Lehrer aus freien Wirtschaft besser als Lehramtstudierende?
Mir ist vor kurzem aufgefallen, dass meine Lehrer, die nicht von Anfang an auf Lehramt studiert haben, sondern zuerst in der freien Wirtschaft tätig waren, um einiges besseren Unterricht machen, als diejenigen, die auf Lehramt studiert haben. Was guter Unterricht ist, ist natürlich subjektiv, aber viele in meiner Klasse teilen meine Meinung.
Wir haben da zum Beispiel einen Englisch-Lehrer, der von Anfang an wusste, dass er Lehrer werden will und demnach auch Lehramt studiert hat. Sein Unterricht finden wir aber total schlecht, denn er teilt uns immer nur Blätter aus, lässt uns den Text darauf lesen, die Aufgaben bearbeiten, gibt uns den Rest als Hausaufgabe auf und in der nächsten Stunde wird es besprochen. So sieht wirklich jede Unterrichtseinheit aus, es ist null Abwechslung dabei und die Motivation der Schüler leidet darunter natürlich auch.
Im Gegensatz dazu haben wir beispielsweise einen sehr guten Informationstechnik-Lehrer, der nie vor hatte, Lehrer zu werden. Nun macht er erst seit zwei Jahren Unterricht, aber er macht es richtig gut. Abwechslungsreicher Unterricht, der einen dazu motiviert mitzumachen.
Einerseits denke ich mir, dass es so nicht sein sollte. Diejenigen, die auf Lehramt studieren, sollten besser wissen, wie man guten Unterricht machen. Andererseits denke ich mir, dass es wohl daran liegt, dass diejenigen, die aus der freien Wirtschaft kommen sich viel bewusster für den Beruf Lehrer entschieden haben, weil sie im Laufe der Zeit eben herausgefunden haben, dass sie das viel lieber machen würden als ihre aktuelle Arbeit. Demnach sind die auch mit viel mehr Motivation bei der Sache.
Nun würde mich mal interessieren, ob ihr dieses Phänomen bestätigen könnt? Falls ja, woran liegt es eurer Meinung nach?
Auch ich kann das bestätigen. Ich kenne sowohl "Lehramt"-Lehrer, als auch Dozenten aus der freien Wirtschaft als Quereinsteiger. Ich denke, ebenso wie du, dass die unterschiedliche Motivation auch daran liegt, wie und wann man sich für den Beruf "Lehrer" entscheidet. Zum Anderen mag es wohl auch daran liegen, dass Menschen, die aus der freien Wirtschaft kommen, viel mehr Erfahrung in der Praxis und eben nicht nur in der Theorie haben. Bei manchen Lehrern hat man wirklich das Gefühl, dass sie traurigerweise den Umgang mit Menschen nicht kennen und ihr Wissen nur aus Büchern haben. Da sind tiefergehendes Hintergrundwissen, das Verständnis für Zusammenhänge und vor Allem das Erklären von komplexen Sachverhalten oftmals recht dürftig ausgeprägt.
Dazu kommt wohl noch, dass Menschen, die in einem bestimmten Bereich schon praktische Erfahrungen haben, auch den Umgang und das Interesse-wecken von Menschen gelernt haben (mussten). Sie kennen sich oftmals besser aus und können so Themen auch aus verschiedenen Sichtweisen näher bringen. Ihnen sind die Abläufe, Problematiken und Lösungsstrategien für bestimmte Vorgänge schon "ins Blut" übergegangen, weswegen wohl auch die Erklärungen besser verständlich sind und nicht erst eingeübt oder gar von Unterrichtsblättern abgelesen werden müssen.
Bei mir geht das 50:50 aus, wenn ich überlege. Ich kann mich deutlich an vier Herren erinnern, wo ich definitiv wusste, dass sie nicht unbedingt Lehrer als Zielberuf hatten. Davon waren zwei auf der Berufsschule, die haben BWL, Rechnungswesen und Informatik/Organisationslehre gemacht und ich muss sagen, als Lehrer fand ich sie echt gut. Die haben was rüber gebracht, waren nicht bierernst, sind altersgerecht mit den Schülern umgegangen und waren nicht allzu "pädagogisch", sondern eher bodenständig. Man musste halt wissen wo was steht. Im Zweifel auch, dass die Formal auf dem Spicker steht.
Dagegen war ein anderer Lehrer gleicher Schule ein absoluter Vollpfosten. Der hat ganz offen gesagt, dass er nur Lehrer wurde, weil ihm nichts anderes übrig bliebt. Von seinem Zweitfach "englisch" hatte er null Ahnung. Und ein Physiklehrer vorher konnte einfach nichts erklären.
Ich persönlich finde Lehrer, die auch wirklich Lehramt studiert haben, besser und wertvoller für die Erziehung der Kinder. Gerade in den frühen Jahren ist die pädagogische Komponente wirklich wichtig, und aus meiner Sicht hält das auch bis in die Oberstufe fort.
Die Ausnahme von Berufsschulen, in denen wirklich zielgerichtet auf den Beruf vorbereitet werden soll, greift hier meines Erachtens nicht - die würde ich generell sowieso schon eher als Ausbilder, als als Lehrer einstufen.
Beides hat seine Vorteile, das gilt aber nicht nur für Berufsschulen, auch in der gymnasialen Oberstufe können Lehrer mit Berufserfahrung den Schülern wirklich eine Hilfe sein. Das Wichtigste ist dabei aber gar nicht die Praxiserfahrung, sondern die Vorbildfunktion diese Lehrer. Normale Lehrer haben meist nur Abitur gemacht und dann Lehramt studiert. Damit können sich eher wenige Schüler identifizieren, während die "anderen" Lehrer wirklich schon in der Arbeitswelt zurechtkommen mussten. Wenn diese dann ihren Lebenslauf erzählen ist das meist wirklich interessant und lehrreich und zeigt den Schülern mögliche Arten wie es nach der Schule weitergehen könnte.
Ein weiteres großes Plus ist die Leidenschaft für das eigene Fachgebiet, viele Lehrer sind aus der Industrie ausgestiegen weil sich gar nicht mehr mit den Grundlagen ihres Fachgebietes zu tun hatten, und nur noch mit betriebswirtschaftlichen Abläufen. Im Unterricht können sich wieder mit der eigentlichen Materie beschäftigen und man merkt ihnen dann den Spaß am Stoff wirklich an. Aber ein Lehrer muss nicht aus der freien Wirtschaft kommen um praxisnahen Unterricht zu machen, ganz egal ob er vorher Pfarrer, Psychologe oder Geisteswissenschaftler war, alles was nicht normales Lehramtsstudium war lockert den Unterricht auf und macht ihn interessanter.
Als Lehramtsstudent lernt man auch überhaupt nicht, wie man guten Unterricht gestaltet. Das kann ich aus meiner eigenen Erfahrung berichten. Man lernt in didaktischer und methodischer Hinsicht eigentlich überhaupt nichts, man hört nur eine Menge dummes Zeug, welches man auch vorher schon kannte und man hört immer wieder, dass man ja häufig Gruppenarbeit machen muss, weil die Schülerinnen und Schüler das ja alle so toll finden und weil es ungemein bildend ist und den sozialen Umgang zueinander positiv beeinflusst. Schön und gut, aber in der Realität sieht das einfach anders aus.
Meine Dozentin verlangt von uns, dass wir motivierende Arbeitsblätter gestalten. Als Beispiel hat sie uns einige Blätter gegeben, die ich dermaßen unmotivierend finde, dass ich mich mit meinen Kommentaren dazu nicht zurück halten konnte, sodass ich den Auftrag hatte, zur nächsten Sitzung das Arbeitsblatt zu überarbeiten. Und das, nur um es dann doch nicht zu besprechen. Was hat es mir also gebracht? Überhaupt nichts. Ich habe nämlich noch immer keine Rückschlüsse über die Qualität meines Arbeitsblattes bekommen.
Generell lernt man gar nicht, wie man seinen Unterricht gestalten sollte. Man hat mir bislang noch nicht die verschiedenen Methoden gezeigt, die ich einsetzen könnte. Und ich habe nicht mehr lange zu studieren. Im Referendariat wird das wohl nicht anders aussehen.
Ich selber werde mit dem Anspruch an die Schule gehen, guten Unterricht zu machen, in dem meine Schülerinnen und Schüler viel lernen. Denn zum einen will ich sie gut vorbereiten auf alles, was nach meinem Unterricht kommt und zum anderen will ich selber mich einfach nicht den ganzen Tag lang langweilen, weil ich immer wieder die gleichen Stundenabläufe vor mir habe. Und ich denke, dass ich mit meiner Motivation es schaffen werde, einen halbwegs interessanten und auch abwechslungsreichen Unterricht zu geben, der eben nicht nur aus Arbeitsblättern und Abfragen besteht.
So wird es auch bei einem Quereinsteiger sein. Die Quereinsteiger sind durch den pädagogischen Unsinn, der einem in der Universität vermittelt wird, nicht vorbelastet. Sie sind in der Praxis gewesen und können deshalb einen besseren Alltagsbezug herstellen. Und es sind eben keine starren, ausgebildeten Pädagogen. Deswegen bin ich schon der Meinung, dass ein Quereinsteiger anders an den Unterricht heran geht, als ein ausgebildeter Lehrer. Bestimmt nicht immer besser, aber eben mit einer anderen Sichtweise.
In meiner Schulzeit habe ich nur bei einem Quereinsteiger Unterricht gehabt, Nämlich im Musikunterricht. Dieser Lehrer ist aber nicht besonders gut gewesen und ich hatte keine Freude an seinem Unterricht. Ich habe nicht viel gelernt. Das kann auch an seinem Unterrichtsfach selbst liegen, aber ich bin von diesem Lehrer einfach nicht überzeugt. Daran sieht man,. dass nicht jeder Quereinsteiger auch guten oder einfach besseren Unterricht gibt.
In meiner schulischen Laufbahn hatte ich schon so manchen Lehrer und da waren sowohl universitär ausgebildete Pädagogen als auch Quereinsteiger dabei. Bei beiden Gruppen gab es engagierte und eher unmotivierte Typen, daher würde ich hier nicht unbedingt eine klare Einschätzung vornehmen wollen. In beruflichen Schulen sind die Quereinsteiger aber meist im Vorteil, da sie schon praktische Erfahrungen sammeln konnten und so gute Einblicke vermitteln können. Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass es Typenabhängig ist und nicht unbedingt etwas mit der Ausbildung zu tun hat.
Zudem muss ich hier der negativen Bewertung eines Lehramtstudiums widersprechen. Natürlich haben wir in der Universität auch recht überflüssige Kurse, die man wohl nie für den Beruf einer Lehrkraft brauchen kann. Aber es gibt auch viele Didaktikseminare, bei denen man wirklich etwas über neue Methoden und Medien lernen kann. Wir müssen in den Seminaren so viele Stunden vorbereiten und durchführen, dass man immer wieder etwas ausprobieren und erproben kann. So lernt man viele praktische Möglichkeiten kennen und ich habe schon einiges mitnehmen können. Auch die Psychologiekurse und die Vorlesungen in Erziehungswissenschaft möchte ich nun nicht mehr missen. Viel hängt hier natürlich von der Universität und den Dozenten ab, aber ich kann mich absolut nicht beklagen und halte die Ausbildung an der Universität für sehr hilfreich.
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