Fall und meinen Kindern sicher auch. Aber schwer fallen würde mir es. Mir wäre es aber wichtig, dass ich die verbleibende Zeit nutzen könnte und sie ganz der Familie schenken könnte. Außerdem ist es auch fair, wenn alle genügend Zeit haben, sich zu verabschieden. Das ist zwar unangenehm, aber für die Angehörigen ist es so einfacher, wenn es dann soweit ist.

Im weitläufigen Verwandtenkreis ist dieses Jahr jemand verstorben, der auf einmal umgefallen war und niemand mehr etwas machen konnte. er war zwar schon etwas älter, aber noch nicht in dem Alter, wo man damit rechnen würde. Die engen Verwandten hatten große Schwierigkeiten mit der Situation umzugehen, weil es sehr plötzlich kam.

Ich kann aber auch durchaus jene Menschen verstehen, die nicht darüber sprechen wollen. Zumal es von den Ärzten auch nur Anhaltspunkte sind. Eigentlich sind es nur grobe Schätzungen, denn ich kenne Krebspatienten, die die geschätzte Zeit locker mindestens ein halbes Jahr überlebt haben.

» floraikal » Beiträge: 1127 » Talkpoints: 2,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Auch, wenn hier fast alle schweigen würden, würde ich es den Personen sagen, die mir wichtig sind.

Ich könnte es nicht für mich behalten und gute Miene zum bösen Spiel machen, schließlich ist das etwas, was mich rund um die Uhr beschäftigen und mich um den Schlaf bringen würde. Ich bräuchte Menschen zum Reden, zum Verarbeiten und mich selbst auf den Gang vorzubereiten. Soll es mich die letzten Monate noch innerlich so zerfressen?

Mir wäre es wichtig alles mit meinen Lieben abzuklären, sie nicht im Ungewissen zu lassen, damit auch sie sich vorbereiten können. Angenommen ich hätte Kinder, wäre es gut im Vorfeld abklären zu können, wie es mein Partner mit den Kindern dann macht und der Arbeit, schließlich sollte er auch weiterhin irgendwie Geld verdienen, um nicht den Cent zehn Mal umdrehen zu müssen.

Und als egoistisch würde ich das gewiss nicht bezeichnen. Ein Mensch, der tot krank ist, braucht Unterstützung, braucht zuwendig, ihm gehts schon dreckig genug. Oder würdet ihr einem Menschen, der es erzählt hat, schließlich Vorwürfe machen wie: "Was soll das? Du hast es deinen Lieben erzählt, die sind absolut traurig und trauern bereits, nur das du es von deiner Seele reden konntest? Super."

Ich nicht, ich würde dagegen alles erdenkliche tun, um dem Menschen sein restliches Leben noch so schön wie möglich zu gestalten!

» Pfote » Beiträge: 89 » Talkpoints: 4,53 »


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