Leben wir heute oder existieren wir?
Unser Gedanken spielen Karussell. Sie kreisen und kreisen, gehen zurück in die Vergangenheit und schnellen wieder vor in die Gegenwart und Zukunft. Was soll das ständige Drehen? Es stresst uns und macht unseren Körper kaputt. Warum ist das so? Können wir nicht bei einer Sache bleiben, anstatt uns von unseren Gedanken scheuchen zu lassen?
Werden wir morgens wach, überlegen wir, was der heutige Tag uns bringt, was wir tun müssen und was wir vielleicht tun dürfen. Wer bestimmt das? Was wir tun müssen, bestimmt derjenige, der uns am Monatsende den Verdienst für unsere Arbeit auszahlt. Er hat ein Recht darauf, dass wir für das Geld, was wir bekommen, etwas tun, nämlich das, was er verlangt. Er scheucht uns also zu unserer Arbeit. Und das ist ganz legal.
Was wir tun dürfen bestimmen wir teilweise selbst und unsere Umwelt. Wir haben Ängste und sorgen uns, dass wir nicht alles schaffen können. Unsere Ansprüche sind zu hoch für den restlichen Tag, für die Woche, ja für den Monat. Das Hier und Heute geht uns dadurch verloren, wir verpassen es, so wie einen Zug, der gerade abfährt, ohne uns. Einen Moment der Lebendigkeit sollten wir uns schon gestatten.
Zum Beispiel könnten wir auf unserem Arbeitsweg meditieren, einfach so zwischendurch: Während wir gehen, atmen wir bewusst langsam. Wir atmen vier Atemzüge ein, pausieren kurz und atmen vier Atemzüge wieder aus. Zu jedem Atemzug machen wir einen Schritt. Dabei achten wir auf unsere Füße. Sie sollen den Fußboden berühren, der Fuß wird bei jedem Schritt wieder abgerollt. Wenn wir das zur Gewohnheit werden lassen, werden wir bald ein Mehr an Kraft spüren.
Ich möchte ganz besonders auf einen Aspekt eingehen, den ich hier in Deiner Fragestellung als den herausragendsten Punkt ansehe, denn er macht wohl in den meisten Fällen die längste Zeit der Woche, des Monats, des Jahres aus.
Werden wir morgens wach, überlegen wir, was der heutige Tag uns bringt, was wir tun müssen und was wir vielleicht tun dürfen. Wer bestimmt das? Was wir tun müssen, bestimmt derjenige, der uns am Monatsende den Verdienst für unsere Arbeit auszahlt. Er hat ein Recht darauf, dass wir für das Geld, was wir bekommen, etwas tun, nämlich das, was er verlangt. Er scheucht uns also zu unserer Arbeit. Und das ist ganz legal.
So sehe ich das nämlich nicht, weil es wenigstens auf mich nicht zutrifft. Es hört sich vielleicht arrogant an, aber das Arbeiten war schon länger etwas, über das ich in genau dieser Hinsicht nachgedacht habe, die Du hier ansprichst. Es war mir seit meiner Ausbildung klar, dass es für mich nicht das Gelbe vom Ei ist, die wertvollste Zeit meines Tages und somit auch meines Lebens, nämlich die Tageszeit, regelrecht zu opfern für etwas, das niemandem so richtig weiterhilft – weder irgendwelchen Empfängern meiner Leistungen noch mir selbst. Sicherlich erhalte ich ein Gehalt für meine Arbeitsleistung, aber das alleine konnte es für mich nicht sein, denn ich wollte irgendeine Rolle spielen und keiner Tätigkeit nachgehen, bei der es vollkommen egal war, ob ich nun arbeite, krank bin oder überhaupt noch zur Arbeit erscheine. Ich habe also schon länger darüber nachgedacht, wie ich dieses Problem, das ich als solches angesehen habe, lösen könnte.
Nun habe ich das große Glück, einen Job gefunden zu haben, der mir Spaß macht, auch, wenn er nicht meine Erfüllung bedeutet, aber den ich vor allem in Teilzeit ausüben kann und in einem Unternehmen ausführe, in dem ich mich wohl und wertgeschätzt fühle. Meine freie Zeit, von der ich eine Menge habe, kann ich also frei gestalten, entweder im Sinne von Freizeit oder eben für meine nebenberufliche Selbstständigkeit nutzen. Auch das ist mir sehr wichtig, weil dieser Bereich des Arbeitens für mich wiederum der ist, in dem ich mich frei auswirken kann, mich ausprobieren, mich herausfordern, mich weiterbilden und mich auch gewissermaßen messen – an mir selbst sozusagen. Das macht mir Spaß und es hält mich lebendig und wach, es ist genau mein Ding.
Deshalb kann ich aber eben nicht sagen, dass mir jemand ein monatliches Gehalt bezahlt, der nur aus diesem Grund darüber entscheiden darf, ob ich nun den gesamten Monat gescheucht werde oder ob es mir gut gehen wird. Arbeit ist tatsächlich eben nicht alles im Leben, auch, wenn sie einen großen Teil davon einnimmt, vor allem zeitlich gesehen.
Auch in jeder anderen Hinsicht kann ich mittlerweile sagen, dass ich durchaus lebe und nicht nur existiere, weil ich stets versuche, mit offenen Sinnen und offenem Herzen zu leben. Sicherlich gelingt mir das häufig nicht, weil ich auch dem unterliege, was die meisten von uns eben immer wieder einnimmt, denn auch ich lasse mich stressen und auch ich reagiere häufig, ohne, dass ich über diesen Strudel des Alltags, in dem man sich schnell befindet, hinausschauen kann. Ich denke aber, dass man schon einen unglaublichen Gewinn genießen kann, wenn man es wenigstens hin und wieder schafft, ganz bewusst wahrzunehmen, zu erleben, aufzusaugen und auch loszulassen. Manchmal gelingt mir das besonders leicht, wenn ich mich an meine Kindheit erinnere, in der ich vor allem eins hatte: Vertrauen. Ich war immer der Meinung, dass mir etwas Tolles bevorstehen würde und so habe ich auch den größten Teil meiner Kindheit wahrgenommen. Manchmal gelingt es mir auch heute noch, diesen Glauben daran, dass sich alles zum Guten entwickeln wird, auf die Entwicklung eines Moments zu beziehen. Das kann ich nur empfehlen, denn es hilft wirklich beim Leben.
@moin! Ich finde es keinesfalls arrogant, was du schreibst. Wenn ich dich richtig verstehe, siehst du deine Arbeitsleistung, die du tagsüber erbringst, als ein Opfer an, was nicht für dich bestimmt sein kann. Das heißt für mich, du fühlst dich nicht wohl, weil in dir mehr schlummert, als den Tag für schnöden Mammon zu verplempern. Das kann ich teilweise sogar gut verstehen.
Warum glaubst du, dass dem Empfänger deiner erbrachten Leistungen eben diese ihm nicht weiterhelfen? Er hat dich doch gesucht und für diese Arbeiten eingestellt. Also braucht er dich auch. Und wenn du krank bist und zu Hause bleibst, bleibt die Arbeit liegen oder ein anderer muss sie mit erledigen.
Wenn du durch deine Teilzeitarbeit so viel Geld verdienst, dass du klar kommst, kannst du selbständig mit dem, was du machst, deine Träume ausleben. Dann bist du einer der wenigen Menschen, die sich selbst verwirklichen können und darüber sehr glücklich sind.
Die Kindheitsträume, die du hattest, haben wohl die meisten Kinder. Diese alle fühlen sich als etwas Besonderes. Das Tolle, an das du geglaubt hast, hat sich ja zum Teil schon verwirklicht und dein Glaube daran wird dir auch weiterhin helfen, dass es dir gut geht.
Mein Ausdruck, dass der Arbeitgeber seine Mitarbeiter zur Arbeit scheucht, ist ein wenig hart ausgedrückt. Aber für viele Arbeitnehmer ist das heute bitterer Alltag, auch wenn es für mich keineswegs zutrifft.
Cid hat geschrieben:Warum glaubst du, dass dem Empfänger deiner erbrachten Leistungen eben diese ihm nicht weiterhelfen? Er hat dich doch gesucht und für diese Arbeiten eingestellt. Also braucht er dich auch. Und wenn du krank bist und zu Hause bleibst, bleibt die Arbeit liegen oder ein anderer muss sie mit erledigen.
Ich kenne es tatsächlich so, dass Arbeitnehmer nicht unbedingt angestellt werden, weil ihre Arbeitsleistung so unglaublich dringend benötigt wird, sondern häufig dient eine Einstellung wohl auch anderen Zwecken, beispielsweise den steuerlichen. In dem Arbeitsverhältnis, das ich vor meinem jetzigen ausgeführt habe, war es sogar so, dass mein Arbeitgeber mich mehrere Monate gar nicht kannte und mich erst kennengelernt hat, als er mal eine Detailfrage zu einem Projekt hatte, sodass ich in sein Büro kommen sollte. Meine Einstellung hat der Assistent der Geschäftsleitung vorgenommen und der Abteilungsleiter, für den ich letzten Endes arbeiten sollte, war darüber offenbar sauer, weil er bei der Entscheidung für einen Arbeitnehmer nicht mitwirken durfte und sich übergangen fühlte. Ich hatte also gleich einen richtig guten Stand in dem Unternehmen und konnte mich dort auch aus anderen Gründen nicht wohlfühlen.
In diesem Unternehmen war es auch wirklich spürbar, dass eigentlich keine weitere Kraft für die Arbeit, die ich ausführen sollte, notwendig war, denn es gab jahrelang niemanden für diese Stelle, die ich irgendwann besetzt habe. Meine letztendliche Arbeit wurde von mehreren anderen Angestellten übernommen, und da meine Aufgaben nun nicht sonderlich viele waren, hatte niemand von ihnen einen besonderen Mehraufwand. Es ist schwierig, näher auszuführen, wie das alles abgelaufen ist, weil ich sonst Details preisgeben würde, die mein ehemaliger Arbeitgeber möglicherweise irgendwann im Internet finden könnte und das möchte ich ehrlich gesagt vermeiden. Auf jeden Fall war es in diesem Unternehmen tatsächlich so, dass ich bis heute nicht weiß, weshalb ich eigentlich eingestellt wurde, denn meine Arbeit war eher stupider Art und es war nicht nötig, hierfür eine Vollzeitkraft einzustellen, denn es ging jahrelang ohne und wenn ich krank oder im Urlaub war, wurden meine paar Arbeiten wieder wie vor meiner Einstellung auf alle anderen verteilt, sodass niemand sonderlich viel davon merkte.
Sicherlich kann man nicht generell sagen, dass ich mich in einem Vollzeitjob nicht wohlfühle, denn in einem Unternehmen habe ich mich tatsächlich sogar sehr wohl gefühlt, aber dort war ich leider nur befristet eingestellt und konnte nicht lange bleiben. Alle anderen Arbeitsverhältnisse waren wiederum nicht das, was mich irgendwie bereichert hätte, allerdings würde ich sicherlich nicht ablehnen, wenn mein jetziger Arbeitgeber mir eine Beschäftigung in Vollzeit anbieten würde. Dort arbeite ich, wie gesagt, gerne und fühle meine Zeit auch nicht verschwendet oder mich überflüssig. Es geht mir nicht darum, wichtig sein zu wollen oder unbedingt eine große Rolle zu spielen, sondern ich möchte eigentlich nur wissen, dass das, womit ich die wichtigste Zeit meines Lebens ausfülle, irgendeinen Nutzen erfüllt – aber bitte keinen rein steuerlichen für meinen Arbeitgeber. Ich möchte schon Teil eines Ganzen sein können und irgendeine Funktion erfüllen, sozusagen mitmischen, aber ganz vorne stehen will ich nicht.
Vor einer Weile habe ich übrigens mal einen Artikel in irgendeiner Zeitschrift gelesen, in dem es darum ging, dass mittlerweile recht viele Arbeitnehmer von ihrem Recht auf Teilzeitbeschäftigung Gebrauch machen, weil viele eine Vollzeitbeschäftigung für sich nicht mehr für das Richtige halten. Dabei haben die meisten als Hauptgrund das genannt, was ich auch versuche, zu erklären: Jeder hat unterschiedliche Grenzen in Bezug auf so ziemlich alles und jeder muss auch in Sachen Beruf wissen, was er bereit ist, zu geben. Ich möchte mich nicht dazu hinreißen lassen müssen, nicht krank sein zu dürfen, weil ich meinen Job sonst verlieren könnte und ich möchte auch nicht den ganzen Tag einen Bleistift von links nach rechts bewegen. Auch will ich nicht ständig richtig viel Verantwortung übernehmen und das Risiko eingehen, große Fehler machen zu können, die anderer Menschen Leben vielleicht nachhaltig beeinträchtigen könnten. Das alles ist für mich in beruflicher Hinsicht nicht das Richtige, aber hilfreich sein will ich in irgendeiner Weise – und das bestenfalls nicht nur für meinen Arbeitgeber. Dann hat für mich alles einen guten Sinn.
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