Warum möchte man sich soviel in Facebook mitteilen?

Ich bin momentan 16 Jahre alt und habe bald, in zwei Monaten, 17 und bin auch einer der Jugendlichen, der Facebook hat. Ich war auch einer derjenigen, der Facebook ziemlich früh gemacht hat. Also ich war bei mir in der Klasse einer der ersten und als alle noch auf "Netlog" waren, war ich auf Facebook angemeldet und hab gar nichts von "Netlog" gehalten. Mittlerweile ist es ja aber so, dass fast jeder auf Facebook unterwegs ist und manchmal kann ich schon sagen, dass es eher etwas Schlechtes ist, wenn bestimmte Menschen auf Facebook sind .

Also ich bin auch jeden Tag auf Facebook online. Meistens mit meinem Blackberry und dann auch nur sehr kurz. Also vielleicht höchsten 10 Minuten und in diesen 10 Minuten gucke ich mir neue Meldungen von meinen Trainern und guten Kollegen beziehungsweise Familienmitgliedern an. Wenn ich mal länger online sein sollte, dann nur, weil ich mit jemanden chatte.

Mich nervt es aber mittlerweile sehr, wenn ein paar Facebooknutzer die ganze Zeit neue Statusse macht, irgendwelche Spieleanfragen stellt und so weiter. Es gibt wirklich Menschen, die übertreiben sehr mit den Informationen und meistens wird es auch noch mit einem Bild "dokumentiert". Warum ist es so, dass soviele Menschen sich soviel mitteilen wollen? Und dann auch noch im Internet, wo jeder drauf Zugang hat.

Ich denke, die Erklärung ist recht einfach. Die heutige Gesellschaft ist immer einsamer geworden. Der Trend geht immer mehr zu dem einsamen Menschen, der vor dem PC sitzt. Deshalb gibt es ja z.B. auch die ganzen Lieferdienste und man kann fast alles im Internet bestellen. Abends geht man nicht mehr aus, sondern chattet stattdessen noch eine Runde.

Die Menschen haben aber trotzdem ein Bedürfnis nach Anerkennung und Außendarstellung. Sie wollen von ihren Freunden bewundert werden. Und wie normalerweise es einige Menschen gibt, die wie ein Wasserfall reden und einem selbst die unwichtigsten Sachen mitteilen, gibt es diese auch bei Facebook. Die teilen Dir sogar mit, wann sie auf Toilette gehen, wenn man sie lassen würde.

Ich hatte einen Bekannten, der inzwischen sogar tatsächlich sein ganzes Leben nach Facebook ausgerichtet hatte. Wann immer er konnte, war er darin am Posten, teilte alle möglichen Bilder, von denen er meinte, dass er viele Likes bekommt, auch wenn sie nicht seiner Überzeugung entsprachen. Und ihm war nur wichtig, was er dort alles lesen und sehen konnte. Ein reales Leben gab es so gut wie gar nicht mehr. Als ich ihn fragte, wie es mal mit einem "Guten Morgen" wäre, antwortete er nur, wieso, sein Avatar hätte doch meinen bei den Sims besucht am Morgen - das müsse reichen.

Als ihn seine letzte Freundin verließ und sein Beziehungsstatus sich damit änderte, musste sofort eine neue Freundin her, damit der Status wieder stimmte und er sich gut fühlen konnte. Ob es sich tatsächlich um seine Freundin handelte, war ihm egal - solange der Status bei Facebook stimmte und er nicht wie ein Verlierer aussah, war er glücklich. Ich hab versucht, mit ihm zu reden - aber er war ganz in der Welt gefangen und glaubte, es sei die reale Welt, weil es sich ja um reale Menschen handele.

Ich hatte Facebook mal kurzzeitig ausprobiert - und als ich sah, dass dort nur noch eine Scheinwelt aufgebaut wird, die einem nur vorgaukelt, man sei nicht allein auf der Welt, sondern hätte viele Freunde, habe ich es schnell wieder gelöscht. Ich unterhalte mich lieber real mit realen Menschen.

Ich denke Menschen teilen sich generell gerne mit und stellen sich gerne in einem guten Licht dar. Facebook ist da doch bestens geeignet und man kann dann einfach alles loswerden, sich inzinieren und sich eben austauschen. Es soll halt jeder sehen, dass man etwas darstellt, das man glücklich ist und viele Freunde hat. Es ist eigentlich sehr schade, dass man sich sogar einen Beziehungsstatus erkaufen kann und das es Menschen gibt, für die das so wichtig ist.

Ich bin zwar auch oft auf Facebook unterwegs, allerdings mehr zum chatten. Ich poste meistens nachdenkliche Sprüche oder wenn ich mal jemanden suche, der mit mir weggeht. Auch bei mir gibt es Freunde, die immer wieder jeden Mist posten, was ich aber auch nicht schlimm finde, sie sind halt so.

Nichts finde ich schlimmer, als bei Facebook Sprüche zu lesen wie "und es ist schon wieder passiert...", "wieso denke ich ständig an ihn/sie" und so weiter und so fort. Das ist für mich nichts weiter als Aufmerksamkeitshascherei und Leute, die das ständig machen, würde ich liebevoll "attention whores" nennen. Ich denke, Sonja hat das Wichtigste bereits genannt: Durch die wachsende Einsamkeit versuchen viele natürlich, das zu kompensieren. Und mal ehrlich: Wer ist nicht stolz, wenn ein Freund einen Kommentar zu einer besonderen persönlichen Leistung abgibt und dir somit ein Stück Anerkennung zukommen lässt. Wie oft diese dann auch wirklich ernsthaft gemeint ist, sei mal dahingestellt. Manche übertreiben dann damit und posten ihr gesamtes Leben auf Facebook. Sie laden pro Tag mehrere Bilder hoch, am besten noch mit so viel wie möglich Leuten, die dann aussagen: Seht her, wie viele Freunde ich habe. Ich bin ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft. Wenn es ihnen schlecht geht, teilen sie auch das mit der Welt und erhoffen sich Unterstützung von den vermeintlichen Freunden. Übrigens habe ich schon öfters festgestellt, dass, wenn sich einmal jemand erbarmt und fragt, was denn passiert sei und warum es der Person denn so schlecht geht, eine Antwort wie "ach, schon gut" oder "ist ja auch egal" kommt - und wieso hast du es dann erst gepostet?

Ein anderes, wichtiges Beispiel ist: "Dein Freund Soundso ist jetzt in einer Beziehung mit Soundso". Bei einigen habe ich das Gefühl, dass das erste, was sie tun, wenn sie eine Beziehung mit jemandem angefangen haben, erstmal ihren Beziehungsstatus zu ändern. Dazu kommen dann die öffentlichen Liebesgeständnisse in jedem Post à la "ich liebe dich, Schatz" und ähnliches. Das Ganze hält dann zwei bis vier Wochen, bis man ein "Soundso hat seinen Beziehungsstatus in Single geändert" liest (und gleich mal auf "Gefällt mir" klickt - selbst Schuld).

Leider tendiert der generelle Inhalt von Facebook und anderen sozialen Medien genau in diese Richtung. Wenn es einen selbst zu sehr nervt, dann gibt es Gott sei Dank ja noch die Möglichkeit, der Drama-Queen beziehungsweise dem Drama-King einfach die Freundschaft zu kündigen (natürlich sollte man zuerst einmal mit der Person reden, fragen, wieso sie das für nötig hält und so weiter). Oder ihn einfach gleich zu ignorieren - das ist die einfachste Variante, wenn auch eher radikal und nicht unbedingt fair.

Dieses Thema wurde hier schon einige Male diskutiert und es hat sich am Grundlegenden dennoch nichts geändert. Tatsache ist wohl, dass manche Menschen sich anderen gern mitteilen, wobei ich noch einmal betonen will, dass nicht alles, was ich schreibe, auch der gesamten Öffentlichkeit zugänglich ist, sondern nur meinen Freunden oder mir selbst. So markiere ich mich beispielsweise gern an bestimmten Orten, wenn ich unterwegs bin, aber nicht, weil ich will, dass jeder sieht, wie viel ich herumkomme, sondern weil all diese Informationen in einer recht übersichtlichen Landkartenansicht dargestellt werden und ich am Ende eines jeden Jahres sehen kann, wo ich überall war. Das beeindruckt mich meistens nachhaltig, weil ich gar nicht so sehr darüber nachdenke, wie ich nun herumgekommen bin und was ich alles in einem Jahr gesehen habe. Diese Möglichkeit, mir das also noch einmal vor Augen zu halten, begeistert mich ein bisschen und ich finde das interessant – für mich selbst.

Ansonsten liest man weder von mir viel noch von den Menschen, die sich auf meiner Freundesliste befinden. Mit einer Ausnahme: Eine Bekannte von mir postet wirklich so ziemlich alles und dabei handelt es sich nicht selten um uninteressante Belange, die wirklich niemanden hinterm Ofen hervorlocken. Was kann ich tun, wenn mich das nervt und ich sie nicht von meiner Freundesliste löschen möchte? Ich kann ihre Aktualisierungen ausblenden lassen, sodass ich davon nur noch dann erfahre, wenn ich ihr Profil ganz gezielt aufsuche. Nervfaktor erfolgreich minimiert, würde ich sagen. Übrigens habe ich auf diese Weise recht viele Aktualisierungen verschiedenster Menschen auf meiner Freundesliste ausgeblendet. Mich interessieren viele dieser Menschen zwar näher, aber das bedeutet nicht, dass ich jedes Bild, jede Teilung und jede Leidbeklagung irgendwelcher Mückenstiche lesen will. Spieleanfragen habe ich jeweils blockiert und tue das immer wieder, wenn eine neue Anfrage eines Spiels kommt, das ich noch nicht blockiert habe. Auch insofern habe ich recht viel Ruhe und werde nicht von irgendwelchen neuen Anfragen genervt.

Ich selbst kann mich also nicht wirklich darüber beklagen, dass ich so häufig von irgendwelchen Statusmeldungen genervt würde, die mich nicht interessieren, weil nicht viele Menschen, mit denen ich auf Facebook befreundet bin, so unglaublich viel von sich geben, das mich nicht interessiert. Wenn das aber doch einmal der Fall sein sollte, kann ich selbst bestimmen, was ich sehen will und was nicht, also muss ich mir diese Frage, weshalb so vieles gepostet wird, was mich nicht interessiert, doch gar nicht wirklich stellen.

Diejenigen, die sich allerdings darüber beschweren, dass sie sich von anderen Menschen, die auch noch auf ihrer Freundesliste stören, genervt fühlen, kann ich nicht wirklich verstehen. Es steht doch jedem von uns Facebook-Nutzern frei, die Anzeigen, die wir auf unseren Startseiten vorfinden, so festzulegen, dass wir nur noch das sehen können, was uns wirklich auch interessiert. So können wir immer wieder neu Einfluss darauf nehmen, was wir sehen wollen, und auch, wenn wir uns in Bezug auf die Aktualisierungen irgendeiner Person, deren Statusmeldungen wir bereits blockiert haben, umentscheiden, können wir durch ein entsprechendes Ändern dieser Ausblendung doch alles wieder zurücknehmen und uns so jeweils neu aufstellen. Was ich sehen will und was nicht, das bestimmt nicht derjenige, der auf meiner Freundesliste steht oder die Gruppe leitet, in der ich Mitglied bin. Was ich sehen will, bestimme ich durch die Festlegung in den entsprechenden Einstellungen.

Gut, dass ich mit Facebook mal gar nichts am Hut hab. Hier lobe ich mir das Schwimmen gegen den Strom! Aber natürlich bekommt man hin und wieder auch als Nicht-Facebook-Nutzer mit, dass manche scheinbar nichts Besseres zu tun haben, als sich bei Facebook auszutoben. Vorsicht, ein Beitrag eines Facebook-Ablehners.

Warum das so ist, ist eine gute Frage, die aber wahrscheinlich nur genau die Menschen beantworten können, die länger in Facebook unterwegs sind, als das sie zu Hause im eigenen Bett schlafen (etwas überspitzt geäußert). Dass einige Menschen einen starken Mitteilungsdrang haben, ist ja eigentlich nichts Neues. Passend dazu bietet Facebook auch noch die Möglichkeit an, mit Statusmeldungen um sich zu schmeißen. Besser könnte es für diese Personen kaum sein.

Vermutlich liegt es auch einfach daran, das diese Personen etwas auf sich aufmerksam machen wollen, Kommentare ergattern möchten und vielleicht auch Chatgespräche indirekt provozieren wollen. Dies hat natürlich zur Folge, dass das Facebook-Profil nicht zu denen gehört, die wie ausgestorben wirken und vielleicht für andere interessanter wirkt und somit viele (auch wenn es nichts bringt, soweit mir bekannt) Besucher anlockt.

Das zumindest ist mein Verdacht, wenn ich mitbekomme, dass manche meinen, sie müssten der gesamten Facebook-Gemeinde, oder auch einfach nur ihren Freunden, einen wunderschönen, bestgelaunten und sonnigen guten Morgen wünschen. Dazu anschließend noch eine Folge von Berichten für jeden einzelnen Krümel, der ihnen beim Frühstücken von ihrem Teller auf den Boden gefallen ist (natürlich genauso überspitzt geäußert).

Kommunikation ist ja eigentlich ein ganz normales menschliches Bedürfnis und Facebook ist einfach einer Weiterentwicklung oder Abwandlung der Kommunikation, die es zwischen den Menschen wahrscheinlich schon so lange gibt wie die menschliche Rasse selber. Ich bin selber kein aktiver Facebook Nutzer und ich halte diese ganzen Updates, die null Aussage und Relevanz haben, einfach nur für eine Zeitverschwendung für alle Beteiligten. Aber ich denke, die Frage nach dem warum ist wirklich einfach zu beantworten - da hat jemand eine Plattform zur Verfügung gestellt und auf dieser Plattform gehen die Nutzer nun ihren natürlichen Bedürfnissen nach Mitteilung und Kommunikation nach.

SonjaB hat geschrieben:Ich denke, die Erklärung ist recht einfach. Die heutige Gesellschaft ist immer einsamer geworden. Der Trend geht immer mehr zu dem einsamen Menschen, der vor dem PC sitzt.

Leider ist es mir auch bis heute schleierhaft, wieso die Menschen Facebook als Plattform für alle Dinge, die einem passiert sind, nutzen. Es wird alle 5 Minuten etwas gepostet, ob man sich getrennt hat, vergeben ist, traurig ist, schlechte Laune etc hat. Ich vermute dahinter einfach ein Aufmerksamkeitsdefizit, denn alles andere fände ich sehr seltsam, wenn jemand es nicht macht, weil er Aufmerksamkeit will, sondern einfach es nur Mal heraus posaunen möchte. Ich denke es hat einfach was damit zu tun, dass viele Menschen auch in bestimmten Situationen Mitleid wünschen, Aufmerksamkeit oder andere Kommentare. Für mich ein Phänomen welches unverständlich ist, aber ich kann eh sagen, was ich möchte, denn die halbe Welt macht es ja bereits so. Verstehen kann ich es nicht, denn es gibt genügend Dinge, die man einfach für sich behalten muss und nicht jeder XY wissen sollte.

Viele Menschen scheinen die Gefahren im Internet auch bereits bei Facebook zu unterschätzen, denn es können bei bestimmten Einstellungen auch andere Menschen mitlesen und das passt überhaupt nicht. Im Internet wird immer alles findbar sein, sodass auch in 10 Jahren noch ein Posting vorhanden sein kann und das kann nicht der Sinn der Sache sein oder etwa doch? Doch die Menschen scheinen einfach zu vergessen, dass das Internet nie schläft und vor allem nie vergisst.