Autofahrer hält für erschöpften Jogger an
Nach einer kurzen Trainingspause durfte ich das erste mal in mäßigem Tempo, zwischen 15 und 16 Km/h, meine 10 Kilometer laufen, um langsam die Muskelaktivität wieder zu steigern. Es lief nicht besonders gut, meine Haltung war ungewohnt, ich brauchte eine ganze Weile um richtig rein zu kommen und so fing nach 8 Kilometern meine rechte Brust an zu schmerzen. Vermutlich kam das von der Bauchmuskulatur, da ich zuvor Techniktraining hatte. Ich blieb also stehen und hielt mir die Brust, überprüfte meinen Puls und rieb druckvoll die Muskulatur, lies die Schultern hängen und dehnte alles ein bisschen durch, um die Schmerzen schnell vorbei sein zu lassen.
Ich war überrascht, als ein Auto wenige Meter vor mir anhielt, der Fahrer ausstieg, zu mir herüber kam und mich besorgt fragte, ob alles in Ordnung sei, ob mein Herz Probleme machte und ob er mir irgendwie helfen könne. Auch bot er mir an, mich irgendwo hinzufahren. Da es wieder ging und ich noch ein bisschen weiter musste, bedankte ich mich herzlich bei ihm, sagte aber, dass alles in Ordnung sei und ich okay bin. Ich fand es so nett, dass dieser Mann einfach angehalten hatte, weil er besorgt war - denn ich habe sehr lange nicht erlebt, dass jemand wirklich aus Sorge angehalten oder nachgefragt hat, geschweige denn überhaupt darauf geachtet hat. Ich persönlich hätte genauso gehandelt, aber in dieser Welt, in der jeder sich selbst der nächste ist und keine Zeit für andere hat, empfand ich es als sehr angenehm.
Habt ihr so etwas auch schon einmal erlebt, dass jemand extra angehalten hat oder eventuell das Negativbeispiel, dass jemand offensichtlich Hilfe gebraucht hätte, aber niemanden es interessiert hat? Wie hättet ihr in dieser Situation reagiert? Hättet ihr auch gehalten und nachgefragt, ob alles in Ordnung ist oder wärt ihr weitergefahren ohne darauf zu achten? Wahrscheinlich wird jetzt scheinheilig jeder behaupten immer zu helfen, aber versucht mal ehrlich zu sein. Würdet ihr eure Hilfe anbieten, wenn ein Sportler sich ans Herz fasst oder würdet ihr es nicht so schlimm einschätzen und weitergehen, beziehungsweise weiterfahren?
Wenn ich mit meinem Auto durch die Straßen fahre, habe ich immer ein wachsames Auge. Ich habe schon öfter Leute mitgenommen und werde es auch weiterhin tun. Mich hat es selber immer sehr gestört als ich noch kein Auto hatte, dass ständig Autos mit nur einer Person an mir vorbei fahren und sie mich doch so gut hätten mitnehmen können. Diese Kontroverse wollte ich ändern, deswegen nehme ich auch öfter Leute mit, die zu Fuß einen langen Berg hochgehen müssen oder die am Straßenrand stehen und trampen.
Aber eine wirkliche Notsituation habe ich bisher nicht gehabt, also es bestand nie Lebensgefahr oder eine wie von dir beschriebene Erschöpfung Situation. Ich fände es unverantwortlich, wenn man sieht, dass jemand Hilfe benötigt, man aber einfach weiterfährt. Außerdem würde man sich nach dem deutschen Gesetz strafbar machen. Es ist schließlich auch ein Aspekt der Nächstenliebe.
Ich habe auch noch keine Situation erlebt, in der jemand Hilfe gebraucht hätte und keine bekommen hat. In Deutschland ist es glücklicherweise so, dass es mehr Handys als Einwohner gibt und somit eine flächendeckende Versorgung gewährleistet ist. Man kann also in fast allen Situationen Hilfe rufen.
Dadurch, dass ich selber Rettungschwimmer bin und mich halbwegs mit Notsituationen auskenne, würde ich es meiner Meinung nach erkennen, wenn ein Jogger Hilfe braucht und ihn auch darauf hin ansprechen. Es macht mir nichts aus auch mal umsonst gefragt zu haben. Es geht schließlich um ein Menschen leben und damit ist nicht zu spaßen. Ich finde ich würde mich auch nicht lächerlich machen, wenn ich jemanden anspreche, obwohl nichts ist. Sollte der Angesprochene mich verhöhnen, würde ich mir an den Kopf fassen und denken, dass er wohl nicht der Intelligenteste ist.
Ich als leidenschaftlicher Radfahrer bin schon relativ oft gestürzt und meistens war tatsächlich jemand da der sich nach meinem Befinden erkundigte. Einerseits ist man in einer solchen Situation über die Hilfsbereitschaft erfreut, andererseits aber auch genervt, wenn es nichts Schlimmes gewesen ist.
Ich selbst bin entsprechen stets bereit dieselbe Hilfe zu leisten, die ich auch erfahren durfte, allerdings auch nur in den "schwereren" Fällen. Einst ging ich zur Schule als vor mir eine Frau mittleren Alters auf Glatteis ausrutschte. Zuerst wollte ich ihr helfen aber dann ging ich doch mit einem Tunnelblick und einem unangenehmen Gefühl an ihr vorbei. Ich hatte ja gesehen dass sie "nur" auf ihren Hintern gestürtzt war und ich hatte es eilig. Aber im Nachhinein hatte ich doch ein schlechtes Gewissen ihr nicht geholfen zu haben.
Ich nehme mal an dass alle Menschen als soziale Wesen mit einem gewissen Grad an Hilfsbereitschaft geboren werden, doch allzu weit geht Letztere nicht. Der Fall mit dem Jogger zeigt dies ziemlich eindrucksvoll: Jemand hat schon überschüssige Energie und bringt sich nur dadurch in eine missliche Lage. Ein Passant hilft. Derselbe Passant würde aber wahrscheinlich tatenlos an einem frierenden Obdachlosen vorbeigehen. Man kann hier schon fast von einer Doppelmoral sprechen. Insofern würde ich der Aussage "jeder ist sich selbst der nächste" leider schon zustimmen. Der Mensch ist ein Wesen, das unter Umständen Hilfe leistet aber auch gerne ausblendet und verdrängt.
Einmal war ich in der Situation, dass ich Hilfe geholt habe. Es war sehr kalt und auf einer Bank an einer ehemaligen Bushaltestelle kauerte sich ein Mann in die Ecke richtig gehend zusammen. Es war wohl – wie es denn Anschein hatte – ein Obdachloser. Als ich an ihm vorbei ging, musste ich einfach stehen bleiben. Ich überlegte kurz, was ich machen sollte. Ich ging zurück und fragte ihn, ob ich ihm helfen könne. Er sagte nein. Dann habe ich die Feuerwehr angerufen und denen von dem Mann erzählt. Man bat mich, solange zu warten, bis sie da seien.
Sie kamen sehr schnell und gingen zu dem Mann. Dann packten sie ihn ins Auto. Einer erzählte mir noch, dass sie den Mann kannten und es nicht das erste Mal sei, dass sie ihn abgeholt hätten. Das wusste ich jedoch vorher nicht. Aber es hätte auch sein können, dass er wirklich Probleme hatte.
Mir ist es jedoch auch schon mal passiert, dass ein Auto an mir vorbei fuhr, als ich zwei schwere Taschen nach Hause schleppte. Der Wagen hielt an und kam zurück gefahren. Ein Ehepaar saß darin und ich wurde gefragt, ob man mich nach Hause fahren könne. Aber ich brauchte nur noch wenige Schritte gehen. Also bedankte ich mich herzlich.
Was dir passiert ist, benutzer7, finde ich von dem Autofahrer wirklich sehr nett. Ich glaube nicht, dass ein anderer Fahrer so schnell angehalten hätte.
Ich gehöre zu den Leuten, die nicht unbedingt anhalten würden, aus mehreren Gründen, die ich hier jetzt gar nicht weiter erläutern möchte. Manchmal ist es so, dass ich unsicher bin, wie ich mich richtig verhalten soll, allerdings ist an mir noch kein Jogger vorbeigelaufen oder ich bin noch an keinen Sportler vorbeigefahren, der sichtbar Hilfe benötigt hätte. Jedenfalls nicht im Bewusstsein oder die Situation wurde von meiner Seite falsch gedeutet. Jedoch habe ich vor einiger Zeit auf dem Weg im Dunklen gesehen, dass ein junges Mädchen in einem Ort mehr oder minder auf dem Bürgersteig saß und sichtlich geweint hatte, neben ihr war ein Fahrrad. In dem Moment habe ich auch angehalten und gefragt, ob alles okay sei und sie Hilfe benötige. Sie meinte, es ginge schon. Ich gehe mal davon aus, dass sie Liebeskummer hatte oder so, aber wissen tue ich es nicht. Auf dem Rückweg, der mich ebenfalls an dieser Stelle nur wenige Minuten später vorbeigeführt hatte, habe ich gesehen, dass das Mädchen und das Rad nicht mehr da waren.
Ich denke auch nicht, dass ich einem Obdachlosen helfen würde oder es auch könnte, da ich da doch Berührungsängste habe. Ich kann auch nicht auf jeden Menschen zugehen und muss mich da überwinden, auch, wenn er sichtbar Hilfe benötigt. Das soll aber nicht heißen, mir ist es egal, was mit der Person, ich kann mich eben nur nicht überwinden und scheinbar ergeht es anderen auch nicht besser. Als scheinheilig würde ich mich daher nicht bezeichnen, ich denke auch nicht unbedingt, dass ich in der beschriebenen Situation angehalten hätte.
Ja, man ist sich manchmal selbst der Nächste, aber nur aus reinem Egoismus so zu handeln, ist wiederum eine reine Annahme. Man weiß ja nun nicht, warum die Leute nicht fragen und mal provokant gefragt - was wäre, wenn alle Leute, die in einer solchen Situation nach dem Rechten fragen würden? Wäre man da nicht auch genervt? Sicherlich mag es nicht vorkommen, aber allein die Vorstellung davon reicht mir schon aus. Manchmal hat man auch vielleicht einfach nur schlechte Erfahrungen damit gemacht, dass man für jemanden angehalten hat oder man hat selbst keine Hilfe erhalten, als man sie benötigt hätte und ist daher etwas verbittert. Ich kann es mir so auch schon vorstellen und halte es für möglich, dass es auch solche Menschen gibt.
Wenn man sich nicht sicher ist, ob jemand Hilfe braucht oder nicht, ist es auf jeden Fall besser, man hält an und fragt nach, anstatt sich einfach zu sagen, es wird schon nichts sein und einfach weiterzufahren.
Als Kind war ich mal mit einer Freundin Schlittenfahren und wir haben uns dann einfach eine Weile in den Schnee gelegt, weil es so schön war (im Schneeanzug friert man ja schließlich nicht). Ein Mann hat das wohl missverstanden und kam zu uns gerannt, da er dachte, uns wäre etwas passiert. Das war uns in der Situation dann ein wenig peinlich, aber es war ja nett von ihm, dass er nachgesehen hat.
Ich habe eigentlich erst einmal eine Situation erlebt, in der jemand wirklich Hilfe brauchte. Eine ältere Dame, die hingefallen war und dabei auch noch ihre Brille verloren hatte. Sie lag dann da ziemlich verwirrt und hilflos am Boden. Es waren eine Leute da, aber die meisten sind nur vorbei gelaufen und haben geglotzt. Ich war etwas weiter weg und bis ich an der Stelle angekommen war, waren schon zwei Männer aus einem Auto ausgestiegen und waren dabei, der Frau zu helfen, sodass ich dann nichts mehr zu tun brauchte.
Erst einmal finde ich es natürlich super, dass der Autofahrer angehalten hat und dich gefragt hat, ob alles in Ordnung ist. Ich denke auch, dass das nicht jeder machen würde . Ich persönlich muss sagen, dass ich mir da auch nicht so ganz sicher wäre. Wenn ich alleine im Auto sitzen würde, würde ich auf jeden Fall nicht aussteigen. Aber ich würde wahrscheinlich anhalten und durch das Fenster fragen, ob alles in Ordnung ist und wenn eben nicht, dann würde ich einen Krankenwagen rufen. Ich muss aber auch zugeben, dass ich viel zu ängstlich wäre dann auszusteigen, denn es könnte eben leider auch eine Falle sein und man wird dann niedergeschlagen und das Auto ist weg. Da sollte man dann auch immer etwas vorsichtig sein, auch wenn man natürlich gerne helfen möchte.
Bei Obdachlosen bin ich mittlerweile ziemlich herzlos. Denn ich bin eigentlich der Meinung, dass das in unserem Sozialstaat nicht sein muss, das jemand unnötig auf der Straße lebt und dort friert und ich habe auch mit Obdachlosen sehr schlechte Erfahrungen gemacht, deswegen kümmere ich mich darum nicht mehr.
Eigentlich bin ich aber sehr hilfsbereit, vor allem bei alten Menschen helfe ich gerne mal, wenn ich sehe, dass diese Hilfe brauchen. Aber auch da habe ich schon schlechte Erfahrungen gemacht und wenn ich merke, dass es solche meckernden alten Leute sind, die sich einfach über alles beschweren, dann möchte ich diesen auch nicht helfen, da sie sowieso nur am motzen sind. So habe ich es schon erlebt, dass eine Frau eine Freundin von mir mit ihrem Gehstock geschlagen hat, weil sie nicht sofort vom Platz aufgesprungen ist, als die Frau in den Bus kam. So etwas muss auch nicht sein und für solche Leute würde ich dann auch nicht mehr freiwillig aufstehen, obwohl ich das normalerweise immer mache.
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