Beziehung wird enden - warum dennoch daran festhalten?
Auch wenn aus der Beziehung mit dem "Neuen" nichts wird und sie bei ihrem Freund bleibt, wird die Beziehung nie mehr wie früher. Er wird vermutlich komplett das Vertrauen verlieren und sie wird immer in dem Gedanken leben, dass ihr Freund ihr nicht reicht und sie nicht hundertprozentig glücklich ist.
Wann ist man denn in einer Beziehung schon 100% glücklich? Höchstens, wenn man gerade frisch verliebt ist, aber ansonsten gibt es doch immer etwas, was einen stört. Also zumindest kenne ich es so, dass mir nach einer Weile immer Dinge auffallen, die mich nicht so ganz passen, aber das ist eben so, weil es sich halt um zwei verschiedene Menschen handelt. Insofern man nicht den perfekten Seelenverwandten gefunden hat, wird es immer Dinge geben, die einem nicht gefallen.
Die Frage ist eben, ob man über diese Dinge hinwegsehen kann und mit demjenigen zusammen bleibt, ob es doch so viel ist, dass man sich lieber trennen will oder ob man eben erstmal dabei bleibt, aber schaut, ob es jemanden gibt, der vielleicht besser passen könnte. So funktioniert eben die Partnerwahl, denn letztlich will man ja selbst mit seiner Entscheidung leben können, da sollte man auch nicht so romantisieren. Liebe ist ein Gefühl, dass man empfindet, wenn man den Eindruck hat, dass es passt und das muss man dann eben auch mal realistisch und taktisch betrachten.
Einen solchen Fall habe ich selbst bereits erlebt, ja, denn in meiner Ehe kam es irgendwann dazu, dass immer deutlicher wurde, dass wir weniger Gemeinsames haben und unsere Wege sich entsprechend mehr trennen. Wir haben eigentlich nichts mehr geteilt, waren uns aber auch nicht spinnefeind und haben uns gut verstanden, waren uns nah und vertraut. Im Grunde genommen haben wir zusammengewohnt wie in einer WG, in der keiner dem anderen irgendwelche Erklärungen schuldig ist und es auch nicht von Interesse ist, ob einer häufiger anwesend ist oder nicht. Wir hatten diverse Probleme, die sich im Laufe der Jahre entwickelt haben und die uns nicht wirklich greifbar erschienen, jedenfalls nicht so, dass wir sie hätten benennen können. Wir haben uns aber immer mal wieder länger darüber unterhalten und versucht, auch mit Hilfe eines Therapiegesprächs, irgendetwas an dem damaligen Zustand, der uns wohl beide belastet hat, zu verändern, denn an sich hatten wir ja nichts gegeneinander. Wir haben uns nur tatsächlich auseinanderentwickelt und es schien keinen Weg mehr in die andere Richtung zu geben.
Diese Beziehung einfach aufzugeben, war für mich aber nicht möglich, weil ich nicht verstanden habe, wie es sein kann, dass ich mich von jemandem, der mir eigentlich wirklich wichtig ist und zu dem ich auch große Zuneigung empfinde, so sehr entferne, dass am Ende unsere gesamte Beziehung auf dem Spiel steht. Es war wohl ein schleichender Prozess, der sich auf uns ausgewirkt hat und erst im Nachhinein wurden einige Gegebenheiten klar, die auf uns eingewirkt haben, sodass eigentlich hätte deutlich werden müssen oder wenigstens können, welchen Verlauf wir nehmen. Wir haben es zweimal versucht, nach allen Kräften und mit bestem Wissen, das wir auch durch unsere wirklich guten Gespräche hatten, an dieser Beziehung zu arbeiten, aber im Endeffekt mussten wir uns eben doch eingestehen, dass wir gescheitert sind, weil wir es nicht mehr schaffen, zusammen zu finden. Erst, als ich dann ausgezogen bin, wurde mir einiges immer deutlicher und nach einiger Zeit konnte ich auch ganz konkrete Anhaltspunkte für unser Scheitern finden. Heute kann ich sagen, dass wir nie wirklich große Probleme hatten, die eine Trennung wirklich erklären. Unser größtes Problem war, dass wir verblendet waren, weil uns unser eigenes Leben teilweise überrollt hat, dass wir zu wenig Zeit hatten, die wir gemeinsam hätten nutzen und gestalten können, aber auch, dass jeder von uns seine eigenen Probleme hatte, aufgrund derer er unzufrieden war und fälschlicherweise glaubte, dass die Beziehung es sei, die ihn unzufrieden macht, obwohl wir uns im Endeffekt jeder für sich selbst unglücklich gemacht haben.
Schon aufgrund dieser eigenen Geschichte versuche ich grundsätzlich, eine Beziehung nicht gleich beim ersten Problem aufzugeben und kämpfe auch grundsätzlich um das, was mir wichtig ist. Aber man sollte dabei aufrichtig bleiben und nicht dem anderen vormachen, dass man nicht wisse, wie es weitergeht, wenn man sich bereits sicher ist, dass man keine gemeinsame Zukunft haben wird. Vielleicht ist Deiner Bekannten das aber ebenso wenig bewusst wie mir damals. Ich war mir auch nicht sicher, wie es weitergehen wird, konnte mir aber irgendwann keine gemeinsame Zukunft mehr vorstellen, obwohl ich, wenn ich mich mit dem Gedanken der Trennung auseinandergesetzt habe, lange Zeit diverse Hinderungsgründe dafür gesehen habe – vor allem eben, dass ich kein konkretes Problem benennen kann, das wir haben und einfach irgendwie die Luft raus ist. Vielleicht wird Deiner Bekannten auch noch irgendwann klar, dass sie die Beziehung aufrechterhalten will, weil ihr mehr daran liegt als ihr bisher klar ist. In der Theorie sagt sich einiges so einfach, was sich dann unmittelbar vor Umsetzung der jeweiligen Situation als undenkbar schwierig herausstellt.
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